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Neuen Palais unternommen. Bei einem Spazierritte heute morgen war sie vom Kronprinzen begleitet.

Wie der Korrespondent der Weser-Ztg. aus dem Munde des deutschen Delegierten, Generaldirektor der Zölle und indirekten Steuern in Bayern, Hrn. v. May, hörte, hegen die Münchener Delegierten die feste Zuversicht, daß spätestens bis Ende November dem Reichstag die neuen Handelsverträge vorgelegt werden können.

Die Abschaffung der Carpenterbremse für die preuß. Staatsbahnen ist derNot.-Ztg." zufolge eine beschlossene Sache. lieber die Wahl eines Systems behufs Herstellung einer Einheitlichkeit auf allen deut­schen Bahnen finden demnächst Konferenzen der deut­schen Bahnverwaltung statt.

Die Nachricht von der demnächst erfolgen­den Rückkehr des Majors von Wißmann aus Ost­afrika wird von derKreuzzeitung", abweichend von derNationalzeitung," damit erklärt, daß die Schutz- »ckruppe gegenwärtig durch die Niederlage von Zelewskis geschwächt ist und die drei Kompagnien nicht zu ent­behren sind, welche den Reichskommissar auf dem Zuge nach dem Vicktoria-Nyanza begleiten sollten. Unter solchen Umständen könne die Dampfer-Expedition nicht eher abgehen, als bis die Verstärkung der Schutztruppe eingetroffen sei. Wißmann könne unter solchen Um­ständen seine Zeit in Deutschland nützlicher verbringen und mit den amtlichen Kreisen weitere Verabredungen treffen. Ebenso werde nun auch wohl die Borchertsche Expedition einen Aufschub erfahren. Denn auch ihr soll eine Bedeckungsmannschaft beigegeben werden. Inzwischen gehen derVoss. Ztg." zufolge, be­reits Verstärkungen für die Schutztruppe aus Deutsch­land ab. Mehrere Unteroffiziere der Berliner Garnison sind nach Hamburg abgereist, wo noch eine größere Anzahl Subalternoffiziere in diesen Tagen als Ersatz für die gefallenen und gestorbenen Kameraden in Ostafrika eintrifft.

Ein Vergehen gegen das Altersver­sicherungsgesetz führte einen Schneidermeister vor

die 88. Abteilung des Schöffengerichts in Berlin. Ein Paragraph des Gesetzes schreibt dem Arbeitgeber vor, daß er bei dem Austritt eines Arbeiters demselben seine Öuittungskarte, mit den entsprechenden Marken bis zum Tage des Austritts versehen, aushändigen muß. Der Angekl. hat einer Arbeiterin, welche er 14 Tage nach Ostern entließ, die Karte bis Pfingsten vorenthalten und dieselbe dadurch sehr in Verlegenheit gebracht, da sie ohne Karte neue Arbeit nicht oder doch nur auf kurze Zeit erhalten konnte. Der Angeklagte behauptete, daß sein Verhalten nur auf Nachlässigkeit zurückzuführen sei. Weder Staatsanwalt noch Ge­richtshof wollten diesen Einwand als strafausjchließend anerkennen, sondern der Angeklagte wurde nach dem Anträge zu einer Geldstrafe von 20 ^ verurteilt.

Wien, 1. Okt. Meldungen der heutigen Abendblätter zufolge explodierten vergangene Nacht auf der Rosenthaler Eisenbahnbrücke zwei von verbrecherischer Hand gelegte Bomben, kurz bevor Kaiser Franz Joseph die Brücke passierte. Nach amtlichen Mitteilungen habe es sich bei der beabsichtigten Sprengung bloß darum gehandelt, ein Verkehrshindernis zu schaffen, damit die Reise des Kaisers nach Reichenberg verhindert werde. Eine weitere Meldung besagt: Vergangene Nacht wurden auf der Reiseroute des Hofzuges in Rosenthal bei der Bahnübersetzung an den beiderseitigen Widerlagern durch Sprengschüsse Oeffnungen von einem Meter breit und einem halben Meter tief ausge­sprengt. Die Beschädigungen wurden sofort ausge­bessert, so daß der Hofzug heute ungehindert passierte. Die Oeffnungen sind durch Explosion zweier mit Nitroglycerin gefüllter kleiner Bomben veranlaßt, die in zwei Wasserleitungsschläuche gelegt worden waren. Die Thäter sind unbekannt.

Reichend erg, 2. Okt. Die Neichenberger Zeitung veröffentlicht einen Bericht über die Bomben- explosion bei Rosenthal, welcher die gemeldeten Einzelheiten bestätigt und hinzufügt, die Beschädig­ung der Brücke sei so gerrngfügig, daß dem in Neichenbach haltenden Lastzüge unmittelbar nach der Explosion das Signal zur Abfahrt gegeben werden konnte. Dies sei dem Umstande zu danken, daß die zu beiden Seiten der Brücke gelegten Bomben nicht

gleichzeitig explodierten. Ein bestimmter Verdacht liege nicht vor, jedoch sei bereits eine Spur zur Auf­klärung des ruchlosen Bubenstückes gefunden. Daß es sich um ein Bubenstück handle, sei zweifellos. Ein anarchistisches Komplott sei nicht dahinter zu vermuten.

Lugano, 29. Sept. Gestern fand vor dem Gericht des Distriktes Mendrisio der Strafprozeß gegen Adolf Ludwig Spatz von Geislingen (Württemberg), welcher angeklagt war, Banknoten gefälscht und in Zirkulation gesetzt zu haben, seinen Abschluß. Die Anfertigung der gefälschten Noten betrieb der Angeklagte in Morivione bei Mailand, wobei ihm zwei Mitthäter behilflich waren, welche dann verhaftet wurden und in Mailand in Gefangen­schaft sitzen. Spatz hingegen wurde in Chiasso ver­haftet in dem Moment, da er von den gefälschten Papieren versenden wollte. Das Gericht, den Stand­punkt einnehmend, das Delikt der Fälschung sei außer­halb der Schweiz erfolgt, verurteilte Spatz wegen in Zirkulationsetzen und dolosem Versenden nach­geahmten Geldes zu vier Jahren Gefängnis. Der Angeklagte war geständig.

Brüssel, 2. Okt. Boulangers politische Freunde sind zur Leichenfeier größtenteils eingetroffen. Die Regierung untersagte alle politischen Kundgeb­ungen am Grabe Boulangers. Das Privattestament des Generals wurde eröffnet, es erklärt, der General besitze kein Vermögen, da er Alles der Politik ge­opfert ; er hinterlasse aber keine Schulden. Boulanger vermacht das Mobiliar seiner Nichte, Fräulein Gref- fith, alle Kunstwerke Rochefort. Wagen und Pferde sollen verkauft werden, um die Kosten der Beerdig­ung zu decken.

Brüssel, 2. Okt. Das Testament Bou­langers besagt, er töte'sich nicht aus Verzweiflung an der Zukunft, sondern aus Schmerz über das jüngste Unglück, und fordert seine Anhänger auf, den Kampf fortzusetzen gegen jene, die ihn fern vom Vaterlande in den Tod trieben. Er habe wiederholt versucht, sich zu stellen, wenn er von ordentlichen Gerichten abgeurteilt würde, was jedoch stets ver­weigert worden sei. Er bedaure, daß er nicht auf dem Schlachtfelde gefallen sei. Das Testament schließt mit den Worten:Es lebe Frankreich, es lebe die Republik!"

Amtliche Kkkauvtmllchullgku.

Rechnungsabschluß

der Vezirkskrankrnkaste Calw

für das Jahr 1890.

Kinnaßmen:

1) Barer Kassenbestand am 1. Januar. 379 ^ 57 -H,

2) Zinse von Kapitalien. 14 22

3) Eintrittsgelder. 516 42

4) Beiträge.12,122 30

5) Ersatzleistungen Dritter für gewährte Krankenunterstützung 203 91

6) Aus zurückgezogenen Sparkasseneinlagen. 2,620 88

7) Sonstige Einnahmen.._ 15 85

15,873 ^ 15

Ausgaben:

1) Für ärztliche Behandlung.2,381 ^ 05

2) Für Arznei und sonstige Heilmittel. 2,228 89

3) Krankengelder

a. an Mitglieder.5,949

b. an Angehörige der Mitglieder. 27

4) Unterstützungen an Wöchnerinnen. 106

5) Sterbegelder. 564

6) Kur- und Verpflegungskosten an Krankenanstalten . 1,299

7) Ersatzleistung an Dritte für gewährte Krankenunterstützung 5

8) Anlagen bei Sparkaffen.1,000

9) Verwaltungsausgaben

a. persönliche. 1,309

b. sächliche. 223

10) Sonstige Ausgaben .._63

82

90

05

12

80

37

25

01

15,158 ^ 26 -öj.

Abschluß.

Einnahmen. 15,873 ^ 15 -H,

Ausgaben . 15,158 26

Kassenbestand 1. Januar 1891 714 ^ 89 -rZ.

Wermögensausweis.

Barbestand. 714 89 -A

Forderungen... 15 12

Zusammen 730 ^ 01 -öj.

Nach dem vorjährigen Abschluffe betrug dasselbe . 2,045 37

Ergibt gegen das Vorjahr weniger.1,315 ^ 36 -H,

von den Kosten der Influenza-Epidemie herrührend.

Den Arbeitgebern und Kassenmitgliedern steht das Recht zu, die Rechnung nebst Belegen, Revisionsprotokoll u. s. w. binnen einer von heute an laufenden Frist von 8 Tagen auf dem Rathause einzusehen.

Z)er Worsihenöe: Kassier:

Louis Korndörfer. Kober.

Erledigte Staals- straßenwärterstette.

Kommenden

Samstag, den 1v. Oktober d. I., nachmittags 4l Uhr, wird auf dem Rathaus in Calw die erledigte Stelle eines ständigen Staats­straßenwärters für den Distrikt Nr. 3, Icm 7,100 bis kin 10,600 der Staats­straße Nr. 103, CalwNagold, auf den Markungen Waldeck und Holzbronn, OA. Calw, und Gültlingen, OA. Nagold, mit einem Jahresgehalt von 520 ^ wieder besetzt.

Bewerber um diese Stelle, welche nicht über 40 Jahre alt sein dürfen, werden aufgefordert, sich hiezu einzufinden und ein gemeinderätlich beglaubigtes Prä­dikats- u. Vermögenszcugnis nebst Auszug aus dem Strafregister neuesten Datums, sowie Militär- und sonstige Zeugnisse mitzubringen.

Calw, den 5. Oktbr. 1891.

K. Straßenbau-Inspektion.

Fleischhauer.

Steintieftrungs-

Accord.

Kommenden

Samstag, den 1v. Oktober d. I., nachmittags /24l Uhr, wird auf dem Rathaus in Calw die Lieferung der zur Unterhaltung der Strecke üm 0 bis lew 3,500, (Markung Unterreichenbach) der Staatsstraße Nr. 108, PforzheimCalw, erforderlichen Muschelkalksteine im öffentlichen Ab­streich vergeben, wozu tüchtige Stein­lieferanten eingeladen werden.

Calw, den 5. Oktober 1891.

K. Straßenbau-Inspektion.

Fleis chhauer.

Revier Hirsau.

Wegöarraccorb.

Die Herstellung einer 270 m langen Ausfahrt vom Neuen Weg im Staats-

wald Ottenbronnerberg zur HirsauAlt­hengstetter Straße wird im Submissions­weg vergeben. Die Offerte, in Prozenten der Ueberschlagspreise, die für Planier­ung 297 für Chaussierung 838 ^ betragen, ausgedrückt, sind verschlossen und mit der Aufschrift:Wegbauaccord" versehen, bis längstens

Mittwoch, den 14. ds. Mts., vormittags 10 Uhr,

beim Revieramt einzureichen, bei welchem Plane, Kostenüberschlag und Bedingungen zur Einsicht aufliegen. Die Eröffnung der Angebote findet zur genannten Stunde imLöwen" in Hirsau statt.

Revier Hirsau.

Arrordsverhandlungen.

Am Freitag, den 9. ds. Mts., vormittags 10 Uhr,

wird imLöwen" hier in Accord ge­geben :

1) das Umgraben von je 0,1 Im Pflanz­schulfläche im Altburgerberg Abt. Spindlershof und Weckenhardt Abt. Blindbergebene;

2) die Herstellung von ca. 750 m Abzugsgräben im Ottenbronnerberg und Weckenhardt;

3) der Bau einer Blockhütte im Alt­burgerberg Abt. Probemorgen.

Revier Calmbach.

Stammholz-Verkauf.

Am Diens­tag, den 13. Oktober, vormit­tags 11'/, Uhr, werden auf dem Rathaus in Calmbach ver­kauft aus den Abteilungen: Hoher-Rain, Winkelskopf und Oberer Mißlesgrund des Distrikts Eiberg, aus Ailesteich Di­strikts Meistern und aus Wulzenschlägle und Kälblingswiese Distr. Kälbling:

Langholz I. bis IV. Kl. und Sägholz I. bis III. Kl., 157,53 Fm., Langholz V. Klasse mit 39,53 Fm.

Sämtliches Material ist angerückt.