M 26 .
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
66. Iahrgaux.
Erscheint Di en S l a g , Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezir? und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Samstag, den 28. Februar 1891.
LbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt 90 Pfg. und 20 Psg. Trägerlohn, durch die Post biogen Ml. 1. lü, sonst in ganz Württemberg Ml. 1. Sb.
Amtliche Bekanntmachungen.
Calw.
Die Ortslwrsteher
derjenigen Gemeinden, in welchen sich Betriebskrankenkassen und eingeschriebene Hilfskassen befinden, werden daran erinnert, daß di; Uebersichten und Rechnungsabschlüsse pro 1890 spätestens bis zum 1. April d. I. an das Oberamt einzusenden sind.
Die Vorlage vor diesem Termin ist zweckmäßig und erwünscht.
Den 26. Febr. 1891.
K. Oberamt. Supper.
Bewerberausruf.
Zur Besorgung der Straße Teinach-Schmieh' ist auf 1. April d. I. ein Wärter mit einem Jahresgehalt von 310 ^ anzustellen. Diese Stelle wird zur Bewerbung hiemit ausgeschrieben.
Calw, den 27. Febr. 1891.
K. Oberamt. Supper.
Amtliche Delrallntumchulig.
betreffend Maßregeln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.
Der auf Montag den 2. März d. I. entfallende Viehmarkt in Pforzheim wird nicht abgehalten werden.
Calw, den 26. Febr. 1891.
K. Oberamt. Amtmann Bertsch.
Tages-Neuigkeiten.
sAmtlichesff Seine Majestät der König haben am 24. d. Mts. die erledigte Reallehrstelle am Reallyceum in Calw dem Hilfslehrer Dan gel in Ravensburg unter gleichzeitiger Verleihung des Titels eines Oberreallehrers, allergnädigst zu übertragen geruht.
sAmtliches.s Seine Königliche Majestät haben am 23. d. M. den Oberförster Kurz in Plattenhardt seinem Ansuchen gemäß auf das Revieramt Stammheim, Forsts Wildberg, allergnädigst versetz^
^Liebelsberg, 25. Febr. Daß man auf unserer Höhe auch recht alt werden kann, beweist, daß ein hiesiger Bürger, Namens Friedrich Rentsch- ler, heute seinen 98. Geburtstag feiert, derselbe ist am 25. Febr. 1793 geboren; seine Gesundheitsverhältnisse sind noch befriedigende und lassen hoffen, daß er seine 100 Jahr erreichen könnte. In seiner Jugend diente der Betagte längere Zeit als Knecht in der „Kanne" in Calw.
Herrenberg, 23. Febr. Leider haben wir schon wieder von einer Messeraffaire zu berichten. Am Sonntag Nacht um 11 Uhr hatten in Gültstein zwei verheiratete Männer von dort, der Schreiner Johs. Kapp und der Taglöhner Jak. Friedr. Reichert, einen Wortwechsel miteinander, in Folge dessen Kapp, der ein Nachbar des Reichert ist, an dem Hause desselben hinaufschimpfte. Reichert schimpfte zum Fenster heraus, kam schließlich herunter und ging mit einem Stecken in der Hand auf Kapp zu, worauf ihm dieser zwei Stiche beibrachte. Der Verletzte ist noch nicht außer Gefahr, wird jedoch wahrscheinlich mit dem Leben davonkommen.
Stuttgart, 26. Februar. Gestern verstarb hier nach kurzer Krankheit im 69. Jahre seines Lebens Freiherr Wilhelm König von Königshofen, geb. den 14. Juli 1822, K. Kammerherr, seit nicht
weniger als 35 Jahren ritterschastlicher Abgeordneter für den Donaukreis, 1866 bis 1882 Mitglied des weiteren ständischen Ausschusses, K. Badekommissär für Wildbad, Mitglied der Kommission von Sachverständigen für das Konservatorium der vaterländischen Kunst- und Altertumsdenkmale, Mitglied der weiteren Kommission für die Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmale, Ehrenritter des Ordens der württembergischen Krone, Kommenthur 2. Klaffe des Friedrichs-Ordens, Ehrenritter des Johanniter- Ordens. — Der verstorbene Freiherr hat, wie schon aus der Erzählung seiner mannigfachen von ihm mit Auszeichnung versehenen Aemter und Ehrenämter hervorgeht, seinem König und seinem Land stets in hingebender Thütigkeit gedient und sich in langer und hervorragender Laufbahn immer als ein treuer Sohn seines Vaterlandes gezeigt. Dem strammen, lebhaften und energischen Herrn hätte niemand angesehen, daß er schon die Siebenzig streifte. Für die deutsche Sache ist Freiherr W. König stets mit patriotischer Gesinnung eingetreten. Der Hingang dieses Edelmanns, Ehrenmanns und ausgezeichneten Charakters wird in weiten Kreisen Teilnahme erwecken.
Stuttgart, 19. Febr. Ein interessanter Prozeß spielte sich heute in mehrstündiger Verhandlung vor dem zweiten Zivilsenat des Kgl. Oberlandesgerichts hier ab. Durch Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 14. Nov. 1890 wurde Frau Bertha Lipp geb. Mayer in Stuttgart mit der Klage gegen ihren Ehemann Dr. Franz Lipp in Heilbronn, Herausgabe eines ehelichen Beibringens betreffend, kostenpflichtig abgewiesen, gegen welche Entscheidung sie Berufung an das Oberlandesgericht einlegte. In der heutigen Verhandlung war die Klägerin durch Rechtsanwalt Kapp von hier, der Beklagte durch Rechtsanwalt Wendler von Heilbronn vertreten. In die am 12. April 1886 abgeschlossene Ehe wurde seitens der Klägerin ein Vermögen von 30 510 ^ (Wertpapiere und 7000 ^ Fahrnis) eingebracht; das Vermögen des
euitteton.
WerfehmL.
Nach amerikanischem Motiv frei bearbeitet von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
„Geh' immerhin", rief er finster. „Deine Gegenwart besudelt mein Haus! Nun, weßhalb zögerst Du — Du meinst wohl, Jerome werde Dich auf Deinen Irrfahrten begleiten? Geh' nur allein — Jerome ist der Sohn dieses Hauses — sobald er Dich nicht mehr sieht, wird er Dich vergessen, und je eher Du den Staub von Rockwalds von Deinen Füßen schüttelst, um so lieber wird's ihm und mir sein!"
„Du irrst, Vater", sagte Jerome tiefernst, indem er den Arm um Katharina legte, die halb ohnmächtig an dem Nähtisch lehnte , auf welchem die Pistolen lagen, „in Armut und Reichtum, in Not und Tod, in Krankheit und Gesundheit bleiben wir vereint, bis der Tod uns scheidet, und so wahr Gott mir helfe, ich werde Katharina nie verlassen!"
Hoch aufgerichtet stand Jerome seinem Vater gegenüber, der offenbar nicht erwartet hatte, so energischem Widerspruch zu begegnen. In ohnmächtiger Wut hantierte der alte Freiherr mit den Pfftolen; er nahm eine derselben auf, untersuchte den Lauf und behielt die Waffe wie spielend in der Hand.
„Er will mich verlassen — seinen Vater verlassen", stöhnte der alte Herr endlich; „das Lärvchen einer Dirne hat ihn geblendet — er vergißt, was er mir schuldig ist, und schleift seine Ehre durch den Koth!*
Wie von einer Natter gestochen, fuhr die junge Frau auf, und das andere Pistol ergreifend, rief sie verzweifelt:
„Nein, Jerome — durch mich sollst Du nicht unglücklich werden — ich weiß, was ich zu thun habe!" und dabei untersuchte sie den Lauf der Waffe und richtete dieselbe auf ihr eigenes Herz!
Wie ich bereits gesagt, hatte ich mich in den Winkel neben der Thüre gedrückt - ich war wie gelähmt vor Emsetzen und diese Empfindung steigerte sich, als ich den alten Freiherrn, welchem die junge Frau den Rücken kehrte, gleichfalls die Waffe erheben und auf seine Schwiegertochter richten sah. Jerome hatte inzwischen seiner Gattin die Pistole aus der Hand gewunden — im gleichen Moment krachte ein Schuß und dtr unglückliche Jerome stürzte entseelt zu Boden, während der alte Freiherr einen Wutschrei ausstieß und sein noch rauchendes Pistol von sich schleuderte, — Katharina war, als sie ihren Gotten zusammenstürzen sah, ohnmächtig über ihn gesunken — sein Herzblut rieselte aus ihre weißen Hände und auf ihre goldenen Haare, welche weithin über den Teppich fluteten.
Als ich die Beiden regungslos dalicgen sah, kroch ich aus meinem Winkel hervor und nahm die Pistolen auf, wobei ich gewahrte, daß dirjenige, welche die junge Frau noch mit der Rechten umklammert hielt, nickt abgeschoffen war. . . . Der alte Freiherr hatte wie blödsinnig auf die Leiche seines Sohnes geblickt; als er jetzt gewahrte, daß ich die Waffen untersuchte, richtete er sich entschlossen auf, legte mir die Hand auf die Schulter und sagte mit hohler Stimme:
„Martin — ich habe meinen Sohn erschossen — Gott weiß, daß ich es nicht gewollt, aber der Böse muß den Laus meiner Waffe gelenkt haben! Du bist der einzige Zeuge der entsetzlichen That — nieder auf Deine Kniee und schwöre mir, daß Du das Geheimnis dieser Stunde Dein Lebenlang bewahren willst!"
Ich leistete den Schwur, den er mir langsam vorsprach — ich qlaut^ damals nicht anders, als daß er nur seine Mifsethat verheimlichen wollte, unijk da er ohnedies durch seines Sohnes Tod schwer genug gestraft war, hielt ich es nicht für Sünde, sein Gebot zu erfüllen. Erst nachdem es zu spät war. erfuhr ich, in welcher Weise er seine Macht benutzte, um die arme junge Frau zu vernichten; nachdem ich geschworen, wollte ich versuchen, der Ohnmächtigen beizustehen, aber er litt es nicht. —
„Sie wird schon wieder zu sich kommen," sagte er hart. „Unkraut verdirbt nicht! Komm jetzt mit mir, eS ist viel zu ordnen!"