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und trat in die Beratung des Etats der Reichs- schuld ein.
— Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: „Es giebt Leute, welche nicht' müde werden, immer und immer wieder neue Versuche zu machen, die öffentliche Meinung zu beunruhigen. Wenn es ihnen auf dem eine» Gebiete nicht gelingt, so versuchen sie es aus einem anderen. Es ist beinahe zu bedauern, daß die Gesetzgebung in dieser Beziehung für Zeitungen nachsichtiger ist, als die Börse. Diese hat kürzlich zwei ihrer Mitglieder auf 14 Tage vom Besuche der Börse ausgeschlossen, weil sie beunruhigende falsche Nachrichten über den Gesundheitszustand des Kaisers verbreitet hatten. So sollte man es in der Macht haben, gewisse Berichterstatter, die heute von einem Zwiespalt zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler zu melden wissen, auf einige Zeit zum Schweigen zu bringen. An dem, was sie in dieser Beziehung sagen, ist natürlich kein wahres Wort."
sein Bruder zu Wasseralfingen die gleiche Summe, und weil dieser jetzt ohne Erben gestorben ist, erbte der Jtzelberger die gleiche Summe noch einmal, was ihm und seiner Familie jedermann von Herzen gönnt.
— Eine aus Oberschwaben stammende und in verschiedenen Tagesblütter übergegangene Korrespondenz über die Folgen des Fraßes der Nonnenraupe in den Staatswaldungen des Reviers Weingarten, meldet der „Staatsanz.", bedarf nach den eingezogenen Erkundigungen in mehrfacher Hinsicht der Berichtigung. — Allerdings hat die Nonne, für deren Einwanderung aus Bayern übrigens keinerlei Anzeichen vorliegen, wie bekannt, auch im Revier Weingarten Schaden angenchtet. Da jedoch in zwei früheren Fällen die von der Nonne beschädigten Bestände sich wieder begrünt hatten, so glaubte die Verwaltung die Fällungen zunächst auf die haubaren Bestände, welche schon im Lauf des Winters niedergelegt worden sind, beschränken, im übrigen aber eine zuwartende Haltung einnehmen zu sollen. Ende Februar d. I. ist nun aber, und zwar, wie uns mitgeteilt wird, infolge des außerordentlich kalten, Hellen und trockenen Winters mit seinen lange andauernden Nordostwinden, eme stellenweise Bräunung der Bastschichte in den Baumgipfeln eingetreten, welche eine weitere Ausdehnung in der Fällung des im übrigen vollständig gesunden Holzes jetzt angezeigt erscheinen ließ. Glücklicherweise hat aber, wie wir weiter erfahren, der Schaden entfernt nicht die gemeldeten Dimensionen angenommen, denn der Einschlag soll sich nicht einmal auf den zehnten Teil der Staatswaldfläche des Reviers erstrecken und der Gesamtanfall des Holzes nur etwa 95,000 und über Abzug der schon im Winter gefällten Holzmassen nur 75,000 Festmeter betragen. Dem Vernehmen nach soll ferner der Verkauf des anfallenden Materials, nachdem die heurigen Nadelholzfällungen in einem großen Teil der Staatswaldungen des Landes bekanntlich namhaft beschränkt worden waren, schon sehr weit vorgeschritten und der weitaus größere Teil des Gesamtanfalls in feste Hände, insbesondere in diejenigen der Industrie, übergegangen sein.
Baden-Baden, 8. März. Bei einem gestern nacht ausgebrochenen Feuer brannte der Dachstock des Sanatoriums ab. Alle Bewohner wurden wohlbehalten gerettet und für die Unterbringung der Patienten Sorge getragen, so daß die Kur derselben keinerlei Unterbrechung erleidet.
Hanau, 9. März. Gestern sollte m dem benachbarten Städtchen Windecken eine antisemitische Versammlung stattsinden, auf welcher der Rcichstags- abgeordnete Dr. Böckel als Redner fungieren wollte. Der Andrang zu der Versammlung aus dem Orte selbst und der Umgegend war sehr groß, so daß der Versammlungssaal auf der sog. Hochmühle sich als viel zu klein erwies. Die Sozialdemokraten, denen man den Zutritt in den Saal zu versperren suchte, drangen gewaltsam in denselben ein und ließen Dr. Böckel nicht zum Worte kommen. Es kam bald da
rauf zu Ausschreitungen, die sich auf den Straßen fortsetzten und denen gegenüber die Polizei machtlos war. Auf telegraphischem Wege wurde deshalb soldatische Hilfe von Hanau requiriert. Gegen '/-9 Uhr ertönten hier die Alarmsignale und die in den Gasthäusern zerstreuten Soldaten eilten der Kaserne zu. In kurzer Zeit war eine Kompagnie marschbereit, jeder Soldat wurde mit fünf scharfen Patronen ausgerüstet. Per Extrazug wurde das Militär vom Nordbahnhof aus nach Windecken befördert. Als dasselbe dort anlangte, hatte sich der Aufstand jedoch bereits gelegt und ein Einschreiten des Militärs war nicht mehr nötig.
München, 6. März. August Kindermanw ist heute früh infolge eines Schlaganfalls gestorben. Kindermann, königl. Kammersänger und Ehrenmitglied der Münchener Hofbühne, war in seiner Blütezeit einer der hervorragendsten Baritonisten seiner Zeit und gebot noch im hohen Greisenalter über große Stimmmittel und eine bedeutende Darstellungskraft. Beim Münchener Publikum war er in seiner jahrzehntelangen Wirksamkeit im höchsten Maße beliebt; in der deutschen Theaterwelt galt er als eine der vornehmsten und liebenswürdigsten Gestalten der alten Schule.
— Auf entsetzliche Weise verunglückte am Mittwoch in der Luxuspapierfabrik von Priester und Exck in der Dresdener Straße in Berlin ein dortselbst angestellter Maschinenmeister. Derselbe wollte eine Verrichtung an der Maschine machen, als seine linke Hand von den Walzen der Maschine gefaßt wurde. Im Nu zermalmten die Walzen den Arm. Der Bedauernswerte, welcher zuerst noch versucht hatte im Augenblick der drohenden Gefahr die Maschine abzustellen, war sofort ohnmächtig umgesunken. Er wurde nach einer Klinik geschafft, woselbst ihm der Arm amputiert worden ist. Der Verunglückte ist Vater von vier Kindern und kürzlich erst von einem schweren Schicksalsschlage getroffen. worden. _
Warnung !!! Immer von neuem tauchen weitere Nachahmungen der ächten Apotheker Richard Brandt'^ Schweizerpillen auf und kann nicht dringend genug anempfohlen werden, stets beim Ankauf darauf zu bestehen, daß die Schachtel als Etikette ein Weißes Kreuz in rotem Felde und den Namenszug Richard Brandt trägt, alle anders verpackten Schachteln sind falsch und unbedingt zurückzuweisen. .Die auf jeder Schachtel auch quantitativangegebenen Bestandteile sind: Tilge, Moschusgarbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian." _
Landwirt. AezirLsverem.
An solche Vereinsmitglieder, welche in der Schweinezucht Hervorragendes leisten, wird der landw. Bezirksverein Prämien austheilen auf Grund des Gutachtens einer vom Ausschuß zu bestellenden Commission, welche die bis 1. Mai 18S1 bei mir anzumeldenden Thiere Anfangs Mai 1891 besichtigen wird.
Calw, den 11. März 1891.
Vereinsvorstand:
Supper.
Tages-Ueuigkeiten.
Böblingen, 7. März. (Das große Loos.) Der glückliche Gewinner des Looses Nr. 30,252 mit 20,000 ist Weber Spengler in Dagersheim.
Stuttgart, 9. März. Am Sonntag Vormittag spielte auf dem Marktplatz ein jüngerer Küfer mit einem Doppelterzerol, wobei der Schuß losging, dem jungen Menschen den Zeigefinger der linken Hand streifte und von den vielen umstehenden Kindern einen 12jährigen Knaben in den linken Oberarm traf. Der leichtsinnige junge Mann hat eine empfindliche Strafe zu erwarten.
Stuttgart, 9. März. Gestern mittag hat sich in der Jlgenstraße ein verheirateter, 25 Jahre alter Eisenbahnarbeiter in seiner Wohnung erhängt. Das Motiv ist unbekannt. — Gestern nachmittag fiel auf dem Neckar in Cannstatt ein mit 4 Herren besetzter Nachen um, wobei einer derselben ertrank. Sein Leichnam konnte noch nicht aufgefunden werden.
Winnenden, 8. März. Gestern Nachmittag ereignete sich in Schwaikheim ein bedauerlicher Un- glücksfall. Das etwa 17jährige Dienstmädchen einer Wittfrau wollte aus einer sog. Angersengrube Rüben holen; kaum aber war sie in dieselbe hinabgestiegen, als die durch das Thauwetter aufgeweichten Seitenwände einstürzten und die Unglückliche unter sich begruben. Trotzdem sofort Hilfe bei der Hand war, konnte das Mädchen nur noch als Leiche hervorgezogen werden.
Rottenburg, 9. März. In der Nacht vom Sonntag sind gegenüber der Brandstätte in der Neujahrsnacht wieder 6 Häuser abgebrannt.
Königsbronn, 7. März. Einem armen, aber rechtschaffenen Hammerschmied zu Itzelberg, der wegen Kränklichkeit nicht mehr arbeiten kann und sich mit seinen 9 Kindern seither kümmerlich durchbrachte, wurden anfangs dieses Jahrs aus einer Erbschaft aus Amerika 52 000 ^ ausbezahlt. Mit ihm erbte auch
JenkinS machte sich gleich auf, um sie zu suchen; er lief denselben Weg, den wir mit dem Wagen gemacht, zu Fuß zurück, um die Kleine zu entdecken, aber eS war umsonst — er fand sie nicht. Dagegen erhielt er von einem Soldaten einen Hieb in die Schulter; zu Tode erschöpft und ermattet, kehrte er am Abend zu uns zurück, und da seine Verwundung, die freilich nicht gefährlich war, ihn daran hinderte, seine Nachforschungen fortzusetzen, fiel mir dies Amt zu. Ich hing an Lilly, als ob sie mein eigen Kind gewesen wäre, und cs war mir keine Mühe zu viel; aber die beiden folgenden Tage vergingen, obne daß ich eine Spur von dem Kinde gefunden hätte. Endlich am dritten Tage kam unser Pferdewächter mit verstörtem Gesicht ins Zelt und winkte mir, ihm hinaus zu folgen; draußen stand ein Arbeitsmann, der mich fragte, ob das Kind, welches wir suchten, blonde Locken gehabt habe. Als ich bejahte, sagte er scheu und mitleidig: Am Saum des nächsten Gehölzes liege die Leiche eines etwa fünfjährigen Kindes — das Gesichtchen sei ganz zerschossen, aber eS sei von langen, hellblonden Locke» umrahmt und — was soll ich lange Umschweife machen. Ich folgte dem Manne an die bezeichnet« Stelle und fand Ales, wie er es beschrieben. Don dem süßen Gesichtchen war freilich kein Zug mehr zu erkennen, aber die blonden Locken waren dir der armen klemm Lilly. Wir ließen die Leiche anständig begraben, und bevor wir weiterzogen, gaben wir dem Arbeiter, der im nächsten Dorfe wohnte, etwas Geld, damit er das kleine Grab pflege. So — das ist'S, waS ich von Lilly weiß.'
.Und ist Jhnm nie der Gedanke gekommen, das getötete Kind könne nicht Ihre kleine Lilly gewesen sein?' fragte der Advokat lebhaft.
.Nein — ich glaube bestimmt, daß es die arme Kleine war,' sagte Frau Sarah; »wmn auch Henry, der sich absolut nicht darein finden konnte, Lilly verloren zu haben, daran zweifelt.'
.Und worauf gründeten sich Ihre Zweifel?" fragte Herr Wapping gespannt.
.Auk die Thatsache, daß der klemm Leiche das goldene Kettchen mit der Hakdwß fehlt«', sagte der Zwerg, ^Lilly durste dasselbe nie ablegen und —'
.Aber ich sagte gleich, das sei kein Beweis,' fiel Frau Sarah dem Gatten ins Wort; wie leicht konnte Jemand das Kettchen an sich nehmen, weil es so hübsch war. Hatte man der armen Kleinen doch auch das Kleidchen ausgezogen, als wir sie fanden — es giebt leider genug schlechte Menschen die sich nicht scheuen, Lebende wie Tote zu bestehlen.'
.Und doch möchte ich mich der Ansicht Herrn Jenkins anschließen, daß die kleine Leiche nicht diejenige Lilly's war,' sagte Herr Wapping ernst.
.Hm — das ist wieder so ein Advokatenkniff, uns um die Belohnung zu bringen,' murmelte Frau Jenkins erbittert.
.Nein, Frau Jenkins," entgegnete der Advokat gelaffen, „mein Zweifel gründet sich auf den Umstand, daß ich eine junge Dame kenne, deren Schicksale mit denen des vermißten Kindes genau übereinstimmen und —'
„Aber ich habe Lilly mit diesen meinen Augen tot vor mir gesehen,' unterbrach Frau Jenkins den Advokaten heftig.
Taubert hatte während der ganzen Verhandlungen kein Wort gesprochen, dagegen unausgesetzt die Thür im Auge behalten. Jetzt erhob er sich und flüsterte dem Advokaten einige Worte ins Ohr» Herr Wapping blickte ihn erstaunt und verständnisvoll an, schien sich aber endlich, wenn auch mit Widerstreben, der geflüsterten Bitte de« Detektiv zu fügen; er ging in das Nebenzimmer, schloß die von demselben auf den Korridor führende Thür ab und überreichte dm Schlüffe! kopfschüttelnd Herrn Taubert, der ihn dann schmunzelnd einsteckte. '
„Herr Jenkins,' sagte der Advokat jetzt, „würden Sie die goldene Kette mit der Haselnuß wiedererkennen, wenn Sie dieselbe sähen?'
„Unbedingt — jederzeit.'
„So warten Sie einen Augenblick.'
Der Advokat schloß seinen Schreibtisch auf, nahm aus einem Fach desselben, die Kette, welche Fräulein Maitland ihm anvertraut, und legte das klein« Schmuckstück in die Hand des Zwerges. (Forts, folgt.)