Amts-
und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw. 66. Jahrgang,
Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk nnd nächster Umgebung s Psg. die Zeile, sonst lL Psg.
Donnerstag, den 10. September 1891.
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt »0 Pfg. und so Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1 b, sonst 1» ganz Württemberg Mk. 1. SL.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortslmsteher
werden beauftragt, die Ausstandsverzeichnisse der Gemeindepflegen pro 1890/91 in acht Tagen hieher vorzulegen.
Calw, den 7. Sept. 1891.
K. Oberamt. Supper.
Die Ortsvorstester
derjenigen Gemeinden, deren Markungen von den Truppenübungen berührt werden, wird hinsichtlich der Abschätzung der entstehenden Flurbeschädigten Folgendes zur genauen Nachachtung eröffnet:
1) Sobald die Truppen den Gemeindebezirk verlassen haben, .hat der Ortsvorsteher sofort gemäß der im Reichsgesetzblatt vom 26. Juli 1878, Seite 236, Ziffer 8 zu Z 14; vom 24. Juli 1883, Seite 264 und vom 21. Juni 1887, Seite 249 Z 8 enthaltenen Bestimmungen zu verfahren, also die Geschädigten zur Anmeldung ihrer Forderungen zu veranlassen und letztere in die vorgeschriebene Nachweisung (Anlage L zu den genannten Bestimmungen) aufzunehmen.
Sollte ein Geschädigter mit der Aberntung der beschädigten Felder nicht bis zum Eintreffen der Abschätzungskommission warten können, so hat er außer der erstmaligen Schadensanzeige die Ortsabschätzung noch besonders zu beantragen, und es hat sodann das in Ziffer 8 zu Z 14 der genannten Instruktion angegebene Verfahren einzutreten.
In Fällen aber, wo die Aberntung vor dem > >
Eintreffen der Commission nicht durch die Umstände geboten ist, sollte sie unterbleiben.
Ueber die Ortsabschätzung sind besondere fortlaufende Protokolle aufzunehmen und nach jeder Tagesschätzung von der Ortscommission zu unterzeichnen. Der Befund muß klar ersichtlich gemacht und der Verlust nicht in Geld, sondern nach dem Quantum angegeben sein. —
Diese Protokolle werden von der Abschätzungscommission seiner Zeit geprüft und dienen als Anlage zur Hauptnachweisung.
2) Die Nachweisung (die erwähnte Anlage L) soll in zweifacher Ausfertigung und in der Reihenfolge angelegt werden, in der die Ortsbehörde beabsichtigt, seiner Zeit die Commission auf dem Felde zu führen. Dabei sollen aber doch alle Beschädigungen eines Grundbesitzers unter einer laufenden Kummer eingetragen werden, so daß ein und derselbe Beschädigte nicht mehrere Mal in der Nachweisung erscheint. Wenn das beschädigte Grundstück verpachtet ist, so ist der Eigentümer und der Pächter namhaft zu machen.
Unter „Gärten" im Sinn des Z 11 Abs. 2 des Naturalleistungsgesetzes vom 13. Februar 1875 sind nur Gärten im engeren Sinn zu verstehen, somit gärtnerisch angelegte und benützte Grundstücke, nicht aber mit Obstbäumen bepflanzte Wiesen, welche mit dem Ausdruck „Gärten oder Obstgärten" bezeichnet werden. Bemerkt wird, daß die Truppen an sich befugt sind, bei ihren Hebungen Grundstöcke der letzteren Art zu betreten, müch 'kenn dieselben mit einer Einfriedigung umgeben sind/ -
In allen Fällen ist aber, wenn durch die Benützung solcher Grundstücke bei den Truppenübungen Beschädigungen derselben verursacht werden, daraus zu
halten, daß alsdann in den Abschätzungsprotokollen dieselben nicht als Gärten und die Einfriedigungen nicht als Garten zäune bezeichnet werden.
3) Höheren Orts wird verlangt, daß die Namen der Interessenten in der Nachweisung richtig, d. h. genau so geschrieben werden, wie sie unterzeichnen, z. B. „nicht Mayer statt Maier" u. s. w. Ueberdies wird den Ortsvorstehern aufgegeben, die Nachweisung in der Art anzufertigen, daß auf einer Seite nicht mehr als 10 Parzellen zu stehen kommen, damit zu den von der Abschätzungskommission zu fertigenden Einträgen bei jeder Parzelle der erforderliche Raum offen bleibt. Wenn die Nachweisungen mehr als 20 Namen enthalten, so ist des leichteren Auffindens wegen ein Register auf besonderem Blatt von festem steifem Papier anzufertigen.
4) Es dient zur wesentlichen Förderung des Abschätzungsgeschäfts und kann daher nicht davon abgesehen werden, daß die Interessenten ihren Schaden selbst berechnen und derselbe auch in Rubrik 6 a der Nachweisung ausgenommen wird.
5) Der Ortsvorsteher hat die Anzahl der beschädigten Parzellen, bezw. Fälle in seiner Gemeinde, sowie den mutmaßlichen Zeitaufwand für das Abschätzungsgeschäft baldmöglichst hieher anzuzeigen, damit der Intendantur behufs Entwerfung eines Reiseplans für die militärischen Mitglieder der Abschätzungskommission Mitteilung gemacht werden kann.
Mit dem Abschätzungsgeschäft wird nach Beendigung des Manövers sobald begonnen werden, als dieß die erforderlichen Vorarbeiten möglich machen.
- Calw, 9. September 1891.
K. Oberamt.
, Supper.
Nachdruck »erboten.
Jürstin Warnnow.
Novelle von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
Ihre stolze, trotzige Kraft war nun doch zusammengebrochen unter der Wucht dieses entscheidenden Augenblicks. Das Gesicht in den Händen verbergend, war sie «or ihm niedergeglitten in die Knie, und ihr schöner Leib erzitterte unter einem heftigen aber lautlosen Schluchzen.
Von dem, was bei dieser Demütigung des sonst sieggewohnten Weibes in seinem Herzen Vorgehen mochte, war in Nordenfeld's Antlitz nichts zu lesen. Seine Züge hatten eine eigentümliche Starrheit angenommen, und auf seiner gefurchten Stirn lag es wie der Ausdruck eines eisernen, aber mühsam erkämpften Entschlusses- Er beugte sich herab und zog die Knieende empor, doch es war nichts von der heiß aufwallenden Leidenschaft eines zärtlich Liebenden in seinen Bewegungen.
„So sei denn das Vergangene ausgelöscht, Asta!" sagte er ernst, während sie ihren Kopf matt an seine Schulter sinken ließ. „Ich will nicht richten, denn ich maße mir nicht an, ohne Sünde zu sein."
„Ich werde Alles thun, was Du mir vorschreibst!" flüsterte sie hingebend. „Was kümmert mich die ganze Welt, wenn ich nur Dich nicht verliere!"
„So laß uns zu Deinem armen, kranken Kinde gehen! — Zu lange schon haben wir seiner vergessen!"
Das Wort hatte die Fürstin schwer getroffen, denn sie fuhr wie unter der Wirkung eines heftigen Schreckens zusammen.
„Mein Kind!" wiederholte sie hastig. „Gott dem Allmächtigen sei Dank, daß Du da bist, ihm zu helfm! — Und Du wirst ihm helfen — Du kannst eS — Du allein!"
„Ich bin nicht Gott, Asta! Aber ich hoffe, den Knaben am Leben zu erhalten!
Dazu ist es indessen notwendig, daß wir vor Allem nicht an uns, sondern nur an ihn denken! Da leider keine geschulte Wärterin vorhanden ist, wird es gut fein, wenn Du Deine Schwester ablösest, um für den Rest der Nacht mit mir bei ihm zu wachen!"
Die Fürstin schüttelte traurig das Haupt.
„Er duldet mich nicht in der Nähe! Meine Anwesenheit steigert seine Pein- und wenn ich seine Atemzüge belauschen will, muß ich ihm durch eine Schirmwand meinen Anblick entziehen! — Das ist meine Strafe!"
So tief schmerzlich klang ihr Bekenntniß, daß ihr wohl Keiner sein Mitleid hätte versagen können. Nordenfeld nahm ihre Hand und führte sie der Thür des Zimmers zu.
„In dieser Nacht wenigstens hast Du nichts zu fürchten!" sagte er herzlicher als zuvor. „Er schläft so fest, daß er nicht bemerken wird, was um ihn her vorgeht!"
Und das schöne Weib folgte ihm willig, gehorsam wie ein Kind. Ueber Alicens liebliches Antlitz ging es wie ein freudiges Aufleuchten, als sie die Verlobten Hand in Hand in das Krankenzimmer eintreten sah. Aber als sie zu dem Professor aufblickte, wechselte doch wieder die Farbe auf ihren Wangen, und in ihrer stillen» geräuschlosen Art zog sie sich, noch ehe er ein Wort an sie richten konnte, aus dem Zimmer zurück.
Langsam und traurig vergingen die Tage in der Villa am Lago Maggiore. Es hatte wohl den Anschein, als sei eine leichte Besserung in Guido's Befinden eingetreten, aber das sorgenvolle Antlitz des Professors hellte sich nicht auf, und die ausweichenden Antworten, welche er auf die angstvollen Fragen der Frauen gab, verrieten nur zu deutlich, auf einem wie schwanken Grunde vorläufig noch all' seine Hoffnungen ruhten. Von dem, was früher geschehen war, und von jener ersten nächtlichen Unterredung wurde nicht wieder gesprochen. Die Sorge um das Kind drängte alles Andere zurück, und überdies vermied der Professor fast noch ängstlicher als die Fürstin jeden Anlaß, der zu einer abermaligen Erörterung der peinlichen Dinge hätte führen können. Aeußerlich war ja das alte Verhältnis zwischen ihnen vollkommen wieder hergestellt, und Nordenfeld behandelte Asta jederzeit mit jener