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seit mehreren Wochen ein sehr verdächtiges Aussehen. Die Nadeln sehen rötlichbraun und dürr aus, und allem Anschein nach ist die ganze Anlage bedroht, da manche Stämmchen von oben bis unten dieses kranke Aussehen haben und zwar so sehr, daß beim An­blick der betreffenden Kultur von der Stadt aus sofort das rotbraune Aussehen auffällt. Bis jetzt sind irgendwelche Insekten als Ursache dieser Erscheinung nicht nachgewiesen. Auch ein massenhaftes Auftreten von Engelingen an das schon gedacht wurde, kann kaum den Schaden verschulden. Dem Wachstum der Forche an der hitzigen Halde kann der heurige Som­mer auch nicht ungünstig gewesen sein. Vielleicht könnte sich die auffallende und schwer erklärliche Er­scheinung als eine Folge des letzten strengen Win­ters Herausstellen.

Lauffen, 25. Aug. DieNeckztg." berichtet: Heute mittag von 12 bis 1 Uhr fand eine Probe der elektrischen Uebertragung von hier nach Frankfurt a. M. statt, wobei die Turbinen mit '/-> Kraft ar­beiteten. Der Versuch fiel außerordentlich günstig aus, es wurde in Frankfurt sofort eine Anzahl Glühlichter damit gespeist und funktionierten vorzüglich, was in den beteiligten Kreisen große Freude und Genugthu- ung hervorrief. Die anwesenden Vertreter der vier Regierungen von Württemberg, Baden, Hessen und Preußen telegraphierten sofort an ihre Regierungen. Auch an dieTimes" in London wurde eine tele­graphische Nachricht abgesandt.

Die K. Oberämter Heilbronn und Neckar­sulm erlassen in derNeckztg." folgende Bekannt­machung : In nächster Zeit wird die Anlage zur elekt- rischen Kraftübertragung von Lausten a. N. nach Frankfurt a. M. in Betrieb gesetzt werden. Die Stromleitung, bestehend aus drei 4 ww starken Kupfer­drähten, ist auf kürzestem Wege von dem Portland­zementwerk Lausten über den Neckar zur Bahnlinie StuttgartHeilbronn geführt. Sie bleibt von da neben der Bahn StuttgartHeilbronnJagstfeld Gundelsheim bis zum Böttinger Tunnel, wird hier auf die Staatsstraße Nr. 124 NeckarsulmMosbach übergeführt, welcher sie bis zum Ort Böttingen folgt. Das Dorf Böttingen selbst wird umgangen, die Lei­tung führt auf der Bergseite unter Benützung von Feldwegen um dasselbe herum, geht dann hinter dem Ort wieder auf die Staatsstraße Nr. 124 über und bleibt auf derselben bis zur Landesgrenze. Es wird nun dringend darauf aufmerksam gemacht, daß die mittelbare oder gar unmittelbare Berührung der Drähte mit außerordentlicher Gefahr ver­bunden ist, und insbesondere zur größten Vorsicht beim Abnehmen des Obstes von Bäumen, welche in der Nähe der Leitungsanlage sich befinden, aufgefordert. In den durch die Leitungsanlage unmittelbar berührten Gemeinden ist diese Bekanntmachung in der ortsüb­lichen Weise zur Kenntnis der Einwohnerschaft zu bringen und hierüber vom Schultheißenamt an das Vorgesetzte Oberamt Vollzugsbericht binnen 3 Tagen zu erstatten. Schließlich wird noch bemerkt, daß, so­weit die Leitung den Eisenbahnlinien entlang geführt ist, dieselbe von dem Bahnpersonal unter Aufsicht be­halten wird, während die Strecke vom Böttinger Tunnel bis zur Landesgrenze unter die Aufsicht des Personals der Straßenbauinspektion Heilbronn und die Ueberführung der Leitung über den Neckar bei

Lausten unter diejenige der Organe der Wasserbau- Inspektion gestellt sind.

Heilbronn, 25. Aug. Wegen des von Oberbürgermeister Hegelmaier an Dr. Paul Mayer gerichteten Briefs, in welchem elfterer dem letzteren vorwirft,daß er noch unter dem Niveau eines Dr. Lipp und Wächter stehe", hat, wie dieH. Ztg." meldet, Dr. Lipp gegen den Stadtvorstand beim K. Oberamt Beschwerde erhoben.

Ulm, 26. Aug. Letzten Sonntag machten der Geislinger Geflügel- und Vogelverein mit über 200 Teilnehmer dem hiesigen Verein einen Gegenbesuch, wobei das Münster, die Blumenaus­stellung u. A. besichtigt wurden. Im Prinz August fand ein Mittagessen statt, der sich eine gemütliche Unterhaltung mit Vorträgen der Kapelle der württ. Metallwaarenfabrik anschloß. Die Blumenaus­stellung, welche heute abend mit einem Konzert der Pionierkapelle geschlossen wird, erfreute sich eines ungewöhnlich starken Besuchs, namentlich war dies am Sonntag der Fall. Die Loose waren schon am zweiten Tag vergriffen; das mit großen Opfern ver­bundene Unternehmen ist als in jever Hinsicht ge­lungen zu betrachten.

Konstanz, 26. Aug. Heute früh 6 Uhr wurde im Amtsgefängnishof an Albert Ebner von Steinbach das am ersten Mai d. I. vom Schwur­gericht gefällte Todesurteil vollzogen. Der Verurteilte hatte gestern nachmittag seinem Ortsgeistlichen in Gegen­wart seiner Frau und seiner Kinder, sowie des Stadt­pfarrers Bundschuh und Divisionpfarrers Scheu ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er ließ sich gelassen zur Guillotine führen, betete inbrünstig mit dem Geistlichen und bat dann alle wegen seiner Thal um Verzeihung. Die Hinrichtung war nach wenigen Minuten vorüber.

München, 26. Aug. Die Handelsver­tragskonferenzen befinden sich nach der Allg. Ztg. noch im Stadium der ersten Lesung der Ver­tragsentwürfe und nehmen ihren ruhigen, durch keinerlei Zwischenfall gestörten Fortgang. Gestern Nachmittag fand eine Beratung der Deutschen mit den italienischen Bevollmächtigten statt. Heute nachmittag treten die österreichisch-ungarischen und die italienischen Dele­gierten zu einer Konferenz zusammen.

Würzburg, 25. Aug. Vorgestern früh wurde in Schweinfurt ein Hutmacher verhaftet, weil er seine 19jährige Tochter aus erster Ehe zwei Jahre im Keller gefangen hielt, um zu ihrem nicht unbedeutenden Vermögen zu gelangen. Das arme Mädchen erhielt als Lager ein Rehfell und als Kost Wasser und Brot. Der ganze Körper war mit einer Schmuzkruste bedeckt, die Haare von Ungeziefer abge­fressen und der Nacken vom Fleisch entblößt. Das Mädchen war ganz stumpfsinnig. Die Unglückliche wurde ins Spital verbracht, wo die Aerzte sie zu er­halten hoffen. Durch das mit seiner Herrschaft in Zwist geratene Dienstmädchen soll die Sache ans Tageslicht gekommen sein.

Frankfurt, 25. Aug. Die Leitung der elektrischen Kraftübertragung von Lauf- sen nach Frankfurt wurde von den Behörden Würt­tembergs, Badens, Hessens und Preußens abgenommen und der allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft in Berlin und der Maschinenfabrik in Oberlikon übergeben.

Gestern abends um 8 Uhr wurde erstmals der Strom durchgesandt; die Sicherheits-Einrichtungen funktion­ierten tadellos. Die Vertreter Württembergs waren in Lausten versammelt, während die Vertreter Badens^ Hessens, der Reichspost in der Ausstellung, die der Elektrizitäts-Gesellschaft in Eberbach Versuche machten. Heute um 12 Uhr werden erstmals die elektrischen Lampen der Ausstellung von Lausten aus in Betrieb gesetzt.

Bremen, 26. Aug. Telegramm von der Spitzbergen-Expedition aus Hammerfest: Wir sind glücklich zurück, besuchten die Bäremnsekn und die ganze Westseite von Spitzbergen. Auf 80 Grad fand Fahnenweihe statt, dort zwang dichtes Eis uns zur Umkehr. An Bord ist Alles wohl. Schiff und Maschine wie immer vorzüglich.

Kiel, 26. Aug. Ein Minenlager des Kriegs-- fahrzeugsOtter" platzte gestern eine Spreng­patrone. Einem Marinesoldaten wurden beide Beine weggerissen. Derselbe ist bereits gestorben. Zwei Offiziere wurden schwer verletzt.

Belgrad, 25. Aug. Die Provinzialblätter melden, daß das diesjährige Erntejahr nach Menge und Güte besonders reich war. Namentlich Weizen, und Mais seien gut gediehen.

Vermischtes.

Patentschau. Mitgeteilt durch das Patent- Bureau von Otto Wolfs in Dresden. Zum Festhalten der Damenhüte auf dem Kopf soll als Ersatz der bekannten Hutnadeln die folgende,. Frau E. Jserstein und Al. Markus jr. in Dresden unter Nr. 59054 patentierte Vorrichtung dienen. In. den Hut wird eine bügelförmige Feder eingesetzt, die sich mit ihren weich gepolsterten Schenkeln an den Kopf beiderseits fest anlegt und so den Hut in jeder gewünschten Lage festhält. Ein Milch koch er mit selbstthätiger Löschvorrichtung wurde unter Nr. 57349 der Pfälzer Metallwaarenfabrik, L. Moll in Lambrecht patentiert. Der Kocher wird durch eine Spirituslampe beheizt. Beim Kochen wird durch die entstehenden Dämpfe der Deckel des Kochgeschirres angehoben; hierdurch wird der längere Arm eines Hebels freigegeben, der Hebel senkt sich und der zweite Arm desselben wirft den Deckel der Lampe über die Flamme, so daß diese erlischt.

Major v. Wißmann hat, wie dieNordd.. Allg. Ztg." mitteilt, für ein Mitglied der Ostafrikanischen Gesellschaft vier Deutsche Dogge (drei Hunde und eine Hündin) angekauft. Dieselben sollen nach Afrika ge­bracht werden, um Kreuzungsversuche mit den dortigen Steppen-Bluthunden anzustellen. Die Tiere sind vom Hoflieferanten Freyberg vermittelt worden. Einer der Hunde wurde in Stuttgart für 800 gekauft.

Gottesdienst

am Sonntag, den 30. August.

Vom Turm: 72.

Vorm.-Prcdigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den ch tern. Nachm, um 2 Uhr im Vereinshaus, Missionsstunde: Herr Dekan Braun; Kreitag, den 4. Sept. monatk. Nutz- und ZLettag. Vorm.-Predigt, Vorbereitung und Beichte um 10 Uhr,: Herr Dekan Braun.

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sie nie aufhören würde, im rauschenden Vergnügen den höchsten Zweck des Daseins zu erblicken. Da ihm alle Schauspielerei im gegenseitigen Verkehr aus tiefster Seele verhaßt war, hatte sich ein Teil seiner unerfreulichen und Zwiespältigen Stimmung wohl auch auf seine Briefe übertragen, so daß er sich selbst die Schuld beimaß, als die zierlichen Billets der Fürstin immer seltener und wortkarger wurden, und als zu­letzt eine ganze Woche verging, ohne daß eines von ihnen eingetroffen wäre.

Da fand er eines Nachmittags, als er aus der Universitätsklinik heimkehrte, auf seinem Schreibtisch ein Telegramm, das ihn in die höchste Bestürzung versetzte.

Es war in Baveno, dem gegenwärtigen Aufenthaltsorts der Fürstin, aufge­geben und lautete:

Guido schwer krank, wahrscheinlich in Lebensgefahr. Kommen Sie sofort, aber ohne vorherige Benachrichtigung der Fürstin, da diese aus Gründen, welche ich nicht kenne, trotz ihrer verzweifelten Angst Ihre Hierherkunft nicht wünscht.

Alice Reimann."

Während der Professor die wenigen, verhängnisvollen Zeilen mechanisch noch einmal überflog, stand ihm das Bild jener Abschiedsscene auf dem Bahnhofe mit ergreifender Deutlichkeit vor der Seele. Die süße Kmderstimme, die voll so innigen Flehens seinen Namen gerufen, klang ihm wieder in's Ohr, und es war ihm, als fühle er noch immer die ängstliche Umklammerung der zarten, schwachen Aermchen an seinem Halse. Der Gedanke, daß das Kind sterben könne, ehe er es erreichte, erfüllte ihn mit entsetzensvoller Angst und Unruhe, und nicht einen Augenblick war er im Zweifel, daß er diesem sichtlich von höchster Sorge eingegebenen Rufe auf der Stelle Folge leisten müsse.

So eilig, als es seine mannigfachen Verpflichtungen nur immer zuließen, traf er seine Vorbereitungen, und nachdem er mehrere lange Confercnzen mit seinem Assistenten gehabt, saß er bis zum Morgengrauen emsig schreibend an seinem Arbeitstische. Mit schwerem Kopfe und brennenden Augen nahm er dann die unglückselige

Nicht die Fürstin, sondern eine ihm unbekannte Alice Reimann hatte sie an ihn ab­gehen lassen. Vielleicht war die Absenderin jene von Asta einmal erwähnte junge Verwandte, vielleicht aber auch nur eine dienende Person ihrer Begleitung. Und es stand ausdrücklich darin, daß die Fürstin trotz ihrer Verzweiflung sein Kommen nicht wünschte, daß er sie durch dasselbe gleichsam überraschen sollte, sie, die ihr Söhnchen so über Alles liebte und die voll so unbegrenzten Vertrauens war in seine ärztliche Kunst! Wo war eine Lösung zu suchen für dies unbegreifliche Rätsel? Waren sie einanver schon so fremd geworden, daß es Asta in diesen schweren Stunden nicht vor Allem nach dem Manne verlangte, dem sie doch ihr ganzes Schicksal an­vertrauen wollte, oder hatte sie einen anderen, geheimnißvollen Grund, ihn gerade jetzt von sich fern zu halten? Ueber dem unerfreulichen Grübeln bezwang den Pro- festor der Schlaf, und er fühlte sich totmatt, als er nach zwei Stunden aus seinem unruhigen Schlummer in dem unbequemen Lehnstuhl empor fuhr. Er hatte kaum noch Zeit, seinen Anzug zu wechseln, um früh genug zum Bahnhofe zu gelangen. Als er eben in den Wagen stieg, überreichte ihm der Postbote mehrere Briefe und er sah auf den ersten Blick, daß auch ein Billet von Asta's Hand unter ihnen war. Aber wenn er erwartet hatte, darin nähere Aufschlüsse über die Gefahr, von welcher Guido bedroht war, zu finden, so sah er sich auf eine eigentümliche Weise enttäuscht. Die Fürstin bat in aller Kürze und in hastigen, flüchtigen Schriftzügen um Ent­schuldigung wegen ihres Schweigens; sie fühle sich nicht ganz wohl und auch die Kränklichkeit ihres Söhnchens mache ihr einige Sorge. Doch habe das Alles nicht viel zu bedeuten und sie werde ihn binnen Kurzem durch ein ganz ausführliches Schreiben entschädigen. Nichts von einer Verstimmung oder von ernstlicher Furcht für das Leben des Knaben, und doch war dieser Brief kaum vierundzwanzig Stunden vor der verhängnisvollen Depesche aufgegeben worden! .Hier war ohne Zweifel irgend ein Unerklärliches im Spiele, dessen Auflösung gefunden werden mußte, wie auch immer die Folgen sich gestalten mochten.

(Forts, folgt.)