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Treue und den freundlichen Empfang. Er habe hier, wie in Bayern, eine so festliche Aufnahme gefunden, welche von Treue und deutscher Gesinnung zeuge. Er werde auf der von seinen Vorfahren beschrittenen Bahn fortschreiten, und das Volkswohl wahren. Er erwarte, daß die Bevölkerung von Hessen im inneren wie im äußeren Kampfe ihm helfen werde, seinen Herrscherberuf zu erfüllen. Er trinke auf das Wohl der Provinz.

Frankfurt, 11. Sept. Ob das Trunk­suchtgesetz dem Reichstag schon in der Wintersession zugehen wird, scheint noch nicht festzustehen, schreibt das Frkf. I. Es sind in der öffentlichen Erörter­ung so viele und gewichtige Bedenken gegen den Ent­wurf erhoben worden, daß man sich auch im Bundes­rat denselben nicht entziehen wird. Es ist wohl mög­lich, daß der Entwurf noch einer Umarbeitung in wesentlichen Stücken unterzogen wird. Andernfalls liegt die Gefahr nahe, daß im Reichstag so ein­schneidende Veränderungen vorgenommen werden, daß das Zustandekommen des Gesetzes in Frage gestellt wird. Auch von verschiedenen Bundesregierungen sollen Einwendungen gegen den Entwurf geltend ge­macht worden sein. Jedenfalls dürfte der Gesetzent­wurf erst in einem vorgerückteren Zeitpunkt der Session eingebracht werden.

Tages-Ueuiykeiten.

Calw. Freitag, den 18. Sept., werden hier einquartiert der Stab der 51. Infanterie-Brigade, der Stab des Jnfant.-Reg. Nr. 125, 2 Compagnien des II. Bataillons Reg. Nr. 125 mit Bat.-Stab, III. Bat. des Reg. Nr. 125 mit Stab, der Stab des Artill.-Reg. Nr. 29, der Stab der I. Abteilung und 1 Batterie des Art.-Reg. Nr. 29, zusammen 53 Offiziere, 949 Mann und 126 Pferde.

Am 19. und 20. Sept. der Stab der 26. Division, die Intendantur, der Stab der 52. Brigade, der Stab des Regiments Nr. 121, das I. und II. Bataillon des Reg. Nr. 121 mit den Stäben, die Hälfte der 5. Eskadron des Ulanen-Reg. Nr. 19, der Stab der 13. Feldartillerie-Brigade, zusammen 47 Offiziere, 1043 Mann, 159 Pferde.

Stuttgart, 11. Sept. Heute endeten die Brigade-Manöver der 51. und 52. Infanterie-Brigade, morgen marschieren die Truppen in das Gebiet für die Manöver der 26. Division, welche in der Zeit vom 14. bis 20. September unter Leitung des Ge­nerallieutenants v. Lindcquist, Kommandeur der 26. Division, zwischen CalwBöblingen stattfinden werden; am 21. September ist Schlußmanöver der 26. Divi­sion gegen markierten Feind unter Leitung des kom­mandierenden Generals v. Wölckern und am 22. kehren die meisten Truppenteile in ihre Garnisonen zurück.

Gestern abend war zur Feier des allerh. Geburtsfestes I. M. der Königin der Schloß- platz prächtig erleuchtet; die Springbrunnen flammten in Feuerkränzen, über welche die Wasser sich ergossen.

An dem Festessen der gegenwärtig hier weil­enden Offiziere der Garnison Stuttgart nahmen etwa 40 Herren im Saale des Cafs Bechtel teil; den Vor­sitz führte der Gouverneur, Gen.-Lieut. v. Gleich, welcher auch das Hoch auf die Königin ausbrachte.

Nach dem Gottesdienste in der griechischen Kapelle begaben sich die Mitglieder der Geistlichkeit und die russischen Kirchensänger nach Ilntertürkheim, wo­selbst im Gasthof zum Hirsch ein gemeinsames Fest­mal stattfand. Der deutsche Kriegerverein Königin Olga" feierte das Fest gestern Abend im altdeutschen Saale von Paul Weiß in hergebrachter Weise durch Rede und Gesang. Das Hoch auf die hohe Protektorin des Vereins brachte der 2. Vorstand, Kamerad Roth, in schwungvoller Weise aus. In den beiden Volksküchen erhielten gestern zur Feier des Geburtsfestes I. Mas. der Königin gegen 1000 Personen das Mittagsmahl auf Befehl S. Mas. des Königs unentgeltlich. Es waren Festessen zubereitet worden, welche bei den Beschenkten große Freude er­regten. Die Volksküche Ludwigsstraße verabreichte Erbsensuppe, geräuchertes Schweinefleisch, Sauerkraut und Kartoffeln; jeder Portion Essen wurde ein Tafel­brot beigegeben. Für die Kranken gab es Nudelsuppe, Ochsenfleisch mit Tafelbrot.

Stuttgart. Laut Ministerialerlaß betr. die Leistungen der Sradt Stuttgart zum Bau der neuen Neckarbrücke beträgt der Beitrag Stutt­garts 200000 °^, welche sofort zu bezahlen sind; Stuttgart hat die Beleuchtung der Brücke, soweit sie auf städtischer Markung liegt, zu besorgen; die Brücke wird 18 Meter breit und erhält 2 Pferde­bahngeleise. Der Gemeinderat erklärt sein Einver­ständnis mit den Bedingungen, welche seitens des Staats an die Stadt gestellt worden.

Göppingen, 11. Sept. Die Frau von Gammelshausen, welche der hiesigen Polizei die An­zeige gemacht hatte, daß sie von 3 Männern und 2 Frauen zwischen hier und Heiningen angefallen und beraubt worden sei, hat bei einem nachträglichen Ver­hör vor dem Polizeikommiffär zugegeben, daß sie nicht zu Boden geworfen und ihr kein Geld abgenommen worden sei. Damit ist die ganze Raubanfall­geschichte höchst unwahrscheinlich undunglaub­haft geworden.

Heilbronn, 11. Sept. In der heutigen außerordentlichen Sitzung beider bürgerlichen Kol­legien wurde das Pensionsgesuch des Ober­bürgermeisters Hegelmaier einstimmig abgelehnt. Die Nachricht, daß er dies Gesuch zurückgezogen habe, welche die Heilbr. Zeitung in einem Extrablatt ver­

breitete, ist unwahr. Der Brief des Oberbürger­meisters lautet anders, als ihn die Lipp'sche Zeitung wiedergab. (Die N.Z. veröffentlicht den Brief des Ob.B.M. Hegelmaier. Er lautet: St. Moritz 8. Sept. An den Gemeinderat Heilbronn! Gegen das Ver­halten des Stellvertreters, sowie eines Teils der an­dern Mitglieder des Gemeinderats, welche sich in der öffentlichen Sitzung vom 3. Sept. nicht gescheut haben,, über ihren abwesenden Vorstand loszuziehen, lege ich! vorläufig öffentlich Verwahrung ein. In der erstem Sitzung des Gemeinderats, welcher ich wieder vorsitzem werde, werde ich eine eingehende aktenmäßige Dar­stellung sowohl bezügl. der Beschwerde betr. die Poli­zeiverwaltung als bezügl. des Zwangsenteigungs- verfahrens geben. Es wir daraus hervorgehen, ins­besondere bezügl. der in erster Sache an das Ministe­rium gerichteten Beschwerde, welche dem Gemeinderat vorenthalten wurde, daß die gegen mich aus der Mitte des Gemeinderats gemachten Unterstellungen wieder einmal völlig unbegründet sind. Vorstand des Ge­meinderats : Oberbürgermeister Hegelmaier. Eine Be­schwerdeschrift des Gemeinderats gegen Oberbürger­meister Hegelmaier ist nach der N.Ztg. an die Kgl. Kreisregierung bereits abgegangen.) Schw. M.

Riedlingen, 8. Sept. Der letzte Monats­viehmarkt war sehr stark befahren. Der Handel ging ziemlich lebhaft. Es wurden erlöst für Kühe 200 400 für Kalbinnen 250370 für Boschen 80100 Die Zufuhr auf dem Schweinemarkt, war desgleichen sehr stark, der Handel ging jedoch flau. Die Preise bewegten sich für ein Paar Milch­schweine zwischen 14 und 22

Friedrichs Hafen, 10. Sept. Zur Vor­feier des Geburtsfestes Ihrer Majestät der Königin kamen heute mittag II. KK. HH. Prinz, und Prinzessin Wilhelm mit Prinzessin Pauline, sowie I. K. Hoh. Prinzessin Katharina in Be­gleitung der Hofdame Frfrl. v. Göler mittelst Extra­schiffs von Villa Seefeld aus hier an und nahmen das Diner hier ein, nach dessen Beendigung auch Se.. Maj. der König in der Gesellschaft erschien. Nach­mittags kehrte Prinzessin Katharina mit Freifräulein v. Göler nach Villa Seefeld zurück. Prinz und Prin­zessin Wilhelm nebst Prinzessin Pauline begleiteten Höchstdieselbe und begaben sich sodann mit demselben Schiff wieder hieher, um mit dem Abendzug nach Villa Marienwahl bei Ludwigsburg weiter zu reisen. Gestern abend ist die Hofdame I. Kais. Hoh. der Frau Herzogin Wera, Frfrln. v. Röder, hieher zu­rückgekehrt und heute nachmittag sind der Kabinetts­chef Geh.-Rat. vr. v. Griesinger, der Generaladjutant Frhr. v. Molsberg und der Reisemarschall Frhr. v. Brüssele-Schaubeck, sowie der Sekretär Ihrer Majestät der Königin Baron v. Wolfs zum Geburtsfest Ihrer Majestät, bezw. zugleich zur Uebernahme des Dienstes bei Sr. Maj. dem König hier eingetroffen.

Hamburg, 11.

Sept

Der

Hamburger

ihrem alten bestrickenden, verführerischen Lächeln, das freilich diesem geisterhaft blassen Gesicht und diesen unheimlich glänzenden Augen seltsam genug anstehen wollte.

Mit einem unzufriedenen Kopfschütteln trat sie zurück, die Lichter, deren Glanz ihr plötzlich unerträglich zu werden schien, mit ihrem Tuche verlöschend.

Hatte ich denn den Verstand verloren," sagte sie vor sich hin,daß ich meine Reize kampflos welken li ß, während ihre blühende Jugend sich an meiner Seite breit machte. Ein hübsches Gesicht und der Dust einer mädchenhaften Unschuld ver­mag ihn seinen heiligsten Verpflichtungen abwendig zu machen. Aber noch ist er mein, uns eher mögen wir Beide zu Grunds gehen, ehe ich ihn einer Andern überlasse!"

Eine starre, marmorne Ruhe war über ihr Antlitz gebreitet, als sie sich zum Schlummern niederlegte, die Ruhe eines schweren aber unerschütterlichen Entschlusses.

Und nun sollte die barmherzige Schwester mit ihrer traurigen Prophezeihung dennoch Recht behalten!

Weder Nordenfelds stolze Wissenschaft, noch das hingebende Bemühen der weiblichen Pflegerinnen konnte die nach Befreiung ringende Kmderseele in dem kleinen, gebrochenen Körper zurückhalten. Lautlos und still schritt der Engel des Todes über die Schwelle, und schon berührte sein kühler, Frieden bringender Fittich die arme, fieberheiße Stirn des geduldig leidenden Knaben.

Dce verhängnisvolle Wendung in seinem Zustand war ganz jäh und uner­warb t < mgetreten, überraschend für Alle, nur nicht für die Ordensschwester, deren feiner frauenhafter Instinkt die vorausfallenden Schatten so stütze wahrgenommen hatte. Während d-s Vormittags noch schien sich das Kind in entschiedener Besserung zu b-fi d,n. Es plauderte in seiner liebenswürdigen, herzlichen Weise mit dem Prof ssor unv hatte ferne Freude an einigen farbenprächtigen Blumen, welche ihm Alic> us die Decke seines Veilchens gestreut hatte. Um die Mittagsstunde fiel eS in ein ii liefen Schlaf, und als es mit leisem Wimmern aus demselben erwachte, fand., eie Schwester, welche den kleinen Patienten unablässig beobachtet hatte, einen wiener zu dew Prost ssor, ihn um sein sehr eilige« Erscheinen bittend.

Als Nordenfeld an das Bett herantrat, überzog sich sein Gesicht mit einer fahlc äffe. Er guff nach d.-m Handgelenk Guido's und ließ eS schon nach einer halb- st-.nute n ied r los. Seine mächtige Bewegung war so unverkennbar, daß ! Schwester weiche m ruhiger Gefaßtheit mit gefalteten Händen dasaß, nicht

ohne ein gewisses Erstaunen zu ihm emporsah.

Das ist das Ende!" murmelte er leise und tieferschüttert vor sich hin.So war denn Alles vergebens!"

Herr, dein Wille geschehe!" flüsterte die Krankenpflegerin, und ihre sanften Augen blickten so klar und freundlich wie je zuvor. Ihre Empfindungen hatten wohl längst keinen wirklichen Anteil mehr an den kleinen Leiden und Kümmernissen dieser Welt.

Mit halber Stimme gab der Professor einige Anordnungen, welche dazu dienen konnten, dem Knaben die letzten Stunden seines erlöschenden Daseins zu er­leichtern. Dann ging er in den Garten hinab, in welchem er die Fürstin und Alice vorhin wahrgenommen hatte.

Die beiden Frauen mußten auf ihrem kurzen Spaziergange wohl eine sehr ernste Unterhaltung mit einander geführt haben, denn das junge Mädchen schaute traurig vor sich nieder, während Asta's Haltung stolzer und gebieterischer war als sonst. Ihr Aeußeres hatte überhaupt seit dem vcrwichenen Abend eine auffallende Veränderung erfahren.

Es war, als sei sie über Nacht von einer schleichenden Krankheit genesen,, oder als habe sie aus einem jener märchenhaften Brunnen getrunken, deren Fluren entflohene Jugend zurückzuzaubern und verschwundene Schönheit wieder herzustellen vermögen. Die gestern noch so bleichen Wangen hatten sich mit einer feinen, lebens­vollen Röte gefärbt; frischer und schwellender erschienen die Lippen des zart ge­schnittenen Mundes, ausdrucksvoller und glänzender die schönen Augen. Zwei Stunden später als sonst hatte die Fürstin an diesem Morgen ihr Toilettenzimmer verlassen, aber nicht mehr als das gramverzehrte, welkenoe Weib, welches tonst schon beim Morgengrauen mit scheuem Blick in das Krankenstübchen seines Kindes lugte, sondern als dieselbe sieghafte, strahlende Schönheit, welcher dis vor wenig Wochen die vornehme Welt der Hauptstadt huldigend zu Füßen gelegen hatte. Ob aber derjenige, auf den diese vorteilhafte Veränderung vor allem wirken sollte, sie über­haupt wahrgenommen, mußte zum mindesten recht zweifelhaft erscheinen, denn bei ihrer ersten Begegnung am Morgen hatte kein Wort und keine Miene Nordenfelds verraten, daß er etwas Ungewöhnliches an der Fürstin bemerke. Und jetzt jetzt war dazu wahrhaftig ein sehr wenig günstiger Moment! (Forts, folgt.)