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Staates und der öffentlichen Mildthätigkeit zu Teil wird. Die weiterblickenden Kreise find nicht ohne Sorgen wegen dieser Erscheinungen im Schoße der Landbevölkerung, denn der Hang zum Müssiggang und zur Trunksucht nimmt häufig so große Dimensionen an, daß viele Bauern sogar ihr Vieh und Arbeits­geräte veräußern, um aus dem Erlöse Branntwein zu kaufen, so daß dieselben nach Ablauf des Winters nicht in der Lage sein werden, ihre Aecker zu bestellen. Geradezu schrecklich würde sich die Lage gestalten, wenn auch die nächste Ernte unglücklich ausfallen sollte, in diesem Falle müßte man sich auf Bauernaufstände gefaßt machen, für welche in der russischen Landbe­völkerung selbst in normalen Zeitläufen Dispositionen vorhanden sind und die Negierung wird es vielleicht einst noch bedauern, daß sie bisher in der allerdings blind unterwürfigen, aber ebenso rohen als unwissenden Klasse des Bauernstandes die hauptsächlichste Stütze ihres Systems gesucht hat; um den liberalen Bestreb­ungen ver gebildeten Stände entgegenzutreten und sie zu unterdrücken, denn die Gefahr sehr bedenklicher sozialer Unruhen liegt sehr nahe. Die Erkenntnis dieser Gefahr veranlaßte denn auch bereits einen Teil der russischen Presse, ernste Mahnungen an die Re­gierung zu richten und die Zemstoos, die am besten in der Lage sind, die Größe dieser Gefahr zu erkennen und zu beurteilen, haben, um dieselbe im Keime zu unterdrücken, die Schließung der Branntweinschänken in allen jenen Gegenden in Antrag gestellt, wo die Regierung Unterstützungen an die Bevölkerung, sowohl zur Lebensfristung als zum Wiederanbau der Felder, verteilen läßt.

Uermischtes.

Das Aluminium in der deutschen Armee. Die metallurgische Gesellschaft in Pitts­burg, eine von den zwei großen amerikanischen Firmen, welche Aluminium fabrizieren, macht wie das Berl. Tageblatt ausplaudert die Mitteilung, daß sie von der deutschen Regierung Aufträge für Feldflaschen, Patrontaschen und Tornister-Einsätze erhalten habe. Der Zweck ist, das von den Soldaten zu tragende Gewicht zu verringern. Es sollen ungefähr 500 Tonnen (10,000 Ztr.) Metall zur Ausführung der Aufträge erforderlich sein.

Zum Drama eines Bankbruchs. Ein Opfer des Fallissements der Firma Hirsch feld u. Wolfs in Berlin soll auch ein alter Sonderling sein, welcher im Hause Mühlenstraße 15 zu Pankow eine Dachkammer bewohnt. Obwohl derselbe ein Ver­mögen von mehreren Hunderttausend Mark besitzt, gestattet ihm doch sein Geiz nicht, sich in Be­zug auf Kleidung, Wohnung und Ernährung auch nur das Allernotwendigste zu gönnen; er besitzt kein Bett, sein bester Anzug besteht in einem alten Rocke, an welchem Kragen und Manschetten angenäht sind. DiesenGala-Anzug" trug er aber nur, wenn er seinen Banquier besuchte. Dieser war kein anderer als Herr Wolff, in Firma Hirschfeld u. Wolfs. Als diese Firma fallierte, erhielt auch der alte Sonder­ling ein Telegramm. Der Telegraphenbote hatte keine Ahnung von den sonderbaren Gewohnheiten des Adres­saten. Dieser hat nämlich Briefträger und Zeitungs­frau so abgerichtet, daß sie nur einmal an die Thüre klopfen dürfen und dann ihre Sendungen auf die Dielen legen müssen. Hört er nun, daß sich der Bote wieder entfernt, dann öffnet er ganz leise die Thüre und nimmt blitzschnell die Sendung auf, um ebenso schnell wieder zu verschwinden. Das wußte der Tele­graphenbote natürlich nicht er klopfte daher so lange, bis die Thüre geöffnet wurde, erschrak aber nicht wenig, als ihm plötzlich ein Revolver vor den Augen blinkte und er angeschrieen wurde:Wie kommen Sie dazu, hier einbrechen zu wollen?" Der Bote entschuldigte sich damit, daß er nur ein Tele­gramm abzugeben habe. Der alte Mann riß ihm dasselbe aus der Hand und schlug die Thüre hinter sich zu. Die Botschaft muß den alten Herrn im Innersten getroffen haben, seit jener Stunde ist er vollständig gebrochen.

Durch die Explosion einer Streich­holzschachtel hat der Buchhalter Albert B. in Berlin schwere Brandwunden davongetragen. Er war im Begriff, sich eine Cigarre zu entzünden und zwar, da die Fenster seines Zimmers geöffnet waren, in der bekannten Weife, daß er das Schubfach der Schachtel herauszog und den so entstandenen leeren Raum als Schutzvorrichtung gegen den Wind benutzte. Dabei ist wahrscheinlich die Flamme des brennenden Streich­

holzes in die Schachcel zurückgeschlagen, denn die darin befindlichen Streichhölzer entzündeten sich und die emporschlagende Flamme ergriff sogleich den langen und dichten Bart des B. und hatte im nächsten Augen­blick auch schon dessen Haupthaar in Brand gesetzt. Auf das Hilfegeschrei des Unglücklichen eilten die Wirtsleute hinzu, denen es auch durch Ueberwerfen von Decken und Tüchern bald gelang, die Flammen zu ersticken, doch hatte B. nichtsdestoweniger bereits so schwere Brandwunden erlitten, daß seine Ueber- führung nach der Charite angeordnet werden mußte.

Kurzer Prozeß. Ein Feind von Richtern und Advokaten ist offenbar der Kapitän des deutschen Schiffes Zephyr, Karl Sink, welcher dieser Tage dem Polizeirichter von Greenwich ein Schnippchen ge­schlagen hat. Wegen Mißhandlung eines Matrosen vor die Schranken des Gerichts gerufen, wußte der Kapitän einen Verzug der Verhandlungen herbeizu­führen, den er dazu benutzte, um den Kläger zu ver­haften, auf sein Schiff zurückbringen zu lassen und dann in die See' zu fahren. Am Freitag nun wurden die Namen der beiden Parteien in dem Gerichtshöfe wieder aufgerufen. Der gestrenge Richter war nicht wenig überrascht, als weder Kläger noch Beklagter erschien, dagegen eine Botschaft des deutschen Kapitäns zur Vorlesung gelangte, in welcher dieser mit freund­lichem Gruß mitteilte, daß er nicht vor 5 Jahren zurückkommen, dann jedoch nicht ermangeln werde, sich pünklich zu der Verhandlung einzustcllen.

(Eingesendet.)

Infolge der letzten Regenfälle ist derjenige Teil der Hauptstraße der Stadt, welcher von seiten des Publikums am stärksten frequentiert wird, die Strecke vom früher Kappler'schen Hause bis zum Waldhorn, voraussichtlich auf Wochen hinaus wieder in einen derartig morastigen Zustand versetzt, welcher dem Fuß­gänger das Begehen dieser Stelle fast zur Unmöglich­keit macht. Es wäre dringend zu wünschen, daß diesem Uebelstand einmal abgeholfen würde, und die Gemeindeverwaltung würde gewiß einem allseitig em­pfundenen Bedürfnis entgegenkommen, wenn sie sich dazu entschließen könnte, eine gründliche Verbesserung dieses Straßenteils in Angriff zu nehmen. Wenig­stens sollte für Anlage eines Seitenwegs Sorge ge­tragen werden.

Amtliche KekanntMiichNngeu.

Zur alsbaldigen Bezahlung der auf

1. Juli d. I. verfallenen hälftigen

Kapital- Md Aierch- Einkommenssteuer

pro 1891/92 wird dringend aufgefordert. Calw, den 16. November 1891.

Kgl. Ortssteueramt.

Revier Hofftett.

Samstag, den 21. November, vormittags 10 Uhr,

werden in der Krone zu Hofstett 10 Kubikmeter Trorkcngemäuer an der Schloßruine Fautzburg im Wege schrift­lichen Abstreichs zur Ausführung vergeben.

Revier Liebenzell.

SLangen-Zerkauf

.1/^ V am Dienstag, den

V M24. Nov., vormittags

10 Uhr, auf dem Rathaus in Lieben- zell aus Staatswald Distr. II. Haugstetter Hang Abt. unterer Badwald, und Distr. IV. Bieselswald Abt. Hardt und Weiling: fichtene Stangen: Werkstangen: 52

II. und III. Kl., Hopfenstangen: 1210 I. Kl., 1475 II. Kl., 55

III. Kl., Reisstangen: 4665 I Kl. (Hopfenstangen IV. Kl.), 10080 II. Kl. (Hopfenstangen V. Kl.), 6355 III. und 4115 IV. Kl. (Rebstecken) und 1120 V. Kl. (Bohnenstecken).

Entfernung vom Bahnhof Liebenzell Distr. II. 1 km, vom Bahnhof Unter­reichenbach Distr. IV. 45 km.

Die Stangen in Distr. II. zeigt Forst­wächter Scheurenbrand in Lieben­zell (Kafehof), diejenigen in Distr.

IV. Forstmächter Bohlinger in Bie­selsberg vor.

Calw.

3W0 Mark

werden gegen doppelte Pfandsicherheit ausgeliehen durch die

Wasserwerks-Verwaltung

Kober.

Wasserwerk

Altöukach GA. Galw,

Station Leinach.

Die zum Verlegen der gußeisernen Rohre nötigen Erdarbeiten im ver­anschlagten Betrage von 4580 cbm, einschließlich Wiedereindeckung sollen ver­geben werden.

Pläne, Kostenanschlag und Beding­ungen sind auf dem hiesigen Rathause zur Einsicht aufgelegt. Schriftliche An­gebote in Prozenten der Einheitspreise des Kostenanschlags ausgedrückt, sind ver­siegelt und mit der Aufschrift:

Erdarbeitcn für die Rohr­leitungen des Wasserwerks Altbutach OA. Calw" versehen, bis zum 2. Dez. d. I. mittags 12 Uhr portofrei hierher einzureichen.

Altbulach, den 14. Nov. 1891.

Schultheiftenamt.

Neuweiler.

Bieh-Berkauf.

Am Donnerstag, den 19. ds. Mts., nachmittags 1 Uhr, werden ein ^Paar 2jährige

Stiere

Wege der Zwangs- " Vollstreckung beim Rat­hause verkauft.

Gerichtsvollzieher.

Wasserwerk Altbalach OA Calw,

Station Hernach.

Es sollen folgende Bauardeiten vergeben werden:

1 Quellfafsung .veranschlagt zu ^ 2100.,

1 Maschinenhäuschcn (mit Erdaushub) 3468.,

Gemauerte Schächte

zusamen ^ 7123.?

Pläne, Kostenanschlag und Bedingungen sind auf dem hiesigen Rathause zur Einsicht aufgelegt. Schriftliche Angebote in Prozenten der Einheitspreise des Anschlags sind versiegelt und mit der Aufschrift:

Mauarbeiten zum Wasserwerk AltbulaH HA. tzakw" versehen, bis zum 2. Dez. d. I. mittags 12 Uhr portofrei hieher einzureichen. Altbulach, den 14. November 1891.

Schultheitzenaint.

Privat-Arteigen.

Dccnksclgung.

Aus dem Nachlaß der ch Luise Schall, Pfarrers Witwe, ist dem evan­gelischen Vereinshaus dahier durch deren Nichte, Fräulein Maria Rau in Stuttgart, ein Legat von 100 ^ zugekommen, für welche reicye Gabe wir auch öffentlich den herzlichsten Tank auszusprechcn uns gedrungen fühlen.

Calw, 13. November 1891.

Für den Ausschuß des ev. Vereins: Vorstand: Dekan Braun.

Kassier: Fr. Gundert.

Schriftführer: Joh. Hesse.

Heidenheim, den 16. Nov. 1891.

Danksagung.

Für die wohlthuenden Beweise herzlicher Liebe und Teilnahme bei dem schmerzlichen Verlust unseres lieben Sohnes

Chr. Spellenberg,

besonders aber für die schönen Blumenspenden, sagen wir den innigsten Dank.

Die tiefbetrübten Eltern:

Hottlieb uud Wilhelmiue Spelleuberg.