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Hitze (Zentr.): Die Stellung des Zentrums wird nicht durch die Wünsche der Regierung bestimmt, wir lehnen aber die Anträge ab, weil die Regierung das Zustandekommen des Gesetzes für gefährdet er­klärt. Die Sozialdemokratie, eine geborene Minoritäts­partei, sollte sich hier sowohl den Luxus langer Reden als weitschichtiger Anträge ersparen, deren Nichtan­nahme von vornherein sicher ist. Wir legen Wert darauf, daß diese Vorlage zustande kommt, haben auch kein Interesse daran, sie zu diskreditieren. Wir nehmen auch hier den Sperling in der Hand, auf die Gefahr, daß wir die Taube auf dem Dache verlieren. Bei jeder Bestimmung haben Sie (zu den Sozialdemokraten) sich vorgesetzt, Mißtrauen zu erregen. Das ist Ihre Aufgabe. Sie wollen von dieser Wohlthat des Ar­beiterschutzes nichts wissen. Wer mehr für das Ge­lingen gethan hat, Sie oder dir Zentrumspartei, da­rüber überlaste ich das Urteil dem deutschen Volk.

Es sprachen noch Singer und Hitze.

In der Abstimmung wird H 137 mit dem An­träge Gutfleisch unter Ablehnnng aller übrigen Amen­dements angenommen; ebenso eine Resolution, gemäß dem Beschlüsse der Ruhezeit für Wöchnerinnen das Krankenkassengesetz entsprechend zu ändern.

Berlin, 20. April. Reichstag. Fortsetzung der Beratung des Arbeiterschutzgesetzes.

8 138 u, wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit bestimmt, daß auf Antrag des Arbeitgebers die untere Verwaltungsbehörde auf die Dauer von 14 Tagen die Beschäftigung von Arbeitern über 16 Jahren bis 10 Uhr abends an den Wochentagen außer Sonntag unter der Voraussetzung gestatten kann, daß die tägliche Arbeitszeit 13 Stünden nicht überschreitet. Innerhalb eines Kalenderjahres soll die Erlaubnis nicht für mehr als 40 Tage erteilt werden. Ein von der Kommission eingeschalteter neuer Absatz knüpft die gleiche Befugnis für eine 14 Tage überschreitende Dauer und für mehr als 40 Tage im Jahre an die Erlaubnis der höheren Verwaltungsbehörde und zwar für den Fall, wenn die Arbeitszeit so geregelt ist, daß ihre tägliche Dauer im Jahresdurchschnitt die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet. Die untere Verwaltungsbehörde kann auch die Be­schäftigung von Arbeiterinnen über 16 Jahren, welche

keinen Haushalt zu besorgen haben und zum Besuch einer Fortbildungsschule nicht verpflichtet sind, bei den notwendigen Reparaturen und bei Arbeiten, welche zur Verhütung des Mißlingens und Verderbens von Rohstoffen erforderlich sind, an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen über halb 6 Uhr abends, jedoch nicht über halb 9 Uhr abends hinaus gestatten.

Die Abg. Auer und Genossen (soz.) wollen den Z 138 a ganz streichen, ev. nur die Beschäftigung bis zu 12 Stunden gestatten, Payer und Genoffen (Volkspartei) wollen den zweiten Absatz so fassen: für eine 14 Tage überschreitende Dauer kann die gleiche Erlaubnis nur von der höheren Verwaltungs­behörde erteilt werden. Gutfleisch, Hartmann und Genossen wollen, daß für eine 2 Wochen überschreitende Dauer die gleiche Erlaubnis nur von der höheren Verwaltungsbehörde und auch von dieser für mehr als 40 Tage im Jahre nur dann erteilt ^werden kann, wenn die Arbeitszeit für den Betrieb so geregelt wird, daß ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der Betriebs­tage des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet.

Der Paragraph wird mit dem Amendement Gutfleisch-Hartmann unter Ablehnung aller übrigen Abänderungsanträge angenommen.

Z 139 a giebt dem Bundesrat die Ermächtigung: 1) Die Verwendung von Arbeiterinnen und jugend­lichen Arbeitern für gewisse, mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Sittlichkeit verbundene Fabrikations- zweige gänzlich zu untersagen, oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen. 2) Für Fabriken mit ununterbrochenem Feuerbetriebe oder regelmäßiger Tag- und Nachtarbeit und für Campagnebetriebe Aus­nahmen von den Beschränkungen der Frauen- und Kinderarbeit zuzulassen. In den Fällen zu 2 darf die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit für Kinder 36, für junge Leute 60, für Arbeiterinnen 64, in Ziegeleien für beide Kategorien 69 Stunden nicht überschreiten. Die Nachtarbeit darf in zwei Wochen 60, in 24 Stunden zehn Stunden nicht überschreiten und muß in jeder Schicht durch Pausen von zusammen mindestens einer Stunde unterbrochen sein.

Auer und Genossen wollen Ziff. 2 und den Rest des 8 139 a streichen. Gutfleisch, Hart­mann, Möller und Gen. wollen in einerweiteren Ziffer 2 g. für gewisse Fabrikationszweige, soweit die Natur des Betriebes oder die Rücksicht auf die Ar­

beiter es wünschenswert erscheinen lasten, die Abkürzung oder den Wegfall der für jugendliche Arbeiter vorge­schriebenen Pausen gestatten. Ferner soll die Dauer der wöchentlichen Beschäftigung für Arbeiterinnen bis auf 65, in Ziegeleien bis auf 70 Stunden erhöht werden können. Dieser Antrag wird angenommen.

Tages-Neuiykeiien.

Stuttgart, 20. April. Für die Bauten-, der Weltausstellung in Chicago sind 12 Bauführer gewonnen worden, welche ihre Ausbildung in der hiesigen Baugewerkschule genossen. Dieselben erhalten bei freier Hin- und Rückreise ca. 500 monatlich und haben sich auf 2 Jahre verpflichten müssen.

Vom Bodensee, 19. April. In der Nähe von Bregenz hat sich kürzlich ein Wasservelocipedist produziert. Der Versuch fiel gut aus. Das Waffer- velociped ist ein Dreirad, welches ohne Gefahr im Wasser, selbst bei mäßigem Wellengänge, und auf dem Lande gefahren werden kann. Die Räder sind aus Blech, in Formen von luftdichten Ringen, und zwar das Vorderrad spitzzulaufend, dient als Steuer­ung, während die hintern zwei Räder Rippen haben, womit das Fahrzeug auf dem Wasser fortbewegt wird;, auf dem Lande läuft es auf Gummiringen wie die anderen Dreiräder. Der Betrieb erfolgt mittelst Drehkurbeln. Das Fahrzeug hat 15 bis 20 Ctm. Tiefgang und wird auf dem Wasser eine Schnelligkeit erreichen, wie ein gewöhnliches Tricicle auf dem Lande, aber geringeren Kraftaufwand erfordern.

Hamburg, 21. April. Am Sandthor-Quai neben der Centralmaschinen-Anstalt des Freihafens steht der Staatsspeicher, wo viele Firmen Waren lagern, in Hellen Flammen. Viel Kaffee, Zucker und Felle sind verbrannt. Der Zusammensturz des ganzen Gebäudes wird befürchtet. Die anstoßenden Gebäude sind bisher geschützt weil sie Brandmauern haben.

Paris, 20. April. Die Anarchisten verteilten gestern in den Kasernen und Forts etwa 50000 Manifeste, welche zur Meuterei am 1. Mai auf­forderten.

Amtliche Kkklmntllmchlmgeu.

Aufforderung

zur Klllkommellsfatlttuug behufs der Besteuerung pro 1. April 1891/92.

Unter Beziehung auf die Aufforderung des K. Kameralamts Hirsau in Nr. 44 d. Bl. zur Fatierung des Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufs-Ein­kommens werden die hiesigen Einkommenssteuerpflichtigen aufgefordert, ihre Fas­sionen am

Donnerstag und Freitag, den 23. und 24. ds Mts, je von vormittags 912 Uhr und nachmittags 35 Uhr

der Ortssteuerkommission, Rathaus III. Stock, Zimmer 18, mündlich oder schrift­lich, abzugeben. Schriftliche Fassionen können vorher eingesendet werden. Formulare hiezu werden daselbst in den üblichen Kanzleistunden mit Ausnahme 23 Uhr abgegeben.

Calw, den 20. April 1891.

Ortssteuerkommission.

Wschwnsser-

WerpclchLung.

Am Montag, den 4. Mai d. I., vormittags 11'/, Uhr, wird auf dem Rathaus in Calmbach das Fischwasser in der kleinen Enz vom Agen- bacher Brückle bis zum Einfluß in die große Enz mit den Bächen Calmbach und Würzbach, letzterer vom Gemeinen Grund auf der Markung Calmbach an bis an die kleine Enz, sodann das Fischwaffer in Würzbach vom sog. Stich, bei der Maisbacher Sägmühle an bis zum Ge­meinen Grund und im Heselbach, wel­cher am oberen Heselwasen anfängt, bis an den unteren Heselwasen geht und von dort in die kleine Enz fließt, auf der Markung Würzbach und zwar jedes dieser beiden Fischwaffer abgesondert auf eine Reihe von Jahren wieder verpachtet, wozu mit dem Anfügen eingeladen wird, daß Pachtliebhaber, deren Verhältnisse dem Kameralamt unbekannt sind, sich mit Vermögenszeugnissen auszuweisen haben.

Neuenbürg, den 21. April 1891.

K. Kameralamt.

Löflund.

In dem

Konkursverfahren

über das Vermögen des Gottlieb Groft- mann, Fuhrmanns in Teinach, ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Ver­walters Schlußtermin auf

Samstag, den 16. Mai 1891, vormittags 9 Uhr,

vor dem K- Amtsgerichte Hierselbst be­stimmt.

Calw, den 21. April 1891. Keller,

Gerichtsschreiber K. Amtsgerichts.

Aufforderung.

Bestehender Vorschrift gemäß sind alle Personen, welche neu hier anziehen (selbständig lebende Personen, Arbeiter, Dienstboten, Lehrlinge u. dergl.) binnen 8 Tagen bei der Ortsbehörde anzumelden, krankenkaffenpflichtige Personen, auch wenn sie Angehörige hier wohnender Familien sind, müssen binnen 3 Tagen angemeldet werden; in der gleichen Frist ist die Anmeldung zu vollziehen, wenn der Dienstherr oder Arbeitgeber inner­halb der hiesigen Stadt gewechselt wird.

Die Gesetze über die Kranken- sowie die Alters- und Jnvaliditätsversicherung

machen pünktliche Einhaltung dieser Vor­schriften unumgänglich notwendig, das Stadtschultheißenamt kann es deshalb nicht umgehen, die Unterlassung der vor­geschriebenen Anzeigen in jedem einzelnen Fall mit Strafe zu belegen.

Calw, den 20. April 1891.

Stadtschultheißenamt.

Haffner.

Calw.

ä8augefck»äft.

Auf den Tod des Werkmeisters Schaal hier ist dessen Geschäft Betrieb der Stein-

_Hauerei und Maurerei,

Handel mit Baumaterialien zu ver­kaufen. Zu dem Geschäft gehört ein 3stock. Wohnhaus, ein größerer Werk­platz mit 2 Werkhütten, 60 a 64 gm Garten und Sandsteinbruch beim Haus, die Anlage des Geschäfts ist eine äußerst günstige. Sch aal war hier und auf größere Entfernung der einzige Werk­meister in dieser Art von Geschäftsbetrieb, ein tüchtiger Geschäftsmann würde zweifel­los ein gutes Auskommen finden. Die ganze Liegenschaft ist angeschlagen zu 25,000 es kann ein Mietzins von mindestens 600 ^ bezogen werden.

Die erste Versteigerung findet am Montag, den 27. April 1801, vormittags 11 Uhr, auf dem hiesigen Rathause statt.

Stadtschultheiß

Haffner.

Liegeufchafts-

Verkauf.

Konrad Friedrich Köhler, Fuhr­mann hier, bringt

27 a 86 gm Acker in der großen Heu­maden,

80 a 34 gm Baumwiese und Oede an der Sausteige,

23 a 33 gm Wiese an der Stamm- heimer Steige,

am Montag, den 27. April 1891, vormittags 11 Uhr,

auf dem hiesigen Rathause zur zweiten Versteigerung.

Stadtschultheiß A.-V. Bozenhardt.

Stammheim.

Lang- und Säghokz- Werkauf.

^ Am Mon­tag, den 27. d.. /!M>, vormittags ^10 Uhr, kommen (aufdem Rathaus aus hiesigem Gemeindewald

zum Verkauf:

Langholz I. Kl. 21 St., 61,69 Fm.,

II. ,. 27 48,93

III. 22 31,91

Sägholz I. 40 65,02

II. 40 34,95

III. 7 4,27

Anbruchklötze 31 35,74

Buchen 2 1,08

Schultheißenamt. Ernst.

Liebelsberg.

Arennhokz-Mrkauf.

Am Man­ila g, den 27. d. AM., von vorm. (9 Uhr an, wer- (den aus dem hie­sigen Gemeinde-

_^_ >wald verkauft:

90 Rm. buchene Scheiter,

25 Prügel,

115 Nadelholz-Scheiter. Zusammenkunft bei der Braun'schen Sägmühle im Teinachthal.

Den 20. April 1891.

Schultheiß Hanselmann.