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^rZ 81. Amis und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 66. IahrglW.
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Samstag, den 1t. Juli 1891.
! AbonneuientSpreiS vierteljährlich in der Stadt S0 Pfg. und
I SO Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1 . 1 k, sonst tu 1 ganz Württemberg Mk. 1. SK.
Amtliche Wekarmtmachimgerr.
Die Ortsvorsteher.
welche mit dem Bericht, betr. die Verarbeitung von sog. Wildhäuten in Lederfabriken und Gerbereien, im Rückstand sind, werden hiemit an dessen alsbaldige Erstattung erinnert (vergl. Amtsblatt Nr. 75).
Calw, den 9. Juli 1891.
K. Oberamt.
Supper.
Die Gemeindebehörden, Stiftungsbehörden und amtlichen Stellen.
welche das alphabetische Gesammtregister über die Hahrgänge 1882—1889 des Ministerialamtsblattes zu erhalten wünschen, und den Betrag von 1 ^ 70 hiefür noch nicht hieher eingesendet haben, werden unter Bezugnahme auf die oberamtliche Bekanntmachung in Nr. 72 des Calwer Wochenblattes daran erinnert, daß der genannte Betrag bis 14. d. M. hier ein- kommen muß.
Calw, den 10. Juli 1891.
K. Oberamt.
Supper
Skkliimtmilihlirlg.
Im Laufe des Monats Juli werden an der Staatsstraße Wildbad—Schönegründ zwei Durchlässe umgebaut, wobei zwischen Kohlhäusle und Enzklösterle der Verkehr über eine Notbrücke geleitet werden muß, welche nur mit Wagen bis zu 50 Ztr. Gewicht befahren werden darf.
Dies wird mit dem Ansügen zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß etwaige Zuwiderhandlungen auf Grund des Art. 19 des Polizeistrafgesetzes mit Geldstrafe bis zu 60 oder Hoff bis zu 14 Tagen bestraft werden.
Neuenbürg, den 8. Juli 1891.
K. Oberamt.
H o f m a n n.
Tages-Ueuigkeiten.
Untersuchung und Probebelastung der eisernen Brücke und der Viadukte auf den württemb. Bahnen. Die Vorschrift, wonach spätestens alle 5 Jahre eine Untersuchung der eisernen Bahnbrücken durch Probebelastungen stattzufinden hat, bringt es mit sich, daß bei dem ausgedehnten württemb. Bahnnez fast alljährlich irgend ein Teil der Strecken an die Reihe kommt. In den nächsten Tagen wird, wie man hört, ein zu diesem Zwecke ausgerüsteter Belastungszug, bestehend aus 3 schweren ^-Lokomotiven (Güterzugsmaschinen), 2 mit Schienen beladenen Güterwagen, 2 Wagen mit Gerätschaften und einigen Personenwagen für das nötige Personal von Technikern und Arbeitern, von Stuttgart abgehen, um die Brücken und Viadukte der Schwarzwaldbahnen den vorgeschriebenen Belastungsproben zu unterziehen. Dieser Probezug wird zunächst von Stuttgart nach Calw, von da aus über Brötzingen nach Wildbad, dann zurück über Nagold nach Hochdorf, Freudenstadt, Schiltach, dann zurück über Horb nach Jmmendingen gehen und von dort aus über Horb und Böblingen nach Stuttgart zurückkehren. Für die Ausführung dieser Belastungsproben ist ein Zeitraum von 14 Tagen in Aussicht genommen. Dieser Belastungszug ist selbstredend weit schwerer als jeder Personen- oder Güterzug; wiegt doch jede der drei I'-Lokomotiven ca. 60,000 Kilo. Schw. Bi.
Ludwigsburg, 8. Juli. Die A. H. Werner'sche Kinderheilanstalt in Ludwigsburg begeht am 23. Juli ihr 50jähriges Jubelfest. An diesem Tag des Jahres 1841 war der kleine Anfang der Anstalt, die mit 2 kranken Pfleglingen eröffyet wurde. Unter Gottes Segen hat der fromme Gründer, Med.-Rat vr. Werner, die Anstalt von Jahr zu Jahr vergrößert und erweitert, so daß jetzt durchschnittlich immer 70 Pfleglinge vorhanden sind. Zum Mutterhaus kamen im Jahr 1854 das Kinderbad Herrnhilfe in Wildbad, 1802 das Kindersolbad Bethesda in Jagstfeld, 1879 eine Pfleg- und Lern
stätte für gebrechliche Mädchen, das Maria-Martha- Stift; 1881 wurde auch die Kleinkinderschule der Anstalt einverleibt. Wie viele Gaben der Liebe sind in dieser langen Zeit der Anstalt zugeflossen und wie viel Segen für Leib und Seele hat sie stiften dürfen. Insbesondere war auch der Gebrauch der Solkur in Bethesda in vielen Fällen für dort aufgenommene arme skrofulöse Kinder von wohlthätigster Wirkung. Die Feier am 23. Juli ist neben den häuslichen Veranstaltungen also geplant, daß um 11 Uhr der Dank der Anstalt am Grabe Werners, gest. 1882, und seiner Gattin, gest. 1889, zum Ausdruck kommt, um 2 Uhr nachmittags ein Gottesdienst in der Stadtkirche, um 6'/- Uhr eine Andacht im Betsaal des Maria-Martha-Stifts gehalten wird. Möge die segensreiche Anstalt auch fernerhin noch lange mit gleichem Erfolg wirken.
Reutlingen, 8. Juli. Das Verschwinden eines Angestellten bei der k. Kreisregierung mit einer Wirtsfrau von hier bildete seit Anfang dieser Woche das allgemeine Tagesgespräch. Es war schon lange zuvor bekannt, daß der Genannte, selbst ein verheirateter Mann und Vater von 4 Kindern, mit jener Frau ein unerlaubtes Verhältnis pflog; nun hat das bezügliche Gerede durch diese gemeinsame Abreise seine Bestätigung erhalten. Beide schrieben von Antwerpen aus vor der Abfahrt des Dampfers an ihre bedauernswerten Faminen, die Frau selbst schickte ihrem Mann von Stuttgart aus eine Kellnerin, um sie in der Wirtschaft zu ersetzen. Wie man hört, hat der verlassene Gatte, dem die Frau 2 kleine Kinder zurückließ, bereits die Scheidungsklage erhoben.
Spaichingen, 7. Juli. In der Nacht vom Sonntag auf Montag gegen 11 Uhr gab es in Hofen „Streithändel", bei welchen der 18jährige Harmonikamacher Jakob Koch von Herrenzimmer, OA) Rottweil, einem Müllerburschen drei ziemlich gefährliche Stiche beibrachte, so daß die Ueberführung des Verletzten ins Krankenhaus erfolgen mußte. Ein anderer Bursche erhielt ebenfalls einen Stich. Der Thäter ist geständig und befindet sich in Untersuchshast.
6 14 4 ^ O14 . Nachdruck verboten .
Die Spionin.
Roman aus dem russischen Nihilistenleben.
Nach den Aufzeichnungen eines Petersburger Polizeibeamten.
Von Willibald Mencke.
(Fortsetzung.)
Der Brief Vera'S
Die Verschworenen hatten ihre Masken abgenommen und ihre Mäntel angelegt, um den Ort zu verlassen, an dem sich eine so unheimliche Scene abgespielt hatte, als eilige Schritte herausstürmten. Der Rote wollte die Thür wieder schließen, aber schon stand Dmitri Jelagin vor ihm und Alle traten nun in das Zimmer zurück.
Der Rote schob den Riegel vor und wollte die Querstange vorlegen, aber Dmitri hielt seinen Arm zurück. „Es ist nicht nötig," sagte er. „Ich habe nur ein paar Worte mit Euch zu sprechen."
„Wir sind begierig zu hören, was Dich hierhergeführt hat," bemerkte einer der Verschworenen.
„Zunächst also die Frage: Warum habt Ihr mich nicht von dieser Sitzung verständigt?"
„Sehr einfach. Weil Du in diesem Monat nicht zu den Dreien gehörst."
„Aber es handelt sich, wie ich durch einen Zufall erfuhr, um das Schicksal der Vera Timanoff, gegen oie man eine Anklage auf Verräterei eingebracht."
„So ist es. Sie hat ihre Schuld einzestanden."
„Und was habt Ihr beschlossen?"
„Sie lebt nicht mehr."
„Das ist nicht möglich!" rief er aus, indem er erbleichte. „Vera ist tot?"
„Sie hat die Strafe erlitten, die sie verdiente."
„Das kann nicht sein! Ihr habt ein wehrloses Mädchen gemordet. Das ist eine erbärmliche Feigheit. Ich fordere Rechenschaft von Euch!"
„Mäßige Dich, Dmitri. Wir haben gethan, was unsere Pflicht war. Die Satzungen unseres Bundes bestrafen Jeden mit dem Tode, welcher an seiner heiligen Sache zum Verräter wird."
„Aber welchen Beweis habt Ihr?"
«Ihr Geständniß. Lies diesen Brief."
Der Fürst nahm den Brief, welchen der Rote aus der Brusttasche zog und erkannte, sobald er ihn geöffnet hatte, die Hand Vera's. Er las folgende Zeilen, welche die Form eines Berichtes hatten, ohne jede Einleitung und ohne daß ein Schlußsatz beigefügt war, der über die Beziehungen des Schreibers zu dem Adressaten auch nur eine Andeutung enthielt:
„Am 26. Jänner dieses Jahres, Abends gegen 5 Uhr, suchte ich, Vera Timanoff, die Wohnung des Studenten Dmitri Jelagin, an der Fontanka im Sujeffschen Hause auf. Da die Vorderthüre verschlossen war, so ging ich durch die Küche, welche nie benutzt wurde, um an der Hinterthüre anzuklopfen, und zwar in einer zwischen unS Beiden verabredeten Weise, die meinem Geliebten — denn in diesem zärtlichen Verhältnisse stand ich damals zu dem Manne, den ich für den Studenten Dmitri Jelagin hielt — sogleich verriet, wer die Person war, welche Einlaß begehrte. Da ich auf mein Klopfen keine Antwort erhielt und somit überzeugt sein konnte, daß Dmitri nicht zu Hause war, so wollte ich wieder gehen; da ich aber meine Hand auf den Tvücker der Thüre gelegt hatte, bemerkte ich plötzlich, daß er nachgab und die Thür sich öffnete. Ich tr>.t ein und nahm auf dem Sopha Platz, um Dmitri'S