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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
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Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebiihr betrlgt im Bezirk und nichster Umgebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Dienstag, den 17. November 1891.
Abonnementrpreis vierteljährlich in der Stadt »0 Pfz. v»d 20 Pfa. TrLgrrlohn, durch die Post bezogen Ml« 1. 15, sonst t« ganz Württemberg Mk. 1. 38.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Aussetzung von Preisen für Leistungen im Fifchereiweseu für das Jahr 1892.
Zur Förderung der künstlichen Fischzucht und eines rationellen Betriebs der Fischerei werden als Anerkennung für hervorragendere Leistungen auf diesem Gebiete, insbesondere für Aufstellung und Anwendung geeigneter kleiner Fischbrutapparate, für Errichtung zweckmäßiger Fischbrutanstalten, für zweckentsprechende Einrichtung und rationellen Betrieb der Teichfischerei sin Setz- und Streckteichen), für Vereinigung kleiner Fischwasserbezirke zu einem rationellen Gesamtbetrieb rc. Preise von 25—100 ^ im Gesamtbetrag von 500 ^ ausgesetzt.
Die Preisbewerbungen, welche eine Darlegung der Leistung, beziehungsweise eine nähere unter Umständen mit Zeichnungen belegte Beschreibung der Anlage enthalten müssen, sind bis 1. März k. I. an die Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart einzusenden.
Diejenigen Fischzüchter, welche in den Jahren von 1886 ab Preise erhalten haben, können für das Jahr 1892 nicht wieder mit gleicher Leistung als Bewerber auftreten.
Stuttgart, den 6. November 1891.
v. Ow.
Tages-Ueuiylreiten.
Stuttgart, 13. Nov. In den nächsten 14 Tagen stehen am Hoslager bedeutende Veränderungen bevor. Hofmarschall v. Wöllwarth, der hochverdiente
Präsident des Württ. Kriegerbundes verbleibt wie man hört, auf feinem Posten. Hofmarfchall v. Plato wird an Stelle von Baron v. Neurath, welcher bekanntlich ein Jugendfreund des Königs ist, Hofjägermeister, für Baron v. Neurath ist eine andere Hofstelle vorgesehen.
Stuttgart. Wie das N. Tagbl. berichtet, nehmen die Verhandlungen über eine elektrische Beleuchtungsanlage der Stadt Stuttgart eine immer greifbarere Gestalt an. Soweit sich bis jetzt ermessen läßt, scheint es beabsichtigt, daß die Stadt, welche bekanntlich eine Wasserkraft des Neckars von 600 Pferdekräften schon erworben hat, die elektrische Anlage in eigene Regie übernehmen wird. Die Anwesenheit des Herrn v. Miller, des Vaters der Idee zur Kraftübertragung von Lausten nach Frankfurt, darf wohl dahin gedeutet werden, daß der schöne Plan zur elektrischen Beleuchtung Stuttgarts seiner Verwirklichung näherrückt.
Stuttgart, 10. Nov. Am 1. d. Mts. ist aus der Heil- und Pfleganstalt Pfullingen der geisteskranke 42jährige Friseur Friedrich Bahn entwichen. Bohn leidet an Größenwahn und hält sich bald für den deutschen Kaiser bald für den König von Württemberg. Vor seiner Internierung war Bohn in Biberach wohnhaft. Bis jetzt hat man von ihm noch keine Spur.
Stuttgart, 13. Nov. Landgericht. Vom Schöffengericht Waiblingen wurden drei ledige Weingärtner von Hohenacker, der 21 Jahre alte Wilhelm Mergenthaler, der 20 Jahre alte Ernst Mergen- thaler und der 17 Jahre alte Gottl. Mergenthaler, wegen gemeinschaftlich verübter Körperverletzung, die beiden ersteren zu je 14 Tagen, der letztgenannte zu 3 Tagen Gefängnis verurteilt. Dieselben haben, wie
sich aus der Zeugenvernehmung ergab, in der Nacht vom 14. August d. I. nach vorangegangenem Wortwechsel einen gewissen Paul Meyer von Neustadt, als dieser in Gesellschaft eines andern durch Hohenacker ging, mißhandelt, und zwar die beiden ersteren mit bewaffneter Hand. Die gegen das Urteil des Schöffengerichts von denselben eingelegte Berufung wurde heute kostenpflichtig verworfen mit dem Bedauern, daß die K. Amtsanwaltschaft nicht gleichfalls Berufung eingelegt habe, da sonst die Strafen erhöht worden wären. Gegen den mitbeteiligten Polizeidiener von Hohenacker behielt sich der K. Staatsanwalt weitere Schritte vor. — Der vielbestrafte, 32 Jahre alte, ledige Taglöhner Ernst Gottl. Pfeiffer von Bietigheim, welcher am 12. Oktober d. I. zu Neckarrems aus einem Bauernhause in Abwesenheit der Bewohner ein Paar Hosen, eine Weste und Hosenträger entwendete, wurde unter Einrechnung einer ihm jüngst vom hiesigen Schöffengericht wegen Unterschlagung zuerkannten Monatlichen Gefängnisstrafe heute wegen einfachen Diebstahls im Rückfalle zu einer Gesamtstrafe von 1 Jahr Gefängnis nebst 5jährigem Ehrenverluste verurteilt.
Balingen, 13. Nov. Heute früh vor 3 Uhr zeigte das Geläute der Glocken hier ein Schadenfeuer an; es brannte in dem von Balthas Merz und Christian Eisele gemeinsam bewohnten Hause bei der roten Mühle, das erst vor wenigen Jahren großenteils erbaut wurde und in dessen oberen Räumen dieselben eine Trikotweberei betrieben. In diesem Gelaffe scheint auch das Feuer ausgebrochen zu sein, das, bis die Feuerwehr herbeieilte, bereits den ganzen Dachstuhl ergriffen hatte, und dem das ganze Haus bis auf den unteren Stock zum Opfer fiel. Zum Glück herrschte völlige Windstille, sonst wäre wohl
6 IT T 1 ^ 6 1 ^ TT. Nachdruck verboten. I
Der Schiffbruch der „Felicitas".
Erzählung von Ferdinand Herrmann- (Fortsetzung.)
Heldrungen drehte verlegen an seiner Uhrkette. Er wagte garnicht mehr, zu seinem Gegenüber aufzusehen, denn die Furcht, welche er von vornherein vor diesem Manne empfunden, hatte sich während der letzten Minuten nur noch um ein Erhebliches gesteigert. Wie ganz anders hatte er sich seinen künftigen Schwiegersohn vorgestellt, den Mann, welchem er das Glück und die ganze Zukunft seines zarten, bis zu diesem Tage von einer fast überreichen Fülle der Liebe umgebenen Kindes anvertrauen sollte! Wie unbedenklich würde er ihm mit einem entschiedenen Nein geantwortet haben, wenn Röhrsdorf nicht eben derjenige gewesen wäre, der seiner Meinung nach mit einem einzigen Wort über sein künftiges Geschick, seine Existenz, seine bürgerliche Ehre entscheiden konnte! Er hatte sich noch nie vor einer so verzweifelten Wahl gesehen, als in diesem Augenblick, und es war begreiflich, wenn er vor Allem einen Aufschub, eine Frist zur Ueberlegung zu erlangen suchte.
„Sie mögen ganz gewiß in Allem Recht haben, was Sie da sagen, mein verehrter Herr Röhrsdorf', erwiderte er, „und es wäre sehr undankbar, wenn ich Ihre Güte nicht dem ganzen Umfange nach anerkennen wollte. Aber was wäre mit meiner Zustimmung gewonnen, so lange wir nicht die Ansicht meiner Tochter kennen? Ich werde selbstverständlich so bald als möglich mit ihr darüber reden» und was an mir liegt, soll gewiß geschehen, um Ihre Sache zu einem guten Ende zu führen."
„Wohl! Ich nehme Sie beim Wort! Fräulein Felicitas kommt zurück — ich höre bereits Sarnow's Stimme. Sie werden für mich sprechen, denn ich verstehe mich nicht darauf, eine schwungvolle Liebeserklärung zu machen."
Heldrungen fuhr in wirklichem Entsetzen empor.
„Wie? — Sie denken doch nicht daran, daß ich noch in dieser Stunde und gleich hier auf der Stelle-nein, das ist unmöglich!"
„Warum unmöglich? Was ist für Sie oder für mich damit gewonnen, wenn wir die Sache in die Länge ziehen? Ist es Ihnen Ernst mit der Zusage, die Sie mir soeben gegeben haben, so muß auch Ihnen daran gelegen sein, so rasch als möglich Klarheit zu schaffen."
„Aber mein bester Freund — bedenken Sie doch nur, daß es Felicitas ganz unvorbereitet treffen würde, daß sie vielleicht in der ersten Ueberraschung eine Antwort geben könnte, die unseren Wünschen nicht entspricht, daß — ah, es ist zu spät — da kommen sic bereits!"
Die beiden jugendlich schlanken Gestalten tauchten wirklich in diesem Augenblick in der Thüröffnung auf. Sie schienen sich in Röhrsdorf's Gewächshause durchaus nicht gelangweilt zu haben, denn auf Felicitas' schönem Gesicht lag noch der Abglanz eines heiteren Lächelns und Sarnow's Wangen waren höher gerötet als zuvor. Ihre Hand lag noch auf seinem Arm, obwohl sie jetzt ja seiner Führung keineswegs mehr bedurft hätte.
Der Bankier streifte das hübsche Paar mit einem flüchtigen Blick; seine Stirn runzelte sich ein wenig und er sah wie in ernster Mahnung zu Heldrungen hinüber. Da dieser aber in seiner verzweifelten Ratlosigkeit nicht Miene machte, der stummen Aufforderung Folge zu leisten, stand er rasch entschlossen selber auf, legte seine dampfende Cigarre vorsichtig auf den Aschbecher und näherte sich dem jungen Mädchen.
„Ich hoffe, mein Gewächshaus hat Ihnen gefallen, Fräulein Heldrungen", sagte er. „Haben Sie auch einen Blick auf den Garten geworfen?"
„Er ist wunderschön!" versicherte sie im Tone der vollsten Aufrichtigkeit. „Ich habe selten eine angenehmere Viertelstunde verlebt als diese."
„Es freut mich von ganzem Herzen, das zu hören — freut mich um so mehr, als ich den Wunsch hege, Ihnen HauS und Garten, sowie Alles, was ich besitze, zu Füßen zu legen. Würden Sie sich dazu entschließen können, Fräulein Felicitas, in diesem einsame« Junggesellenheim künftig als Herrin zu schalten?"