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schob er drei Laib unter, in die er unterdessen absichtlich Katzen-Exkremente gebacken hatte. An dem Genuß dieses Brodes ist eine arme Frau erkrankt. Die Strafkammer in Zweibrücken verurteilte den Katzendr—bäcker zu 3 Mon. Gefängnis.
Frankfurt a. M., 4. Mai. Der Verfasser oes s. Z. in der „Franks. Ztg." erschienenen höchst beleidigenden und skandalösen Artikels über Stuttgarter Ulanenoffiziere, Willy Widmann, wurde heute mittag 2 Uhr von der Strafkammer zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Düsseldorf, 4. Mai. Der Kaiser traf heute früh 9 Uhr hier ein, wurde von den Spitzen der Militär- und Zivilbehörden empfangen und fuhr mit General v. Albedyll in die Stadt. Am Corneliusplatze begrüßte der Oberbürgermeister Seine Majestät mit einer Ansprache. Der Kaiser dankte und fuhr dann nach dem Regierungspräsidium, wo er die Spitzen der Zivilbehörden um 10 Uhr empfing. Nachher fuhr er zu den Manövern.
Düsseldorf, 5. Mai. Bei dem Fest der Provinziallandstände brachte der Fürst von Wied nach seiner Begrüßungsansprache auf den Kaiser ein begeistert aufgenommenes Hoch aus. Der Kaiser erwiderte in längerer Rede; er gedachte seiner Studienjahre in Bonn, seines Großvaters und Vaters und seiner Beziehungen zu der Rheinprovinz. Die von dem Fürsten von Wied erwähnten friedlichen Bestrebungen seien eine Pflicht seiner Stellung; er werde sich freuen, wenn er, durch des Himmels Gnade unterstützt, den europäischen Frieden in der Hand halten könne; er wolle dann dafür sorgen, daß er nie gestört würde; er werde jedenfalls nichts unversucht lassen, daß die Segnungen des Friedens erhalten werden. Auch im Innern gestalten sich die Verhältnisse allmählich fester, ihm sei keine Mühe zu groß, dafür zu sorgen, daß die Industrie zu ihrem Rechte komme, sowohl die Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer. Er könne mitteilen, daß gestern der österreichische Handelsvertrag paragraphiert worden sei; woraus ein Nutzen für das Land ersprießen werde. Der Kaiser ist fest überzeugt, daß das Heil im Zusammenwirken aller liege. Schließlich trank der Kaiser auf das Wohl der Provinz.
Lüttich, 5. Mai. Heute früh erfolgte im vornehmsten Stadtviertel vor einem Privathaus eine heftige Dynamitexplosion. Sie zertrümmerte das Thor, sämtliche Fenster des Hauses und beschädigte die anstoßenden Häuser.
Brüssel, 4. Mai. Heute soll im ganzen Lütticher Revier der Generalstreik ausbrechen. Die Lage ist äußerst gefährlich. Der Ministerrat beschloß energische Maßregeln.
Warschau, 3. Mai. Die sozialistische Bewegung hat in letzter Zeit große Fortschritte gemachi. Das Losungswort ist achtstündige Arbeit uno 8 Rubel Wochenlohn.
— Die „Kreuzztg." schreibt zu Angriffen, welche von manchen Seiten gegen den bisherigen Reichs
kommissar von Wißmann erhoben werden: „Eine Erklärung dafür läßt sich in folgender Darstellung finden, welche seit mehreren Wochen in vertraulichen Kreisen verbreitet wird. Einige Pflanzergesellschaften haben auf dem Boden von Usambara ihre Thätigkeit entwickelt. Die Sachen gingen gut, da man anerkanntermaßen Arbeiter in Hülle und Fülle hatte. Diesem angenehmen Zustande machte Major von Wißmann ein Ende, indem er seinen Weisungen entsprechend, jeden Zwang auf die Eingeborenen verbot. Die Afrikaner leiden, wie alle unzivilisierten und in den Tropen lebenden Völker, an einer gewaltigen Arbeitsscheu; die Gesellschaften konnten sie zu einer andauernden regelmäßigen Arbeit nur durch Anwendung von Gewalt bringen. Nachdem der Reichskommiffar das verboten hatte, bekam man keine Arbeiter mehr, und die Gesellschaften kamen mit ihren Plantagen in Verlegenheit. Daher der Unmut gegen Wißmann.
Vermischtes.
— Die letzte Blumenspende, welche der Kaiser vor Beginn der Leichenfeier auf den Sarg des Grafen Moltke legte, war eine ganz eigenartige und eigentümliche. Den römischen Feldherren, wenn sie siegreich aus einer Schlacht zurückkehrten, wurde als Belohnung ein Lorbeerkranz auf die Stirne gedrückt. Dies Zeichen der Anerkennung hatte der Kaiser als Muster genommen und nach demselben den Kranz für den Helden Moltke anfertigen lassen. Dieser Kranz war aus frischen Lorbeerblättern gewickelt mit eingeflochtenen wirklichen und vergoldeten Blütenknospen, wie vergoldeten Blättern, am oberen Rande offen, lief er nach unten zu in zwei auseinanderstehende Lorbeerzweige aus. Der Kranz war nur so groß, daß er um den Helm des Entschlafenen paßte, und um diesen lag er auf dem Sargdeckel, wo er vielleicht nur von Wenigen bemerkt worden ist.
Unsere Dienstboten. Hausherr zum (zum neuen Dienstmädchen): „Merken Sie sich — hier geht alles mit militärischer Pünktlichkeit; um K Uhr wird aufgestauden, um 12 Uhr gegessen und um 10 ins Bett gegangen!" — Dienstmädchen (erleichtert): „Na, wenn's weiter nichts zu thun giebt, dann bin ich schon zufrieden!" _ _
Donnerstag, den 7. Mai.
Himmelfahrtsfcst.
Vom Turm: 184.
Vorm.-Predigt: Herr Helfer Eytel. 1 Uhr Kinderlehre mit den Schülern der Oberklassen.
LsrrÄwirrhschaftLicher Verein.
Am Sonntag, den 10. Mai d. I., Nachmittags 3 Uhr, findet im Gasthof zum Hirsch in Nagold Gauversammlung statt. Oekonomierat Stirm aus Stuttgart wird einen Vortrag über die Düngung mit künstlichen Düngmitteln halten.
Hiezu werden die Vereinsmitglieder eingeladen..
Calw, den. 4. Mai 1891.
Vereinsvorstand:
Supper.
Freuden st ad t, 1. Mai. Gestern um die Mittagszeit brannten in dem 12 Kilometer von hier entfernten Wittendorf 2 Wohnhäuser ab. Kinder, welche Hobelspähne anzündeten, sollen den Brand verursacht haben. Die Abgebrannten sind versichert. Von dem Ausfichtspavillon auf dem Kienberg in nächster Nähe der Stadt konnte man den Brand deutlich sehen.
Tübingen, 1. Mai. Kaiser Wilhelms- Turm. Die Besteigung des nunmehr fertiggestellten Kaffer Wilhelm-Turmes auf dem Oesterberg (15 Min. von der Stadt entfernt) soll in nächster Zeit gestattet sein. Jedenfalls ist derselbe am Himmelfahrtsfeste geöffnet. Wir möchten nicht unterlassen, einzelne sowohl, als Vereine, auf den Besuch dieses schönen Denkmals mit seiner entzückenden Aussicht aufmerksam zu machen, um so mehr als Tübingen mit seinen herrlichen Alleen, interessanten Gebäuden und guten Restaurationen, auch sonst manches angenehme bietet.
Albbote.
Göppingen, 2. Mai. In Eislingen warfen zwei zu Fuß kommende Rekruten nach einem auf seinem Wagen sitzenden Fuhrknecht aus Wäschenbeuren mit Steinen, weil dieser ihnen mit seinem Fuhrwerk nicht ausgewichen sei. Der Fuhrmann hieb hierauf mit der Peitsche nach ihnen. Da sprang einer der frechen Bursche auf den Wagen und brachte dem Fuhrknecht 3 Stiche in einen Arm bei und zwar mit solcher Wucht, daß das Messer beim 3. Stiche im Arme stecken blieb.
Brackenheim, 2. Mai. Der gestrige Viehmarkt war von Verkäufern und Käufern zahlreich besucht. Es wurden zugeführt 90 Kühe, 120 Rinder und 140 Stück Kleinvieh, zusammen 350 Stück meist Tiere von gutem Ernährungszustand und schönem Körperbau, der Fleckviehrasse angehörend. Der Handel erstreckte sich auf sämtliche Tierklassen, war aber etwas flau, die Preise sind gegenüber denen des Vorjahrs als mäßige zu bezeichnen. Es mag dies im Wesentlichen den geringen Futteraussichten, sowie dem dermalingen ziemlich großen Rindviehbestand zuzuschreiben sein. Auch der Krämermarkt hatte sich trotz des günstigen Wetters nur eines mäßigen Umsatzes zu erfreuen.
Heilbronn, 4. Mai. Nach Mitteilungen aus Frankfurt haben die Firmen Allgemeine Elektrizitäts- Gesellschaft in Berlin und Maschinenfabrik Oerlikon nunmehr endgiltig die Verpflichtung übernommen, den Kraftübertragungsversuch von Lausten bis Frankfurt bis längstens 15. August in Betrieb zu setzen und sich bei-Nichteinhaltung dieses Termines zur Bezahlung hoher Konventionalstrafen bereit erklärt. Mit der Herstellung der Leitung wird in diesen Tagen begonnen.
Aus der Rheinpfalz, 1. Mai. Bestrafte Gemeinheit. Der Bäcker Ludwig Feger in St.
Ingbert hatte an die Polizei zwölf als zu leicht befundene Laibe Brot abzuliefern. Bei der Ablieferung
storbenen redlich sorgte, so lange sie ihrer Hilfe bedurften. Sie können sich kaum voistillr», weiche Wukung auf mein jugendlich Gemüt diese Mitteilungen hervorbrachten. Der stolzeste Aristokrat und der redlichste Mann Rußlands, der dieses schreckliche Ende gefunden, war, wenn er auch die Mißbräuche der Verwaltung streng tadelie, doch der treyeste Diener seines Herrn und der blinde Anhänger der auto- kratischen Regierungsform. Nie hatte er einsehen wollen, daß diese Regierungsform, die jede Kontrole der Oeffemllchkeit unmöglich macht, das Svstem der Mißwirtschaft erzeugt, die Rußlands Fluch ist, und insofern war sein Tod allerdings ein tragisches Geschick, denn er büßte eine Schuld, die Jedermann auf sich ladet, der sich zum Werkieug dieses Despotismus macht. Und noch eine andere Gestalt, die öfters in unserem Hause erschienen war, lebt von den Tagen meiner Kindheit her in meiner Erinnerung: die jenes außerordentlichen Mannes, der die Verkörperung der russischen Autokratie war und dein rnem Vater mit blinder Verehrung ergeben war. Ich war zu jung gewesen, um die Bedeulung des Ereignisses zu ermessen, die den Bankerott dieses Systems herbeiführten: den unglücklichen Ausgang des Krimkrieges und den Tod des Kaisers Nikolaus, der, wie ich später erfuhr, selbst Hand an sich gelegt hatte, um das klägliche Scheitern seiner stolzen Pläne nicht zu überleben. All' diese Erfahrungen und Erlebnisse meiner Jugend halun einen liefen Eindruck auf mich gemacht, und Sie begreifen jetzt vielleicht, weßhaib die Aussicht, un Dienste dieses Systems Karriere zu machen, keinen Reiz auf mich hat."
„Es ist mir Manches begreiflich, was mir an der Führung Ihres Lebens früher unverständlich war" — bemerkte Stephan Goluboff, nachdem der Fürst geendet hatte, „und ich danke Ihnen für die Offenheit, — mit der Sie sich mir gegenüber ausgesprochen haben." —
„Sie mag Ihnen ein Beweis dafür sein, wie Sie sich mein Vertrauen gewonnen haben, Herr Goluboff."
„Ein Vertrauen, mein Fürst, mit dem Sie die aufrichtigsten Sympathien er- wiederten, die ich Ihnen entgegengebracht habe.
„Ich habe durchaus kein Recht, diese Sympathien zu bezweifeln, die Sie mit einem Kredit von hunderttausend Rubeln bethätigt haben. Aber Sie sind mir noch immer die Antwort auf die Frage schuldig, was Sie veranlassen konnte, einem leichtsinnigen jungen Manne, der sich längst in derangierten Verhältnissen befindet, eine so große Summe anzubieten."
„Ich gestehe," sagte Stephan Goluboff, während auf seinen so ernsten Zügen ein leichtes Lächeln aufstieg, „daß von Anfang an ein persönliches Interesse dabei im Spiele war."
„Ah. ein persönliches Interesse?"
„So ist es. Es steckt eine Frau dahinter."
„Eme Frau? Sie machen mich neugierig, mein Herr!"
„Erinnern Sie sich vielleicht einer Scene, die sich vor ungefähr einem Jahre auf dem Ncwski-Prospekt abspielte und bei der Sie die Rolle des reitenden Engels spielten?"
„Jemals rettender Engel? Ich kann mich nicht erinnern!"
„Natürlich. Jener Vorfall bildete eine kleine Episode in Ihrem bewegten Leben, für Diejenige aber, die Sie damals vor einem schrecklichen Schicksal retteten^ ein Ereignisvon so schwerer Bedeutung, daß es nie aus ihrer Erinnerung schwinden wird."
„Es handelt sich also um eine Dame?"
„Ja; die Sie vor dem Schicksale retteten, von wild gewordenen Pferden zertreten zu werden."
„Oh, gewiß erinnere ich mich daran. Hätten Sie mir nur gleich gesagt, um was cs sich handelt. Wie hätte ich jenes Abenteuer vergessen sollen, das mich mit einem so schönen Mädchen in Berührung brachte! Es war an der Ecke des Newski und der großen Morskaja."
(Fortsetzung folgt).