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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
66. IahrMS.
Erscheint Di en S ta g , Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Samstag, den 15. August 1891.
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Tages-Ueuigkciien.
Wildberg, 10. Aug. Gestern abend bald nach 7 Uhr fuhr ein von 3 Männern besetzter Metzgerwagen in raschem Tempo in der Richtung gegen Nagold durch unsere Stadt, und hatte eine ältere, schwerhörige Spitalitin das Unglück, überfahren zu werden und ein Bein zu brechen. Ohne sich weiter um den bedauerlichen Vorfall zu kümmern, fuhr der Kutscher, welcher von Rohrau sein soll, in rücksichtsloser Weise davon.
Herrenberg, 11. Aug. In der Froschgasse und, Hirschplan, einem eng gebauten Stadtviertel, brach gestern nacht gegen 12 Uhr in.einer Scheuer Feuer aus, welches so rasch um sich griff, daß in kurzer Zeit zwei weitere Gebäude bis auf den Grund nieoerbrannten. Die Abgebrannten sind versichert, was ein Glück ist, da beinahe gar nichts mehr gerettetwerden konnte. Brandstiftung erscheint zweifellos.
Freudenstadt, 10. Aug. Ein Akt bestialischer Rohheit hat sich gestern in Reichenbach zugetragen. Dem neben verschiedenen anderen Pferden in einer dortigen Wirtschaftsstallung stehenden Pferde des hiesigen Oberamtsarztes Dr. L. versetzte ein Pferdeknecht aus Schwarzenberg ohne jegliche Veranlassung mittels eines Messers sieben Stiche in den Schenkel, so daß es furchtbar blutete. Der zufällig anwesende Tierarzt leistete alsbuld die nötige Hilfe, doch ist zu bezweifeln, ob das sehr wertvolle Tier wieder vollständig geheilt werden wird. Der Thäter ist bereits verhaftet und sieht seiner wohlverdienten Strafe entgegen.
Horb, 11. Äug. Gestern abend kurz nach 10 Uhr ertönte die Sturmglocke. Es brannte in einem kleinen Häuschen oberhalb der Marktsteige. Das Feuer entwickelte sich mit solcher Schnelligkeit, daß das Häuschen bald in sich zusammenbrach und ein Raub der Flammen wurde. Ein anstoßendes Haus wurde von dem Feuer erfaßt und stand schon in
Flammen, wurde aber durch das energische Eingreifen der Feuerwehr an weiterem Umsichgreifen verhindert und so blieb das Feuer auf seinen Herd beschränkt. Größere Gefahr war bei der ziemlich isolierten Lage und herrschenden Windstille nicht zu befürchten. Entstehungsursache bis jetzt noch nicht bekannt. Beide Eigentümer sollen versichert sein.
Waiblingen, 10. Aug. In der Nacht auf Sonntag wurde bei Buchdruckereibesitzer Günther hier eingebrochen. Durch Nachhausegehende wurde der Einbrecher von außen bemerkt, wie er mit brennendem Licht den Schreibpult aufbrach und verschiedene Sachen zu sich steckte. Äls dieselben den Besitzer alarmierten, ergriff ein anderer Mensch, welcher hinter dem Hause Wache hielt, die Flucht und ließ seinen Kumpan im Stich. Dieser, welcher sofort sein Licht auslöschte, wurde im Keller versteckt aufgefunden und dem Gericht übergeben. Derselbe ist ein früher hier beschäftigter
Vom Bezirk Marbach, 11. Aug. Unsere Bauern stehen mitten in der Dinkelernte, nachdem vergangene Woche die Gerste, der Roggen und Frühhaber unter verhältnismäßig günstiger Witterung eingeheimst werden konnten. Die Ernteerträge fallen zu großer Befriedigung der Besitzer aus und entschädigen die Weingärtner bis zu einem gewissen Grade für die nicht guten Aussichten auf einen Weinherbst. Der Hopfen verspricht eine Mittelernte.
Reutlingen, 10. Aug. Das Befinden des kurz vor dem schwäbischen Schützenfest bei einem Versuchsschießen in der Nähe des Schieß- und Festplatzes auf einer Wiese während des Heuaufladens durch eine sich verirrende Kugel getroffenen und schwer verletzten Färbers Weckler soll sich in der letzten Zeit wesentlich gebessert haben, so daß begründete Hoffnung besteht, wenn nicht etwa sonstige Komplikationen hinzutreten, daß er mit dem Leben davonkommt.
Weilheim u. T., 12. Aug. In verflossener Nacht ist das an der Straße nach Neidlingen gelegene
zur Markung Hepsisau gehörende Anwesen des Bauem Gg. Doll abgebrannt. Der Mann befand sich mit seiner Frau bei einer Hochzeit, nur eine ältere Frau und die Kinder waren zu Hause und retteten knapp das Leben. Drei Stück Vieh sind in den Flammen umgekommen.
Rottweil, 11. Aug. In Zimmern o. R. fiel Freitag abend das 2 Jahre alte Mädchen des Bauers Math. Kämmerer in ein Wasserloch, das vorübergehend aufgedeckt war, und ertrank. — In Dun- ningen wurde ein in geordneten Verhältnissen lebender, verheirateter, kinderloser Bürger auf der Obertenne seines Hauses erhängt aufgefunden. Der Beweggrund zu dieser That ist Jedermann ein Rätsel.
Heilbronn, 11. Aug. Wie die „Neckar- Zeitung" meldet hat die Fernleitung der Lauffe n— Heilbronner Elektrizitätsanlage nun auch in den Einzelplänen die Genehmigung der kgl. Regierung erhalten. Mit der Ausführung soll unver- weilt vorgegangen werden. Zur Fertigstellung der ganzen Anlage ist ein Zeitraum von drei Monaten in Aussicht genommen, so daß noch im November der Betrieb wird eröffnet werden können.
Oehringen, 12. Aug. In verflossener Nacht zwischen 1 und 2 Uhr ertönten die Feuerzeichen; eine leichte Lohe aus der Mitte unserer Stadt versetzte die Einwohnerschaft in gewaltigen Schrecken, eine dem Rathaus gegenüberstehende, mit frischer Ernte gefüllte Scheuer stand in Hellen Flammen, sie brannte, so schnell auch die Feuerwehr zur Stelle war, gänzlich nieder. Die Dichtheit, in welcher dort in der sogen. Rathausgasse die Häuser aneinander gebaut stehen, hätte, wenn ein Wind geherrscht hätte, zu einer sehr gefährlichen Ausdehnung des Brandes führen können. Die 3 nächst stehenden Wohnungen sind zwar gerettet, aber stark beschädigt, dem abgebrannten Besitzer, Baiker, verbrannte ein Schwein; die erst ! vorgestern in die Scheuer gebrachten großen Gersten-
6 H 1 ^ 6 1 ^ rr. Nachdruck verboten .
Jürstin Wcircrnow.
Novelle von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
„Ach, wie interessant! Wohl gar eine ehemalige Theaterprinzessin? Ich muß gestehen, es ist etwas in ihrem Aussehen und in ihrem Auftreten, das mich von vornherein auf ähnlichen Verdacht gebracht hat."
„Oeffentlich aufgetreten ist sie wohl niemals; aber es wird in der That erzählt, daß sie im Begriff gewesen sei, sich zur Opernsängerin auszubilden, als Fürst Baranow sie kennen lernte und sich sogleich sterblich in sie verliebte. Das geschah in Wien; aber von Geburt ist sie unzweifelhaft eine Norddeutsche, und es giebt Leute, welche behaupten wollen, ihre Eltern leben hier noch immer in großer Dürftigkeit in irgend einem Gäßchen."
Der kleine Geschichtsprofessor, der nicht das scharfe Gehör Nordenfelds besaß und der jenem Gespräch darum nicht die mindeste Beachtung geschenkt hatte, konnte kaum begreifen, welche Ursachen die immer auffälliger werdende Unaufmerksamkett seines berühmten Kollegen von der medizinischen Fakultät habe, und er schüttelte vollends in hoher Verwunderung die graue Mähne, als Jener sich plötzlich mit einigen hastig hingeworfenen Worten losmachte und einem anderen Teil des Saales zustrebte.
Nord^ffeld war in der That nicht länger im Stande gewesen, die Unterhaltung in seiner Nachbarschaft anzuhören. Das Blut hämmerte ihm in den Schläfen, und er hatte Mühe, seine Erregung zu verbergen. Was man da über die Fürstin zu sagen wagte, hatte ihn in tiefster Seele empört. Noch war zwischen ihm und dem Weibe, welches er liebte, welches binnen wenig Monaten seine Gattin werden sollte, niemals von ihrer Herkunft die Rede gewesen, und sicherlich wäre eS ihm auch Niemals in den Sinn gekommen, sie darum zu befragen.
Aber einer mit solcher Frechheit aufttetenden üblen Nachrede gegenüber mußte er künftighin eine Waffe besitzen. Nicht zum zweiten Mal sollte es ein vorwitziger Schwätzer wagen dürfen, ungestraft vie schwerste aller Verdächtigungen, die Verdächtigung einer verbrecherischen Undankbarkeit gegen die Fürstin zu erheben! Sein Blick suchte Asta in dem Gewühl, und er war einigermaßen überrascht, als sie ihm nach längerem, vergeblichen Suchen am Arme eines weißbärtigen Generals aus einem der kleineren Nebengemächer entgegen trat.
„Sie sind ein wenig ritterlicher Beschützer Ihrer Dame, Herr Baron!" sagte sie mit einem schwachen Versuch, zu lächeln. „Ohne den aufopfernden Beistand der liebenswürdigen Excellenz hätte ich wahrscheinlich der ganzen Gesellschaft das Schauspiel einer Ohnmacht gegeben. Ich fühlte mich schon auf der Herfahrt nicht ganz wohl, und nun trugen wohl die Hitze und die starken Parfüms die Schuld daran, daß mich plötzlich ein Schwindel befiel. Zum Glück verstand der General meinen Hülfe flehenden Blick und führte mich in den kühleren Nebenraum, wo ich mich einigermaßen erholen konnte. Ich werde Ihnen diesen Dienst niemals vergessen, Excellenz!"
„Und ich werde diesen Abend immer zu den glücklichsten meines Lebens zählen!" erwiederte der alte Krieger galant, indem er die dargebotene Hand mit etwas steifer Artigkeit an seine Lippen führte. „Zu meiner Freude habe ich jetzt die Beruhigung, Eure Durchlaucht in der sicheren Obhut einer ärztlichen Autorität zu wissen, und ich überlaffe dem Herrn Professor den beneidenswerten Platz an Ihrer Seite!'
Er zog sich zurück und Nordenfeld führte die Fürstin zu einem abseits stehenden
Sessel.
„Sie sind wirklich krank, Asta ?" fragte er mit aufrichtiger Besorgnis. Seine Erregung von vorhin und ihre Ursache waren für den Augenblick völlig vergessen.
„Es ist nichts von Bedeutung, mein Freund!" gab sie mit schwacher Stimme zurück. „Ich bin nur etwas abgespannt und sehne mich nach Ruhe. Wäre es Ihnen ein Opfer, mich schon jetzt nach Hause zu geleiten?'