36. Amts und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 66. Jahrgang
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Erschktni Di en s t a g , Donnerstag und SamStag. Die EirrrückungSgebühr beträgt im Bezir? und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, den 24. Mär; 1891.
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stabt »o Pfg. vn rv Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. L5, sonst w ganz Württemberg Mk. 1 . 35.
Amtliche Aekaimtmachungerr. Landwirtschaftliche
Beruisgenossenschaft
für den Schwarzwaldkreis.
Auf den Grund Beschlusses des Vorstands der tyndwirtschaftl. Berufsgenossenschaft für den Schwarzwaldkreis vom 18. d. Mts., wird bekannt gemacht, daß der Beitragssatz für die Umlage des Jahres 1890 7 Pfennig auf 10 Mark Kataster
beträgt.
Reutlingen, den 19. März 1891.
Der Vorsitzende des Vorstands: Oberregierungsrat Bellino.
Die Ortsvsrstkher
erhalten den Auftrag, binnen fünf Tagen anzuzeigen, ob seitens der Behörden der verschiedenen Bundesstaaten insbesondere Bayerns die Bestimmungen über die portopflichtige Correspondenz zwischen Behörden verschiedener Bundesstaaten (Reg.-Bl. 1873 S. 361), wonach portopflichtige Sendungen stets von der absendenden Behörde zu frankieren sind, eingehalten werden.
Eventuell sind die von Behörden (auch Gemeindebehörden) anderer Bundesstaaten abgesandten unfrankierten Briefumschläge mit der Bezeichnung der absendenden Bebörde und des Inhalts der Sendung hieher vorzulegen, — wie dies auch in etwaigen künftigen Fällen zu geschehen hat.
Calw., den 21. März 1891.
K. Oberamt.
Supper.
K. Amtsgericht Calw.
Als
Gerichtsvollzieher
für die Gemeinden Sommenhardt und Zavel- stein mit dem Sitze in Calw wurde der Schuhmacher
Wilhelm Schlee in Calw
aufgestellt.
Den 21. März 1891.
Oberamtsrichter:
D e ck i n g e r.
werden davon in Kenntniß gesetzt, daß die württ. Baugewerksgenossenschaft in der Sitzung des Vorstands vom 24. v. M. als Vertrauensmann für den Bezirk Calw den Herrn Werkmeister Martin Hespeler in Wildberg aufgestellt hat.
Calw, den 23. März 1891.
K. Oberamt. Amtmann Bert sch.
Amtliche Bekanntmachung,
betreffend die Viehaufnahme auf 3t. März 1891 zum Zweck der Verficherung gegen Seuchengefahr.
Durch Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 7. März 1891 (Reg.-BI. S. 39) ist der Beitrag» welcher auf Grund von Art. 3 des Ausführungsgesetzes zum Reichsviehseuchengesetz vom 20. März 1881 (Reg.-Bl. Seite 189), sowie des Art. 1 des Gesetzes, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand gefallene Tiere vom 7. Juni 1885 (Reg--Bl. S. 253) im Jahre 1801 zu entrichten ist:
auf 30 Pfg. für ein Pferd, auf 10 Pfg. für einen Esel, ein Maultier, einen Maulesel, sowie ein Stück Rindvieh — festgesetzt.
Das wird hiemit bekannt gegeben und werden die Gemeindebehörden angewiesen, die Aufnahme des beitragspflichtigen Bestands, die Umlage der Beiträge und Ablieferung derselben an die Oberamtspflege nach den Vorschriften des H 14 der Vollz.- Verf. zum Reichsviehseuchengesetz vom 23. März 1881 (Reg.-Bl. S. 96) rechtzeitig vornehmen zu lassen.
Formulare für die Aufnahme, sowie für die Ablieferung der Beiträge an die Oberamtspflege und den an das Oberamt zu erstattenden Vollzugsbericht werden den Ortsvorstehern mit der nächsten Post zugehen.
Calw, den 23. März 1891.
K. Oberamt.
Amtmann Bertsch.
Tages-Ueuigkeiten.
* Liebenzell, 19. März. Die Gemeinde Liebenzell steht jetzt vor dem Umbau ihrer Kirche, zu dem die nötigen Mittel schon im Sommer des Jahres 1889 von den Landständen in dankenswerter^ Weise verwilligt worden sind, der aber von der K. Domänendirektion im vorigen Jahr, als man eben damit umging, für die Bauzeit ein interimistisches Gottesdienstlokal ausfindig zu machen, noch einmal um ein Jahr zurückgestellt worden ist. Erwägungen der Klugheit ^ und Sparsamkeit, die in solchen Fällen jeder umsich- sichtige Haushalter gerne anstellt, die sich aber nach- gehends schon manchsmal als irrig erwiesen haben, veranlaßten damals die Baubehörde zum Zuwarten. Jetzt ist für die hiesige Gemeinde auch diese neue Gedulds- und Wartezeit abgelaufen, und schon im
^ ^ 1 O n. Nachdruck verboten
Die Spionin.
Roman aus dem russischen Nihilistenleben.
Nach den Aufzeichnungen eines Petersburger Polizeibeamten.
Von Willibald Mencke.
(Fortsetzung.)
„Wohin ist die Baronin?"
„Heber die Grenze."
„Wann ist die Frau Baronin abgereist?"
„Vor sechs Tagen, soviel ich weiß."
„Wer hat den Schlüssel zu ihrer Wohnung?"
.Ich"
„So öffnen Sie mir die Zimmer."
Der Dwornik sah mich erstaunt an, als traue er seinen Ohren nicht. Ich nannte ihm meinen Namen und Titel und auf einmal war er die Unterwürfigkeit selbst. „Ich bitte Euer Wohlgeboren um Verzeihung" — stammelte er, indem er sich bis zur Erde beugte — „hätte ich ahnen können —"
Ich hatte mittlerweile aus der kleinen silbernen Pfeife, die ich immer bei mir führte, jenen eigentümlichen Pfiff ertönen lassen, den in Petersburg jedermann kannte, der im Dienste der öffentlichen Sicherheit stand. Ein Polizeidiener, der am Ende der Straße stand, eilte herbei und ich befahl ihm, bei der Untersuchung des Hauses in meiner Nähe zu bleiben-
„Wer wohnt ihm unteren Stockwerk?" — fragte ich den Dwornik.
„Niemand, Euer Wohlgeboren" — lautete die Antwort. „Bis zum 1. März wohnte hier ein Kollegienaffessor, der nach Wassili-Ostrow übergrfiedelt ist. Das Logis ist erst vom 1. Mai an wieder vermietet. Ihre Excellrnz bewohnt den alberen Stock.
„Führ' uns hinauf."
Der Dwornik ging mit seiner Laterne die dunkle Treppe hinaus, wir folgten ihm nach. Oben angekommen, zog er einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Korridorthüre.
„Habt ihr Gasbeleuchtung?" kagte ich.
„Nein, Euer Wohlgeboren. Ihre Excellenz hat die Gasbeleuchtung für den oberen Stock abgesperrt und ließ ihre Wohnung immer mit Lampen und Kerzen beleuchten."
Wir traten in den Salon und ich ließ den Dwornik zunächst die Kerzen anzünden, die auf der Kaminplatte standen. Die ganze Einrichtung zeugte von einem behaglichen, aber nicht übertriebenen Luxus. Wir durchschritten nach und nach das Speisezimmer, das Boudoir und das Schlafzimmer der Baronin und was ich bemerkte, war geeignet, die Angabe des Dwornik, daß seine Herrin eine längere Reise angetreten habe, zu bestätigen. Die Möbel und Bilder waren mit Ueberzügen verhüllt, die Schränke und Kommoden verschlossen, und als ich mit dem Finger über den Schreibtisch fuhr, bemerkte ich, daß sich bereüs eine zarte Schicht von Staub angesetzt hatte.
Wir hatten den Rundgang durch die Wohnung beendet — was ich eigentlich dort suchte, wußte ich mir selbst nicht zu sagen — und traten wieder auf den Korridor hinaus. Ich hatte noch einen Blick in die Küche geworfen und war ebm im Begriffe, dm Rückweg anzutreten, als ich noch eine Thür bemerkte, die mir der Dwornik nicht geöffnet hatte.
„Wohin führt diese Thüre?" fragte ich ihn.
„Zu einem Verschlage, in dem Ihre Excellenz jene Sachen aufdewahren ließ, die sie nicht mehr brauchte."
„Oeffne!"
Der Dwornik griff wieder zu seinem Schlüsselbund und öffnete mit etwas verdrießlicher Mim« dir Thüre.