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Nr. 247

Graf Bernstorff über Wilson und Amerika

Berlin, 22. Okt. 3n der heutigen Sitzung des Unter­suchungsausschusses wurde die Besragunz des Grasen Bernstorff fortgesetzt. Auf eine Anfrage des Abg. Quarck erklärte Graf Bernstorff, dag schon im Mai 1916 der ge­samte amerikanische Handel auf die Entente eingestellt war. Der Handel mit Deutschland kam nicht mehr in Betracht. Hätte Wilson den Handel mit der Entente irgendwie ge­stört, so würde er die öffentliche Meinung in Amerika gegen sich gehabt haben. Wilson hat auch immer erklärt, er könne nicht gegW die öffentliche Meinung auftreten. Weiter erklärte Graf Bernstorff, daß die Amerikaner auch bei der Friedensvermittlung unter allen Umständen völlige Wiederherstellung Belgiens gefordert hätten. Infolge einer Anfrage von Professor Schiicking besprach Graf Bernstorff die sogenannten Verschwörungen, mit denen die deutschen Ver­treter drüben oder Graf Bernstorff für seine Person nichts zu tun gehabt haben. Er teilte mit, daß Verschiedene Deutsche wegen Sabotage verurteilt wurden, ohne daß er wisse, ob sie überführt seien. Er berichtet, daß deursche Persönlichkeiten sich drüben bei ihm gemeldet hätten, ohne über den Grund ihres Besuches Auskunft zu geben. So sei ein Kapitänleumant Rinteln später in England verhaftet worden, mit dem die deutsche Regierung nach einem Tele­gramm des Staatssekretärs Iagow nichts zu tun gehabt habe. Zur Sabotagesrage erklärte Graf Bernstorff, er wüßte heute noch nicht, ob eine solche wirklich von Deut­schen verübt worden sei. Das Auswärtige Amt hätte sicher nicht hinter dieser Sabotage gestanden. Auf die Frage des Professor Bonn, ob bekannt sei, daß eine amerikanische Untersuchung eingeleitet worden sei, sagt Gras Bernstorff, er habe den Bericht selber gelesen, könne aber nicht angeben, ob wirklich die Dinge passiert seien, wie sie uns vorgewor- sen werden. Im September 1915 wäre ein Bericht der österreichisch-ungarischen Botschaft in England dem Ueber- bringer abgenommen worden, der den Boischlag enthielt, man möge Geld hergeben, um unter den ungarischen Ar­beitern in allen. wichtigen Betrieben Amerikas Streik zu inszenieren. Darauf wurde die Abberufung des österreichi­schen Botschafters »erlangr. Nach Abberufung des deutschen Militär- und Marineattaches wurden die militärischen Dinge in einem besonderen Bureau in Newyork bearbeitet. Dieses wurde eines Tages von Beamten gestürmt und die Akten mitgenommen. Proteste wegen der Exterritorialität wurden niemals entschieden, da inzwischen die Friedensaktion einsetzte. Als Staatssekretär Lansing von Graf Bernstorff die Abberufung der beiden Attach s verlangte, habe er gefragt, ob er durch die Tätigkeit dieser Herren kompromit­tiert sei. Staatssekretär Lansing habe kategorisch geant­wortet:Sie sind in keiner Weise in dieser Angelegenheit b teiligt," und er würde bedauern, wenn Graf Bernstorff Washington verließe. Diese Aeußernng habe Oberst House weil später in noch schärferer Form wiederholt. Zur Stel­lung der Militär- und Marineattach s sagt Graf Bernstorff, daß sie in allen militärischen Fragen direkt ihren Behörden unterstanden, während Berichte pol tischer Natur durch die Botschaft gehen mußten. Im übrigen hätten sie selbständig gehandelt. Aehnliche Verhältnisse hätten auch in anderen Botschaften geherrscht. Aus einen Einwand des Dr. Schücking Ec Graf Bernstorff mit. daß Wiis.n in der Botschaft an den Kongreß in der Tat von verbrecherischen Umtrieben gesprochen habe. Das hätte sich aber nur auf Deutsch­amerikaner. nicht auf Reichsdeutsche bezogen. Aus eine Frage des Vorsitzenden, welchen Eindruck die Antwort des Kaisers, die durch Gerard den Weg nach Washington ge­funden habe, auf die Friedensoermittlunz Wilsons im August 1914 in Washington gemacht habe, sagte Graf Bernstorff. daß es sich gar nicht um eine Aeußerung des Kaisers, sondern um eine amtliche Antwort der deutschen Regierung gehandelt habe. Es liege offenbar ein Mißver­ständnis vor. Der Kaiser habe damals an Wilson wegen der Greuel der belgischen Beoölkermig telegraphiert.

Akg. Sinzheimer stellt aus Grund der Akten fest, daß das Friedensangebot vom 12. 12. in voller Uebereinstim- mung mit der O.H.L. und dem Kaiser in die Welt ge­gangen sei. Es folgt die Periode, die mit dem amerika­nischen Friedensangebot beginnt. Nach Graf Bernstorffs Ansicht hat die öffentliche Meinung in Amerika den Schritt Wilsons als absolut prodeutsch angesehen. Er habe damals angenommen, daß die deutsche Antwort sagen wollte, daß wir eine Friedensoermittlung insoweit wünschen, daß eine Konferenz zustande käme. Jetzt müsse er allerdings an- nehmen, daß unsere Antwort vom 6. 12. die Absicht ver- solgte, Wilsons Friedensvermitllung adzuschneiden. Zu

Freitag den 24. Oktober 1919

93. Jahrgang

dieser Auffassung wäre er durch ein Telegramm des Kaisers gekommen, worin er gefragt wurde, warum er noch von Friedensvermittlungen Wilsons spreche, die doch gar nicht mehr bestünden Aus die Frage des Vorsitzenden, ivie er dazu käme, der deutschen Regierung die Absicht zu unter­stellen. daß sie einer Friedensvermittlung abgeneigt war, antwortete Graf B., er habe die Note Wilsons als Frie­densvermittlung angesehen. Die Note wäre absichtlich un­sicher und tastend gehalten gewesen, um eine Ablehnung unmöglich zu machen. Nach seiner damaligen Ansicht hätte unsere Note vom 26. 12. nur sagen wollen, daß wir eine Einmischung Wilsons in territoriale Fragen nicht wünschten. Jetzt sei er aber anderer Auffassung als damals. Abg. Dr. Sinzheimer stellt fest, daß die Note Wilsons vom 18. 12. die Bitte an alle Kriegführenden enthielt, ko ikrete Friedens­bedingungen mitzuteilen. Die deutsche Antwort erwähne davon nichts. Ein Selegramm Graf Bernstorffs, Lansing habe wenigstens um vertrauliche Mitteilung der Friedensbedingun­gen gebeten, habe Staatssekretär Zimmermann zwei Tage vor dem Ubootkrieg beantwortet, Graf B. möge diese Frage dilatorisch behandeln. Graf B. gibt zu, daß ihn ein Tele­gramm des Kaisers an Zimmermann zu der Auffassung gebracht habe, die Wilsonsche Friedensvermittlung solle von uns beseitigt werden. Der Kaiser hätte bemerkt, daß er gar keinen Wert auf Wilsons Friedensangebot lege. Falls ein Bruch mit Amerika unvermeidlich wäre, sei das nicht zu ändern. Es würde oorgegangen. Weiterhin erklärte Gras B., die deutschen Friedensbedingungeu seien sehr maßvoll gewesen. Lansing hätte erwidert, er verstände nicht, warum wir nicht ebensoviel forderten, ivie die anderen. Man könnte sich dann aus der mittleren Linie einigen. Zu der Frage der Ententeablehnung erklärte Graf Bernstorff. Wilson habe auch ausgesprochen, daß die Entente die Absicht habe, uns zum Uboatkrieg zu bringen, um die Bereinigten Staaten in den Krieg hineinzuziehen. Bei den vertraulichen Ver­handlungen seien öfters Aeußerungen des Obersten House laut geworden, die Entente würde unter allen Umständen versuchen, einen Krieg zwischen Deutschland und den Ver­einigten Staaten zu provozieren. Der Botschafter habe stets alle Hebel in Bewegung gefetzt, um die Friedensbedingungen Wilsons zu fördern. Ob eine positive Fühlungnahme Wilsons mit der Entente stattgefunden habe, nähme er an; beschwören könne er es aber nicht. Wilson habe einen Augenblick abwarten wollen, wo keiner der beiden Krieg- führenden noch die Hoffnung hatte, den Sieg zu erringen. Er habe immer gesagt, er strebe keine Friedensvermittlung an, solange irgend welche Kontroversen mit Deutschland vorhanden seien. Graf B. gibt zu, daß er an den guten Willen Wilsons glaubte, den Frieden zu vermitteln. Nach Wilsons Aeußerungen sollte es ein Frieden ohne Sieg sein, und er habe dies so verstanden, daß Deutschland seine Weltstelung behalten sollte. Niemals sei von amerikani­scher Seite mit der'Entente über einen Frieden verhandelt morden, worin auch nur die geringste Abtretung deutschen Gebietes uns zugemutel worden wäre.

Darauf wird die Verhandlung auf Donnerstag vertagt.

Der verzögerte Frieden.

Englische Tücke.

Bern, 22. Ott. Nach einem Pariser Bericht des Corriere della Sera zeigt England besonders die Neigung, die Er­richtung aller Protokolle über die Ratifikation des Friedens­vertrages, durch die dieser in Kran treten würde, möglichst zu verzögern. England läßt sich dabei weniger von juri­stischen, als von praktischen Gründen leiten, da der jetzige Zustand einen größeren Druck auf Deutschland er­laubt, wie z. B. bei der Regelung der baltischen Angelegen­heit; aber auch handelspolitische Gründe seien für die Haltung Englands maßgebend, da England das Er­scheinen deutscher Produtte auf dem Weltmärkte im inter­nationalen Wettbewerb möglichst lange mit allen Mitteln zu verhindern wünsche. Der Korrespondent des Corriere della Sera hofft jedoch, daß der gegenwärtige Zustand bald ein Ende nehmen werde, weil die meisten Völker die Rück­kehr normaler Verhältnisse wünschten.

Ein englischer Protest.

Amsterdam, 28. Okt. DieDaily News" »om 20. Oktober wendet sich in einem Leitartikel scharf dagegen, daß aus formellen Gründen noch immer nicht mit der Durch­führung des Friedensvertrags begonnen wird. Das Blatt schreibt: Es ist jetzt beinahe vier Monate her, seit der Vertrag unterzeichnet wurde, und trotzdem find die Alliier­ten noch nicht daraus vorbereitet, seine Bestimmungen aus- zuführen. Es sollte kein Zweifel darüber gelassen werden,

daß die offenbar beabsichtigte Verzögerung eine deutliche Verletzung des Vertrages selbst darstellen würde. Weder der Oberste Rat, noch irgend eine Körperschaft mit Ausnahme eines vollen Conclaves aller Unterzeichneten ist dazu berechtigt, die Ausführung des Vertrages hinauszu- schieben - Die Zeitung selbst hat bereits genug von dem Hinausschieben und den Unfähigkeiten aus Paris und ver­langt, daß die Bestimmungen des Vertrags durchgeführt werden und der Völkerbund ins Leben gerufen wird, sowie daß die neuen Grundlagen für die Welt unverzüglich ge­schaffen werden. Die Tatsache, daß die Vereinigten Staaten noch nicht ratifiziert haben, sei zwar hinderlich, setze aber die Bestimmungen des Friedensvertrages nicht außer Kraft.

Riinke Fachs und Tardieus.

Berlin, 23. Okt. Wie derDeutschen Allstem. Zlg." von einer wohlunterrichteten französischen Persönlichkeit mit­geteilt wird, die sich in der Schweiz aafhielt und die der parlamentarischen Vertretung der Mehrheitssozialisten nahe­steht, fehlt es der Verbandspolitik gegenwärtig an einer einheitlichen Leitung. Es habe den An­schein, als ob de» Pariser Meldungen ein gemeinsames Manöver Fochs und Tardieus zu Grunde liege, das sie mehr oder minder gegen die Absichten Clemenceaus durchführen möchten. Tardieu habe noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, auf Grund eines Verstoßes gegen die Waffenstillstandsbedinguiigcn seitens Deutschlands neue deutsche Gebietsteile zu besetzen, oder so­lange der Frieden nicht endgültig ratifiziert ist, Absonde- rungsbcstrebungen im Rheinland zu fördern

Eine Mahnung an die Entente.

Die von der französischen Politik orientierten Blätter der Westschweiz, besonders auch das Journal de Geneve hat in den letzten Tagen wiederholt darauf hingewiesen, daß lediglich durch ein starkes von keinerlei Haß beeinfluß­tes deutsch-französisches Zusammenarbei' ten der Frieden garantiert werden könne. Besonders be­merkenswert in diesem Zusammenhang find die nicht miß- zuverstehenden Ausführungen der Gazette de Lausanne über Deutschland und seine Besieger. Das Blatt gibt den En­tentestaaten den Rat nicht länger zu vergessen, daß zwi­schen Deutschland und seinen Besiegern seit dem 28.6.1919 der Friedenszustand herrscht. Deutschland sei, woran sich besonders die Diplomaten erinnern möchten, damit wieder in den Konzern der Mächte eingctreten. Weiter heißt es in dem Artikel, wenn man wolle, daß der Frieden sich günstig entwickele und wirklich ein dauerhafter Frieden wer­den würde, so müsse man eine friedliche Gesinnung schaf­fen und sich zu diesem Zwecke nach und nach an die Not­wendigkeit gewöhnen, mit Deutschland wieder konkrekte Be­ziehungen aufzunehmen. Wer wollte nicht erkennen, daß man in einem mit dem Bannfluch beladenen Deutschland die Revancheidee immer wieder fördere.

Tages-Neuigteiten.

Die Heimkehrfrage.

Berlin, 23. Okt. Ueber die von einem Mittagsdlatt als Haoas-Meldung gebrachte Nachricht, daß der Rück­transpott der deutschen Kriegsgefangenen aus Frankreich bis zur Räumung der russischen Gebiete ansgesetzt sei. fit an amtlicher Stelle nichts bekannt.

Noske an die Vernfsunteroffiziere.

Berlin, 22. Okt. Nach demAbend" sprach in der heutigen Versammlung des WirtschaftsverbandsDer deutsche Berufssoldat" Reichswehrminister Noske. Er sagte u. a.: Ich muß jeden Tag viel Geld ausgeben, während der Finanzmintster nicht weiß, wo er die Millionen her­nehmen soll. Nicht nur die Unteroffiziere, jeder einzelne unserer Volksgenoffen muß mit einer unsicheren Zukunft rechnen. Ich habe den Unteroffizieren immer große Be­achtung geschenkt und mich schützend vor sie gestellt. Die neue Reichswehr ist undenkbar, wenn nicht wenigstens em Teil der erfahrenen Unteroffiziere Übertritt. Das Ab­findungsgesetz ist durchaus kein Pappenstiel. Denken ste an die armen Teufel, die vier Jahre lang in Gefangen­schaft schmachteten und die auch nicht so entschädigt worden sink, wie ich es gerne möchte. Die heutige Truppe ist gar nichts. Der 40jährige Wachtmeister und der siebzehnjährige Bursche tragen, drei Monate lang denKuhfuß", well sie arbeitslos sind und den Sold in der Reichswehr mitnehmen wollen. Mit äußerstem Mißtrauen aber werde ich Zusehen, wenn ihr Verband etwa die Reichswehr auf eine gewerk­schaftliche Grundlage stellen will. Einen Unteroffizier, der mir auseinander setzt, daß, wenn seine Wünsche nicht in Erfüllung gehen, cs eines Tages passieren könnte, daß,