Dez. anläßlich der Gemeinderatswahlen ver­öffentlichten Flugblattes gegen den Ausschuß des freien Volksvereins, Rechtsanwalt Mayer und Genoffen, Beleidigungsklage erhoben. Ein Küfer von hier hatte letzten Mittwoch abend mit seiner Frau einen Wortwechsel, er gab ihr einen Stoß, wobei viese gegen ein Sophaeck fiel und sich das Rückgrat ver­letzte. Am anderen Morgen wurde sie tot im Bette gefunden. Das Gericht ist bereits eingeschritten.

Hall, 31. Dez. Nachdem die Eisfreude auf dem Kocher nur kurze Zeit gedauert hatte, bekamen wir vor 3 Tagen plötzlich äußerst milde Witterung (4S ° L.) verbunden mit heftigem Regen und Sturm. Das Eis gieng ziemlich rasch und gefahrlos fort, der Rest am 30. Dez.; in der letzten Nacht aber schwoll der Fluß infolge des fortgesetzten Regens, der eben­falls von starkem, lauem Winde begleitet war, sehr bedeutend an und ist noch im Steigen begriffen. Die sog. Ackeranlagen sind teilweise bis auf Sitzhöhe der Bänke überschwemmt, am Haalplatz unter dem Sulfer- tum beginnt das Wasser herauszutreten und tosend füllt der Kocher sein ganzes Bett und die niedrigere Thalsohle. _

Seligenstadt, 1. Jan. Zu der in den letzten Tagen durch die Tagesblätter gegangenen Nach­richt über einen im Odenwalde in einem Kuhmagen gemachten Münzfund mögen nachstehende Thatsachen als Seitenstücke dienen. Vor einiger Zeit fand ein hiesiger Metzger in der sogenanntenGallenhaube" eines geschlachteten Stückes Rindvieh eine große voll­ständige Eßgabel, welche vermutlich mit dem Getränke von dem Tiere verschluckt worden war. Trotz dieses seltsamenFuttermittels" in einem edlen Eingeweide war das Stück Vieh stets gesund und munter. Ein anderer Metzger fand in dem Magen einer Weidekuh einen wertvollen goldenen Ring, der auf ähnliche Weise in das Tier gelangt sein mochte.

Dresden, 31. Dez. Prinz Georg, der Bruder des Königs, welcher kürzlich beim Sturz vom Pferde das Schlüsselbein gebrochen hatte, ist bedenk­lich erkrankt. Professor v. Billroth wurde telegraphisch aus Wien herbeigerufen.

Berlin, 1. Jan. Die Neujahrs-Feier am kaiserlichen Hof verlief heute in der gewohnten Weise. Um 10 Uhr war Gottesdienst in der Kapelle des königlichen Schlosses, dem der Kaiser und der gesamte Hof beiwohnten. Dryander hielt die Predigt. Nach Beendigung des Gottesdienstes begab sich der Hof durch den Weißen Saal nach den inneren Ge­mächern, hierauf folgte im Weißen Saale die große Cour, welche der Reichskanzler eröffnete.

Lübeck, 30. Dez. Fürst Bismarck ist in Begleitung des Grafen Herbert heute mittag in Ratze­burg zu den Verhandlungen des Kreistages einge­troffen; er ergriff während derselben wiederholt das Wort. Den im Kreistage anwesenden Lübeckern ver­sprach der Fürst einen baldigen Besuch Lübecks.

Zur Buchdruckerbewegung teilt die

Nat. Z. folg, mit: Die Breslauer streikenden Schriftsetzer haben am Dienstag entgegen den Berliner und Leipziger Beschlüssen den Streik für beendet erklärt. Von der Versammlung sind, der Bresl. Z. zufolge, noch im Laufe des Dienstag Nachm, in die Breslauer Buchdruckereien Deputationen geschickt wor­den, welche baten, die Arbeit unter den alten Be­dingungen wieder aufnehmen zu dürfen. Die Er­füllung dieses Wunsches ist, soweit noch Plätze in den Druckereien frei sind, seitens der Prinzipale zugesichert worden; in erster Linie sollen bei der Besetzung der vakanten Plätze verheitratete Gehilfen berücksichtigt werden.

Petersburg, 31. Dez. Die Zeitungen re­gistrieren Gerüchte über eine bevorstehende radikale Aenderung in der Besetzung verschiedener Gouverneurs­posten. Die Mißstände der Hungersnot haben dar- gethan, daß mehrere Gouvernementschefe nicht auf der Höhe ihrer Mission standen, so daß sich die Not­wendigkeit herausgestellt hat, dieselben durch energischere, thatkräftigere und für die verantwortliche, an sie herantretende Aufgabe mehr geeignete Persönlichkeiten zu ersetzen. Nach den betrübenden Enthüllungen der Semstwo von Samara sah sich die Regierung veran­laßt, derselben die Verpflegung der Bevölkerung zu entziehen, und es sollen auch die Beamten entfernt werden, die das in sie gesetzte Vertrauen nicht recht- fertigen. Ob tüchtigere Beamte an ihre Stelle treten werden, mag vorerst dahin gestellt bleiben. Ander­weite Meldungen berichten, daß Bauern, die aus den notleidenden Gouvernements nach Baku flüchteten, eine Anzahl von Läden geplündert haben, so daß Militär einschreiten mußte, welches Feuer gab. Zwei Per­sonen wurden getötet, achtzehn schwer verwundet.

Vermischtes.

Das Buch einerErzherzogin. Wie aus Wien gemeldet wird, ist demnächst das Erscheinen eines Buches aus der Feder der Erzherzogin Stephanie, der Witwe des österreichischen Kron­prinzen Rudolf, zu erwarten. Die Mitglieder des österreichischen Kaiserhofes bedürfen, wenn sie unter ihrem Namen schriftstellerisch auftreten wollen, hierzu der Genehmigung des Kaisers, und so hat auch die Kronprinzessin-Witwe die kaiserliche Bewilligung nach­gesucht und auch bereits erhalten. Mit der Heraus­gabe des Werks, das im Verlage von Adolf Künast in Wien erscheinen wird, soll ein wohlthätiger Zweck verbunden werden. Es verlautet, daß das Buch der Kronprinzessin unter andern: Beschreibungen ihrer jüngsten Reisen, vornehmlich aus Südtirol, und auch Zeichnungen enthalten werde, welche die Kronprinzessin selbst angefertigt hat. Schließlich sei noch erwähnt, daß ein eigenes Kapitel der Erinnerung an den Kron­prinzen Rudolf gewidmet sein soll.

Wieder einOpfer der Spielhölle von 'Montecarlo. In Roccabruna (Mailand) wurde die gräßlich entstellte Leiche eines jungen Mannes, den höheren Ständen angehörig, aufgefunden, in dessen

Tasche sich eine Visitenkarte mit dem NamenHermann Charles" vorfand nebst den Worten in deutscher Sprache:Ich sterbe, die Spielhölle von Montecarlo verfluchend."

Ein mysteriöser Mord erregte in Neapel, wie man derN. Fr. Pr." von dort schreibt, großes Aufsehen. Die seit drei Jahren in Neapel weilende reiche Engländerin Miß Wellesley Browning wurde in der Via Tasso ermordet auf­gefunden. Die Motive der schrecklichen That sind unbekannt, da bei der Leiche eine große Geldsumme und Pretiosen gefunden wurden.

Eine hübsche Geschichte teilt die Gazetta Romagnola in ihrer letzten Nummer mit:Der General Tournon, Divisionskommandeur von Ravenna, auf dem Rückwege von einer Urlaubsreife nach Ravenna begriffen, trifft im Kupee einen alten Herrn, mit dem er sich in eine Unterhaltung einläßt, und dessen große Bildung ihn in Erstaunen setzte. Die deutsche und italienische Musik bildete ven Gegenstand ihres Ge­spräches. Der alte Herr will durchaus der deutschen Musik den Vorzug vor der italienischen geben, während der General nicht ohne Lebhaftigkeit für die vater­ländische eintritt. Schließlich ruft Tournon, fast zornig:Mögen Sie immer Ihre Meinung darüber haben, wie Sie wollen, für mich wiegt z. B. ein Akt von Verdis Rigoletto mehr als alle deutschen Opern zusammengenommen."Danke verbindlichst für Ihre ausgesuchte Höflichkeit", crwiederte der Andere, die ich als unbewußtes Kompliment dankbar annehme. Ich bin Giuseppe Verdi!"

Amerikanisches. Eine eigentümliche Klage gelangte kürzlich vor dem Lbergericht des Staates Jndiania zum Äustrag. Eine Mrs. Leah Haynes beschuldigte eine Miß Flora Knowlen, ihr die Liebe ihres Gatten abspenstig gemacht zu haben, und ver­langte als Schmerzenspflaster dafür die bescheidene Summe von 100 000 Doll. Die Richter waren in erster Instanz mit der Beklagten der Ansicht, daß nach den bestehenden Gesetzen wohl ein Gatte Ersatz für dre Entfremdung seiner besseren Hälfte, nicht je­doch die Gattin in dem umgekehrten Fall, Schaden­ersatz verlangen könne. Das Urteil wies dement­sprechend die Klägerin ab. Diese gab sich indes nicht zufrieden, sondern appellierte an das Obergericht, wel­ches die erste Entscheidung umstieß und einstimmig zu gunsten der gekränkten Gattin erkannte.

Ten größten Erfolg hatte Apotheker Richard Brandt in Schaffhause» im Monat Juli und August 1891 zu verzeichnen, während welcher Zeit ihm 400 Anerkennungsschreiben über den Gebrauch seiner ächten Schweizerpillen, welche sämmtlich amtlich be­glaubigt, zugegangen sind. Alle Diejenigen, welche gezwungen sind, wegen Verstopfung, schlechter Verdauung, Magen-, Leber- und Gallenleiden etwas zu thu», sollten diese Briefe lesen und sich überzeugen, daß die Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen (erhältlich ä. Schachtel 1. in den Apotheken) von keinem änderet: Mittel übertroffen werden. Man achte genau auf das Weiße Kreuz in rotem Grunde.

doch, es wäre passender, wenn Du Dich auch während Deines hiesigen Aufenthalts in der Kleidung Deines Berufs bewegtest."

So gönne mir doch die kleine Freiheit, Papa! Ich trage den Rock meines Kaisers gewiß mit gerechtem Stolz, aber während des kurzen Urlaubs möchte ich mich hier in meiner lieben Vaterstadt recht ungeniert und ungezwungen bewegen. Ein Kavallerieoffizier in Uniform ist in Hamburg ja ohnedies eine etwas auffällige Erscheinung, und es ist nicht angenehm, bei jedem Schritt ein Dutzend neugieriger Blicke auf sich gerichtet zu sehen!"

Petersen antwortete ihm nicht, aber eS war dem Ausdruck seines Gesichts an- zumerken, daß ihm die Auffassung Kurts nicht sonderlich behagte. Jedenfalls wünschte er zu seiner Arbeit zurückzukehren, denn er wendete sich in einer nicht miß- zuverstehenden Weise gegen Herbold:Nun lebt wohl, Kapitän! Ich hoffe Euch im nächsten Monat gesund und guter Dinge wiederzusehen! Und vergeht nicht, Eurer ElSbeth mitzuteilen, daß ich eS vollkommen billige, wenn sie es un: ihrer eigenen Ruhe willen vorzieht, niemals aus dem Kreise herauszutreten, welchen ihr die Lebens- verhältniffe einmal angewiesen haben. Sie wird am ehesten zu Glück und Zufrieden­heit gelangen, wenn sie dessen immer eingedenk bleibt."

Wie er das Alles sagte, klang cs eigentlich viel weniger freundlich als vor­hin. Aber Herbold nahm in seiner Arglosigkeit nichts wahr, und als er das Kabinet seine« ehemaligen Rheders verließ, war er mit dem Verlauf seines Besuches ebenso zufrieden, wie in allen früheren Fällen.

Er hatte die Ausgangsthür des HauseS noch nicht erreicht, als er hinter sich seinen Namen rufen hörte. Es war Karl Petersen, der Sohn des Handelsherrn, welcher ihm mit raschen Schritten folgte und nun in liebenswürdiger Vertraulichkeit an seiner Sette weiter ging.

Es läßt mir doch keine Ruhe, bis ich der ElSbeth die Hände gedrückt habe," sagte er,und ich bin, offen gesagt, ein wenig neugierig, wie sie jetzt lebt und wie

es in ihrer Umgebung aussieht. Ich bin ja noch nie in Ihrer Buchhandlung ge­wesen, Kapitän, und da ist es wohl am einfachsten, wenn Sie mich gleich sitzt ein­mal mitnehmen!"

Gegen einen solchen Vorschlag hatte Kapitän Herbold, der dem jungen Mann von Herzen zugethan, natürlich nicht das Geringste einzuwenden, und in heiterem Gespräch legten sie den Weg durch die engen, krummen Gassen zurück. Aber als

Herbold nun bei ihrem Ewtritt in die B.flraße schon von Weitem auf das

häßliche, baufällige Haus und den niedrigen Laden deutete, da stieß der Offizier doch einen Ruf unz rsriedener Ueberraschung aus.

In einem solchen Winkel sollte mein feinsinniges, zierliches Schwesterchen Hausen? Das ist unmöglich, Kapitän! Ich glaube. Sie wollen sich nur einen Scherz mit mir machen!"

Erst als er die Inschrift auf dem Brette über der Thür gelesen halte, schien er überzeugt, daß Herbold eine solche Absicht nicht Habs, aber er schüttelte doch noch immer den Kopf, während er in die unbehagliche Dunkelheit des Verkaufslokals ein­trat. Doch sein Erstaunen und seine flüchtige Mißstimmung verschwanden mit einem Schlage, als er nun im Lichtkreis der trüben Hängelampe die Gesuchte selber in ihrer ganzen Lieblichkett vor sich sah. Elsbcth war überrascht, den Vater in der Be­gleitung eines fremden, elegant gekleideten Herrn zu erblicken. Ihre erste Regung war, sich wieder in das Wohnzimmer zurückzuziehen, aber da rief Kurt Petersens lustige Stimme ihren Namen, und dieser Klang schlug rffenbar gar lieb und ver­traut an ihr Ohr. Wie festgebannt blieb sie stehen, ein zartes holds ligcs Rot. die Farbe der mit mädchenhafter Verwirrung gemischten Freude, überhauchte ihre Wangen, und daS Aufleuchten in ihren schönen Augen verkündete deutlicher als ein lautes Wort, wie sehr diese wohl gelungene Ueberraschung sie beglückte.

Fortsetzung folgt.