wichtiger Schritt Mi Einheitsstaat. Die deutschen Länder wußten große Opfer dringen. Die Organisation der Lan- desfinanzämter ist nicht ganz fehlerlos. Sie ist an einigen Stellen künstlich. Nach ein oder zwei Jahren könnte sie nach den gemachten Erfahrungen reichsgesetzlich neu gere­gelt werden. Inzwischen dürfte auch der deutsche Einheits­staat weitere Schritte gemacht haben und die bisherige Zer­splitterung beseitigt fein. Wir brauchen auch ein Steuerrecht. Die Reichsabgabenordnung muß schleunigst verabschiedet werden. Damit wäre dann das Fundament gelegt zum weiteren Ausbau. Das Reich kann nicht matten, bis alle Gesetze durchberaten und verabschiedet sind. Darum müssen Pie Steueworlagen vorausgenommen werden, die das Vermögen in seiner Gesamtheit treffen. Dazu verpflichtet uns die Finanznot des Reiches. Die neue Besoldungs­ordnung soll so vorgelegt werden, daß sie im Frühjahr 1920 in Kraft treten kann, vorausgesetzt, daß der Uebergang der Eisenbahnen und Postverwaltungen auf das Reich noch in diesem Winter erfolgt, wozu Hsffnung vorhanden ist. Das Ministerium hat mit den unmittelbaren Verhandlungen mit den Beamten der Steuer- und Znllverwaltungen die besten Erfahrungen gemacht. Auch bei der neuen Besoldungsord­nung werden sich direkte Verhandlungen mit den Beom- tenorganisationen empfehlen.

Der Haushalt des Reichsfinanzministeriums wird ange­nommen. Daraus vertagt das Haus die Weiterberatung auf morgen 1 Uhr; außerdem Interpellation Scheidemann über die Lederpreise. Schluß 6'/, Uhr.

Tages-Neuigkeiten.

Antrüge und Interpellationen in der Rationaloerfanrmlung.

Berlin, 8. OKI. Eine Interpellation der Abg. Arn­stadt, Dr. Httrrze und Genoffen fragt angesichts der Der- fassungsartikel 118 ff über die Reinerhaltung der Familie und den Schutz der Jugend gegen sittliche Verwahrlosung, gesetzliche Zensur der Lichtspiele und Maßnahmen zur Be­kämpfung der Schund- und Schmutzliteratur, ob die Re­

gierung angesichts der bestehenden schweren Mttzstände ohne Verzug oorzugehen gedenke.

Zur zweiten Beratung des Reichshaushaltes haben die Abgeordneten Amstadt, Dr. Heinze und Genossen beantragt die Reichsleitung aufzufordern, der unerwünschten Einwan­derung zu wehren, eine wirksame Grenzkontrolle durchzu­führen, gegen Einbürgerungen meistens «us Polen einschließ­lich Galizien stammender Element entgegen zu treten und die Ausschiebung lästiger Ausländer zu fördern.

Eine Anfrage des Abg. Erkelenz an die Reichsregie­rung weist hin auf die wiederholten Schießereien belgischer Truppen von einem Rheinufer auf das andere, durch die bereits Unglücksfälle unter der deutschen Bevölkerung oor- gekommen sind und fragt an, ob Schütte dagegen mög­lich sind.

Bor einer Kartoffelkatastrophe?

Berlin. 9. OKI. Die durch die Kohlennot verursachte schwierige Berkehrslage Deutschlands droht sich zu einer Kattoffelkatastrophe auszuwachsen. Es fehlt an Verkehrs­mitteln. um die Kartoffeln, wie derVorwärts" schreibt, rechtzeitig, noch bevor die Fröste einsetzen, nach den Städten zu bringen.

Der baltische Knote«.

Mitau, 8. Okt. In der Frage der Räumung des Baltikums richtete Graf v. d. Goltz am 24. September ein Schreiben an den General Butt, den Chef der Militär­misstonen in Riga, wann er heißt, daß die Sicherung einer Demarkationslinie nördlich Mitau den russischen Truppen übergeben wurde, um den Abtranspott der deutschen Trup­

Dupek enge Gatten.

Original-Roman von Käte Lubowski.

47 s (Nachdruck verboten.)

Me er danach stumpf und starr bleibt dem sanften Pfarrer dem diplomatischen Arzt der warmherzigen Schwester gegenüber ein Tier! Bis ihn die alte, krumme Kräutermarie aus dem gemeinsamen Heimatsdorf besucht und ohne Beschönigung alles, was er getan beim rechten Namen nennt . . . Wo sie doch alle bisher nicht daran zu rühren wagten ihn schonen wollten taten, als sei alles das nur ein harter, schwerer Traum gewesen, der gar bald von der Sonne fortgetragen würde. Und was der sanfte Geistliche, der diplomatische Doktor, die warmherzige Pflegerin in Wochen unsäglicher Sanftmut umsonst erstrebten ... die alte einfache, gerade Frau brachte es in wenigen Minuten zuwege . . . Das Tier starb. An der Wahrheit mußte es verrecken!

-Helea Holtmann stand auf und schüttelte die

Glieder, bis sie wieder geschmeidig und warm erschienen.

Was der echte, große, tiefe Dichter Johannes Stein­horst lehrte, wollte auch sie befolgen. Nicht heimlich ent­weichen, als habe sie eine Schuld zu verstecken, sondern, sobald die Sonne geboren war, zu ihrem Verlobten gehen und mit ihm sprechen.

Nichts sollte länger zwischen ihnen verborgen bleiben. Alles wollte sie hervorholen. Seine Verteidigung hören und prüfen. Und wenn er ihr danach Auge in Auge gestand, daß' er sie brauche, um feinTier" zu töten, dann mußte es eben sein! Und was Helea Holtmann dieser stolzen Trägerin der Jutunst zurzeit noch als eine Grausamkeit erschien . . . Helene Pirl würde es viel­leicht ertragen.

Zu ihr hinüber klang ein leises Ächzen! Anna Lenert stöhnte aus, weil es nicht Morgen werden wollte. Helea Holtmanns Herz ward überroll von Mitleid mit dieser Ärmsten. die sich über eine Treulosigkeit grämte, die ihr M Wahrheit niemals widerfuhr.

pen zu ermöglichen. Die lettischen Truppen wurden inner­halb der gegenüberliegenden Demarkationslinie forttaufend verstärkt, sooaß mit einem Angriff auf die deutschen Trup­pen gerechnet werden mußte. Gleichzeitig wird der Trans­port starker esthnischer Kräfte über Stockmannsdorf gemel­det. Hierdurch ist der deutsche Abtranspott emeut verschoben worden. Aehnliche Verhältnisse hätten die Engländer bei der Räumung von Archangelsk gezwungen, zunächst noch neue Freiwiliigen-Verbände dorthin zu bringen, um die Loslösung der bedrohten Besatzung so oorzubereiten. Sollte sich daher die Bedrohung der deutschen Truppen bei Mitau weiter verstärken, so könne auch hier eine ähnliche Maß­nahme wie bei Archangelsk erforderlich werden. Graf v. d. Goltz bat daher zu bewirken, daß die esthnischen und die lettländischen Truppen hinter eine von ihm bezeichnete Linie zurückgezogen werden, damit er die Räumung ausführen könne. Da General Butt auf dieses Schreiben nicht sofort antwortete, wie es der Bedeutung der deutscherseits ange­schnittenen wichtigen Frage entsprochen hätte, wies Graf v. d. Golz am 4. Oktober in einem zweiten Schreiben an Butt erneut darauf hin, daß immer mehr lettische Truppen bei Olai und Riga und an der Demarkationslinie und über diese hinaus angemeldet würden und daß die Letten starke Patrouillenvorstöße machen und mit Artillerie schössen. Er habe Ende September die Abtransports wieder ausgenom­men und betone nochmals, daß die Räumung auf der Grundlage unmöglich durchführbar sei, wenn nicht die esth­nischen Truppen und die Masse der lettischen Truppen aus der bedrohlichen Nähe der Olaifront zurückgezogen wurden. Graf v. d. Goltz fordert daher, seinem Ersuchen vom 24. September Folge zu geben, andernfalls sei es aller Welt klar, daß dort an einer friedlichen Räumung Lettlands nichts gelegen sei.

Die Unruhen im Saargebiet.

Saarbrücken, 9. Okt. Die französische Militärbehörde teilt mit: Am Montag 'begann ein Ausstand in Völklingen, anscheinend hervorgerufen durch die Lebensmittelteuerung. Gestern Morgen hat sich der Streik auf die Eisenbahn und verschiedene Werke von Saarbrücken und Umgegend ausge­dehnt. Eine große Kundgebung von Streikenden hat in Saarbrücken stattgefunden. Einige Anstifter, die verhaftet worden sind, wurden wieder freigelaffen. Leider ist es auch im Laufe des gestrigen Tages mehrfach zu Ausschreitungen und Plünderungen von Läden und Geschäften gekommen, an denen jedoch den Ausständischen nicht die Schuld beizu- mefsen sein dürste. - - DieSaarbrücker Zeitung" gibt als erste Ursache des Streiks die Verhaftung zweier Vertrauens­leute der Hauptwerkstätte Saarbrücken-Burbach an.

Bor dem Friedenszust«nd mit Frankreich.

Versailles, 8. Okt. Nach Marcel Hutin imEcho de Patts" glaubt man in politischen Kreisen, daß vielleicht schon in der kommenden Woche der Kriegszustand zwischen Frankreich und Deutschland aufhören wird und die diplo­matischen Beziehungen zwischen Kiesen beiden Ländem wie­der ausgenommen werden. Für eine gewisse noch zu be­stimmende Zeit werde ein einfacher Paß genügen, um von Frankreich nach Deutschland oder von Deutschland nach Frankreich zu reisen. Wie die Pariser Morgenpresse meldet, werden die beiden französischen Besatzungsarmeen, deren Kommando sich in Mainz und Landau befindet, ausgelöst und die beiden kommandierenden Generale Mangin und Gerard abberufen werden. Das gesamte französische Be­satzungsheer in den Rheinlanden werde unter das Kom­mando des Generals de Goutte gestellt.

Belgische Ueberfälle.

Berlin, 8. Okt. Wie derVorwärts" meldet, über­fielen in Aachen am letzten Freitag belgische Besatzungs-

Sie hatte plötzlich die Empfindung, als könne sie dies zermürbende Elend, unter dem bereits der Ver­stand gelitten, zu einer stillen, geduldigen Trauer erlösen.

Darum ging sie jetzt zu dem blaffen, verwachten Mädchen und setzte sich zu ihr auf den Bettrand. Sie streichelte über das glanzlose Haar und die mageren Arine.

Du grämst dich imnier noch um ihn, Anna."

In die starren Augen kam ein fieberhaftes Glänzen.

Haben sie dir das auch schon erzählt ..."

Nicht aus freien Stücken, Annchen . . . ich fand dich so seltsam teilnahmlos ... und du bist doch erst wenige Jahre älter als ich . . ."

Der abgezehrte Oberkörper hob sich mit einem Ruck aus den Kiffen. Die verarbeiteten Hände suchten ruhelos auf dem Linnen umher.

Was weißt du davon", sagte sie kurz.

Ich ... oh, ich kann dir's nachfühlen."

Daß man einen lieben kann vielleicht! Aber das andere - den Haß das doch nicht."

Wenn ich dir nun sagen würde, daß all dein ver­zweifeltes Haffen ein schwerer Irrtum gewesen ist . . ."

Die Hände preßten sich gegen die Ohrmuscheln.

Sei füll! Ich will das nicht auch noch am Hellen Morgen hören. Schon genug, wenn ich die ganze ^Nacht wackliegen muß und nicht weg kann. Siehst du", die rechte Hand fuhr in der Lust hin und her,da sitzen die Geister und reden so ähnlich, wie du Ä>en. Du müßtest sie mal hören. Es ist furchtbar...Es ist nicht wahr", schreien sie,dazu war er viel zu anständig . . . hing er viel zu sehr an ihr. Ein böser Zauber muß dabei sein." Und ich will doch meinen Haß nicht laffen. Was habe ich sonst noch auf der Welt. Meine Liebe hat er mit Füßen getreten. Meinen Haß n«ß er mir lassen."

Helea Holtmann legte beruhigend die Arme m» den Hals der Aufgeregten.

Wenn nun die Geister doch recht hätte», Liwchen. ES ist ja in Wirklichkeit dein Herz, das seinen Verrat nicht glauben will . . . und auch nicht glaube» soll. Ich

truppen die Burearrs einzelner Gewerkschuftsoerbände und verhafteten die Angestellten. Hierauf wurde in oandaltscher Weise eine Haussuchung vorgenommen, bei der aus fast allen Bureaus die Kassenbestände verschwanden. Angeblich handelt es sich bei der Haussuchung um die Suche nach bolschewistischen Schriften.

Aus dem Rheinland abbernfene Generale.

Versailles, 9. Okt. General Fayolle, der im besetzten Rheingebiet eine Armee befehligt, ist abberufen worden. Wie derTemps" meldet, wird er jedenfalls an die Spitze der interalliierten militärischen Kommission gestellt werden, die die Entwaffnung Deutschlands zu überwachen hat.

Paris, 9. Aug. Die Zeitungen melden, daß General Mangin von seinem Kommando m Mainz abberufeu wor­den ist und daß er sich zur Verfügung des Kriegsmimstc- riums gestellt hat.

Maffenausweifunge» ans dem Elsaß.

Berlin, 9. Okt. Zn Elsaß-Lothringen finden, laut Bosstscher Zeitung", neuerdings wieder Massenauswei­sungen statt.

Irland.

Berlin, 9. Okt. Aus Amsterdam 'wird demBerliner Lokalanzeiger" gemeldet: In einer am Dienstag in Lon­don unter dem Vorsitz Lloyd Georges stattgefundcnen Ka­binettssitzung wurde die Jrlandfroge von neuem geprüft. Nach sicherer Information s,ll der Ministerpräsident beab­sichtigen, Irland eine den Dominions ähnliche Verfassung zu geben.

Der Kampf «» den Friede« in Amerika.

Amsterdam, 8. Okt. Laut Prefsebureau Radio kam es im amerikanischen Senat zu einer scharfen Debatte über den Friedensoertrag. Beim Verlosten des Parlamentes erklärte Hitchock: Den Republikanern bleibe nur die Wahl, den Friedensvertrag, so wie er ist, und ohne Vorbehalt anzunehmen oder ihn zu Fall zu bringen. Damit soll die Schuld den Friedensvertrag vereitelt zu haben, die Repu­blikaner treffen. Von einem Kompromiß könne kecke Rede sein. Senator Johnson fetzt seine Rundreise auf der er gegen den Friedensvertrag redet, fort. Senator Mac Sor- mich richtete an das Staatsdepartement die Anfrage, ob Amerika gegen den englisch-persischen Vertrag bei Aigland Vorstellungen erhoben habe.

Zum Mordanschlag auf Haase.

Berlin, 8. Okt. Der Lederarbeiter Johann Voß, der den Anschlag auf den Abg. Haase ausführte, leidet an Querulanten- und Verfolgungswahn. Er gab bei seinem heute Nachmittag von der Staatsanwaüschüft vorgenomme­nen Verhör an, er gehöre keiner Partei an, stehe jedoch der U S. P. am nächsten. Der Mann hatte seit einiger Zeit behauptet, die Wahrnehmung gemacht zu haben, daß es bei der preußischen Klassenlotterie nicht mit rechten Din­gen zugehe und hatte deshalb zahlreiche Anzeigen bei der Klassenlotterie und deni Finanzmimster eingereicht, was dazu führte, daß in Moabit ein Strafverfahren gegen, ihn wegen versuchter Erpressung eingeleitet wurde. Gr hatte durch seine Ehefrau den Abg. Haase ersucht, die Angelegen­heit vor das Parlament zu bringen. Als Haase darauf nicht einging, beschuldigte ihn Voß, daß auch er bestochen sei und »erfolgte ihn auf Schritt und Tritt, bis der Ent­schluß in ihm reifte, die Oeffentlichkeit mit der Angelegen­heit zu beschäftigen. Mit einer Parabellum-Pistole machte er Schießversuche im Grunewald. Gestern war er Haase nach dem Reichstagsgebäude gefolgt, konnte ihn aber nicht erreichen. Heute erwartete er den Abgeordneten au einem der Eingänge und gab auf etwa 5 Schritt Entfernung 6 Schüsse auf ihn ab. Eine der Kugeln traf einen Pafsan-

will dir etwas enthüllen. Hier ist meine Hand zmn Be­weis, daß ich die Wahrheit sprechen werde. Oder glaubst du dennoch, daß ich dich belügen könnte?"

. . .Ich weiß nicht ..." ^

Vertraue mir. Du mußt die Wahrheit Horen. Komm, ich halte dich ganz fest. Er ist dir nicht untreu geworden, wie du es bis heute wähntest... Sr Hat dich nicht beiseite geschoben, weil seine Liebe z« dir er­logen mar Er tat es, weil er nicht anders konnte. Sie haben ihm gesagt, du hättest ihm die Treue gebrochen. Mit einem Mann, der sich einen Sonntag lang mit einem hübschen Mädchen vergnügen wollte. In Luisenhoff da­mals, als die Einquartierung da war. Es war sehr schlecht. Gewiß aber sie können sich doch hier nickt > von ihren Vorurteilen lösen. Du fühlst doch selbst, daß > über derartiges jeder Mann schwer fort kann. Vielleicht, kommen die meisten zu der Übeltäterin und tobe« und fragen rmd es gibt darauf eine rührende Versöhnung nm Küssen und neuen Schwüren oder ... ein bitterböses Aus­einandergehen. Daß er nicht zu dir kam, ist seine einzige: Schuld. Laß uns denken, daß ihn ein falscher Stolz; zurückgehalten daß er unter Schluchzen und Jammern- diesen Weg zu dir hundertmal nahm. Denke wieder gut von ihm. Willst du?"

Eine Antwort bekam sie nicht. Graue Schatten ^ zogen über Anna Lenerts Gesicht, ^sie stieß ein gellendes;, Lachen hervor, das der anderen durch Mark und Bein ging-, Annchen . . . besinne dich doch . . . Ringe dich zu* einem neuen Leben durch." ,

Sie hörte nichts. Das Lacken schüttelte «rd stieb ihren Körper weiter. Helea Holtmann konnte es nicht länger hören. Sie kroch ins Bett und zog die Decke über das' Gesicht. .... .

Dann »dermannte sie em bleierner Schlaf.

(Fortsetztmg folgt.)