Stadtmutter die Arbeit, die an Häuslichkeit und Kaffeeschlachten erinnert, hin und meldet sich zum Wort. Also entging ihr auch während derNebenbeschäftigung" nicht die Tages­ordnung. Sie hat zugehört, genau sogar. Das beweisen ihre Ausführungen. Sie hat gesprochen. Setzt sich nieder. Greift zu Nadel und Wolle, zählt drei Maschen nach und strickt weiter. Eins, zwei, drei ..."

Aus Stadt und Bezirk.

Nagold, den 3. Dezember 1919.

* Postalisches. Seit 1. Dez. gestatten die Postanstalten, um die vorgekommenen Mißbräuche bei postlagernden Paketen für die Zukunft zn verhüten, eine ungebührliche Lagerung nicht mehr. Wer sich innerhalb der zulässigen Lagerfrist zur Abholung einfindet, hat künftig alle für ihn lagernden Sen­dungen auf einmal in Empfang zu nehmen. Nur bei Nach­nahmepaketen bleibt dem Empfänger die siebentägige Lager­frist weiter geivahrt. Lehnt er die Empfangnahme eines Teiles der lagernden Sendungen ab, so wird der abgelehnte Teil als verweigert gemäß der Postordnung weiterbehandelt.

* Ein Kurs für Begabte. Wie derStaatsanzeiger" mitteilt, hat die llnterrichtsverwaltung in Stuttgart einen Lehrgang mit l6 Teilnehmern eröffnet, die auf Grund sorg­fältiger Erhebungen aus dem Kreis ehemaliger Volksschüler aus dem ganzen Lande ausgewählt worden sind und bis zur Hochschulreife geführt werden sollen. Die Dauer des Lehr­gangs wird 4 bis 5 Jahre betragen, die Leitung hat ein Mitglied der Ministerialabteilnng fiir die höheren Schulen. Die jungen Leute erhalten in Stuttgarter Familien und Pensionen Unterkunft auf Kosten des Staates, der auch fiir Unterricht und Lernmittel aufkommt. Der Verein zur För­derung der Begabten hat zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse der Zöglinge eine namhafte Summe zur Ver­fügung gestellt. Dieser Versuch zur Förderung begabter junger Leute ist ein einzigartiger neuer Weg, der einen wert­vollen Beitrag zur Lösung des Problems der Förderung der Begabten liefern soll. Die Zöglinge haben ihre praktische Lehre bereits hinter sich. In den Berliner Begabtenschulen wird ein ähnlicher Lehrgang unmittelbar an die Volksschule angeschlossen.

* Einkommensteuer und Kriegsanleihe. Es ist da

und dort der Wunsch geäußert worden, inan möge den Ein- kowmensteuerpflichtigen gestatten, die staatliche Einkommen­steuer in selbstgezeichneter Kriegsanleihe abzutragen. Diesen Wunsch kann, 'lt. Staatsanz. der württ. Staat nicht erfüllen. Denn er braucht dis Einnahmen an Landesfteuern dazu, um seine laufenden Allsgaben, insbesondere die Bezüge der staatlichen Beamten und Angestellten, zu bezahlen. Dazu kann er die Kriegsanleihe nicht benützen. Ebensowenig ist für ihn gegenwärtig etwa an eine Kapitalanlage in Kriegs­anleihe zu denken; der Staat ist ja heute genötigt, selber Anleihen aufnehmen zn müssen. Der mürttembergische Staat ist daher nicht in der Lage, irgendwie Kriegsanleihe des Reichs in Zahlung zu nehmen.

Biehablieferung. Anstelle der nach dein FriedenSvertrag an Belgien zu liefernden 15 000 Zuchtschweine sind durch Vereinbarung mit dem Organisationskomitee der Wiedergut­machungskommission außer den bereits augeforderten Tieren von Deutschland weiter zu liefern: 15 000 Schafe, 10 000 Ziegen und 35 000 Geflügel. Nach der Umlage der Reichs­fleischstelle entfallen auf Württemberg hievon weitere: 772 Schafe und 8 Böcke, 980 Ziegen und 20 Ziegenböcke, 1509 Hühner und 151 Hähne, so daß die Gesamtanforderung für Württemberg >.an Schafen und Schafböcken zusammen 7087 Stück, an Liegen und Ziegenböcken zusammen 1894 Stück und an Hühnern und Hähnen 1660 Stück ausmacht.

* Der Mostpreis. Nach einer Verfügung der Landes­oersorgungsstelle dürfen beim Absatz von Obstmost die Höchst­preise einschließlich Steuer von 50 Pfg. für das Liter als Erzeugerpreis und 80 Pfg. für das Liter als Ausschankpreis nicht überschritten werden. Nur in den großen und mittleren Städten kann durch gemeinderätlichen Beschluß der Erzeuger­preis auf 60 Pfg-, der Ausschankpreis auf 1 Mk. für das Liter erhöht werden. In den übrigen Gemeinden kann durch einen Antrag des Gemeinderats an die Landesversorgungs­stelle die Erhöhung ebenfalls bewilligt werden. In den Wirtschaftsräumen müssen die Mostpreise angeschlagen werden.

Ans dem übrigen Württemberg.

Aufruf an die Württemberger im Baltikum.

r Stuttgart, i.Dez. Das Ministerium des Innern er­läßt im heutigen Staatsanzeiger an die Württemberger unter den Truppen im Baltikum einen Aufruf zur sofortigen Rück­kehr. Unter Androhung des Verlustes der Staatsangehörig­keit wird zuin Austritt aus den russischen Diensten aufge­fordert. Gehört der Betreffende mehreren Bundesstaaten an, so verliert er durch den Beschluß der Reichsregierung die Staatsangehörigkeit in allen Bundesstaaten, wenn er der Aufforderung nicht Folge leistet.

r Stuttgart, 1. Dez. Der Obergeneralarzt a. D. Dr. v. Wegelin ist in einem hiesigen Krankenhaus im Alter von 72 Jahren gestorben.

Herrenberg, 2. Dez. Den Beamten und Unterbeamten ist die Beschaffungszulage in Höhe von 50°/o der staatlichen Sätze bewilligt worden.

r Rottenburg, 1 . Dez. Am 8. Dezember findet hier für die Oberämter Rottenburg, Horb, Haigerloch, Tübingen, Reutlingen, Urach u. a. ein Katholikentag statt. Vorgesehen sind je zwei Parallelversammlungen in der Turnhalle und im Römischen Kaiser, in denen sprechen werden: Bischof Dr. Keppler, Justizminister Bolz, Bad. Staatsrat Köhler, Schul­inspektor Halder, Seminaroberlehrer Bundschuh-Rottenburg und Repetent Dr. Anker-Tübingen.

r Leonberg, 1. Dez. Der städt. Haushalt zeigt für das laufende Jahr ein günstiges Bild, trotz des Abmangels von 113848 Mk. (im Vorjahr: 76534 Mk.). Der heurige Holz­hieb erbrachte nämlich 376000 Mk. Einnahmen, wovon 135 000 Mk. auf das kommende Etatjahr tiberschrieben werden. Die Gemeindeumlage wird von 11 auf 10 Proz. herabgesetzt, die Gemeindeeinkommensteuer mit 85 Prozent (statt der zu­lässigen 100 Prozent) erhoben. Ab I. April 1920 kommt auch das Schulgeld für die Volksschule in Wegfall.

r Justingen OA. Münsingen, 2. Dez. Ein 13fl- jähri­ger Schüler bat einen anderen, abschreiben zu dürfen. Dieser erklärte, wenn er nicht vor sich hinsehe, steche er ihm das Messer in den Leib. Kaum gesagt, stach er den Mitschüler in Anwesenheit des Lehrers während des Unterrichts tief in den Rücken, so daß die Lunge schwer verletzt wurde. Wenn nicht sofort der Lehrer und seine Frau helfend bei­gesprungen wären, so wäre eine Verblutung eingetreten. Der Verletzte liegt schwer krank darnieder. Der Täter zeigt nicht die geringste Reue.

Familiennachrichlen.

Auswärtige.

Gestorben: Anna Maria Schraivogel Malers Witwe, 87 Jahre, Rottenburg; Maria Kath. Beuter, 41 Jahre, Hirrlingen;

Briefkasten

An unsere Leserinnen, Leser und Mitarbeiter richten wir die Bitte alle Ortsneuigkeiten sofort der Schriftleitung mit­zuteilen. Wichtig ist gegenwärtig besonders die Heimkehr der Kriegsgefangenen. Auch sind uns weitere Mitarbeiter oder gelegentliche Einsendungen herzlich willkommen. Auslagen werden gerne vergütet. Bekanntlich lind die Lokalnachrichten von der Leserschaft am meisten begehrt und die Einsender unterstützen durch ihre Arbeit nicht nur die Zeitung, sondern machen ihren Mitbürgern Freude.

Letzte Nachrichten.

Das Reichskabinett und die neuen Ententeforderungen.

Berlin, 2. Dez. Die Beratungen des Reichskabinetts über die neuen Forderungen der Entente haben auch den ganzen gestrigen Tag fortgedauert. Nach Pariser Meldungen werden zwei neue Noten der Alliierten an Deutschland gehen. Herr v. Simson kehrt nicht wieder nach Paris zurück.

Mackensens Ankunft in Kassel.

Kassel, 2. Dez. Gestern abend traf Generalfeldurarschall von Mackensen zum vorläufigen dauernden Aufenthalt in Kassel ein. In Kassel ist seit Anfang dieses Jahres die Abwicklungsstelle seiner Armee.

Eine neue Friedenskonferenz ohne Amerika?

Koblenz, 2. Dez. Nach einer Meldung der Zeitung Ameroc" haben Frankreich, England und Italien beschlossen, eine neue Friedenskonferenz auf Mitte Januar einzuberufen. Die Vereinigten Staaten werden nicht Vertreter: sein. Es sollen die türkische und russische Frage und später verschie­dene andere Dinge, die noch nicht erledigt rverden konnten, beraten werden.

Wilde Gerüchte über die Ereignisse in Italien.

Rotterdam, 2. Dez. Nach aus Paris vorliegenden Mel­dungen laufen dort die wildesten Gerüchte über die Ereig­nisse in Italien uni. Schon seit Samstag ist der telegraphische Verkehr zwischen Frankreich und Italien unterbrochen. Der italienische Botschafter erklärte zwar diese Gerüchte als grund­los, aber in der Tat hat er selbst keine Nachrichten. Man spricht von einer Volkserhebung und einer Entthronung des Königs usw. Montag abend wurde aus Amsterdam gemeldet, daß diese Pariser Gerüchte einen sehr schlechten Einfluß auf die letzten Kurse hätten. Diese senkten sich wie folgt: Das englische Pfund um 32 Cents, der Franc um 80, der Schwei­zer um 37 Cents. Selbst'der amerikanische Dollar soll um 2 Cents gefallen sein.

Unsere Ernährungslage.

Berlin, 3. Dez. Aus Dresden wird dem Lok.Auz. berichtet, der sächsische Wirtschaftsmiuister Schwarz habe der Presse mitgeteilt, daß die Br ot v e rs o rg u n g Deutschlands bis über den März nächsten Jahres hinaus gesichert sei, die Fleisch- und Fettversorgung mindestens bis Ende Februar, die K artoffelversorgung bis in die zweite Hälfte des Friihjahrs hinein. Ferner habe er mitgeteilt, daß eine großzügige Bekämpfung des Schiebertums in Sachsen in die Mege geleitet worden sei.

Ein Appell des Prinzen Max an England.

Berlin, 3. Dez. Prinz Max von Baden richtete einen offenen Brief an den Erzbischof von Kanderbury, in dem er seine Hilfe für die deutschen Gefangenen erbittet und an die englischen Soldaten appelliert, die aus der deutschen Gefangen­schaft zurückgekehrt sind.

Zum Anschluß Koburgs an Bayern.

München, 3. Dez. Ministerpräsident Hoffman» drahtete au Staatsrat Klingler in Koburg: Die bayerische Regierung und das bayerische Volk begrüßen die mit überwältigender Mehrheit erfolgte Willenskundgebung des Koburger Landes und heißen die neuen Volksgenossen herzlich willkommen.

Französische Gefangene noch in deutschen Gefängnissen?

Paris, 3. Dez. (Havas.) DerHomme libre" verlangt Genugtuung für die Zurückhaltung der französischen Soldaten in den Gefängnissen von Königsberg und Danzig. Das Blatt hält es für notwendig, daß Nachforschungen darüber angestellt werden, ob nicht noch an anderen Orten französische Gefangene zurückgehalten werden, da durch diese Entdeckung zahlreiche franz. Familien sich in banger Erwartung befinden. Es solle eine rasche Untersuchung von der deutschen Regie­rung gegen die für diese Vorkommnisse verantwortlichen Stellen gefordert werden. (Homme libre" ist das Blatt Clemenceaus. Wie es doch auf einmal sein Herz entdeckt, wo es sich um ein paar Franzosen handelt. Sollte das Schicksal von Hunderttausenden deutschen Soldaten u. der bangeKummer ihrer Angehörigen nicht auch Genugtuung fordern.? D.S.)

Eine Kapitalertragssteuer.

Berlin, 3. Dez. Der Nationalversammlung ist der Ent­wurf eines Kapitalertrag-Steuergesetzes zugegangen. Nach dein Entwurf wird von Erträgen aus Kapitalvermögen eine Reichssteuer erhoben. Steuerpflichtig sind die Erträg­nisse aus inländischen wie aus ausländischen Kapitalanlagen, Da die Steuer eine Ertragssteuer ist, kommen Abzüge für Schuldzinsen oder Werbungskosten nicht in Betracht. Nur von Erträgnissen von Auslandskapitalanlagen dürfen die Auslandssteuern abgezogen werden. Die Steuer beträgt 10

Prozent, bei kleinen Rentnern werden unter gewissen Be­dingungen die Kapitalsteuern zu auf die Einkommen­steuer ungerechnet. Das Gesetz soll am I. März 1920 in Kraft treten.

Generalstreik in Italien

Rom, 3. Dez. Infolge einiger kleinen Zwischenfälle, die sich am Montag abend in Rom ereigneten, wurde in Rom, Mailand und Florenz der Generalstreik erklärt. Der Streik war bis gestern nachmittag allgemein. Der Ausstand gab in den drei genannten Städten Anlaß zu patriotischen Kundgebungen. Ueberall bildeten sich Umzüge, wobei Hochrufe auf Italien und den König ausgebracht wur­den. Um Störungen zu vermeiden, hat die Polizei die Um­züge schließlich verboten. Zwischenfälle waren bis gestern abend nicht gemeldet. Nur in Mailand wurden im Verlauf eines Zusammenstoßes zwei Manifestanten getötet und zahl­reiche Personen verletzt.

Rom, 5. Dez. Der Streik dauert ohne Zwischenfälle fort. Da die Typographen sich der Bewegung angeschlossen haben, sind die Zeitungen gestern abend und heute früh nicht erschienen.

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Mutmaßliches Wetter am Donnerstag und Freitag.

Mäßig kalt, mehrfach bedeckt, Niederschläge.

Mr die Schrii>ieUu»y verantwortllch Biuno Wilhelm Wolter, Nagold. Druck ». Verlag der S. W. Aatler'lchen Bucktdiuckerei Uiarl Zats.r) Nagold.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung des Ministeriums des Innern über Verlegung der Wohnungsabteilung des Ministeriums des Innern.

Die Wohnuugsabteilung des Ministeriums des Innern wird vom 1. Dezember 1919 ab im Hause Reinsburgstraße 37 uutergebracht sein. Von diesem Tage an sollten zur Vermei­dung von Verzögerungen Zuschriften an das Ministerium des Innern in Wohnungssachen durchweg unter der Anschrift Ministerium des Innern, Wohnungsabteilung", Stutt­gart, Reinsburgstraße 37, abgesandt werden. Für Fernge­spräche mit der Wohnungsabteilung steht die Fernsprech­nummer 9113 zur Verfügung. 2347

Stuttgart, den 28. Nov. In Vertretung:

Haag.

Kurse für Steinbild» und Grabsteinhauer.

Näheres stehe Bekanntmachung vom 19. II. 1919 Gewerbeblatt Nr. 48- 2336

Nagold, 1. Dezember 1919. Oberamt: Münz.

Ob eramt Nagold.

Die Handelskarmnertvahlen.

Im Januar 1920 ist die Neuwahl für die im Jahr 1914 gewählten und für die im Jahr 1917 auf 3 Jahre gewählten Mitglieder der Handelskammern vorzunehmen.

Die vom Oberamt geprüften und richtig gestellten Wähler» listen der Abstimmungsbezirke Nagold, Ältensteig-Stadt und Wildberg sind vom 4. bis 13. Dezember 1919 je einschließ­lich auf den Rathäusern in Nagold, Altensteig-Stadt und Wildberg zu jedermanns Einsicht aufgelegt.

Einsprachen gegen die Wählerlisten wegen Aufnahnie unberechtigter oder Uebergehung berechtigter Personen sind binnen der Ausschlutzfrist von einer Woche nach Beginn der Auflegung unter Beifügung der erforderlichen Beschei­nigung beim Oberamt vorzubringen.

Zur Teilnahme an der Wahl sind nur die in den Listen eingetragenen Personen berechtigt.

' Den oben genannten Abstimmungsbezirken sind die Ge­meinden in folgender Weise zugeteilt :

1. Nagold:

Nagold, Ebhausen, Emmingen, Haiterbach, Jselshausen, Mindersbach, Oberschwandorf, Obertalheim, Rohrdorf, Schie­tingen, Unterschwandorf und Untertalheim.

2. Altensteig-Stadt:

Altensteig-Stadt, Altellsteig-Dorf, Beihingen, Berneck, Beuren, Bösingen, Ebershardt, Egenhausen, Enztal, Ett- mannsweiler, Funfbronn, Garrweiler, Gaugenwald, SimmerS- feld. Spielberg, Ueberberg, Walddorf und Wart.

3. Wildberg:

Wildberg, Effringen, Gültlingen, Pfrondorf, Rotfelden, Schönbronn, Sulz und Wenden. 2352

Den 2. Dezember 1919. Münz