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Beklagten zur Zeit des Eheabschlusses wird auf 16050 angegeben, wobei jedoch zu bemerken ist, daß nur ein geringer Teil in barem Gelde, das übrige in Büchern, Gemälden, Waffen, Wäsche und Kleidern bestand. Im Mai 1888 faßte der Beklagte mit Zu­stimmung der Klägerin den Entschluß, in Heilbronn -eine Zeitung zu gründen. Hiezu wurden von dem Gelde der Klägerin 11000 ^ verwendet. Frau Lipp siedelte nicht nach Heilbronn über, es fehlte ihr wohl das Vertrauen zu der Sache. Ihr Later Carl Mayer selbst bezeichnet« das Unternehmen als ein Kapital fressendes Abenteuer." Als Frau Dr. Lipp den Versuch machte doch nach Heilbronn zu ziehen und dort in Begleitung ihres Vaters eine Wohnung eingesehen hatte, war es auf dem Wege zum Bahn­hof zwischen den Ehegatten zu einer heftigen Scene gekommen. Lipp rief schließlich seiner Frau zu: Fahre du mit deinem Vater zum Teufel"! Seine späteren Versuche ein Zusammenleben wieder zu be­werkstelligen, scheitertcnsämtlich. Ueber seinen Schwieger­vater schrieb er an seine Frau in despektierlicher Weise; unter anderem redet er auch von demland­bekannten Mayer'schen Egoismus", den Beobachter nennt er einbankerottes Blatt", dessen Hebung ihm trotz aller Anstrengung nicht gelungen sei. Nicht geringes Aufsehen erregte im Laufe der Verhand­lung nachstehender Vorgang. Der Beklagte hatte sich zum Eide darüber "erboten, daß es nicht wahr sei, daß er mit Rechtsanwalt Payer zwecks Veranstaltung einer Unterredung zur Beilegung der ehelichen Zwistig­keiten schriftlich unterhandelt habe. Als aber Rechts­anwalt Kapp ein diesbezügliches Schreiben des Dr. Lipp dem Gerichtshöfe vorlegte, da gab es allerseits erstaunte Gesichter. Der Vertreter der Klägerin nahm Anlaß zu bemerken, daß der Vorfall beweise, daß Lipp es mit dem Eide nicht genau zu nehmen scheine, weshalb es angezeigt sein dürfte, ihn in diesem Prozesse überhaupt nicht zum Schwure zuzulassen.

Heilbronn, 22. Febr. Von Mitgliedern des hiesigen Bürgerausschusses soll der Antrag gestellt worden sein, dem Dichter Ludwig Pfau, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, das Ehren­bürgerrecht unserer Stadt zu verleihen.

Rottweil, 24. Febr. In der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag wurden dem Kreuz­wirt Mayer in Villingendorf, O.-A. Rottweil, 362 bares Geld und 3 Pfd. Emmenthalerkäse mittelst Einbruchs gestohlen. Der Dieb gelangte zu­nächst in das zu ebener Erde gelegene Wirtschafts­zimmer, von wo aus er die Thüre des Nebenzimmers anbohrte, sich eine Oeffnung schaffte, durch dieselbe hineingriff und so die von innen versperrte Thüre öffnen konnte. Das Geld war in einer verschlossenen Kommode aufbewahrt, welche der Dieb aufsprengte. Die Landjägermannschaft ist auf der Suche nach dem nicht ganz unbekannten Thäter.

Hohenheim, 22. Febr. Heute früh ist eine dem landwirtschaftlichen Institut gehörige, auf freiem Felde stehende Heufeime durch böswillige Hand ange­zündet worden und abgebrannt. Es waren über 1500 Ztr. Heu; der Schaden beträgt ca. 3000 -A Der Thäter ist nicht ermittelt, x

DieTüb. Chron." schreibt: Aufsehen erregt der Bankerott des Bankiers Engel in Rotten - bürg. Die Passiva sollen mehrere hunderttausend Mark betragen. Ein Gönninger Bürger soll mit

60000 ^ betroffen, zahlreiche mittlere Leute in Wurmlingen und anderen Orten sollen gleichfalls in Mitleidenschaft gezogen sein.

Ellwangen. Eine Versammlung von Bier­brauern aus Stadt und Bezirk hat in der Frage einer gerechteren Verteilung der Malzsteuer beschlossen, eine mit Unterschriften versehene Eingabe im Sinne des Bietigheimer Beschlusses Abs. 3 an die Stände­kammer zu richten und zugleich die Abgeordneten um ihre Unterstützung zu bitten. Im gleichen Sinne hat Aalen beschlossen. Es dürste sich nach Ansicht der Beteiligten empfehlen, oberamtsweise so vorzugehen und die Eingaben durch den Brauerbundausschuß überreichen zu wollen.

Ellwangen, 24. Febr. Heute brachte man die irdischen Ueberreste Friedr. Retters zu Grabe. Die überaus zahlreiche Begleitung zu seiner letzten Ruhestätte bekundete, in welch hoher Achtung der Entseelte stand. Die Feuerwehr hier gab das Ehren­geleite. Nach beendigter kirchlicher Feier traten ver­schiedene Deputierte an das Grab unv gaben ihren Ge­fühlen in warm empfundenen Worten Ausdruck unter gleichzeitiger Niederlegung von Lorbeerkränzen so ein Deputierter des Landeskomites der Volkspartei aus Stuttgart; ein Vertreter der Volkspartei des zweiten Wahlkreises aus Eßlingen, sowie des Volks­vereins in Heidenheim. Regierungsrat Oberamtmann Göbel anerkannte die ersprießliche Thätigkeit des Dahingegangenen im landwirtschaftlichen Verein, Be­zirksinspektor Textor die aufopfernde Hingabe des­selben im Interests der Feuerwehr, deren langjähriger Kommandant Retter war.

Waldsee, 24. Febk. In der Fastnacht ver­lor ein Zimmermann von Menisweiler sein Notizbuch, welches zwei Fünfzigmarkscheine enthielt. Es zeigte sich bisher trotz Ausschreibens kein redlicher Finder. Da wurde die Fahndungspolizei auf einen Eisenbahn- taglöhnsr, der an einem einzigen Tag für 18 ^ Freizeche in einer Wirtschaft bezahlte, aufmerksam ge­macht. Die Beobachtung des Mannes ergab weitere Verdachtsgründe. Nach einigen Kreuz- und Quer­fragen durch einen Landjäger gestand derselbe, das Buch samt Geld gefunden zu haben. Hierauf wurden die beiden Scheine auf der Bühne vorgefunden. Das für den Zimmermeister wertvolle Notizbuch scheint aus Furcht vor Entdeckung vernichtet worden zu sein.

Straßburg, 26. Febr. Gestern fand beim Statthalter ein parlamentarisches Fest­essen statt, zu welchem die Spitzen der Civil- und Mili­tärbehörden, sowie die Mitglieder des Landesausschusses geladen waren. Bei der Tafel brachte der Statthalter ein Hoch auf den Kaiser aus und hielt alsdann eine längere Ansprache, worin er der Freude über das Vertrauen und die loyale Gesinnung der Bevölkerung Ausdruck gab; auch das Vertrauen zu den besseren Absichten der westlichen Nachbarn habe sich gesteigert, welches, da es früher bisweilen gestört wurde, die Maßregeln veranlaßte, die teilweise noch auf dem Lande lasteten. Beiderseits sei Hoffnung vorhanden, zu normalen Zuständen zurückzukehren. Zum Schluffe bemerkte der Statthalter gegenüber den über seinen Rücktritt verbreiteten Gerüchten, er werde aus dem Posten bleiben, so lange er das Ver­trauen des Kaisers besitze.

Berlin, 24. Febr. Der Kaiser stattete

Ich folgte ihm war er doch mein Herr, dem ich seit meinem fünfzehnten Jahre gedient.

Der Freiherr führte mich in ein an sein Badezimmer stoßendes Kabinet, in welchem allerlei herrenloses Gerümpel aufgestopelt war und befahl mir, hier das Feldbett, welches im Badezimmer stand, aufzuschlagen. Ich wunderte mich über den seltsamen Auftrag, wagte aber keine Widerrede ich glaubte anfänglich, der Schrecken habe den Freiherrn verwirrt, und erst viel später begriff ich, daß er nie klarer und schärfer kombiniert hatte, als er in jener Stunde.

Nachdem das Bett aufgeschlagen war, hieß mich der Freiherr Vorräte an Speise und Trank herbeischaffen, und als ich auch dieses Geheiß befolgt hatte, gebot er mir, das Fenster des kleinen Gemachs zu schließen und ihm dann in den Speise- saol zu folgen, dessen sämmtliche Thüren er verschlossen hatte, damit Niemand von der übrigen Dienerschaft den schrecklichen Anblick, der sich dort den Augen bot, ge­wahren sollte, wie er sagte.

Während ich das Fenster schloß, hörte ich den Riegel der Thür vom Bade­zimmer aus vorschieben, das Kabinet hatte nur diesen einzigen AuSgang, und ich war gefangen, wenn ich auch nicht ahnte, weßhalb. Der Freiherr rief mir zu, ich sollte mich ruhig verhalten und Geduld haben das Weitere werde sich finden. Halb betäubt von den schrecklichen Vorgängen warf ich mich aufs Bett und schlief ein als ich erwachte, war es fast dunkel geworden. Das einzige Fenster des im zweiten Stock gelegenen Kabinets ging auf den Hof; ich blickte hinaus und sah beim Schein der dort brennenden Laterne den Kutscher den Wagen hinausschieben und und anspannen. Bald darauf erschien der Freiherr, ilnn folgten zwei Diener, welche die wie gebrochen dahinschreitende Wütwe Jerome's führten und in den Wagen hoben. Der Freiherr stieg gleichfalls ein, die Pferde zogen an und fort rollte der Wagen. Erst viel später erfuhr ich, daß der Freiherr an diesem Tage seine Schwieger­tochter nach Wansmore ins Gefängnis gebracht und dem wachthabenden Beamten milgeteilt hatte, die junge Frau habe ihren Gatten erschossen!

dem Reichskanzler General v. Caprivi heute einen Besuch ab und beglückwünschte denselben zu seinem 60. Geburtstage.

Berlin, 26. Febr. Das Rezept, nach wel­chem Professor Liebreich sein Heilmittel be­reitet, lautet: Zwei Zehntel Gramm Kantharidin, vier Zehntel Gramm Kalihydrat (oder drei Zehntel Natronhydrat) genauest abgewogen und in einem Tau- send-Cubikcentimeter-Maßkolben mit etwa zwanzig Cubikcentimeter Wasser im Wasserbads erwärmt, bis eme klare Lösung erfolgt; dann wird allmählich unter fortdauernder Erwärmung, bis ungefähr zur Marke, Wasser zugesetzt und nach Erkalten der Flüssigkeit bis genau zu einem Liter Wasser aufgefüllt.

Newyork, 24. Febr. Heute wurden, wie schon kurz gemeldet, 5 ungarische Bergleute lebend ans Tageslicht gebracht, welche seit dem 14. ds. in dem Kohlenbergwerk Jeansville in Psnnfylvanien be­graben waren, als das Wasser dasselbe überflutete. Alle 5 hatten furchtbar von Hunger und Durst ge­litten und konnten vor Schwäche kaum stehen. Einige Tage hindurch fristeten sie ihr Leben von den von anderen Bergleuten in der Grube zurückgelassenen Lebensmitteln. Hierauf tranken sie das Oel ihrer Lampen. Schließlich blieb ihnen zum Löschen des Durstes nur das an den Wänden des Ganges durch-, sickernde stark schwefelhaltige Wasser. Die Freude der ungarischen Bergleute des Distrikts, als sie von der Rettung ihrer Landsleute hörten, kannte keine Grenzen.

Calw.

Lau-ivirt. Kezirksoerein.

Nachdem der Preis für Original Probsteicrhaber auf Mk. 16. Pr. 156 Pfund ermäßigt ist, fordern wir unsere Mitglieder auf, die günstige Gelegenheit eines Saatfruchtwechsels nicht unbenutzt zu lassen und ihren Bedarf, in Säcken ä 150 Pfund ausgedrückt, alsbald^ bei dem Unterzeichneten anzümelden.

Calw, 25. Februar 1891.

Der Sekretär:

Hugo Rau.

Standesamt ßalw.

Geborene:

17. Febr. BerthaPauline.TochterdesGottliebNiehm, Schlossermeisters.

17. Veronika, Tochter des Josef Trotter, Stein­

brechers.

Getraute:

24. Febr. Christian Bertsch, Schuhmachermeister hier mit Sofie Friedrike Beu ttenm üll er. Gestorbene:

21. Febr. Rudolf Stäubli, Ist- Jahre alt, Sohn des Jakob Stäubli, Werkführers.

22. Jakob Eckardt, Steinbrecher, 56 Jahre alt. 22. . Johanna Maria S ch a u b, 6 Monate alt,

Tochter des Wilhelm S ch a u b, Schuh­machermeisters.

Gottesdienst

am Sonntag, den 1. März.

Vom Turm: 132.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr Abendpredigt: Herr Helfer Eytel. _

Vier Tage nach der Mordthat fand das feierliche Leichenbegängnis Jeroms Rockwald's Statt, ich sah von meinem Gefängnis aus den Zug vom Schloßhof nach der in der Kapelle befindlichen Gruft schreiten und weinte heiße Thränen, weil ich meinem jungen Herrn nicht das letzte Geleit geben durfte. Der alte Freiherr versorgte mich regelmäßig mit allem Nötigen später habe ich erfahren, daß er der Dienerschaft mitgeteilt, ich sei plötzlich irrsinnig geworden und müsse deshalb so streng verwahrt werden.

Volle sechs Monate habe ich in jenem Kabinet zugebracht, dann verfiel ich in ein Nervenfieber und so durste ich, nachdem ich genesen war, mein Gefängnis verlassen. Inzwischen waren sämmtliche Diener entlassen und durch ganz fremde Leute ersetzt worden; ich erfuhr nur allmählich und stückweise, was sich ereignet hatte, und als ich meinen Herrn kniefällig bat, meinen Schwur zu lösen, weigerte er sich dessen. Ich will meinem schlimmsten Feind nicht wünschen, daß er die Qualen erdulde, die ich' seit fast zwanzig Jahren ertragen habe vielleicht ist's eine ebenso große Sünde, daß ich jetzt meinen Schwur gebrochen, aber ich konnte nicht anders."

Diese letzte Sünde will ich auf mich nehmen," sagte Wapping mit einem tiefen Atemzug.Ihr müßt Eure Aussagen vor dem Amt wiederholen, und Gott gebe, daß die arme schwergeprüfte Frau noch lebt! Aber wenn sie auch tot ist, so ist's doch eine heilige Pflicht, die Schmach von ihrem Namen zu nehmen und daS Andenken der Armen zu reinigen."

Ach. sie ist sicher todt," flüsterte Martin,denn ich habe zweimal ihren Geist gesehen. Das erste Mal sah ich sie am Sarge des alten Freiherrn am Abend vor dem Begräbniß; ich trat ins Sterbezimmer, um das nasse Tuch auf dem Gesicht des Toten zu erneuern, und da stand Frau Katharina's Gesicht am Fußende des Sarges und blickte starr auf den Toten. Ich schrie laut auf und schloß die Augen, als ich wieder aufblickte, war die Gestalt verschwunden, und ich sah, daß das Fenster geöffnet war."

(Forts, folgt.)