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41.
Amts- und Anzeigeblcrtt für den Bezirk Calw.
66. IahkMZ.
Erscheint Di-n S ta g . Donnerstag und Samstag. Die EinrncknngSgebühr belrLgt im Bezirk und nächster Umgebung S Psg. di- Zeile, sonst >S Psg.
Dienstag, den 7. April 1891
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt -l, Pfg. unt SV Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 15, sonft in ganz Württemberg Ml. 1. 3ö.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsvorstehtt
Haben die Berichte über die Ergänzung des Mannschaftsstandes der Feuerwehr, soweit dies nicht bereits geschehen, alsbald vorzulegen.
Calw, 6. April 1891.
K. Oberamt. Supper.
K. Amtgericht Calw.
Als Stellvertreter des
für die Gemeinden Calw, Hirsau, Liebenzell, Ostels- und Teinach ist der Schuhmacher Wilhelm Schlee nn Calw, mit dem Sitz in Calw, aufgestellt worden. Den 4. April 1891.
Oberamtsrichter Deckinger.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 3. April. Kammer der Abgeordneten. Kap. 40. Straßenbauverwaltung je 2616217 »A. Haffner-Calw giebt seiner Ge- nugthuung über das Einwalzen des Schotters durch die Dampfstraßenwalze Ausdruck und begrüßt die Absicht der Regierung, eine weitere Dampfwalze "anzu- schaffen, mit Freuden. Es wäre zu wünschen, daß die Regierung die Walzen den Gemeinden gegen billiges Entgeld überlassen würde. O.-Baurath v. Leibbrand: Es bestehe die Absicht der Verwaltung, die Zahl der Walzen auf 16 zu erhöhen und eine ausgedehnte Abgabe der Walzen an die Gemeinden ist vorgesehen. Man müsse aber noch etwas Geduld Haben. Mit der Maschinenbauanstalt Heilbronn be
stehe ein Vertrag auf Lieferung von 6—7 Walzen. Kap. 41. Neckarschifffahrtsfonds je 46 466^. Minister v. Schmid macht Mitteilungen über die Neckarschifffahrt. Seit dem 3. Juli v. I. ist die Strecke von Heilbronn bis Lauffen in Betrieb, was ermöglicht ist durch die Inbetriebsetzung des dortigen Cement- werks, welches sein Rohmaterial von der Landesgrenze, seine Kohlen von der Ruhr bezieht. Diese Strecke ist mit gutem Erfolg befahren, und die Betriebsergebnisse werden noch bessere werden, wenn das Werk einmal in vollem Gange ist. Eine Staatsgarantie ist für diese Strecke nicht übernommen. Der Minister betont sodann, daß der Staat für die Strecke Mannheim-Heilbronn eine Garantie von 5 pCt. übernommen habe, daß an den Ueberschüssen aber bis jetzt schon 100 600 Mark lucriert worden sind. Weiter läßt sich der Minister über die Fortführung der Schifffahrt bis Cannstatt resp. Eßlingen aus. Was die Kosten anbelangt, so seien dieselben resp. die Beitragsleistung des Staates bis Cannstatt aus 3 800 000 Mark und Ausrüstung der Schiffe u. s. w. auf 533000 ^ berechnet; bei der Ausdehnung bis Eßlingen belaufen sich die Gesamtkosten auf 5 000 000 Die Prosperität dieser Schifffahrt müsse einstweilen verneint werden. Es sei schon nicht günstig, daß die Wasserstrecke 230 Kilometer, der Landweg nur 135 Kilometer ausmache. Was den Kohlentransport anbelangt, so stelle sich die Berechnung für den Wasserweg ungünstig. Anders wäre es, wenn auch die Thalfahrt befrachtet werden könnte. Das könne erst der Fall sein, wenn sich die Industrie am mittleren Neckar ganz anders als bisher gehoben habe. Bei dem Unternehmen käme nur eine Gesellschaft in Betracht. Wenn er einstweilen der genannten Strecke keine Prosperität in Aussicht stellen könne, so wolle der
Minister damit kein Urteil für die Zukunft gefällt haben. Kap. 42. Flußbaufonds je 233609 Hoffner weist auf die Nachteile hin, welche die Flößerei den Wasserkräften der Enz und Nagold verursacht. Wenn einmal die Bahnlinie Altensteig in Betrib ist, werde der Flößerei jedoch ihr Lebensnerv unterbunden sein, man möge im Interesse der Industrie, die schon sehr abgenommen habe, die Flößerei nicht mehr unterstützen-durch Erhaltung der Floßgassen. Minister v. Schmid erwiedert, daß auf der Enz und Nagold die Flößerei nicht nur nicht abgenommen, sondern sogar zugenommen habe. Im Uebrigen betont der Minister, er werde in der Frage die allseitigen Interessen zu wahren wissen. So ganz einfach sei aber die Aufhebung der Flößerei, wenn sie auch nicht mehr große Bedeutung habe, doch nicht, es müßten jedenfalls erst Unterhandlungen mit den Interessenten gepflogen werden. Schoffer tritt für die Staatsbeiträge für die Zufahrtsstraßen zur Eisenbahn im Bezirk Sulz ein, worauf der Minister erwiedert, der Staat sei bereit, Beiträge zu geben, es müßten noch Unterhandlungen mit drei Gemeinden gepflogen werden. Egger wünscht größere Staatsbeiträge zur Schuffen-Correction bei Weißenau und Oberzell; Bueble dasselbe für die Schuffen-Correction bei Meckenbeuren u. s. w. Bayha weist auf die Opfer hin, welche die Hochwasser der Steinlach und des Neckars den Gemeinden Lustnau, Kirchentellinsfurt u. s. w. gekostet und begrüßt mit Freuden, daß die Regierung die Flußbeiträge an Gemeinden auf 60000 (-s- 30000 erhöht hat. Hart-
rans ft tritt dafür ein, daß der Staat die Gemeinden bei Flußcorrectionen durch die Entsendung von Staatstechnikern, damit dieselben Ratschläge erteilen können, unterstützen möge. Gock wünscht
Nachdruck vertaten
Die Spionin.
Roman aus dem russischen Nihilistenleben.
Nach den Aufzeichnungen eines Petersburger Polizeibeamten.
Von Willibald Mencke.
(Fortsetzung.)
„Madame meint ohne Zweifel, ob ich den Namen der Käuferin weiß?"
„Ja. Weißt Du ihn?"
„Nein, Madame. Ich erinnerte mich nur, daß eine Dame das Armband für 180 Rubel erstand. Ich habe sie nie im Hause gesehen, erfuhr auch ihren Namen nicht, aber ich glaube, ich würde sie wieder erkennen, wenn ich ihr begegnen würde. Sie war ziemlich elegant, aber nachlässig gekleidet und trug das Haar kurz abgeschnitten in einem Netze, L I» nibllists, Madame."
„War sie groß oder klein von Gestalt?" fragte ich.
„Von mittlerer Größe. Nicht so groß, wie Madame, aber größer als ich."
„Wie alt erschien sie Ihnen?"
„Sie mochte vielleicht vier- bis sechsundzwanzig Jahre alt sein. Ich erinnere -mich noch, daß ich darüber nachdachtr, ob sie wohl veichriratet oder ein junge« MA>chen sei."
„Sie war also keine gewöhnliche Erscheinung, da sie Ihne« so viel Interesse «nfiößte?"
„Ja, sie interessierte mich, weil sie im Korridor mit dein Fürsten —"
Die Zofe stockt« und in ihren Wangen stieg eine plötzliche Röte Ms. GS war, al» habe sie dir Empfindung, daß sie etwa» verraten habe, wa« sie bester verschwiege» hätte.
Zähren Sie fort, mein Kindl" sagt« ich. „ES handelt sich hier um die Auf
klärung einer sehr ernsten Angelegenheit und der geringfügigste Umstand kann hier von Bedeutung sein."
Die Zofe sah ihre Herrin fragend an. „Erzähle, was Du weißt, Henriette", sagte diese.
„Ich sah die junge Dame im Korridor mit dem Fürsten G. sprechen."
„War es vor oder nach dem Kauf des Armbandes?"
„Nach dem Kauf. Als sie wegging, begegnete sie dem Fürsten auf dem Korridor."
„Erinnern Sie sich, Madame, daß Sie an jenem Tage den Besuch deS Fürsten empfingen?"
„Allerdings. Er traf mich gerade bei der Toilette, als der Friseur mir da- Haar brannte.
Ich wandte mich wieder an die Zofe.
„Verstanden Sie etwas von der Unterhaltung?"
„Nein. Sie wurde in russischer Sprache geführt und ich verstehe nicht viel russisch. Aber so viel konnte ich erraten, daß sie dem Fürsten Vorwürfe machte und daß er sie zu beruhigen suchte."
„Ich danke Ihnen für die Mitteilungen. Ich werde den Herrn Fürsten aufsuchen und von ihm vielleicht Näheres über diese geheimnisvolle Unbekannte erfahren."
„Sie können sich diese« Gang ersparen, mein Herr! Der Fürst ist bei mir." laut miemr'* — sagte ich. „Ich wüöde Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mir Gelegenheit -eben wollen, mit dem Herrn Fürsten zp sprechen."
„Mit Vergnügen." Die Schauspielerin erhob sich und trat in daß Nebenzimmer. Gleich darauf erschien sie an der Seite des Fürsten Alexander G.
„Ich bitte Eure Exoellenz um Entschuldigung", sagte ich, mdem ich mich erhob — „wenn ich Ihnen mit einer Frage lästig falle. Es handelt sich darum, un« über eine geheimnisvolle Person Auskunft zu geben, dir. wie es scheint, Ihnen, mein Fürst, nicht ganz unbekannt gewesen ist."
„Ich bin in dn Dhat begierig", entgegnet, der Fürst, indem ein spöttische»