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Göppingen beschäftigt waren, in der Zeit vom April 1889 bis Ende Mai 1891 an den in der Fabrik zu verarbeitenden Lederwaren, sowie auch an dem Hand­werkszeug fortgesetzt Diebstahl verübt haben. Die gestohlenen Sachen wurden, teils verkauft, teils ver­schenkt, was diejenigen, welche diese Gegenstände an- nahmen, wegen Hehlerei auf die Anklagebank brachte. Den Diebstählen kam man dadurch auf die Spur, daß anläßlich einer Pfändung bei Gottlob Vollmer dem Gerichtsvollzieher eine Anzahl Lederwaren in die Hände fielen, die dessen Bedenken erregten. Die Untersuchung förderte dann Thatsachen zu Tage, welche die Verweisung der 32 auf die Anklagebank zur Folge hatte.

In Worms hat nach der Pfälz. Pr. ein Pistolenduell mit sehr traurigen Folgen stattge­funden. Das genannte Blatt berichtet unter dem 3. Dez.: Der von dem Lieutenant Ziemsen vom 118. Jnf.-Reg. durch einen Schuß in die Lunge ver­letzte, in weiten Kreisen durch seinen Festspielhausbau bekannte Herr Friedrich Schön ist seiner Ver­wundung heute morgen im Spitale erlegen.

Gießen, 3. Dez. Gestern abend verlor ein durchreisender Handelsmann auf dem hiesigen Bahn­hof, wo er auf einige Minuten den von Kassel nach Frankfurt a. M. fahrenden Zug verlassen hatte, eine Brieftasche mit Wechseln und Kassenscheinen im Werte von 25,000 Der Reisende merkte seinen Verlust erst in Ostheim bei Friedberg, kehrte mit dem nächsten Zuge hierher zurück, fand aber von seiner Brieftasche keine Spur.

Dresden, 2. Dezbr. Die zweite Sächsische Kammer trat gestern in die allgemeine Vorberatung des Antrags der Abgg. Colditz und Genossen auf Zurückziehung der militärischen Hilfskräfte aus der Teubnerschen Buchdruckerei ein. Staatsminister von Metzsch stellt fest, daß an der Berechtigung der Staatsregierung, für die unver­kürzte Herausgabe desDresd. Journ." zu sorgen, von keiner Seite gezweifelt werde, daß die Regierung auf Grund des mit der Firma B. G. Teubner ge­schlossenen Vertrags nicht in der Lage sei, diese zur Gewährung höherer Löhne zu zwingen, sie sich also mit dem Versuch eines derartigen Zwanges nicht nur eines Hebelgriffes schuldig machen würde, sondern auch eines Eingriffes in die gesetzlich garantierte Koa­litionsfreiheit zu Ungunsten der Arbeiter, wozu sich die Regierung nach dem gegenwärtigen Stand der Gesetzgebung niemals verstehen werde. Die Kammer lehnte mit großer Mehrheit jede weitere geschäft­liche Behandlung des Antrages ab, womit dieser er­ledigt war.

Berlin, 2. Dez. Der Direktor der Berliner städtischen Fleischschau Dr. Hertwig kommt in einem Gutachten über die hier eingeführten amerikanischen

S chweineprodukt« zu dem Schluffe, daß dieselben neben getöteten auch lebende Trichinen enthalten und ist der Meinung, daß eine anders gestaltete Art der Untersuchung weit mehr lebende Trichinen finden werde als gegenwärtig. Dr. Hertwig begrüßt die Einfuhr des gesalzenen amerikanischen Fleisches als eine für die wohlfeilere und bessere Ernährung des Volkes willkommene Einrichtung, ist aber der Ansicht, daß die Behörden den Verkauf des amerikanischen Schweinefleisches in Deutschland von einer nochmaligen mikroskopischen Untersuchung durch einen deutschen Fleischbeschauer abhängig machen müßten.

Paris, 5. Dez. Der ehemalige Kaiser von Brasilien, DomPedro, ist heute nacht gestorben.

London, 4. Dez. Eine verheerende Gas­explosion ereignete sich am Dienstag nachmittag auf dem Marktplatz. des Städtchens Blackburn. Das Crown Hotel und der Laden von Lighton und Wilkinson wurden dem Erdboden gleichgemacht und jedes am Markt stehende Haus wurde bis in die Grundfesten erschüttert. Wie viel Menschenleben unter den Trümmern der beiden eingestürzten Häuser be­graben liegen, ist noch nicht festgestellt. Die Rettungs­arbeiten wurden sofort begonnen. Nach einer Stunde stieß man auf den Hotelbesitzer Houghton, dann auf Lighton und schließlich auf Frau Wilkinson. Die Rettung Houghtons verursachte bedeutende Schwierig­keiten und die Feuerwehr mußte mehrmals vor den Flammen und dem Rauche zurückweichen. Es dauerte 4' Stunden, bis man Houghton aus seiner gefähr­lichen Lage befreit hatte. Im bewußtlosen Zustand, jedoch sonst unverletzt, wurde er ins Hospital ge­schafft. Auch Lighton hatte nur geringe Verletzungen davongetragen. Dagegen fand man in den Trümmern des Lightonschen Hauses die Leiche einer Frau Buckley, die zur Zeit des Unglücks gerade Einkäufe in dem Laden gemacht hatte. Acht Opfer des Brandes be­finden sich unter ärztlicher Behandlung.

Petersburg, 1. Dez. Das furchtbare Elend, in welchem sich ein großer Teil der russischen Be­völkerung nun schon seit Monaten befindet, hat zahl­reiche russische Gelehrte und Schriftsteller veranlaßt, in Flugschriften und öffentlichen Vorträgen auf die trostlose Lage der Bauern hinzuweisen und die nach ihrer Ansicht zur Linderung des Notstandes geeigneten Mittel anzugeben. Unwillkürlich gelangt bei derartigen Ausführungen eine freiere Sprache zum Durchbruche, und es ist bezeichnend, daß die russische Zensur An­gesichts der allgemeinen Aufregung, welche das ganze Land erfaßt hat, nicht den Mut findet, derartige Aeußerungen zu unterdrücken. Kürzlich hielt unter Anderen der bekannte Professor A. Jssajew im kaiser­lichen Alexander-Lyzeum zu Petersburg einen Vortrag über die diesjährige Hungersnot. Professor Jssajew konstatierte zunächst die Thatsache, daß die Hungers­not in Rußland nicht allein ein Elementar-Zufall sei;

die Hauptursache des Notstandes liege vielmehr in dem schlechten Zustande der landwirtschaftlichen Kultur, an dem die Regierung die Schuld trage. Das Areal der Bauern sei nicht hinreichend, um eine regelrechte Wirtschaft führen zu können. Dazu gesellen sich der Mangel an Vieh und das uralte System der Boden­bearbeitung. Während im Weichselgebiete 55 Stück Arbeitsvieh auf 100 Landwirtschaften kommen, besitzen die 100 Höfe in einem russischem Dorfe kaum 25 Stück Arbeitsvieh. Was nun die Lage der Hungernden betrifft, so sei Alles, was man bisher zur Linderung der Not gethan habe, bei weitem nicht hinreichend. Wenn nur 40 Millionen Personen hungern, so be­nötigte man 300 Millionen Rubel, um Hilfe erweisen zu können. Die bisherigen Geldunterstützungen der Regierung und der Privatwohlthätigkeit bilden nicht einmal den Dritteil der erforderlichen Summe. Jssajew schlägt deshalb vor, alle Einkünfte des Jahres 1892 genau zu präliminieren und auf Grundlage dieser Steuereinkommen eine neue Anleihe zu machen. In­zwischen melden dieMoskowskija Wjedomosti", daß die Bauern in Kurland massenhaft auswandern, und trotz aller Maßregeln nimmt die Emigration einen ernsten Charakter an.

Petersvurg, 5. Dez. Der Regierungsbote veröffentlicht die Einsetzung eines Komites zur Unterstützung der Notleidenden unter dem Vor­sitze des Thronfolgers. In dem Einsetzungs­schreiben erkennt der Kaiser dankend die privaten An­strengungen zur Unterstützung der Bedrängten an und betont die Notwendigkeit, denselben Leitung und Ein­heit zu geben. (Der Nat.-Z. wird aus Petersburg geschrieben: Der Kommission sollen sofort 5 Mill. Rubel zur Verfügung gestellt werden, welche die Reichsbank vorschießt und eingebracht werden sollen durch die Ausgabe von 1,200,000 Lotteriebilletten zu 5 Rubel das Stück. Die überschüssige Million ist für Lotteriegewinn bestimmt. Man verspricht sich gerade von dem Präsidium des Thronfolgers in der Kommission guten Erfolg für den Fortgang der Sammlungen; denn leider sind die Vorwürfe der russischen Presse gegen die Reichen und Vornehmen wegen deren Zurück­haltung vor größeren Geldopfern vollauf berechtigt. In dringlichen Worten appellieren eben jetzt Nowosti und Grashdanin an den Patriotismus der Reichen, das Vaterland nicht in der Stunde der Not so schmählich im Stich zu lassen. Uebrigens find die Aussichten selbst dann nicht tröstlich. Prof. Jssajew berechnete in diesen Tagen in einem öffentlichen Vor­trage den Geldbedarf, um der dringendsten Not abzu­helfen, auf 300 Mill. Rubel (s. vorst.); zur Verfügung stehen aber nur etwa 125 Mill. Rubel, von denen mehr als die Hälfte bereits verausgabt ist. Wenn somit die Lotterie 5 Mill. R. ergiebt, so ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Prof. Jssajew be­fürwortet die Auflage einer hohen Notstandssteuer.)

Amtliche Keklluulnllichilligkil.

K. Amtsgericht Calw.

Im Jahr 1892 werden die

Einträge in das Handelsregister

durch das Centralblatt des Staatsanzeigers, durch den Schwäbischen Merkur und das Calwer Wochenblatt, die Einträge in das Genossenschaftsregister, soweit sie betreffen die Spar- und Vorschußbank Calw, die Creditbank für Landwirtschaft und Gewerbe und den Landwirtschaftlichen Consumverein Calw (außer durch den Reichsanzeiger) durch die zwei letztgenannten Blätter, soweit sie die übrigen Ge­nossenschaften im Bezirk des Amtsgerichts betreffen, nur durch das Calwer Wochen­blatt veröffentlicht werden.

Den 4. Dezember 1891. Der Registerführer:

Amtsrichter

Fischer.

Gerichtstag

wird vom K. Amtsgericht Calw am Montag, den 14. Tezbr., vormittags 1V Uhr, auf dem Rathaus zu Neuweiler abgehalten werden.

Calw, den 5. Dezember 1891.

Amtsgerichtsschreiber

Keller.

Oürsterau^cklustwaU.

Gemäß Art. 75 des Gesetzes vom 21. Mai 1891 ist der gesamte Büvger- ausschuß neu zu wählen. Die bürgerl. Kollegien haben beschlossen, als Tag für Vornahme der Bürgerausschußwahlen den dritten Donnerstag im Monat Dezember bleibend festzusetzen, die Abstimmung soll von morgens 9 Uhr bis mittags 2 Uhr ohne Unterbrechung stattfindrn und eine etwa notwendig werdende

Nachwahl in der Regel am gleichen Tage nachmittags von 34 Uhr. Dem­gemäß findet die Bürgerausschußwahl am

Donnerstag, den 17. Dezember 1891,

von morgens S Uhr bis mittags Ä Uhr

ohne Unterbrechung (also auch in den Stunden von 122 Uhr) auf dem Rat­haus statt.

Zu wählen sind 15 Mitglieder; ein Obmann darf nicht bezeichnet werden, weil solcher von den Kollegien aus seiner Mitte gewählt wird.

Die Wahlberechtigten werden aufgefordert, an diesem Termin auf dem Rathaus zu erscheinen und ihre Stimmzettel abzugeben.

Wahlberechtigt sind sämtliche hier wohnenden Bürger, welche das 25. Lebens­jahr zurückgelegt haben, eine Steuer an die hiesige Gemeinde bezahlen und an keinem vom Wahlrecht ausschließenden Mangel leiden. Ueber alle Wahlberech­tigten ist eine Liste auf dem Rathaus aufgelegt, gegen welche von jetzt ab bis zum 14. Dezember 1891 abends 5 Uhr Einsprachen bei dem Gemeinderat vor­gebracht werden können. Die Versäumnis dieser Frist zieht für die in die Wähler­liste nicht Aufgenommenen den Verlust des Stimmrechts für die gegenwärtige Wahlhandlung nach sich, wenn nicht ein offenbares Versehen stattgefunden hat.

Calw, den 7. Dezember 1891.

Stadtfchultheitzenamt.

Haffner.

Aezirkskrankenkajfe

Calw.

Herr vr. mscl. H. Sokloss- bsrgsr in Liebenzell ist an Stelle des weggezogenen Hrn. vr. Steg er als Kassenarzt aufgestellt worden.

Der Vorsitzende: Louis Korndörfer.

Liebenzell.

Steinlieferuugs-

accord.

Die Lieferung und Beifuhr von ca. 230 ebm Straßenunterhaltungsmaterial (blaue Kalksteine) wird am nächsten Donnerstag, den 10. d. M., mittags 1 Uhr,