Prüfen Aribert von Anhalt statt. An der Feier nahmen das Kaiserpaar und die Königin teil. Der Hochzeitszug begab sich in fünf glänzenden Abteilungen in die Kapelle, Gardisten in Gala-Uniform bildeten Spalier. Der Prinz von Wales betrat die Kirche mit der Kaiserin am Arm; der Kaiser folgte mit der Prinzessin von Wales.

Windsor, 7. Juli. Während des gestrigen Diners, woran das deutsche Kaiserpaar teilnahm, platzte im Speisesaal ein Wasserrohr, wodurch große Aufregung hervorgerufen wurde. Eine Ueber- schwrmmung des Saales ist durch das schnelle Ein­greifen der Feuerwehr, welche das Wasser am Haupt­hahnen abdrehte, verhindert worden.

Felixtown (bei Harwich, Essex) 7. Juli. Die Dacht Hohenzollern mit den Söhnen des Kai­sers ist nach etwas unruhiger Fahrt gestern abend 9 Uhr hier eingetroffen.

London, 6. Juli. DieDaily News" schreibt: Das englische Volk jauchzte dem deutschen Kaiser zu, wolle aber, indem es seine Politik gutheiße, durchaus nicht einer anderen seine Mißbilligung ausdrücken. Deutschland und Frankreich seien Freunde Englands; jeder vernünftige Engländer wünsche mit beiden Staaten in engster Freundschaft zu leben. DerStandard" schreibt: Es werde sich während des Kaiserbesuchs Gelegenheit zu wichtigen und fruchtbaren Besprechungen über politische Angelegenheiten zwischen der Königin und dem Kaiser darbieten. Es würden jetzt keine Verträge unterzeichnet noch Uebereinkommen getroffen, dennoch könnten die Gespräche in Windsor den Lauf der Geschichte ebenso stark beeinflussen, wie geschriebene Stipulationen der festländischen Kanzleien. Der Daily Telegraph" schreibt: In ein Duell zwischen Frankreich und Deutschland werde sich England nicht einmischen, jedoch könne es nicht ruhig zusehen, wenn Italien von der Seefeite aus angegriffen würde und versucht werden sollte, das Gleichgewicht der Mittel­meermächte zu stören.

Petersburg, 7. Juli. Aus Simferopol im Gouvernement Taurien wird gemeldet, daß für das Sommergetreide eine gute Ernte erwartet wird, welche die Lücken des Wintergetreides ausfülle. Nachrichten aus Nischni Nowgorod zufolge hat sich der Stand des Getreides im ganzen Gouverne­ment nach dem fruchtbaren Regen gebessert. In den Gouvernements Charkow und Pultawa, sowie zum Teil auch in Jekaterinoslaw verspricht der Stand des Wintergetreides nach dem reichlichen Regen eine mittlere und das Sommergetreide sogar eine gute Ernte. Hafer und Gerste stehen größtenteils vor­züglich.

Tages-Neuigkeiten.

* Calw, 8. Juli. Der Vortragsabend der Hofschauspieler Paul Neumann und Henry Greve von Wiesbaden war nicht besonders zahlreich besucht. Die Vorträge aus dem Werke von Rudolf Baum­

bach dürfen als sehr ausdrucksvoll und natürlich be­zeichnet werden; ebenso interessant und gelungen waren die Recitatisnen in verschiedenen Dialekten, besonders ausUt niine Stromtid" von Fritz Reuter. Herr Greve bewies sich als tüchtiger Komiker; mit treff­lichem Humor gab erden Kampf ums tägliche Brot" und denWeiberfeind". Die Klavierbegleitung hatte Musikdir. Peters übernommen. Sämtliche Leistungen befriedigten allgemein, so daß die Künstler großen Beifall ernteten.

Stuttgart, 3. Juli. Gärtner Pfeil von Bönnigheim, seit Anfangs des Jahres im Stadtgarten beschäftigt, hat die Stelle eines Gärtners im Reichs- dicnst des Togogebietes erhalten. Er wird am Sonntag mit Lehrer Betz in Hamburg Zusammen­treffen, um sich nach Afrika einzuschiffen, Pfeil nach Togo, Betz nach Kamerun.

Stuttgart, 7. Juli. Am Sonntag trafen 200, am Montag 300 und heute 101100 Körbe Kirschen hier ein. Die Preise für öeregnete über­reife Ware sind stark heruntergegangen. Primaware (Herzkirschen, sowie sog. Schlicken) werden im Klein­verkauf immer noch mit 2225 bezahlt. An

Gemüse sind erschienen die ersten Tomaten, selbstver­ständlich Italiener. Grüne Baumnüsie sind zum Ein­machen und zum Ansetzen bestimmt; sie trafen schon ziemlich zahlreich ein. Reife Stachelbeeren, Johannis­beeren sind bereits in Massen angeboten. Prestlinge in Hunderten von Körben und Körbchen. Birnen aus Italien sind noch rauh und schwer genießbar. An Schwämmen sind Steinpilz, Pfifferling und Champignon ziemlich reichlich angeboten. Blumen­markt riesig befahren; auch niedliche Sträußchen aus Alpenrosen von Meran. Auf dem Tiermarkt u. And. Igel, ein Nest voll junge Sperber und ein Nest voll junge Würger (rot).

Ein schweres Unglück ereignete sich gestern abend kurz nach 7 Uhr auf der Straßenbahn in der Nähe des Gitterstegs bei Berg. Ein Herr sprang vorn vom Wagen ab, fiel und kam mit dem rechten Fuß unter die Räder, der ihm total abgetrennt wurde. Der Unglückliche blieb bei vollem Bewußtsein; um die Verblutung zu verhindern, unterband man das Bein, worauf der Verunglückte nach Stuttgart ver­bracht wurde. Es ist ein verheirateter Ziegler, Vater von vier Kindern.

Schöckingen, O.A. Leonberg, 5. Juli. Die beiden Wolkenbrüche, welche am Donnerstag 2. Juli über den Markungen Gebersheim, Leonberg, Höfingen, Hirschlanden, Ditzingen niedergingen, trafen leider auch unsere üppig stehenden Fruchtfelder, sie zum Teil niederlegend und verschlammend. Wiesenheu, welches noch draußen lag, ging zum größten Teil ver­loren. Ein Stallgebäude stürzte zusammen, 2 Brücken wurden weggerissen.

Backnang, 4. Juli. Gestern mittag hat der 10 Jahre alte Karl Ortloff den 5jährigen Christian

Stark mit einer Zimmerbüchse, die er für ungeladen: hielt, geschossen und denselben derart verwundet, daß wahrscheinlich der Tod des verletzten Knaben ein- treten wird. Die Zimmerbüchse war mit einer Kugel! geladen; letztere drang dem Verwundeten unter dem Schulterblatt ein und konnte bis jetzt von dem Arzt nicht entfernt werden.

Heilbronn, 6. Juli. Am gestrigen Sonn­tag hat wieder eine größere hiesige Gesellschaft eine Floßfahrt nach Heidelberg unternommen. Das von Herrn Alexander Fischel in liebenswürdigste): Weise zur Verfügung gestellte Floß wurde um halb 10 Uhr vormittags in Neckargartach bestiegen und dann alsbald die Fahrt durch das reizende Neckarthal angetreten. Eine auf dem Floß erbaute Hütte bot Schutz vor dem nur kurze Zeit fallenden Regen und einige Feldkesiel dienten zum Abkochen von Proviants.. Abends 5 Uhr erreichte man in fröhlichster Stimmung Heidelberg. Die Gesellschaft verließ aber auch hier das Fahrzeug nicht, sondern verweilte noch bis nach 8 Uhr auf demselben, um dann hochbefriedigt mit der Bahn nach Hause zu fahren.

Urach, 6. Juli. In Folge der in jüngster Zeit aufgetretenen wahrhaft tropischen Hitze, verbunden mit übersättigenden, oft wolkenbruchartigen Schlag­regen und den mit Recht gefürchteten Sonnenregen,, hat sich nach Mitteilungen vom Lande an den da und dort schon blühenden Frühkartoffeln die so schäd­liche Pilzkrankheit eingestellt, eine Erscheinung, wie sie bei der Blattfallkrankheit des Weinstocks, wie- auch bei der Blätterkrankheit einzelner Obstbäume (Luikensorten) auf dieselbe Ursache zurückzuführen ist- Die schon da und dort angestellten Versuche mit dem Bespritzen der Kartoffelpflanzen, und zwar mit der­selben Lösung wie bei dem Rebstock, sind nicht ohne Erfolg geblieben. Angesichts dieser Sachlage ist es> angezeigt, das Bespritzen der Kartoffeln, die bald allgemein ins Blühen kommen werden, sofort in aus­giebiger Weise vorzunehmen, um so mehr, als der Aufwand von Mühe und Kosten in keinem Verhält­nis zum Nutzen steht, der erfahrungsgemäß aus dem Bespritzen der Kartoffelgelände erwächst.

Eningen, 6. Juli. Die Familie Völker wurde am Samstag durch die Nachricht von einem Unglück, das ihren Sohn betroffen, in tiefe Trauer versetzt. Derselbe war in Offenburg als Braumeister in Stellung und war gerade am Schachtaufzug be­schäftigt, indem er ein Faß Bier auf diesen verbringen wollte, in der Meinung, daß derselbe aufgezogen sei, was aber leider nicht der Fall war. Infolge dieses unglückseligen Irrtums stürzte das Faß hinab und das Uebergewicht riß den Bedauernswerten mit in. den Schacht in einer Höhe von etwa 4 Meter hinab- Völker schlug mit dem Kopf auf eine Schraube und verletzte sich am Kopfe so schwer, daß nach 2 Stunden der Tod eintrat. Gestern nachmittag wurde der Leich­nam des jungen Mannes per Bahn nach Reutlingeir und auf dem Leichenwagen nach Eningen verbracht, wo er von der hiesigen Turngemeinde, deren Mitglied- und Turnwart er war, mit Fahne abgeholt und ins elterliche Haus geleitet wurde.

Hall, 4. Juli. DasHall. T." schreibt: In auswärtigen Blättern lesen wir von einem an­geblich schweren Unfall, der unseren Landtagsabg.

Die Thüre öffnete sich und ein Mann in Fuhrmannskleidung trat ein, in einen Schafspelz und hohe Juchtenstiefel gehüllt und eine Peitsche in der Hand.

Nun?' rief man ihm entgegen.

Sie kommt!" lautete die Antwort.

Wie habt ihr es fertig gebracht, sie hierher zu locken? Ahnt sie nicht, was sie hier erwartet?"

Wie sollte sie?* mitwortete der Fuhrmann.Sie hat den Brief dem Polizei­rat unter vier Augen gegeben und wie sollte sie aus den Gedanken kommen, daß dieser Brief jetzt in unseren Händen ist? Wir haben ihr gesagt, daß sie geladen sei» um als Zeuge gegen Dmitri Jelagin zu dienen, der dem Bunde abtrünnig geworden sei. Sie haßt ihn jetzt, wie sie ihn früher liebte. Aber still! Da ist sie schon!"

Er öffnete die Thüre und an der Seite eines mit einem Kaftan bekleideten Mannes, der durch eine Narbe über dem linken Auge und seinen schielenden Blick auffiel, erschien Vera Timanoff.

Sie sah sehr blaß aus, aber ohne eine Spur von Erregung zu verraten, er­hob sie mit ruhigem Blick ihr Auge aus Diejenigen, die sie schweigend empfingen.

WaS wollt Ihr von mir?" fragte sie.

Die Drei hatten an dem runden Tisch Platz genommen und jeder von ihnen hatte seine Züge durch eine Halbmaske verdeckt. Die beiden Begleiter Vera'S waren auf einen Wink des Roten in den Nebenraum des Zimmers getreten, der eigentlich nichts war als ein dunkler Verschlag.

Vera Timanoff" fragte der Rote, indem er einen schwarzgesiegelten Brief ohne Aufschrift, der geöffnet war, aus seiner Brusttasche hervorzoghast Du diesen Brief geschrieben?"

Ein leichtes Zittern durchflog ihrm Körper. Sie wankte und stützte sich mit der Linken auf den Stuhl, den man ihr hingestellt hatte.

Ja," sagte sie dann leise vor sich hin.

Du gestehst also ein. daß Du der Polizei Mitteilung von einem Plane machtest, der gegen das Leben deS Zaren gerichtet war, obwohl Du wußtest, daß

dieses Projekt, weil es zur Zeit als nicht durchführbar erschien, wieder fallen ge lassen wurde?"

-Ja," sagte sie dann in festerem Tone.

Du gestehst damit, daß Du zur Verräterin an der heiligen Sache des Bundes geworden bist, daß Du die Spionin des Bundes, der Polizei als Spionin gedient hast?"

Sie schwieg.Ich wollte Denjenigen verderben", sagte sie dann,der mich selbst verdorben hat!"

Es ist gut. Wir wissen, was wir zu wissen brauchen."

Und welches ist mein Schicksal?" fragte sie.

Du kennst es."

Wer von Euch ist Dmitri Jelagin?" rief sie jetzt aus, indem sie ihr Auge forschend auf die Vermummten richtete.

Du siehst Dich vergeblich nach ihm um. Er ist nicht in unserer Mitte. Dmitri ist nicht mehr Mitglied des Komitee's. Zudem es handelt sich um seine eigene Sache und für denAnderen" ist ein Anderer eingetreten.

O mein Gott." rief sie aus.Dann bin ich verloren."

Tritt in jenes Zimmer ab", sagte der Rote.In wenigen Augenblicken wirst Du Dein Schicksal erfahren."

Einer der Vermummten erhob sich, ergriff sie am Arme und führte sie zur Thür de» Nebenzimmers. Als sie das Dunkel des Verschlage» erblickte, blieb sie auf der Schwelle stehe«.

Ihr Begleiter gab ihr einen Stoß, daß sie in dem finsteren Raume ver­schwand, und schloß hinter ihr die Thür.

Man hörte einen markerschütternden Schrei; dann etwas, wie ein leichtes leises Röcheln.

Dann war Alles still.

(Fortsetzung folgt.)