und Roggengarbenvorräte sollen nicht versichert sein. Man vermutetet Unvorsichtigkeit als Entstehungsursache.
Ravensburg, 12. Aug. Bei festlichen Gelegenheiten ist es hier gebräuchlich, daß vom Mehlsackturm sog. Böller abgefeuert werden. ES find dies kleine Kanonenrohre von etwa 70 om Länge und entsprechender Stärke. Als am Sonntag früh am Ftuerwrhrtag der erste Schuß abgebrannt wurde, zersprang ein solcher Böller; das größere Stück samt Lafette wurde zur Schießscharte hinausgeschleudert und schug unten in der Erde ein tüchtiges Loch hinein, während drei weitere Stücke rechts und links am Feuerwerker vorbeiflogen, ohne ihn glücklicherweise im mindesten zu verletzen.
Friedrichshafen, 10. Aug. Zum 10. Württ. Feuerwehrtag. Heute früh '/-7 Uhr trafen mit dem Lokalzug von Ravensburg die Feuerwehrmänner vom dortigen Feuerwehrtag zur Sonderfahrt auf dem Bodensee hier ein. Für die Fahrt lagen die beiden großen Dampfer Christoph und Eberhard festlich beflaggt parat im Hafen. Der Christoph nahm 500, der Eberhard 400 Teilnehmer an Bord. Die Stuttgarter Ulanenkapelle war auf dem Christoph, während die Ravensburger Stadtmusik an Bord des Eberhard sich befand. Die Fahrt hatte als Ziel Bregenz und Lindau. Das Wetter war den ganzen Tag herrlich und windstill. Heute abend gegen 7 Uhr kehrten die Sonderboote hierher zurück. Die Fahrt verlief in völlig geordneter Weise, und aus den verklärten Gesichtern der Fahrtteilnehmer war beim Aussteigen hier zu sehen, daß alle höchst befriedigt waren; wie es schien, hatte „Tirols Perle" ihre gute Wirkung gethan.
Vom Lande, 10. Aug. Wie schwer es hält, daß unsre Landleute gegenwärtig für ihre Geschäfte ordentliche Dienstboten bekommen, zeigt folgender, übrigens nicht vereinzelt dastehender Vorfall. Ein Landwirt durchstöberte kürzlich fast eiw Dutzend Dörfer in weiterem Umkreise nach einem weiblichen Dienstboten, für die ländlichen Arbeiten. Er traf in einem Hause, in welches er geschickt wurde, zwei handfeste Dorfschönen. Nach wenigem Unterhandeln wird die Frage an ihn gestellt: „Müaßat mir au in de Stall?" „Verstoht se" sagt der Bauer, „dort sind meine Küah." „No wurd nix drauß" erschallts wie aus einem Munde, „moinet Ihr, mier wellat als Stallmägd diena?" Ruhig entgegnete der Bauer: „Adje no, leabet wohl!" Aber des muß i ui doch saga, daß es in meim Stall ufpuzter aussieht, als in uirer Stuba do!" Verdutzt ließen die zukünftigen Stadtfräulein einen Blick in die Runde schweifen — und glaubten stillschweigend die kurze Lehre. Wäre für unsere jungen Landbewohnerinnen, die im Elternhause entbehrlich sind, nicht in manchen Fällen der Dienst in einem bäuerlichen Betrieb eine gute, praktische Vorschule fürs Leben? Stadt und Land würden sich besser stellen, wenn die „Auswahl" gewissenhafter getroffen würde.
Die heurigen Ob staussichten. Durch Anfrage bei über 450 Obstzüchtern aus allen Teilen Deutschlands über die Obsternteaussichten für Aepfet, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Walnüsse und über die Weintrauben hat der praktische Ratgeber in Obstund Gartenbau eine sehr umfangreiche und zuverlässige Uebersichtstabelle zusammengebracht, der zu entnehmen ist, daß sich die Obsternteaussichten, die im Anfang nach der Blütyezeit sehr günstig waren, fast überall
vermindert haben. Halbentwickelte Früchte sind in Masse abgefallen, jedenfalls in Folge des ungünstigen nassen Wetters. Doch ist immer noch ein guter Obstertrag zu erwarten. Die Aepfel lasten in Württemberg kaum eine Mittelernte erwarten. Auch in der Maingrgend und manchen Gegenden von Hessen-Nassau steht eS nicht bester. Dagegen lasten Baden und Elsaß-Lothringen eine gute Mittelernte, Bayern (mit Ausnahme der Maingegend), die Pfalz und Hesten-Darmstadt eine gute Ernte erwarten. In der Rheinprovinz und Westphalen stehen die Aepfel ungleich, im Durchschnitt mittel. Ziemlich gut stehen sie in Thüringen, Schlesien, nahezu gut in Hannover, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern; West- und Ostpreußen melden gute und sehr gute Aussichten für Aepfel. Die Birnen stehen in ganz Süddeutschland gut mittel, in Mitteldeutschland ziemlich gut. Hannover, Oldenburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg dürfen sogar recht gute Birn-Erträge erwarten. In Pommern und Preußen stehen die Aussichten etwas geringer, aber immer noch gut. Pflaumen und Zwetschgen liefern Heuer den reichsten Ertrag. Die Hauptgegend für diese Obsorte, Thüringen, Sachsen, Brandenburg melden guten und recht guten Stand, Baden, Pfalz, Elsaß und Hesten-Darmstadt melden gut und reichlich mittelgut. Hannover, Rheinprovinz und Westphalen stehen etwas geringer. Ungünstig dagegen lauten die Nachrichten über die Weintrauben. Die Reben haben von Frost vielfach gelitten; der An- atz ist gering und bei dem nassen und kalten Wetter ielen die Beeren vielfach ab, so daß die Quantitäten ast überall geringe werden, lieber die zu erwartende Güte des Weines läßt sich noch kein Urteil abgebcn, doch sind bis jetzt die Aussichten auf gute Qualität gering.
Berlin, 11. Aug. Aus Kiel wird der Post gemeldet: Das Kaiserpaar ging heute Vormittag längere Zeit auf dem Achterdeck spazieren. Der Kaiser trug einen Stock. — Die Nat.-Zeitung schreibt: Die Meldungen französischer Blätter, daß Professor v. Bergmann vom Kaiser nach Kiel berufen worden sei, ist, wie wir festgestellt haben, durchaus unbegründet. Dem Vernehmen nach beabsichtigt der Kaiser am 18. Aug. aus Anlaß des Geburtstages des Kaisers von Oe st erreich auf dem Kieler Schlosse ein Galaessen zu geben, zu welchem die Gesandten der fremden Staaten Einladungen erhalten.
Danzig. Die „Danz. Ztg." berichtet: Das Panzergeschwader ist in der Nacht zu Sonntag von einem betrübenden Unglücksfall betroffen worden. Ein Boot des Aviso Zielen, in welchem sich die Offiziere von dem Besuch eines andern Geschwaderschiffes nach dem Zielen zurückbegeben wollten, ist, wie es scheint, segelnd von dem heftigen Westwind etwas vertrieben worden, und schließlich auf der Höhe von Glettkau gekentert, wobei vier Personen ihr Grab in den Wellen gefunden haben, und zwar der erste Offizier des Zielen, Kapitänlieutenant Ludewig, der Assistenzarzt Dr. Pneßnitz und zwei Matrosen. Bisher ist erst die Leiche des einen Matrosen, die auf einem Rettungsgürtel trieb, gefunden worden. Zuverlässige Einzelheiten über das Unglück, das sich im Dunkel der Nacht auf dem einsamen Meer zugetragen hat, sind nicht bekannt.
— Die „Hamburger Nachrichten" drucken eine dem Fürsten Bismarck dieser Tage zugegangene HuldigungS-Adresse von Deutschen in Argentinien ab. U. a. wird in dieser Adresse denjenigen Kreisen Deutschlands die tiefste Verachtung bezeugt, welche ihren Ruhm darin suchen, den Fürsten zu schmähen und zu beschimpfen. Dem gegenüber versichern die Deutschen in Argentinien den Fürsten ihrer Verehrung und Liebe, Anghänglichkeit und ewigen Dankbarkeit für die dem Vaterlande und den fernen Deutschen geleisteten Dienste.
— Das Tagesgespräch bildet in Bad Oeynhausen gegenwärtig folgender merkwürdiger Vorfall. Ein Herr W. aus Berlin hatte, seit Jahren an beiden Beinen gelähmt, in dieser Saison das genannte Bad aufgesucht, um wenigstens Milderung für sein Leiden zu finden. So saß er kürzlich im Kreise mehrerer Bekannten vor der Thür seines Hauses, als ein seit einiger Zeit drohendes Gewitter urplötzlich losbrach. Ein betäubender Donnerschlag und ein greller, dicht vor der Gesellschaft niederfahrender Blitzstrahl ließen diese unter allen Zeichen des Entsetzens in das Haus flüchten, und das geschah in solcher Eile und Verwirrung, daß Niemand des Gelähmten geachtet hatte. Ein zweiter, noch lauterer Schlag und wieder ein blendender Blitz vermehrte die Bestürzung noch, und erst nach längerer Zeit, als man sich von dem gewaltigen Eindruck etwas erholt hatte, erinnerte man sich des hilflos zurückgclassenen Gelähmten. Wer aber beschreibt das allgemeine maßlose Erstaunen, als derselbe plötzlich mit kräftigem und schnellem Schritt mitten unter die Anwesenden tritt!? Der gewaltige Schreck über den jähen Losbruch des Wetters und sein entsetzliches Krachen, gepaart mit der Kraft des Selbsterhaltungstriebes, hatten bewirkt, daß die Lähmung mit einem Schlage von dem Kranken wich und er „aufstehen und wandeln konnte!" Und so wandelt Herr W. noch heute stramm und sicher auf der Oyn- hausener Promenade einher, wo man ihm sonst nur in einem jener bekannten Wagen begegnete.
Standesamt Kakw.
Gestorbene:
6. Aug. Wilh. Georg Paul Thudium, Sohn des Georg Thudium, Gastwirts z. badischen Hof hier, 2 Wochen alt.
8. , Marie geb. Schumacher, Witwe des Gott
lob Schwämmle, Schuhmachermcistcrs hier, 65 Jahre alt.
12. „ Katharine Barbara geb. Köhler, Ehefrau
des Christ. Köhler, Fabrikaufsehers hier,. 62 Jah^e alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 16. August.
Vom Turm: 64.
Vorm.-Prcdigt: Herr Stadtpfarrer Eytel. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. Bibelstunde fällt aus wegen Hauptreinigung des Vereinshauses. In der Woche kein Gottesdienst.
Aer Kopfschmerzen, kcrvorgerufen durch gestörte Verdauung (Verstopfung) haben sich die ächten Apotheker Richard Brandt's Schwcizerpillen (erhältlich a Schachtel . K 1.— in den Apotheken) seit über 10 Jahren als das sicherste, angenehmste und zuträglichste Mittel erwiesen. Die ans jeder Schachtel auch quantitativ angegebenen Bestandteile sind: Silge, Moschusgarbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian.
„Welch eine Frage, Ast,-. ?" — Ich gehe sogleich, um den Wagen Vorfahren zu lasten, hoffentlich bleiben Sie unterdessen ruhig auf Ihrem Platze!"
Es hätte seiner Mahnung dazu nicht bedurft, denn die Fürstin dachte in dieser Stunde nicht daran, eine Komödie zu spielen. Sie fühlte sich so schwach, als wäre sie eben von einer schweren Krankheit erstanden, und ihre Füße vermochten sie kaum zu tragen. Wie aus einer westen Entfernung hörte sie das Summen und Rauschen des gesellschaftlichen Treibens, und es beherrschte sie nur die einzige Furcht, daß man noch einmal versuchen könnte, sie in dasselbe hinein zu ziehen. Aber ihr Platz war so versteckt, daß Niemand sie bemerkte, und als Nordenfeld nach Ablauf von fünf Minuten zurückkehrte, konnte er sie hinausführen, ohne daß sie durch eine lästige Begegnung aufgehalten worden wären. Auf das Zärtlichste erkundigte er sich nach den Ursachen ihres Unwohlseins. Asta nahm all' ihre Kraft zusammen, um ihm eine beruhigende Antwort zu geben. Sie zwang sich sogar mit äußerster Anstrengung zu einem heiteren, scherzenden Ton, denn sie wollte um jeden Preis verhindern, daß er noch einmal auf den Alten zu sprechen käme, dem sie vorher kein Gehör geschenkt hatte. Aber wie eisiges Entsetzen rieselte es über ihren Leib, als er sich plötzlich mit der Frage an sie wandte:
„Sie haben mir nie von Ihren Verwandten gesprochen, Asta, — ist Keiner derselben mehr am Leben?"
Welchen Beweggrund konnte er gerade jetzt zu einer solchen Erkundigung haben? Die Angst, daß ihm eine Ahnung von der Wahrheit gekommen sei, schnürte der Fmstm die Kehle zusammen, aber wenn es so war, durfte sie sich am allerwenigsten durch den Anschein der Verwirrung eine Blöße geben.
„Ich glaubte, es sei Ihnen bekannt, daß noch zwei Schwestern des Fürsten am Leben sind," sagte sie leichthin. „Diese Damen haben indessen niemals eine besondere verwandtschaftliche Zärtlichkeit gegen mich an den Tag gelegt, und seit dem Tode meines Gatten hat jeglicher Verkehr zwischen uns aufgehört."
„Und Ihre eigene Familie, — Ihre Eltern?"
Die Fürstin lachte hell. Es war eigentlich ein recht unmotiviertes Lachen.
„Wie neugierig Sie heute sind, Raimund! — Es sieht fast so aus, als fürchteten Sie, in eine schlimme Verwandtschaft hinein zu geraten! — Nun, Sie mögen sich beruhigen! Meine Eltern trugen zwar nur einen bürgerlichen Namen, aber sie gehörten immerhin der guten Gesellschaft an."
„Sie mißverstehen mich, Asta! Ich fragte nicht, weil ich etwa auf diesen Umstand irgend welches Gewicht legte. Ich habe nur ein Interesse daran, zu erfahren, ob Ihre Eltern noch am Leben sind."
„Nein!" sagte sie kurz und scharf, — ohne vorherige Ueberlegung und mit einer Bestimmtheit, die jeden seiner Zweifel entwaffnen mußte. Dabei wendete sie ihr Gesicht von ihm ab, und starrte unverwandt durch das Wagenfenster in die nächtliche Dunkelheit hinaus. „Uebrigens werde ich nicht gern daran erinnert, daß ich mit ihnen den besten Teil meines Lebensglückes verlor!"
Raimund ergriff ihre Hand; sie lag eiskalt in der seinigen, und sie erwiderte nicht, wie sonst den Druck derselben. Er fürchtete. Asta durch seine zudringliche Neugierde verletzt zu haben; aber er konnte ihr die Ursache derselben unmöglich offenbaren. Darum sprach er mit verdoppelter Liebenswürdigkeit von etwas anderem, das ihr Freude machen sollte; doch ihre Antworten blieben gezwungen und einsilbig, mit einer Hast, welche ihr sonst ganz fremd war, sagte sie ihm auf der Treppe ihres Palais „Gute Nacht" und huschte davon, noch ehe er Zeit gefunden hatte, ein weiteres herzliches Wort zu ihr zu sprechen.
Nachdenklich und mißgestimmt begab sich Raimund zu Fuß in seine nahe gelegene Wohnung. Der Regen hatte aufgehört und der eisige Wind, welcher ihm entgegen blies, that ihm wohl. Obschon eigentlich nichts vorgefallen war, das ihn mit Sorge hätte erfüllen können, fühlte er sich doch bedrückt und ein wenig unzufrieden, sowohl mit sich selbst, wie mit der Fürstin. Es war ein Schatten zwischen sie gefallen, von dem er noch kaum wußte, woher er kam, und der doch seine Stimmung verdüsterte wie eine Vorahnung nahenden Unheils. (Forts, folgt.)