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^ 36. Amts- und Anzeigeblcrtt für den Bezirk Lalw. 66. Iahrgavjr
Erscheint Di en s t a g , Donnerstag und Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, den 12. Mai 1891
AbonnementSpreir vierteljährlich in der Stabt »0 Pfa. vrb 2v Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. IS, sonst ganz Württemberg Mk. 1 . 35.
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Amtliche Aekanutmachungen.
Die Gemeinderatlje
werden unter Hinweisung auf den Ministerialerlaß vom 22. Mai 1875 (Min.-Amtsbl. S. 125) aufgefordert, die Verzeichnisse derjenigen Soldaten des 'Jahrgangs 1889, deren häusliche Verhältnisse die Beurlaubung im nächsten Herbst dringend wünschenswerth erscheinen lassen, nach dem vorgeschriebenen Formular (Min.-Amtsbl. 1875, S. 127) aufzustellen und bis 20. Juni d. I. hieher einzusenden.
In diese Verzeichnisse sind nur diejenigen Mannschaften des zweiten Dienstjahrs aufzunehmen, deren Angehörige nach vorgängiger Bekanntmachung in der Gemeinde ein Gesuch um Aufnahme in das Verzeichnis eingereicht haben. Im klebrigen sind die Bestimmungen des erwähnten Erlasses genau zu beachten.
Calw, 10. Mai 1891.
K. Oberamt.
Supper.
An die OrLsdehörden für die Ardeiterversicherurrg.
Die Quittungskarten, welche den Altersrentengesuchen zum Nachweis der Leistung von Versicherungsbeiträgen anzuschließen sind, werden häufig in den Umschlägen zur Vorlage gebracht. Da diese Umschläge auch zur Aufbewahrung der weiteren, den Versicherten auszustellenden Karten bestimmt sind, so werden die Ortsbehörden angewiesen, bei der Ausstellung neuer Quittungskarten auf die Verwendung der seither benützten Umschläge bedacht zu sein und
die aus Anlaß der Rentenanträge zu übergebenden Quittungskarten ohne Umschläge zu den Akten zu nehmen.
Calw, den 10. Mai 1891.
K. Oberamt.
Supper.
Calw.
Am Samstag, den 23. Mai 18S1, Vormittags 6 Uhr, findet
Amtsversammlung
auf dem Rathaus in Calw statt, bei welcher nach dem bestehenden Turnus die Gemeinde Calw, Aichhalden, Altbulach, Altburg, Althengstett, Bergorte, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Hirsau, Holzbronn, Liebenzell, Martinsmoos, Monakam, Neubulach, Neuheng- stett, Ostelsheim, Simmozheim, Stammheim, Teinach, Unterhaugstett, Würzbach und zwar Calw mit 6 Stimmen, Deckenpfronn, Gechingen, Stammheim mit je 2 Stimmen, die übrigen genannten Gemeinden je mit einer Stimme stimmberechtigt sind.
Die Ortsvorsteher der nichtberechtigten Gemeinden sind eingeladen, der Amtsversammlung mit beruhender Stimme anzuwohnen.
Gegenstände der Berathung sind:
1) Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Amtspflege für 1. Oktober 1890 und 1. April 1891.
2) Genehmigung der Amtsvergleichungskosten für 1890/91.
3) Festsetzung der Amtsvergleichungstaxen für 1891/92.
4) Rechnung der Amtspflege für 1889/90.
5) Rechnung der Bezirks-Krankenpflegeversicherung für 1890.
6) Amtskörperschaftsetat für 1891/92.
7) Wahl des Amtsversammlungsausschusses.
8) Wahl der Oberamtswahlkommission.
9) Wahl der Commission für Vertheilung der Quartierlast.
10) Wahl der verstärkten Ersatzkommission für 1892/94.
11) Wahl der Sachverständigen für die Wagenabschätzungskommisston für 1892/94.
12) Wahl der Sachverständigen für die Abschätzung der übrigen Kriegsleistungen für 1892/94.
13) Wahl eines Gebäudeeigenthümers und Ersatzmanns zur Berathung allgemeiner Angelegenheiten der Gebäudebrandversicherungsanstalt.
14) Auflösung der Bezirks- (gemeinsamen Orts-) Krankenkasse für den Bezirk Calw; künftige Gestaltung des Krankenversicherungswesens.
15) Belohnung des Amtspflegers für die Besorgung der Geschäfte der Bezukskrankenpflegeversicherung und der Ortsvorsteher für den Einzug der Beiträge dieser Versicherung.
16) Nerwilligung eines Aversums an den Oberamtsgeometer für Fortführung der Flurkartenduplikate.
17) Unfallversicherung der Beamten und Angestellten der Amtskörperschaft.
18) Uebernahme der Unfallversicherung für die von der Amtskörperschaft bei ihren in Regie ausgeführten Tiefbauarbeiten beschäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten auf eigene Rechnung.
19) Aenderung des Statuts der Krankenpflegeversicherung.
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Nachdruck verboten
Die Spionin.
Roman aus dem russischen Nihilistenlcben.
Nach den Aufzeichnungen eines Petersburger Polizeibeamten.
Von Willibald Mencke.
(Fortsetzung.)
— 15. November.
Ich bewohne ein kleines, aber freundliches Zimmer im dritten Stocke eines Hofgebäudes; ich zahle nur zehn Rubel monatlich und der Frau des Dwornik zwei Rubel für die Bedienung, eine Ausgabe, die also meine Finanzen nicht allzu stark > ngreift. Mein Mittagessen lasse ich mir aus dem Restaurant holen, meinen Thee Morgens und Abends mache ich mir selbst auf dem Samowar, den mir Anna Jwanowna mitgegeben hat, und so wäre denn auch für die Ernährung meines Leibes gesorgt.
Ein grauer Himmel hängt über der Stadt. Es ist 4 Uhr Nachmittags und schon so dunkel, daß ich die Lampe anzünden mußte. Von meinem Fenster aus sehe ich nichts als einen schmalen Streifen dieses Himmels, dem der qualmende Rauch der Schornsteine seine Farbe gegeben zu haben scheint, die Wand des jenseitigen Hofgebäudes und den Schneehaufen, den man in der Mitte des Hofes zusammengekehrt hat.
Manchmal ergreift mich doch etwas Aehnliches wie Heimweh nach dem Gute meiner lieben Tante. Es mag jetzt auch dort recht traurig aussehen, und es sah schon traurig genug aus, als ich vor vierzehn Tagen Abschied nahm; aber der Blick konnte doch frei in die Ferne dringen, über die weite Ebene bis zum Saume des Waldes streifen oder den Wolken in der Höhe f ,m; hier prallt er an düsteren kalten Mauern ab. Packen mich so wunderliche"Ttirnmungen, dann nehme ich meinen Mantel um und eile auf die Straße hinaus. Ich gehe dis zur Newa hinab
und höre der Melodie des rauschenden T'k'b isks zu, in welchem eine Scholle die andere drängt, oder ich trete in eine Kucke em, um einem ölten Mütterchen zuzusehen, das vor einem Heiligenbilds seine Gebete murmelt. Dann wieder stehe ich vor den Magazinen des Newski und sehe mir ihre glänzenden Auslagen an; Spielzeug für die großen Kinder! Zwischen pracktvollen Equipagen, dis noch aus Rädern rollen, wimmeln die kleinen Schlitten, die mit Windeseile dahinjage«; auf den Trottoirs drängen sich die Spaziergänger, Offiziere in glänzenden Uniformen, schöne Frauen, die kokettierend ihre Blicke umher schweifen lassen; Fürsten und Bettler gehen hier neben einander, Flaneurs und Geschäftsleute, die Einen dem Vergnügen, die Anderen dem Broterwerbe nachgehend, Welle auf Welle in dem breiten Strome des Lebens» von besten Fluten ich mich gern eine Zeit lang umhertreiben laste, um dann wieder in dem Hafen meines kleinen Stübchens eine trauliche Zuflucht zu suchen.
Gott sei Dank! Auch meine beiden Besuche habe ich hinter mir. Zu dem Kollegienaffeffor wird mich nicht so leicht wieder Jemand bringen. Was iür eine Vornehmthuerei. hinter der doch sicher nichts steckt! Nichts unerträglicher als dieser Beamtenhochmut. Mt welcher H>r>blrstung mich diese alberne Frau empfing! Und nun gar diese Töchter mit ihren abgetragenen Seidenroben und ihren verbrauchten französischen Brocken!
Desto freundlicher hat mich die Kaufmannsfamilie ausgenommen. Einfache und beschränkte, aber ehrliche und gutmütige Menschen. Sie scheinen sehr reich zu sein, aber die Art und Weise, wie sie das merken lasten, hat nichts Verletzendes. Die Grüße meiner Tante wurden sehr gut ausgenommen. Man fragte mich zuletzt, ob ich geneigt sei, den Kindern Unterricht zu erteilen. Wie gerne ich ja sagte! Man hat mir ein sehr anständiges Honorar angeboren. Desto bester für meine Kaffe. Man will mich auch anderen Familien empfehlen. Herrlich! Ich werde m r Geld verdienen und ich brauche mein kleines Kapital nicht so stark anzugreifen. Diese Aussicht hat mich ganz heiter gestimmt und ich habe beschlosten, mir heute Abend den Luxus eines Theaterbillets zu gestatten.
(Fortsetzung folgt).