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93. Jahrgang.

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Nie RosnzMe de; Reich;.

Deutschland kann aus seinen schwelen Finsnznölen nur durch eine großzügige Steuerpolitik und einen sehr strengen Arbeitswillen des gesamten Boilres hrrauszerissen «erden. Wie es mit dem Arbeitswillen heute bestellt ist, darüber weiß man j« Bescheid. Wilde Streik« wie eben wieder unter den oberschlestschen Bergleuten sind immer noch an der Tagesordnung, und die Arbeit, die heute geleistet wird, ist in Anbetracht der großen Auswan. de» so gering, daß wir uns keine allzugroße Hoffnung aus eine tatkräftige Unterstützung bei der Sanierung unserer zerrütteten Finanzen durch produktive Arbeit machen dürfen, wenn wir nicht arg enttäuscht werde» wollen. So bleibt al« Rettung« anksr m dem uferlosen Sumpf der Finanznot Deutschlar-ds nur die Stsuersrage. Ihr will der Allerwelts« minister Erzberger nun auch kräftig ans den Leib rücken. Dar deutsche Volk kann sich daher in der nächsten Zeit aus eine ganze Reihe saftiger Steuerzettel und anderer Sb- gabemechsungen gefaßt machen.

In der Montagssltzung hat die Nationalversammlung zwei Steuervorlageu der Reicheregierung, dar Grunderwerbs- steurrgesetz und das Tabakflemrgesetz. wie der .Gesell« schüft«" bereits gestern kurz gemeldet hat, in der zweiten Lesung erledigt. Da» Grunderwerb» st suergesetz hatte ursprünglich den Namen .Grundwechsklsteuergesetz" und ist au« der Amschußberatunz «mgetauft hrrvorgegangrn. Der ueugefaßie § ! des Gesetze« lautet:

»Beim Uebergrmge de« Eigentum» an inländischen Grundstücken wird «ine Grunderwerbsfieuer erhoben. Dem Uebrrgangr des Eigensinn« steht gleich de? Er­werb von herrenlosen Grundstückes."

In der Aussprache über das Grunderwerbsstruergesetz wurde von allen Parteien betont, daß es geeignet sei, die finanziellen Schwierigkellen der Gemeinden zu vermehren. Jedoch soll nach § 38a den Gemeinden bis 3l. 9. 1925 der bisherig« Durchschnittsertrag der Steuer belsffen werden. Di« Hälfte de« Ertrages aus der Steuer soll dem Reich, die andere Hälfte den Ländern zuslicßen. Wie sehr gespannt unsere Finanzlage ist. dafür lieferte Reichsfinanzmimstrr Grzbttger einen Beweis, indem er den von demokratischer u-ld drutschparteilichrr Seite gestellten Antrag einer Ermäßi­gung der Steuer bis zur Hälfte, wenn bis steuerpflichtiZen Beiträge bei bebauten Grundstücken 20000 und bei unbebauten Grundstücken 5000 nicht übersteigen, de« kämpfte. Das Reich brauche 25 Milliarden und können Abstreichmgen nur erfolgen, wenn Ersatz durch Berschärsung einer anderen Steuer, wir z. B. der Erbschaftssteuer, ge« leistet wird. Die Sleuererträgrüss« sind demnach bei den einzelnen Vorlagen so schars derechmt, daß die Gefahr einer

Original-Roman von Käte Lnbowski.

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8^ (Nachdruck verboten.)

.Ich wäre der meinen wahrhaftig treu geblieben aber sie heiratete den Wursischlächter von der Ecke. Na, damals stand der ja auch turinhoch über mir. Ich wollte, nachdem ich davon erfahren, gerade eine Dummheit machen da beichtete mir der lange Specht noch rechtzeitig, daß er ebenfalls um sie -tiefes Leid trage . . . und wir gingen einträchtig zu dem reichen Wnrstschlächter an der Ecke und kauften eine Riesenwurst, die heutigen Tages noch nicht ' bezahlt ist.'

Georg Pirl griff heraus, was ihm in der jetzigen § Stimmung am besten paßte.

»Da hast du's ja selbst gesagt eine ist wie die : andere! Wer weiß, wem inzwischen die kleine Trude alles Nm Arm gelegen hat."

i In das junge, lebenslustige Gesicht kam ein Zug ehr- »ncher Entrüstung. »Du solltest so etwas nicht sagen, Pirl. 'Du kennst sie doch besser als ich und vor allem du i glaubst so etwas selbst nicht von ihr. Nun, weil du dich twrer jetzt aus irgendeinem, mir vorläufig noch unbekannten ? Grunde entledigen willst, redest du jetzt diese Ungeheuer» i kchkeiten hin . . ."

x Georg Pirl wandte sich vom Fenster ab und sah den i Jugendfreund an.

Nehmen wir an, daß du diesmal ausnahmsweise recht hasl.^

»Liebst du die andere, Pirl? Halte diese Frage meiner Stimmung zugute.'

Georg Pirl machte sein verschlossenstes Gesicht.

»Ich weiß überhaupt nicht, was du eigentlich willst.'

Ta verstummte der Amtsrichter.

Ein Weilchen schleppte sich ein gleichgültiges Gespräch müde zwischen ihnen weiter. Es gab ja so viele tleine Erinnerungen, die ihnen gemeinsam gehörten.

Daun erhob sich Wilm Rohrs.

Mittwoch den 13. August

1919.

T? 2L2

K«1«st?ophr vor der Türe steht, wenn eine der geplanten Steuern weit hinter den «rwsrteten Erträgnissen zmückbleibl und gerade durch die Grunderwerbsstmer befürchten die Demokraten einen Rückgang der Einnahmen aus dem Um- satzstcmprl. Auch disTote Hand", La« find dir Kirchen. Stiftungen. Brretnizungen oder Anstalten, wird die»mal zur Steuer hrrangezogsn, wenn auch mit der Einschränkung, »wenn 20 Jahre seit der Bindung oder de« Erwerbe« »er flvflen find." Das ist nicht« weiter al« eia Akt der Recht« lkchdeit und da« allgemeine Bolkrempfinden würde es weiter als solchen begrüßen, wenn die nach Erzberger« Mitteilungen in Ausarbeitung befindlich« einheitliche Regelung der Br« fleuerung der .Toten Hand" sehr rasch und ebenso gründ« lich wie alle anderen Besteuerungen erfolgen würde.

In der Nachmittagsfitzung wurde dar Tabak­steuergesetz in zweiter Lesung durch gehechelt. Aus der Rechten machte sich eine lebhafte Opposition gegen da« Gesetz geltend, und die Deuischnattonalen ließen durch ihren Abgeordneten Wetzl ich die Vortage als einen Schlag «egen den Mittelstand bezeichnen, insbesondere bekämpften st« die Banderole, die den Interessen einer kleinen aber mächtigen Gruppe von Sroßkapitalisten diene, aber die Vernichtung von 16 000 selbständigen Existenzen herbei« führen würde, Die Steuergrenzen seien unerträglich hoch. Sozialdemokratie, Zentrum, Deutsche Volk,Partei und Demokraten lasten erklären, daß die Steuersätze zweifellos sehr hoch sind und hart an der Grenze besten stehen, was der Tadakindustrte zugemutet werden könne, ohne ihren Untergang zu besiegeln, im übrigen sei sie aber noch er­träglich. Sozialdemokratie. Zentrum und Deutsche Bolk«- partet sprachen sich auch gegen da« Monopol aus. Da» Gesetz wurde schließlich in zweiter Lesung angenommen. Da sowohl dis Sozialdemokratie al» auch Zentrum und Deutsche Bolkrpariei verschiedene Vorbehalte für die 3. Lesung gemacht haben, ist die Möglichkeit etlicher Aende« rnngen immer noch offen.

Am Dienstag Nachmittag stand u. a. das Umsatz- steuergefetz auf der Tagesordnung.

Da; BetzMM'SesH.

Das Gesetz Über die Betriebsräte ist nunmehr im Ent­wurf veröffentlicht worden. E» tritt an die Stelle des von den Arbeiter- und Nngestelltenausschüflrn handelnden Ab« schnilts der Verordnung vom 23. Dezember 1918 Die alte» Arbeiter« und Argestellienau»schüsse werden beseitigt. Der einheitliche Vetrkbrrat setzt sich zusammen an« Arbeiter« und Angestelltengruppen. Die Gruppen rv.iden ovn den Arbeitern und Angestellten des Betriebes entsprechend ihrem Zahlen»«:hältst, nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. Da» Gesetz g ilt für alle Betriebe, Geschäfte und

Ich will mich zu der anstrengenden Reise morgen gehörig ausichlafen, Pirl.'

Ein mattes Abwehren antwortete.

»Bleibe doch noch etwas . .

Der andere ließ sich nicht länger zurückhalten.

Wir haben uns nun ja wohl über alles zur Genüge ausgesprochen.'

Da nahm der Oberlehrer die kleine, unsaubere Lampe, die im Flur auf einer leeren Zigarrenkiste stand, zur Hand uni) leuchtete dem Freunde hinaus, weil noch kein anderes Licht die engen, ausgetretenen Treppen erhellte. Und war dann allein . . .

Er zog die Schuhe aus warf den Rock ab schlüpfte in die Hausjacke und steckte sich eine Zigarre an.

Mit einem behaglichen Seufzer setzte er sich darauf in den bequemen Arbeitsstuhl vor seinem Schreibtisch nieder. Allmählich sank sein Kops tiefer und tiefer auf die Brust.

Er war eingeschlafen . . .

So verbrachte er um diese Zeit des DämmernS täglich eine Stunde oder auch ihrer zwei. Und er freute sich beim Erwachen daß er es auch heute, nach dem dummen Gerede des Jugendfreundes, fast noch ausgiebiger und sanfter wie sonst gekonnt.

Die Geschichte mit der überspannten Trude war ihm doch im Kopf hemmgegangen. Das Einfachste wäre cs gewesen, ihr jetzt zu schreiben, daß er die alten Beziehungen längst als völlig gelöst betrachtet habe.

Aber dazu war er zu vorsichtig.

Sie mußte sich noch ein wenig gedulden!

Dann aber hoffte er ihr etwas zu senden, daS ihr deutlicher wie jedes von seiner Hand geschriebene Wort klar machte, daß sie einander hinfort nicht mehr zu kennen hätten . . .

8. Kapitel.

Helea Holtmann vertiefte sich mehr denn se in die Arbeit. Und dennoch wurde ihr Schreibtisch nicht leer von alten Resten. Auf dem vorhandenen Berglein, das sie bestimmt am nächsten Tage abzutragen hoffte, türmte sich mit jeder Post eine neue Schicht.

Verwaltungen de» öffentlichen und privaten Recht» in wei« testem Sirr.« E; umseßt dis Landwirtschaft, den Handel, dar Gewerbe wie auch die freien Berufe Ausgenommen ist nur dK See- und Binnenschiffahrt, die einer besonderen Regelung bedarf. Ein Betriebsrat ist in jedem Betriebe, der mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt, zu bilden. Für Betriebe von 520 Arbeitern ist die Wahl von Obleuten vorgeschlagen, die die gleichen Pflicht«: und Rechts haben wie der Betriebsrat, mit Ausnahme des Mitbestimmung«« rechts bei Einstellungen und Entlassungen. Für die einzelnen Abteilungen ist die Bildung von Abtsilurrgsbrtriebiräleu vorgesehen, aus denen der Grsawtbrtrlebsral zu errichten ist. Die großen staatlichen Unternehmung«?!, besonders die Ber« kehrranstalten, erhalten ein von der untersten Stell« bis zur Spitze sich gliederndes System von Räten. Das aktive Wahlalter beträgt 18 Jahre, das passive 20 Iah?«. Die Wählbarkett erfordert ferner eine sechsmonatige Brütet»« und sine dreijährige Gewerbezugehörigkeit. Für die Mög­lichkett der Zusammenarbeit künftiger Beamtenräte mit dm Betriebsräten ist Sorge getragen. Die Wahlperiode de» Betriebsrates brträgt ein Jahr, doch kann eine q rslistKrte Mehrheit erfolgen. Die Ausgaben ber Betriebsräte liegen aus sozialem und wirtschaftlichen Gebiet. Sie find die Organe für die Durchführung der Tarifverträge, mangels solcher, für die in Gleichberechtigung mit dem Arbeitgeber sich vollziehende Regelung aller Arbeitsverhällntfie; sie setzen zusammen mit dem Arbeitgeber die Arbeitsordnung fest, haben da» Einvernehmen unter der Arbetterschast und mit dem Arbeitgeber zu fördern und sclle« in Strrttsällen für geregelte und geheime Abstimmungen sorgen.

Die Wvhlfahrlseinrtchlungen verwaltet künftig der Be» triebsrat zusammen mit dem Arbeitgeber. Schließlich hat dieser das volle Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen und Entlassungen bei denen sein Einspruch, saweit nicht di« Entlassung au» einem wichtigen Grunde fristlos erfolgt, den Arbeitgeber zu Verhandlungen nötigt. Erfolgt deine Einigung, so entscheidet endgültig der Schlichtungsausschuß, der auch im übrigen für den ganzen fazialen Aufgabenkrek di» Schied,instanz ist. Unter den wktschastltchen Funktionen des Betriebsrates seien erwähnt: Er hat die Betrebsleltung mit Rat zu unterstützen, um so einen möglichst hohen Stand der Produktton und für möglichste Wirtschaftlichkeit der Betriebsleistung zu sorgen. In die mit Ausfichtsrälen au». gestatülen Ueteruehmungen entsendet er ein« bis zwei seiner Mitglieder nach einem besonderen noch zu erlassenden Gesetz. Er hat ein Recht darauf. Aufschluß über alle di« Arbeit« nehmrrschist berührenden Betrieb-Vorgänge. saweit dadurch deine Betriebs« oder Geschäftsgeheimnisse gesährdet werde», z» »erlangen. Insbesondere kann er die Vorlage von Lohnbücher», Informationen über die Leistungen des Be-

Vielleicfft befruchtete der Frühling die Phantasie der Dichter in diesem Jahre besonders stark . . .

Sie freute und ärgerte sich auch in alter Weise. Griff wie sonst mit fröhlicher Kraft das Werk an und fühlte doch, daß in ihrer Seele ein Punkt sei, welcher der Schonung bedürfe.

. . . Sie war noch mehrmals bei dem alten Wilke draußen im Krankenhause gewesen. Aber stets zur Mittags­zeit, in welcher sie die einzige Besucherin blieb.

Sie wollte nicht noch einmal mit Georg Pirl zusammen- treffen!

Vor Jahresfrist, als der wohlhabende Inhaber des großen Teppichhauses, das hier die vierte Etage einnahm, sie vergeblich zu seinem Weibe begehrte, hatte sie einen kurzen Tag Leid getragen, weil ihr Herz nicht glühen wollte. Hatte eine lange Nacht darum gerungen, daß sie nicht dereinst ins Grab müsse, ohne zuvor ihr Frauenschicksal vollbringen zu dürfen. Und war danach so gläubig und sicher gewesen, daß auch ihre Stunde käme! Nicht langsam die Frucht zeugend und reifend. Sondern eine Vollendung bescherend, der sie sich willig beugte.

Damals, als sie Georg Pirl begegnen mußte, hatte sie im stillen gehofft, daß diese Zeit in der Nähe sei-

Nun war es doch ein Irrtum gewesen.

Denn anstatt sich nach ihm zu sehnen, bangte sie davor, ihn wiederzusehen. Bangte, trotzdem sie in der Märchenstunde am Krögel deutlich gefühlt, daß er zu ihr strebte. Ihr wurde heiß und eng in diesem Zimmer, das doch weit und kühl war . . . Sie schob die weißen Manuskripte von sich und stand auf . . . Wie seltsam All das hier heute war . . . Warum spielten denn die flinken Finger des alten Mädchens nicht wie sonst klappernd auf den Tasten? - Ihre Augen suchten das feine, welke Gesicht, das einst sehr lieblich gewesen sein mußte.

Sie erschrak . . .

. (Fortsetzung folgt.)