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und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 00. Jahrgang.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Aeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, den 18. August 1891.
LbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt IN Pfg. und so Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mt. 1. IS, sonst in ganz Württemberg Ml. 1. SS.
Deutsches Reich.
Berlin, 13. Aug. Hier vorliegende Privatnachrichten bestätigen die günstigen Meldungen über das Befinden des Kaisers. Es wird jetzt nicht mehr als fraglich betrachtet, daß er an den Manövern in Oestreich und Bayern teilnehmen kann. — Die Reise des Staatssekretärs v. Bötticher nach Kiel bezweckt die Einholung der kaiserlichen Genehmigung zur Einbringung verschiedener im Reichsamt des Innern fertiggestellter Gesetzentwürfe beim Bundesrat nach dessen Wiederzusammentritt. Abgeschlossen sind das Trunksuchtsgesetz, das Gesetz, betr. den Verkehr mit Wein und die Regelung des Verkehrs mit Giften. Dagegen ist die angekündigte Novelle zum Genossenschaftsrecht bisher nur in den Grundzügen entworfen.
Berlin, 15. Aug. Der „Reichs- und Staatsanzeiger" meldet: Obgleich die Untersuchung über die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen einer erheblichen Herabsetzung der Eisenhahntarife für Getreide und Mühlenfabrikate auf weitere Entfernungen in fallender Skala noch nicht völlig abgeschlossen ist, hat die Reichsregierung wegen der eingetretenen Verhältnisse, insbesondere wegen ungünstiger Gestaltung der Ernte-Aussichten und des russischen Ausfuhrverbotes beschlossen, mit der Einführung von Beförderungsermäßigungen für Getreide und Mühlenfabrikate, in Form von Staffeltarifen, auf Eisenbahnen alsbald — zunächst versuchsweise — vorzugehen, um eine unter den zeitigen Verhältnissen etwa zu befürchtende Schwierigkeit in der Ernährung der Bevölkerung abzuschwächen. Der beschlossene Tarif wird die gegenwärtigen Normalfrachtsätze bis zur Entfernung von 200 Kilometern unberührt lassen, von da ab mit der Entfernung fortschreitende erhebliche Frachtvorteile gewähren. Der
Tarif umfaßt: Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hülsenfrüchte, Mais, Mehl aus Getreide und Hülsen- srüchten, Graupen, Gries und andere Mühlenfabrikate."
— „lieber die Reform des höheren Schulwesens", schreibt man dem „Frkf. I.", „mag man denken wie man will rc., soviel steht unter allen Umständen fest, daß die ökonomische Lage der Lehrer an den höheren Anstalten wesentlich verbessert werden und daß die völlige Gleichstellung derselben mit den Richtern nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Unter solchen Umständen erscheint es doppelt unrecht, wenn pädagogische Blätter Unzufriedenheit unten diesem so hochwichtigen Stande zu verbreiten suchen. Zu diesen Organen scheinen die „Blätter für höheres Schulwesen" zu gehören, welche schreiben:
„Den ungenügenden Gehaltsverhältnissen entsprechend nimmt die Ehelosigkeit unter den Gymnasiallehrern, besonders in größeren Städten, sehr zu. Den Interessen der Schule kann es nicht entsprechen, wenn (abgesehen von sittlichen Fragen) die Mehrzahl der Lehrer auf das Wirtshausleben angewiesen ist. Wir glauben nicht zu viel zu sagen, wenn wir behaupten, daß die Lage der Vertreter des höheren Lehramts eine unhaltbare geworden ist. Wenn nicht bald Hilfe kommt, dann wird ein Mißmut und eine Unzufriedenheit unter den Lehrern platzgreisen, welche nicht ohne empfindliche Rückwirkung auf die folgende Generation bleiben kann."
Davon scheinen die „Blätter für höheres Schulwesen" keine Ahnung zu haben, daß diese mißliche ökonomische Lage der Lehrer fast ausschließlich durch Ueberfülle an Anwärtern hervorgerufen ist, für welche die Regierungen doch nicht verantwortlich gemacht
werden können. Außerdem ist dem Organ offenbar verborgen geblieben, daß fast alle höheren Beamtenstände unter denselben Verhältnissen zu leiden haben.
Ausland.
— In England bemüht man sich, denEmpfang des französischen Geschwaders recht würdig zu gestalten. Der Marine-Attachs der französischen Botschaft in London, Herr Le Clerc, begab sich am Dienstag von Portsmouth nach Osborne, wo er die Ehre hatte, von der Königin in Audienz empfangen zu werden, in welcher die Arrangements für den Besuch der französischen Flotte endgiltig fetzgesetzt wurden. Vor der Ankunft des Herrn Le Clerc in Portsmouth hatte der Empfangsausschuß der englischen Marine- Offiziere unter dem Vorsitze des Admirals Earl von Clanwilliams in 2 'Mündiger Sitzung getagt. Das Resultat der Konferenz wurde Herrn Le Clerc mitgeteilt. Die Flotte wird am nächsten Mittwoch in Spithead eintreffen und sich sofort nach Cowes weiter begeben. Vielleicht wird ein Geschwader der jetzt bei Spithead vor Anker liegenden englischen Flotte den Franzosen bis zu dem Nab-Leuchttum entgegenfahren. Am Donnerstag wird die Königin in Osborne die Offiziere der französischen Flotte empfangen und am Abend die höheren Offiziere zur Tafel ziehen. Die Inspektion der französischen Flotte durch die Königin findet Freitag nachmittag wahrscheinlich um 3 Uhr statt, und an demselben abend speist das französische Offiziercorps bei dem Adünral Clanwilliams in dem Admiralitätshause. Sämtliche Offiziere der französischen Flotte erhalten Eisenbahnfahrkarten, welche sie berechtigen, nach ihrem Belieben mit jedem Zug von Portsmouth nach London zu fahren und zurückzukehren. Am Freitag abend findet ferner im Rathaus ein Ball statt, zu welchem 1500 Gäste erwartet werden. Das Arrangement hierzu ruht in den Händen Commodores Percy Scotk, Kapitäns des „Exzellent". Während
rr. Nachdruck „erboten.
Jürstin Wclvcrnow.
Novelle von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
Die Fürstin Baranow aber hatte in ihrem Boudoir den Mantel ungestüm von den Schultern geworfen, ehe noch die Zofe im Stande gewesen war, ihre Hand darnach auszustrecken. Eine heiße Röte brannte auf ihren Wangen, und ihre Augen leuchteten in fieberischem Glanze.
„Hat Jemand nach mir gefragt? Ist ein Brief abgegeben worden oder eine Depesche?" stieß sie fast atemlos hervor, und als die Zofe verneinte, rieß sie wie in einer Anwandlung des Wahnwitzes oder sinnloser Wut den funkelnden Brillantstern aus ihrem Haar und schleuderte ihn so heftig zu Boden, daß das Mädchen einen Aufschrei des Schreckens nicht unterdrücken konnte. Dann warf sie sich ohne Rücksicht auf ihre kostbare Robe in einen Sessel und drückte das Gesicht in die Hände. Als sie endlich wieder aufschaute, war die Farbe völlig aus ihren Wangen gewichen und an ihren Wimpern hingen schwere Thränen.
„Guido schläft jetzt — nicht wahr?" fragte sie mit seltsam veränderter Stimme. „Aber es ist darum doch wohl nicht unmöglich, daß ich ihn sehe?"
„Gewiß nicht, Durchlaucht!" versicherte die Zofe eifrig. „Unser kleiner Prinz pflegt ja so fest zu schlafen, daß ihn selbst der Donner einer Kanone kaum wecken würde!"
„Sie öffnete der Fürstin die Thüren, und in der nächsten Minute stand Asta in dem matt erhellten Schlafzimmer ihres einzigen Kindes. Die Bonne, welche sich noch nicht zu Bett begeben hatte, blickte mü verlegenem Erstaunen auf den seltenen Besuch, ihre tiefe Verbeugung war von der Fürstin gar nicht bemerkt worden, und so zog sie sich dann in scheuer Bescheidenheit hinter einen Vorhang zurück. Asta -aber sank neben dem Bettchen in die Kniee, und mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit
verschlang ihr Auge den Anblick des schlafenden Kindes. Wie er da in dem lieblichen Schmuck seiner goldblonden Ringellöckchen und mit zart geröteten Wangen auf den blüthenweißen Kissen ruhte, bot der hübsche zweijährige Knabe, der erst zwei Monate nach seines Vaters Tode das Licht der Welt erblickt hatte, in der That ein rührendes Bild unschuldsvoller kindlicher Schönheit. Die kleinen Händchen, die nur all' zu fein und durchsichtig waren, lagen in einander gefaltet auf der seidenen Bettdecke, und um die leicht geöffneten Lippen des kirschengroßen Mundes spielte das herzbezwingende Lächeln irgend eines holdseligen Kindertraumes.
„Guido, mein Kind — mein Engel — mein Abgott!" flüsterte die Fürstin, indem sie sich tief über ihn herabbeugte. „Nicht wahr, Du wirst mich niemals — niemals verlassen? Du wirst Deine Mutter immer — immer lieben?"
Und überwältigt von dem Sturm leidenschaftlicher Empfindungen, welche in diesem Augenblick ihre Brust durchstürmten, schlang sie ihre Arme um das schlafende Kind und preßte es in wilder Zärtlichkeit an ihre Brust. Die unsanfte Liebkosung riß den Kleinen jäh aus seinem Schlummer. Er stieß einen lauten, angstvollen Schrei aus und begann dann sehr kläglich zu weinen, indem er zugleich mit beiden Händen seine Mutter von sich abzuwehren suchte.
Erschrocken ließ ihn die Fürstin auf das Kiffen zurückgleiten, und da zeigte sich denn eine lange, blutende Schramme auf seiner Wange. Er mußte sich an der funkelnden Brillantagraffe, welche Asta auf ihrer Schulter trug, verletzt haben, und es war nicht nur der Unwille über den gestörten Schlaf, sondern auch der körperliche Schmerz, welcher ihm so heiße Thränen erpreßte. Asta war in Verzweiflung über ihre Ungeschicklichkeit. Sie drückte ihr feines Spitzentuch auf die kleine Wunde und suchte ihn zu beruhigen, indem sie ihm die liebevollsten Kosenamen gab. Aber Guido sträubte sich jetzt mit Armen und Beinen gegen ihre Bemühungen, und erst als Asta der Kinderpflegerin ihren Platz eingeräumt hatte, sing er an, ruhiger zu werden. Mehrmals noch machte sie den Versuch, sich ihm zu nähern; aber all' ihre zärtlichen Schmeicheleien hatten keinen anderen Erfolg, als daß seine Thränen so