.Nehme» wir den Fall an", heißi es in dem Funkspruch Larnaroon vom 5. Noo, .daß die deutschen Armeen sich in Frankreich und Flandern ohne schwere Verluste hätte lösen können, daß sie sich nach ihrem Beliebe» aus einer kürzeren Front der Maas, hätten einrichten und unseren Angriff dort abwarten können, um dann später ihre Friedensoffensive mit unverminderten Hilf, quellen und dem ganzen Prestige eines erfolgreichen Rückzugs zu unternehmen. so würde sowohl die. militärische wie auch die politische Lage die größten Schwierigkeiten für uns enthal- len*. E, heißt dann beruhigend weiter: .Bor solchen Schwierigkeiten hat uns die Tapferkeit unserer Wrstarmee bewahrt."
Die richtige Einschätzung der im deutschen Heeresbericht vom 6. Noo. gemeldeten Bewegungen wird unter diesen Umständen nicht schwer fallen.
Ae Erhöhung der vnmaüon.
Wie bereits gestern kurz milgeleilt, hat die Regierung ein« Erhöhung der Brotration in Aussicht genommen Sie «endet sich an das deutsche Bolk in folgendem
Aufruf!
WTB. Amtlich. Seit 4 Jahren hat das deutsche Volk die Lastm und Entbehrungen des Krieges mit bewundernswerter Standhaftigkeit getragen. Jetzt steht der Friedrn und die Aushebung der Hungerblockade in naher Aussicht. Damit wird auch eine Entspannung unserer Ernährungslage eintreten. Am 1. Dezember wird die Brotration erhöht werden. Andere Erleichterungen werden allmählich erfolgen. Voraussetzung dasür und überhaupt für die weikrs Versorgung der Bevölkerung ist' unbedingte Ausrechterhaliung der Ordnung. Jede Störung verhindert die regelmäßige Lebensmiitelzufuhr und bedroht die Großstädte und die Industrirbezirkr mit unsagbarem Eiend. Wir wenden uns an das gesamte deutsche Bolk. diese schwere Gefahr abzuwenden.
Berlin, 7. November 1918
Staatssekretär und Vorstand des Kriegsernährungsamts.
Tagestreuigketteu.
448 Mionen KriegMleihe in Württemberg.
Stuttgart, 8. November. WTB. Drahtb. Laut Mitteilung der Reichsbank wurden in Württemberg insgesamt 448 Millionen Mark zur S. Kriegsanleihe gezeichnet, davon fielen aus den Bezirk Stuttgart 344 Millionen, aus den Bezirk Ulm 104 Millionen.
Die Kaiferfrage.
Berlin. 8. Noo. WTB. Drahtb. Der Kaiser, der vom Reichskanzler über di« Gesamtlage genau unterrichtet ist, Hst den Prinzen Max von Baden gebeten, einfiwetien die Geschäfte bi« zur endgültigen Entscheidung sortzuführen.
Diese ist in Kürze z« erwarten.
Abg. No-ke Borfitzender des Kieler Arbeiter- «nd Toldatevrate-.
Berlin. 8. Noo. Die Chemnitzer .Bolksstimme" meldet die Ernennung d-s Rrichstagsabzeordneten Nosde durch den Meter Ärbriier- und Soldatenrst zum Gou
verneur und Borsttzendende» Arbeite r- und Soldatenrate« in Kiel.
Die «vsanbere« Kampfmittel unserer Feinde.
Berit», 5. Noo. WTB. Nicht nur die Bolschewiki, sondern auch unsere anderen Feinde bedienen sich unsauberer Kampfmittel, um die Stimmung im deutschen Bolk zu vergiften. In der letzten Zeit find folgende verhetzende Druckschriften: »Die Wahrheit" nebst ihrer Bejlage, .Lichnorvsky", „Ein zweiter Mühion-Bries", .Dar Glück der Zukunft: Gin Friedensbund freier Völker" und , Beer selbes II. Kaiserbrief" in Deutschland verbreitet worden. Es ist festgestellt, daß bereits vor ihrer Brr- breitung im Inland? eine solche öffentlich in Stockholm betrieben wurde. Der Druck dieser Schriften scheint demnach im Ausland erfolgt zu sein. Ts handelt sich auch hier offenbar um ein Machwerk unserer Feinde, die diese Druckschrift, wie dies auch i» anderen Fällen erwiesen wurde, durch ihre Agenten über dieGrenze schassen und im Reichsgebiet verbreiten ließen. Der Zweck dieser Druckschrift ist der. die Stimmung im deutschen Volke systematisch zu zermürben und zu zersetzen. Die Verbreitung erf lgt in der Weise, daß die Druckschriften wahllos an bekanntere Leute verschickt werden. Es wird an die vaterländisch!; Gesinnung der deutschen Bürger appelliert, daß sie solche Hetzschriften nicht weiter verbreiten, sondern sie der Behörde übergeben. Nur ss kann dieser verhetzenden und zischenden Propaganda oorgebeugt werdcn.
Ungarns Waffenstillstandsbrdingnnge« in den Balkanfrage».
Wien, 6. Noodr. (G.K.T.) Die Waffenstillstands- bedingungsn/die Genera! Franchkt d'Esperay der ungarischen Regierung gestellt hat, verlangen zunächst, daß sich die österr.-ung. Truppen aus eine Demarkations- ltnie zurückziehen, die 15 Klm. von der Donau und der Save entfernt ist. D^e zweite Bedingung verlang!, daß die in Ungarn befindlichen deutschen Truppen innerhalb 15 Tagen e:-twaffnrt werden und das Land verlassen. Zu diesen Truppen rechnet Franchet auch die Armee Mackensens in Rumänien. Dis ungarische Regierung hat diese Forderung mit dem Hinzufügen, daß die der deutschen Armee obgenommenen Waffen später n chgesandt werden könnten, drm Vertreter Mackensens in Pest miigeteiit und befürwortet. Graf Fürstenberg Siammheim legte dagegen Verwahrung sin. Die ungarische Regierung stellt sich aus Len Stand, punki, daß Ungarn seit 1. November ein neutraler Staat sei und daher völkerrechtlich ein Durchmarsch bewaffneter Truppen unerlaubt sei. Zu Verhandlungen über diese Fragen ist Gras Michael Kaolyi heute nacht nach Belgrad adgereist. _
Die Frage nach Mackensen- Durchzug.
Pest, 8. Noo. Mittags trafen aus Belgrad die neuen Bed ngungen des Verbands in der Frage des Durchzugs der Arme« Mackensens ein. Es trat sosort ein Minister- rat zusammen, auch der deu-schr Generalkonsul. Gras Fürstenbrrg und Legationsrat Frcyiag wurden ins Mint- fierislpräsidium gebeten. Dem Vernehmen rach besieht der Verband auf der Entwaffnung, während Macken- sen sich weigert einen solchen Schritt zu tun.
Kaiferherrschaft oder sozialdemokr. Negierung.
Berlin, 8. Noo. Durch das sozialdemokratische Ultimatum. das gestern nachmittag dem Reichskanzler über
reicht worden ist. hat sich, wie der hiesige Korrespondent der „Frkf. Ztg." berichtet, die politische Siiuatkon auss äußerst« zugespitzt. Ts kann im Augenblick noch nicht übersehen werden, welche Wirkungen ein Rücktritt des Kaisers im Lause des heutigen Tages haben, und ob dadurch eine Klärung der politischen Lage eintreten wird. In maßgebenden politischen Kreisen nimmt man aber als feststehend an. daß im Falle der Nichtabddnknng des Kaisers das Ende der gegenwärtigen Volks- regierung eintreten würoe, sei es dadurch, daß Reichs- Kanzler Prinz Max sein Amt niederlegt, oder dadurch, daß die sozialdemokratischen Mitglieder aus der Regierung ausscheideu. Wenn das gegenwärtige auf dem Programm der Mehrheitspattrien beruhende Kabinett seinen Zusammenhang verliert, dann ist KZ;» Zweifel mehr darüber möglich, daß die zur Zeit tm Amte befindliche Bolksre- gierung durch einerein sozialdemokratische Regierung abgelöst würde. Ob diese neue Regierung sich lediglich aus Mitgliedern der Mehrheiks- sozialisten zusammensetzen. oder ob auch Mitglieder der unabhängigen Sozialdemokratie zu ihr gehören wü den. läßt sich hsurs. wo die Ereignisse noch im Flusse sink, nicht ooraussagrn. _
Erhöhung der Visenbahntarife.
Berlin. Amtlich WTB. Am 1. April 1918 habe» die deutschen Eisenbahnen einen Kriegezuschlag von 15°/, zu den Frachtsätzen des Güter- und Tteroerdehrs emgesührt, um wenigstens teilweise die durch den Krieg hervorgerufenen Mehrausgaben zudecken. In der Zwischenzeit ist Las Mißverhältnis zwischen Einnahme» und Ausgaben durch die Steigerung der letzteren derart gewachsen, daß dis Wirtschaftlichkeit der Siaatsbahnbettiebe ernstlich in Frage gestellt ist. Die deutschen Staatseisenbshnen sehen sich daher gezwungen, auf eine Vermehrung der Einnahmen durch Erhöhung der Tarife -or Güter' Tier- und Personenverkehr Bedacht zu nehmen. Bei den Personentarilen wirk auf die im Schnellzug-, Gepäck- und Cxpreßgutoerkehr zur Zrii 'bestehenden Zuschläge Rücksicht genommen werden. Die Erhöhungen werden voraussichtlich im 1. Vier- tel des Jahres 19!9 durchgsführt werden. Die Zuschläge werden fast durchweg hinter den zmückbleiden. die ln anderen europäischen Ländern, kriegführenden und neutralen, dem Wirtschaftsleben auserlegt worden sind.
Aus Stadt und Bezirk.
Nagold, g. November :SI8,
Zuschläge zur Militär-Witwen «nd -Waisenrente.
Die Hinterbliebenen von Militär Personen der Unterklassen aus dem gegenwärtigen Krieg erhalten ab 1. Juli 1918 eine monatikche Zulage. Dieselbe beträgt für die Wiiivs 8 für jede Halbwaise 3 und für jede Hollwaise 4
Die Zulage bekommen nur jene Witwen, die seinerzeit die FamNenunlerstützurrg bezogen haben. Im Bedürfnis- fall kann sie aus Antrag auch anderen Kriegshinterbliebene» gewährt werden.
Zu dieser Sache ist nun in einem Erlaß vom IS. September 1918, der in der neuesten Nummer des Amtsblatts veröffentlicht wurde, vom Kgl. Ministerin des Innern angeordnet worden, daß zur E.langung der Zuschläge der Postanstalr, die das Kriegs-Witwen und -Waisengeld auszuzahlen hat, eine Bescheinigung über die gezahlte Familienuntsrstützurrg oorzukgm ist. Diese Bescheinigung stellt in der Regel der Ortsvorsteher aus; sie kann aber z. D. auch von der Oberamtspflsge, wen« diese die Familtenunterfiützung auebezahlt hat, ausgestellt
Der Traum in Feindesland.
Nomaii von Justus SchoSnthal.
281 (Nachdruck verboten.)
Lady Edith erklärte.
„Unten die große Diele kennen Sie ja; daneben befindet sich unser Fesisaal für große Gesellschaften. Sie erinnern sich . . . wo wir neulich das ^ssen gaben, der Saal mit den riesigen Kronleuchtern, dahinter die Billard- und Spielräume mit- dem Ausgang in den Wintergarten und noch einige Dienerschasisräume. Hier diese drei Räume z sind Ihnen ja auch bekannt; dort drüben ist meines Vaters Bibliothekzimmer ..." — — sie schritten hindurch, und sie zechte a st eine rückwärtige Tapetentür — — „Hier ist sein h Achs Arbeitszimmer."
De. jne Offizier verwunderte sich. Sie durchlief die m uer. ohne sie ihm eigentlich zu zeigen. Nun traten s e wieder auf den Gang.
' „Hier die Treppe", fuhr Edith im trägen Tone eines Muic uns Wärters fort, „geleitet zu den Schlaf-, Bade-und j Ankle-ch minnern; auch Ihr lrst.heres Zimmer liegt ja, wie zSie w mit den anderen Gastzimmer» da droben . . . ;Hier ein guter Veemuücr, das Frühstückszimmer . . . And snun daS Kleinod des Harnes Southrisfe, das geheime l Gemach, das nur den Eingeweihten zugänglich ist. — i Rechnen Sie sichs zur Ehre an, Herr Hauptmami, daß ich sSie dahin führe."
^ Er ahnte dunkel, daß die ganze Wanderung durch die Räume des Harnes nur zu dein Zweck angetreten war, iinn dieses geheimnisvolle Zimmer zu zeigen. Er haßte alle Unwegsamkeiten; alles-I! cklar-Verworrene war seiner innersten Natur fremd. So lehnte er auch innerlich die rätselvolle Myst'k ab, mit deren Schleier Edith jenes - Zimmer umgab.
Sie öffnete die Tür und sagte mit einem gewissen Pathos:
„Mein Zstmner! Das Damenzimmerl"
-Cr hatte es ja gewußt. Eine ganz alltägliche
Plattheit lauerte hinter der Mystik.
Er sah uni sich. Das Zimmer war mit hellrotbraunen Mahagonnnöbeln ans der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgestattet. Im Erker, dem weiße, in der Mitte geraffte Mullgardinen eine anheimelnde Traulichkeit aufprägten, stand ein etwas gebrechlich amnutcnder Schreibtisch, dem man ansah, daß er selten benutzt wurde. In d.r Mitte ein runder Tisch, von vier Polstersesselchen umringt. An der einen Wand lehnte ein Bücherschrank, in der gegenüberliegenden Ecke ein schlanker Glaskasten, hinter dessen Vitrinen allerhand Kristall«, Medaillons, Kameen, Gemmen, auch Porzellane auS Meißen, Sevres, K?venha>en und Alt-Wien «usgelegt waren. An den Wänden hingen einige minderwertise Bilder im Gibson- Stil, daneben ein paar Karrikaturen van Feieren Nops ... In weißem Rahmen prahlte ein langgestrecktes Aquarell, das, nicht eben geschmackvoll, einen Jagdzus darstellte. Unter dieses Jagdstück war eine Ottomane gerückt, über d e esti dickes Eisbärenfell gebreitet war. Das paßte, wie Lvngsord feststellte, zwar nicht recht zur ssnstigen Einrichtung des Raumes, schien aber in allen Abtönungen den persönlichen Geschmack der Bewohnerin zu kenn- zstch.ien. Über dem ganzen lagerte eine Wolke scharfen MoMusduftes.
„Wie finden Sie das alles?" fragte Lady Edith. Aber sie wartete die Antwort nicht ab, warf sich auf den Diwan und rief aus:
„Wissen Sie, Kapt'n, hier kann ich ungebunden leichtsinnig und . - . lasterhaft wie ein Backfisch sein."
Es sollte spöttisch, fast selbstir<iiisierend klinren; aber der Spott vermochte nur schwer die heimliche Erregung zu verbergen, die in ihrem Herzen zitterte.
Longford tat einen Schritt auf den Diwan zu.
Wie ein Kätzchen lag sie da in das Eisbärenfell geschmiegt. Ihm war, als tänzelte er am Rande eines abschüssigen Felsens. Es mußte die Augen schließen.
Sein Hirn durchzuckte der Gedanke, daß sie den Diener fortgeschickt, um dies Alleinsein herbeizuführen, daß sie ihm die Wohnung gezeigt, um zu bewehen, daß ihr Alleinsein jetzt niemand stören könne, daß... sie ihn . . . liebe.
Und die gelockerten Zügel seiner Nerven glitten schlaff zu Boden . . .
Das junge Weib sah plötzlich, wie seine Augen ein selUam wildes Feuer ausstrahlteu. Etwas Raubtierartiges, was ibr schaurig und schön zugleich erschien, glomm darin aufi Ja, wie ein Raubtier, das zum Sprung cmsholt, stand er vor ihr. Sie empfand eine Sekunde lang, bangend und freudig zugleich, etwas von jenem Urweltsgeheimnis, das den Mann zum Weibe zieht... Da umfingen sie schon zwei sehnige Arme, und heiße Lippen, die Liebesworte stammelten, suchten bebend die ihren . . .
Aber die Liebesworte, die jauchzend an ihr Ohr klangen, wurden in einer Sprache gesprochen, die nicht j
die ihre war! !
„Du, Süße, du! Du, Süße!" j
Das war doch — bei Gott! das war ja deutsch!
Sie befreite sich gewaltsam aus seinen Armen sprang hoch.
„Kapt'n, Sie sprechen ja deutsch?!"
Er richtete sich auf und fasste an seine Stirn. Himmelswillen, was hatte er getan?! kam es von seinen Lippen: i
„Sie irren, Mylady! Ich habe nicht deutsch se-j
sproüien!" -
Sie sah ihn mit weit arstgerissenen Augen an. „Leugnen Sie nicht! Ich habe es deutlich gehört: „Du, Säße, du! Du, Süße!" — Sie sagten es wohl, fünf-, sechsmal." !
Ihr dämmerte etwas von der furchtbaren Tragweite
und!
Um,
Aber ganz ruhig!
der Worte auf.
„Sind Sie ein Deutscher?"
„Mylady . . ." In- seinem Ton Abwehr und Hohn. Doch sie ließ ihn nicht zu Worte kommen.
»Ja, jetzt ahne ich alles, jetzt weiß ich es: Sie find ein . . - deutscher Offizier, ein deutlcher Spion!"
Sie zwang ihre Stimme zum Flüstern.
„Aber, Mylady, ich muß dsch sehr bitten."
kVsrtsetzung falM