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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

66. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im B^irk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Samstag, den 14. November 1891.

LbonnementSpreiS vierteljährlich in der stabt »0 Pfg. und SV Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Dtt. 1. 1L, sonst in ganz Württemberg Ml. 1. Sb.

Tages-Ueuigkeiten.

^Amtliches aus dem Staatsanzeiger.j Das K. Ministerum der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, hat am 10. Nov. d. I. den Eisenbahnassistenten Rau in Calw zu der Kanzlei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen auf Ansuchen versetzt.

x Liebenzell, 11. Nov. Nachdem der hies. Arzt, Herr Dr. Sieger, mit Hinterlassung eines Stellvertreters sich von hier entfernt und einige Wochen nachher durch Zuschrift aus Berlin an den hiesigen Gemeinderat seine Stelle gekündigt hat, soll jetzt die Stelle des hiesigen Bad- und Distrikts-Arzts neu be­setzt werden. Der Bewerber-Aufruf, der sowohl in einem ärztlichen Fachblatt als auch im Württembergischen Staatsanzeiger veröffentlicht wurde, hat die Folge gehabt, daß im ganzen 31 Aerzte aus den verschieden­sten Gegenden Deutschlands, aber auch nicht wenige Württemberger ihre Bewerbungen eingereicht haben, darunter Männer, die ihre wissenschaftliche und prak­tische Tüchtigkeit in allerlei Stellungen schon bewährt haben. Fehlen doch in der großen Zahl selbst Pro­fessoren und Sanitätsräte nicht, neben vielen jüngeren Kräften, die durch die besten Zeugnisse empfohlen sind. Viele Bewerber haben in diesen Tagen auch persönlich den Vätern der Stadt sich vorgestellt und sehr deutlich zu erkennen gegeben, wie viel ihnen daran gelegen ist, hieher zu kommen. Man sieht, daß die hiesige Arztstelle eine begehrte und vielumworbene ist ganz anders, als es in einigen früheren Erledigungs­fällen scheinen konnte. Und es drängt sich unwill­kürlich die Frage auf, aus welchen Umständen oder Einflüssen es wohl zu erklären ist, daß damals die Zahl der Bewerbungen eine so kleine war? Möchte es aber jetzt gelingen, aus der großen Zahl der Be­werber nicht bloß überhaupt einen tüchtigen Mann, sondern denjenigen Mann auszuwählen, der für die beteiligten Gemeinden, wie für das Kurpublikum der hiesigen Bäder der geeignetste ist! Erwünscht wäre es namentlich, wenn der neue Arzt gewillt wäre, sich auf längere Zeit bei uns heimisch zu machen, da man des vielen Wechsels in den letzten Jahren allmählich recht überdrüssig geworden ist.

Der Lokalausschuß der vereinigten Buch­druckereibesitzer Stuttgarts veröffentlicht folgende für die Buchdruckergehilfen Stuttgarts bestimmte Er­klärung :Es ist in Gehilfenversammlungen wiederholt die Behauptung ausgesprochen worden, daß bei einer Beendigung des Ausstandes jeder Ausgetretene in seine alte Stelle wieder ausgenommen werden müsse. Wir treten dieser Behauptung auf das Bestimmteste entgegen, da für eine große Zahl der durch die Kündig­ung frei gewordenen Stellen bereits Ersatz gewonnen ist und bei einem stattfindenden Ausgleich dieser Ersatz unter keinen Umständen zu Gunsten der jetzt aus­ständigen Gehilfenschaft wieder entlassen werden wird."

Vom Ausstand der Buchdrucker­gehilfen erfährt man annähernd etwa folgende Ziffern. Von 36,000 Gehilfen befinden sich 10,000 im Streik, bewilligt erhielten 3000, so daß nach Ab­rechnung der Kranken etwa 20,000 stehen geblieben wären. In Hamburg, Berlin, München, Stuttgart rc. erscheinen alle Tageszeitungen in gewohntem Umfang,

nur einige mußten vorübergehend Reduktionen ein- treten lassen; sie haben notgedrungen alle Forder­ungen der Gehilfen bewilligt, während die Werk­druckereien und Druckereien kaufmännischer und anderer kleinerer Arbeiten denselben nicht entgegengekommen sind. Allerdings sind auch unter diesen einige Aus­nahmen zu verzeichnen und zählen die Bewilliger zu der Art Prinzipale, welche stets unter der Rubrik Die Schmerzenskinder der Papierlieferanten und Schriftgießer" laufen. Diese haben nichts zu verlieren; aus Gehilfenkreisen hervorgegangen, werden sie früher oder später wieder am Setzkasten stehen und zu den hohen Löhnen, welche inzwischen die Gehilfen erreicht haben, wieder bei Denen arbeiten, die sie durch ihre Schleuderpreise jahrelang geschädigt haben.

Tübingen, 11. Nov. Heute vormittag gab sich ein stuä. rer. nat. T. aus Straßburg mit Zpankalium den Tod. Er trat erst un letzten Sommersemester hier ein, war ein überaus fleißiger und solider Student und in diesem Semester als Assistent bei Prof. Vöchting thätig, der ihn sehr hoch schätzte.

Reutlingen, 11. Nov. Gestern wurde bei Gelegenheit der Grabarbeiten, welche die Herstellung der Echazthalbahn erforderlich macht, zwischen der Villa Majer und dem Heilbrunnen im Posidonien- schiefer in einer Tiefe von etwa 8 in ein 1 m 30 om langer Mammutzahn bloßgelegt.

Gmünd, 10. Nov. Gestern abend 8 Uhr fand im Radsaale eine öffentliche Volksver­sammlung statt, zu welcher der demokratische Volks­verein eingeladen hatte. Zuerst gab der Reichstags­abgeordnete Speiser einen Bericht über seine Thätig- keit im Reichstag. Nach ihm trat der Reichs- und Landtagsabgeordnete K. Haußmann auf und zog einen Vergleich zwischen Reichs- und Landtag, wobei der letztere gar schlecht wegkam. Wie eine Bleidecke liege es auf ihm, alles Leben und alle Bewegung würden fehlen, wenn er und seine Freunde nicht wären. Ihre Arbeit sei zwar scheinbar eine vergeb­liche, da die Regierung mit Hilfe einer ihr ergebenen Majorität alles durchdrücke; aber er jhoffe, daß das Bürgertum ihre Verdienste würdige. Er und seine Partei haben sich allein als die wahren Volksfreunde bewiesen. Das suchte er zu zeigen bezüglich der Ver­handlungen über die Lebenslänglichkeit der Ortsvor­steher, das Wählen zur Amtsversammlung, die Adreß- debatte und Zioilliste. Nun meldete sich der Land­tagsabgeordnete von Gmünd, Rektor Dr. Klaus, zum Wort. Er sprach zunächst sein Befremden über die Form aus, in welcher das Thema des K. Hauß­mann ausgeschrieben war, daß er nämlich referieren werde über die Thätigkeit des Landtages. Wenn es bloß geheißen hätte: über die schwebenden politischen Fragen oder über diesen und jenen Gegenstand, der auf dem Landtag behandelt wurde, hätte er nichts bemerkt. Aber ein Referat über die Thätigkeit des Landtags seien die Wähler gewöhnt, von ihrem eigenen Abgeordneten entgegenzunehmen. Dann ging er auf die von Haußmann berührten Fragen über und wies nach, daß auch die Abgeordneten, welche die Ansichten Haußmanns nicht teilen, ihre guten Gründe für ihre Ueberzeugung haben. Namentlich verstehe er bezüglich

der Zivilliste nicht, wie man zuerst gegen dieselbe sprechen und nachher für dieselbe stimmen könne. Die Versammlung war gut besucht und dauerte bis nach 10 Uhr. N. Tgbl.

Poppenweiler, 9. Nov. Heute früh nach 6 Uhr entstand hier plötzlich Feuerlärm. Es brannte im Hause des Pflästerers Neuhäuser; Kinder, die sich noch im Bett befanden, hatten Zündhölzer angezündet, wodurch gleich die Betten in Brand gerieten und die Mutter, welche im Viehstall beschäftigt war, nur mit großer Mühe die Kinder zu retten vermochte. Es ist nur dem entschlossenen Eingreifen mehrerer Männer zu verdanken, welche das brennende Bett sofort auf die Straße warfen, daß das Feuer sofort unterdrückt wurde. Die Feuerwehr wurde nicht allarmiert. Es ist dies wieder eine emste Mahnung für Eltern, die Zündhölzer bester zu bewahren.

Münsingen, 10. Nov. Im Lause des Herbstes sind hier 10 Kinder in Folge von Diphtheritis gestorben, darunter m einer Familie zwei, in einer andern drei.

Langenburg, 10. Nov. In verflossener Nacht kam ein gegen 80 Jahre alter Ausdinger in Büchringen auf eine eigentümliche Weise ums Leben. Um sich bequem im Bett erheben und aufrichten zu können, hatte er über seiner Lagerstatt einen Strick von der Stubendecke herabhängend angebracht. Diesen Strick schlang er sich um den Hals und beim Empor­ziehen erstickte er. Man fand die Leiche heute früh im Bette.

Staufen, 9. Nov. Soeben wurde unser sonst so ruhiges Städtchen in große Aufregung und Entrüstung versetzt. Seit einiger Zeit war vei dem braven, allgemein geachteten Kaufmann Kiefer da­hier sein Schwager, ein Thunichtgut, ehemaliger badischer Lehramtspraktikant, dann Lehrer in Frank­reich, England und schließlich in Rom namens Bösch gutthatsweise ausgenommen. Statt aber für die Opfer­willigkeit seines Schwagers und seiner Schwester dank­bar zu sein, benahm sich Bösch händelsüchtig, so daß ihm der Aufenthalt gekündigt wurde. Heute früh wollte nun Kiefer, um dem Störenfried einmal den Ernst zu zeigen, in dessen Stube das Bett entfernen, als Bösch sich plötzlich hinter ihn schlich und ihn durch einen Revolverschuß in den Kopf tötlich verwundete, gleichzeitig verwundete Bösch eine alte Haushälterin, dje ihn selbst hatte aufziehen helfen und welche den Schuß gegen den Hausherrn abwenden wollte. Dann eilte Bösch die Treppe hinab und erschoß sich im Neben­zimmer beim Kaufladen. Kaufmann Kiefer kam nicht mehr zum Bewußtsein und starb nach etwa 1 Stunde. Das Bedauern mit der unglücklichen Witwe und den 4 Kindern ist allgemein.

Heidenheim, 10. Nov. Die hiesige deut­sch e P a r t e i hat mit Beginn der Herbst- und Winter­zeit ihre Monatsversammlungen wieder ausgenommen. Die 1. Versammlung fand Ende Sept. statt; oie 2. war gestern Abend im Waldhorn. Zunächst gedachte der Vorstand Komm.R. A. Hartmann unseres ver­ewigten Königs Karl und brachte König Wilhelm II. ein Hoch dar. Sodann gab Oberpräz. Feucht von hier die Fortsetzung seines interessanten, viel Neues bietenden Berichts über Sybels großes Geschichtswerk