Beamten Partei. Dem Beamten wurde de« Ver, haftete mit Gewalt entrissen, Ersterer selbst geschlagen mü» in anderer grober Weise mißhandelt. Zu Hilfe gerufene Zivilisten s«vie zwei vorbeikommende Soldaten wurden ebenfalls von rohen Patronen mißhandelt. Frauensleute feuerten durch Zurufe gegen den Beamten an» Mn Anwohner rief telephonisch Polizei und Militär zu Hilfe. Bald rückte eine Militärpatrouille mit aufgepflanztem Seitengewehr an. Im Laufschritt folgten dcmnPokizei-Jnspektor Metzler, Polizeikommissar Kurt und 6 Polizeisergeanten. Zwei der Hauptschreier wurden frstgenommen. Die Menge folgte dem Transporte bis nach dem Rathause, wo sie endlich nach dreimaliger Aufforderung, den Platz zu räumen, auseinanderging. Inzwischen sind noch weitere Beteiligte vorläufig verhaftet worden.
Göttingen. Einige Zeitungen haben berichtet, daß die Studierenden der Universität Göttingen sich nicht an der Sammlung für ein dem Fürsten Bismarck zu widmendes Ehrengeschenk der deutschen Studentenschaft beteiligt hätten. Jetzt wird jedoch dem Leipz. Tagbl. berichtet, daß nachträglich aus Göttingen ein bedeutender Beitrag eingeganaen ist und daß nur infolge eines Versehens die Spende nicht früher in die Hände des Leipziger Ausschusses gelangte. Insgesamt sind erheblich über 4000 ^ für die Ehrengabe gespendet worden.
Leipzig, 5. Aug. Von einem Ausschuß der hiesigen Studenten wird folgender Aufruf erlassen: „Commilitonen! Studenten deutscher Hochschulen! Am 9. August versammeln sich in Kissingen die Vertreter der Studentenschaften, um am Montag den 10. Aug. die feierliche Ueberreichung des Ehrenhumpens an Se. Durchlaucht den Fürsten Bismarck vorzunehmen. Commilitonen! An diesem Tage gilt es, auch äußerlich, we-thin fühlbar, den Beweis zu erbringen, daß die junge Generation im 20. Gedenkjahr der Wiederaufrichtung ves Reiches des Mannes nicht vergessen kann, der unserem Volke die Bahn zk seiner Einheit und seiner jungen Größe bereitet hat. Laßt uns dem Fürsten selber noch einmal vor Augen stellen, daß wir gewillt sind, sein ehrendes Vermächtnis an uns, den nationalen Gedanken leuchten zu lassen vor Europa, zu erfüllen. An Euch alle, Commilitonen, ergeht deshalb die Aufforderung, Euch am 10. August mit Vertretern Eurer Hochschulen zu vereinigen. Aus der nahen Heimat, von den benachbarten Universitäten, und von der Wanderschaft durch's deutsche Land eilt zahlreich an jenem Festtage nach Kissingen, damit Ihr Zeugen der Huldigung seid, welche wir alle dem Fürsten Bismarck mit ganzer Seele darbringen."
Spandau. Einen interessanten Gast hatte am Donnerstag nach dem Anz. f. d. Havell. die Militärschwimmanstalt zu Spandau aufzuweisen, nämlich den jungen Ostafrikaner, der bei dem Lehrer Hoffmann in Kladow deutsche Erziehung und deutschen Unterricht genießt. Der junge Mann, Zampa mit Namen, ist 19 Jahre alt, eine kräftige, sehnige Gestalt mit scharf ausgeprägtem Negertypus. Er verrät eine bedeutende Intelligenz und gute Aufassungs- und Beobachtungsgabe. Seine Anwesenheit auf der Schwimmanstalt bereitete den Stammgästen und Schwimmlehrern viel Vergnügen. Zampa entpuppte sich zunächst als
ein sehr sparsamer Herr; die ihm von seinem Lehrer verabreichten Nickel zum Bezahlen des Bades und der ihm geliehenen Badehose wollte er durchaus nicht hergeben. »Hat Kaiser Wilhelm gebaut, kostet nichts!" behauptete er wiederholt, und erst auf energisches Zureden trennte er sich von den ihm offenbar sehr lieb gewordenen Geldstücken. Schwimmen kann er ausgezeichnet, er schwamm mit Leichtigkeit weit in die Havel hinein. Dagegen stellt er sich trotz seiner körperlichen Gewandtheit beim Turnen recht ungeschickt an. Einer ihm vom Offizier am Reck vorgemachten schwierigen Uebung zollte er lebhafte Bewunderung, führte das Kunststück aber zurück auf „Soldatenschule", die „Offizier schon von klein durchgemacht". Im Sprechen ist er ziemlich gewandt, er versteht das Deutsche bereits sehr gut nnd weiß auch treffend zu antworten. Auf den ihm von seinem Lehrer gemachten Vorwurf, er sei doch etwas dumm, erwiederte er sehr bestimmt: „Nicht dumni, nicht dumm! Lernen Kinder 8 Jahre, ich bloß 3 Monate." Bezüglich der Sprachen bekennt er offen: „Deutsch schwer, englisch leichter"-
Wien, 5. Aug. lieber einen Sturz aus dem Eisenbahnkoupe wird der Volksztg. vom 4. d. M. berichtet: Gestern gegen 2 Uhr nachmittags, als der Personenzug Nr. 13 zwischen der Haltestelle Mauer-Oehling und der Station Aschbach dahinbrauste, öffnete sich auf eine bisher noch nicht aufgeklärte Weife die Koupethüre eines Wagens 3. Klasse und ein 13jähriges Mädchen, das sich wahrscheinlich an die Thür gelehnt hatte, flog heraus und rollte üver die Böschung. Die übrigen im Koupe befindlichen Reisenden wußten im ersten Schrecken gar nicht, was beginnen; indes hatte der Kondukteur, der von dem Vorfall verständigt worden war, das Halten des Zuges veranlaßt, um dem Kinde zweckentsprechende Hilfe leisten zu können. Der Zug fuhr im langsamen Tempo zurück bis an die betreffende Stelle, wo man dann das Mädchen bewußtlos und blutüberströmt liegen fand. Dem Mädchen ist durch den Sturz das Nasenbein zertrümmert worden, außerdem hat dasselbe noch eine schwere Verletzung erlitten. Das Kind fuhr ohne Aufsicht. Nach einem Ausspruche des Arztes ist an ein Aufkommen desselben kaum zu denken.
Stockholm. Wie Stockholmer Blätter Mitteilen, hat kürzlich die Durchstöberung des dortigen städtischen Archivs das Vorhandensein eines städtischen Bürgermeisters Bismarck ergeben. Johann Bismarck entstammt einem nach Lübeck aus Stendal verzogenen Zweige des Geschlechts und wurde seinerseits durch eine Familienverbindnng mit dem Lübecker Hause der Greverode nach Stockholm geführt; dort erwarb er 1421 das Bürgerrecht und war in der damals halbdeutschen Stadt, 1430—1438 Bürgermeister. In dem letzteren Jahre scheint er nach Lübeck zurückgekehrt zu sein, wo man die Namen seiner Erben 1448 wiederfindet; znm mindesten veräußerte er 1438 seine Stockholmer Liegenschaften; in Schweden griff damals eine Bewegung gegen die Deutschen und vor Allem gegen die Hanseaten um sich; auch hatte sich früher Hans Bismarcks Schwiegervater Alf (Adolf) Greverode
durch mehrere Totschläge verhaßt gemacht. Angehörige von Johann Bismarck scheinen indes im Lande geblieben zu sein; zum mindesten finden sich in der Provinz Holland „Bismarcks", die sich der Geschlechts' Verwandtschaft mit dem ersten deutschen Reichskanzler, rühmen. Ein in Stockholm vorhandenes Siegel jenes Johann Bismarck unterstützt die Annahme der Verwandtschaft; im wagerecht gespaltenen Schild zeigt es drei Kleeblätter, zwei oben und eines unten, während das deutsche Geschlecht Bismarck bekanntlich im ungeteilten Schilde ein dreifaches Kleeblatt führt.
Newyork, 16. Aug. Ein entsetzliches Eisenbahnunglück ereignete sich heute morgen um 7 Uhr nahe Port Byron auf der West-Shore-Eisenbahn, indem ein Personenzug mit einem Güterzug zusammenstieß. Der letztere fuhr nach dem Westen, als sich 4 engl. Meilen von Port Byron die Kuppelung losriß, so daß der Zug in zwei Teile geteilt wurde. Die Folge davon war, daß der nachfolgende Personenzug mit furchtbarer Gewalt in den Hinteren Teil des Güterzuges fuhr. Ein Rauchwagen des Personenzuges wurde völlig zertrümmert. Ein Schlafwagen entzündete sich fast unmittelbar nach dem Zusmmen- stoß. Von den italienischen Eisenbahnarbeitern, welche im Rauchwagen saßen, wurden 10 auf der Stelle getötet, während die übrigen mehr oder minder schwer verletzt wurden. Auch der Heizer des Personenzuges büßte sein Leben ein. Dem Lokomotivführer wurde die Brust furchtbar zerquetscht. Von den übrigen Fahrgästen erlitten 7 schwere Verletzungen. Sobald- die Nachricht von dem Zusammenstoß nach den nächsten Stationen gelangte, eilten eine Menge Aerzje nach der Unglücksstätte. Die Verwundeten wurden sofort nach Syracuse befördert.
Vermischtes.
Eine gefährliche Fahrt. Der „Bad.. Landesztg." wird von Lausenburg geschrieben: Gestern Nachmittag halb 5 Uhr wurde die hiesige Bevölkerung in große Aufregung versetzt. „Es kommt ein Mann den Rhein herab", hieß es und alles stürmte der Rheinbrücke zu. Wirklich sah man etwa 800 Meter oberhalb der Brücke einen Flößer auf zwei zusammengebundenen Floßrudern dem Rheinfall zutreiben. An Rettung war nicht zu denken, da der Rhein in so unmittelbarer Nähe des Strudels nicht mehr schiffbar ist. Die Menge, welche sich bei der Brücke angesammelt, rief dem Verunglückten zu, sich recht fest zu halten und dieser Zuruf muß ihm neuen Mut erweckt haben, denn krampfhaft klammerte er sich an seinem Haltepunkt fest. Jetzt schoß er in den Strudel hinein und verschwand. Im näcysten Augenblick kamen die beiden Ruder fast senkrecht aus dem Wasser, aber immer noch hatte der Mutige sich an diese angekammert. In der sogenannten „Enge" verschwanden Mann und Ruder nochmals, um im nächsten Augenblick wieder zuin Vorschein zu kommen. Jetzt konnte der Tapfere noch gerettet werden, wenn er nur eine kurze Zeit aushielt, denn unterhalb des Rheinfalls, wo das Wasser wieder ruhiger wird, konnte man
lästigen, stummen Mahner auch die häßlichen Erinnerungen verschwunden seien, die während der letzten beiden Stunden unausgesetzt auf sie eingestürmt waren. Nur noch ein Augenblick des Zögerns — der Sammlung; dann trat sie mit sonnig heiterem, strahlenden Antlitz in den aufstehenden Salon, in welchem sie schon seit geraumer Zeit von ihrem Cavalier erwartet wurde.
Er hatte nicht einmal Platz genommen sondern er war, ohne seinen Pelz abzulegen, am Fenster stehen geblieben. Viel des Interessanten hatte er während seines Harrens da wohl kaum erspähen können, denn die Voßstraße, in welcher das Palais der vrrwittweten Fürstin Baranow lag, zählt zu den vornehmsten und damit auch stillsten Straßen Berlins. Schon unter normalen Witterungsverhältnisscn pflegt sie in den späteren Abendstunden nur von wenigen Passanten belebt ru sein, — heute aber, wo unaufhörlich ein mit Schneeflocken und kleinen Eisnadeln untermischter Regen herniederrieselte, und wo der in kurzen, heulenden Stößen daherfahrende Wind die Gasflammen in den Laternen ängstlich aufflackern ließ, bot sich gewiß am allerwenigsten eine Gelegenheit zu interessanten Beobachtungen. Trotzdem blickte der Mann, dessen hochgewachsene, breitschultrige Gestalt in der matten Beleuchtung noch größer und stattlicher erschien, so angelegentlich hinaus, daß er den Eintritt der Fürstin ganz überhörte. Erst als ein leichter Schlag ihres Fächers seinen Arm traf, wandte er sich nach ihr um, und es leuchtete in seinen Augen auf wie Entzücken über die Herrlichkeit ihrer Erscheinung.
„Asta," rief er, und eine Fülle von Zärtlichkeit und Liebe lag in dem einzigen Wort. Die Fürstin reichte ihm ihre kleine, bereits in dem zarten, weißen Handschuh steckende Rechte und sah mit einem Lächeln von bezaubernder Süßigkeit zu ihm auf.
„Ich habe sie so lange warten lassen, mein Freund," sagte sie kokett, daß Sie nun doch wenigstens eine kleine Entschädigung in meinem Anblick finden müssen. Nur für Sie habe ich mich geschmückt, und wehe mir, wenn es mir nicht gelungen wäre. Ihnen zu gefallen!"
„Als wenn cs dazu eines Schmuckes bedürfte!" gab er mit dem Ausdruck vollster Aufrichtigkeit zurück. „Weder meine Liebe für Sie, noch meine Bewunderung
Ihrer Schönheit kann durch diesen bestrickenden Glanz erhöht werden; viel eher vermöchte er mir eine Empfindung einzuflößen, die fast der Furcht vor der Zukunft ähnlich sieht!"
„O weh, statt des Anbeters redet schon wieder der Professor aus Ihnen!" fiel ihm die Fürstin lachend in's Wort. „Es ist hohe Zeit, daß wir unter Menschen kommen. Ich hoffe, die Furcht vor Ihrem künftigen Glück wird da bald vergehen!"
Sie nahm seinen Arm und er führte sie hinaus, durch den Vorsaal und über die breite, mit weichem Teppich belegte Marmorstiege. Das Thor der Einfahrt war seit einer halben Stunde weit geöffnet, und das Scharren und Stampfen der ungeduldigen Pferde, die mit dem eleganten Wagen am Fuß der Treppe hielten, widerhallte von der Wölbung des Vestibüle. Steif und regungslos, wie aus Holz geschnitzt saß der Kutscher in seinem gelben Livreemantel und seinem mächtigen Bärenkragen auf dem Bock, während der Lakai mit entblößtem Haupt die geöffnete Wagenthür hielt. In dem Augenblick, als die schimmernde Gestalt der Fürstin am Arme ihres Begleiters auf dem untersten Treppenabsatz sichtbar wurde, drängte sich von der Straße her ein alter Mann von kleiner unscheinbarer Figur und. beinahe ärmlichem Aussehen an den Pferden vorbei in das Innere des Palais. Der Kutscher kümmerte sich nicht darum und der Lakai, der den Blick vorschriftsmäßig auf seine Herrin gerichtet hatte, bemerkte ihn nicht einmal. So kam es, daß der Alte in dem nämlichen Augenblick, da die Fürstin den Fuß auf die unterste Treppenstufe setzen wollte, wie aus der Erde gewachsen neben ihr stand. Sein Aussehen war mehr darnach angethan, Mitleid als Schrecken einzuflößen. Er mußte sich wohl schon lange im Regenwetter auf der Straße befunden haben, denn sein Ueberrock war ganz durchnäßt und an der Krampe seines Hutes tropfte das Wasser. Auf dem hageren, faltenreichen Antlitz lag ein Ausdruck unsäglicher Betrübniß, und der zerzauste eisgraue Bart trug noch mehr dazu bei, ihm das Aussehen eines tief Unglücklichen zu geben.
(Forts, folgt.)