von dem verheerenden Element ergriffen«und in kurzer Zeit in Asche gelegt. Bei dem einen Abgebrannten konnte leider nur wenig gerettet werden, auch einige Schweine gingen zu Grunde. Brandstiftung wird vermutet.
Marbach, 21. Febr. Ein vorgestern wegen Bettels hie verhafteter Stromer hat im Ortsarrest seine sämtlichen Kleider zerrissen und die Fenster des Lokals eingeschlagen. Als er mittags dem Oberamt vorgeführt werden sollte, fand man ihn nackt im Arrest stehen, so daß man ihn vorher wieder mit Kleidern versehen mußte. Das Richtige wäre eigentlich gewesen. Man hätte den Burschen, so wie er angetroffen wurde, einfach noch eine Nacht in dem Arrest ohne Fensterscheiben belasten. Der Kerl wäre so abgekühlt worden, daß er in seinem Leben nicht mehr an derlei Streiche gedacht hätte.
Neulautern, 23. Febr. Vorgestern morgen wurde die Leiche des 60jährigen Händlers Kircher von hier auf der Markung Löwenstein gefunden. Allem Anschein nach ist derselbe auf dem glatten Weg so unglücklich gefallen, daß er bewußtlos wurde und dann in der kalten Nacht erfror.
Laupheim, 23. Febr. Heute nacht wurden durch ein Bubenstück mehrere Einwohner in Schrecken versetzt. Nach 1 Uhr wurden in der Wohnung des Oberamtsrichters 8 Scheiben mit faustgroßen Steinen eingeworfen, desgleichen mehrere Fenster bei Fabrikant Schümm und an zwei weiteren Häusern zertrümmert, jedesmal gerade im Schlafzimmer, so daß Kinder wie Erwachsene in Gefahr schwebten. Da der Brandstifter in der Fabrik früher beschäftigt war und eine ziemlich unsaubere Kameradschaft hatte, so vermutet man einen gewissen Zusammenhang mit den früheren Vorkommnissen.
Waldsee, 20. Febr. In Witschwende wurde der Gemeinderat Gerai daselbst in seiner eigenen Behausung von einem Stromer mit einem Messer überfallen. Der Strolch führte mit der Waffe einen furchtbaren Stoß nach dem Unterleib Gerais. Glücklicherweise konnte sich letzterer im gleichen Augenblick schnell zurückziehen, so daß ihm nur dre Weste und Beinkleider durchschnitten wurden. Der Attentäter ist an das hiesige K. Amtsgericht eingeliefert. — Seit letzten Dienstag wird ein irrsinnig gewordener Knecht, welchen sein Dienstherr für einstweilen im hiesigen Spital unterbringen wollte, der aber vor dem Eintritt in dasselbe ausriß, vermißt.
Friedrichshafen, 21. Febr. Des niederen Wasserstandes wegen können drei schweizerische Schiffe „Helvetia", „Zürich" und „Thurgau" den Lindauer Hafen nicht mehr befahren. Der schweizerische Dampfer „Schaffhausen" soll durch ein neues Halbsalon-Dampf- boot, den „Säntis", ersetzt werden, dessen Bau an die Firma Escher, Wyß und Komp, in Zürich vergeben ist. — Aus den Pfahlbauten bei Sipplingen wurden in den letzten Tagen verschiedene Artefakte gehoben, einige Gefässe, Nadeln, Aextchen, Handhaben rc. aus Knochen und Geweihstücken, Steinbeilchen rc.
Die Ausgrabungen werden, da der niedere Wasserstand anhält, fortgesetzt.
Berlin, 23. Februar. Die Sitzungen des Reichstags betr., schreibt das „Frkf. I." : Das Häuflein der Abgeordneten, welches heute den Sitzungssaal noch nicht zur Hälfte füllen konnte, erinnerte lebhaft an die Zeit, da die Beratung des Altersund Jnvaliditätsversicherungsgesetzes auf der Tagesordnung stand. Damals schleppten sich die Verhandlungen ebenfalls langsam und ermüdend für Abgeordnete und Zuhörer hin, gerade so wie heute bei dem Arbeiterschutzgesetze. Damals hieß es, der böse Kartellreichstag sei schuld daran, daß keine beschlußfähige Anzahl von Abgeordneten zusammenkomme, jetzt ist der Kartellreichstag seit langem nach Hause gegangen, die Parteien, welche damals am lautesten gegen den geringen Besuch des Reichstags protestierten sind in vermehrter Anzahl eingezogen, aber es ist dasselbe geblieben. Die Beschlußfähigkeit des Reichstags ist auch in dieser Sitzungsperiode sehr oft nicht vorhanden und nur dem guten Willen der sozialdemokratischen Opposition ist es zu danken, daß nicht öfter die Verhandlungen abgebrochen werden müssen. Wir sind überzeugt, daß in dem englischen Parlamente die irrische Opposition z. B. von der gefährlichen Waffe der Anzweiflung der Beschlußfähigkeit in einer ähnlichen Lage weit öfter Gebrauch gemacht haben würde, als das die deutschen Sozialdemokraten thun. Aber die Gefahr der Verschleppung der Verhandlungen besteht und das sollte die einzelnen Parteien, welche doch den ernsthaften Wunsch hegen, das Arbeiterschutzgesetz möglichst bald zu erledigen, bestimmen, zahlreicher auf dem Plane zu erscheinen. Allerdings thun die Beratungen im preußischen Abgeordnetenhause den Verhandlungen des Reichstags großen Abbruch, man hätte hier sicherlich einen besseren mockus vtvonäi zwischen Abgeordnetenhaus und Reichstag finden können.
' Paris, 23. Febr. Die Kaiserin Friedrich wohnte gestern Vormittag dem Gottesdienst in der deutschen Kirche in der Rue Royale und Nachmittags dem Gottesdienst in der englischen Kirche bei. Das Frühstück nahm die Kaiserin bei dem bayerischen Geschäftsträger Freiherrn v. Tücher ein. Zum Diner auf der deutschen Botschaft waren der griechische Gesandte und Frau Delyannis, der holländische Gesandte, der frühere französische Botschafter in Berlin Baron Courcel und einige Herren der deutschen Botschaft geladen. Auf dem sich anschließenden kleinen Empfang erschienen Baronin von Mohrenheim, der russische Botschaftsrat v. Kotzebue und Gemahlin und die übrigen Mitglieder dieser Botschaft; ferner Jules Simon, Baron und Baronin v. Erlanger und einige andere distinguierte Persönlichkeiten. Heute Vormittag 10 Uhr begab sich die Kaiserin nach Versailles. Sie fuhr mit dem Grafen Münster in einem von diesem selbst gelenkten Phaeton. In einem offenen Landauer folgten Prinzessin Margarethe, Gräfin Perponcher, Graf Seckendorfs und Graf Arco. Die Kaiserin be
sichtigte das Schloß und das Museum von Versailles, sodann den Park und die beiden Trianons. Kurz nach 5 Uhr war die Kaiserin wieder in der deutschen Botschaft zurück. Dem Vernehmen nach wird die Kaiserin ihren Aufenthalt in Paris bis zum Freitag verlängern.
Paris, 24. Februar. Die Absicht der Teilnahme der französ. Maler an der Berliner Ausstellung und die Reise der Kaiserin Friedrich besprechend, erheben heute alle Blätter die Frage, ob der Augenblick jetzt schon gekommen sei, wo sich Frankreich Deutschland nähern könne. Die meisten geben eine bejahende Antwort, indem sie dabei hervorheben, daß die Annäherung nicht zum Bündnisse werden könne, da Frankreichs Pflicht sei, Rußlands Freund zu bleiben. Die Zahl derjenigen Blätter, welche die Annäherung bekämpfen, ist gering. In politischen Kreisen ist man einigermaßen verwundert, daß die russische Presse Besorgnisse kundgibt über das Ergebnis welches die Reise der Kaiserin zur Folge haben könne.
Halifax, 23. Febr. Reuter meldet: Gestern fand auf der Kohlengrube Springhill eine heftige Grubenexplosion statt. Es befanden sich etwa tausend Arbeiter in den Bergwerken. Bisher sind 75 Leichen aufgefunden, zahlreiche weitere Tote werden befürchtet.
Uermischies.
Eine berechtigte Empfehlung an die kaufmännische Welt macht jetzt zu Gunsten der Briefsortierung betrauten Postbeamten die Runde durch die deutschen Zeitungen. Es wird darauf hingewiesen, daß sich, namentlich in den bedeutenderen Verkehrsplätzen, fast täglich in dem am Sortierspind stehenden Korb 800—1000 Briefe einsinden, von denen über die Hälfte mit blauen, graublauen und grünlich grauen Briefumschlägen (Couverts) versehen sind. Die Adresse ist mit grünlicher oder rötlicher Tinte geschrieben; derartige Adressen zu lesen, strengt die Augen sehr an, besonders bei Nacht bei Gas- und Lampenlicht und es bilden solche Briefe ein Attentat auf die Sehkraft des Postbeamten. Die Absender solcher Briefe sind gewöhnlich die Geschäfts- und Kaufleute. Fragt man nach dem Grund, weshalb solche farbige Umschläge verwendet werden, so wird man keine erschöpfende Antwort erhalten, man sagt höchstens, es ist so Brauch, es ist so Mode. Auch werde angeführt, daß die farbigen Couverte hauptsächlich durch ihre Billigkeit in Aufnahme gekommen seien. Sie seien absolut undurchsichtig, ein Haupterfordernis bei Geschäftsbriefen. Daß aber durch dieses wohlfeile Papier und die abscheuliche Tinte den Postbeamten die nicht wieder zu ersetzenden Augen verdorben werden, das bedenken die Absender nicht. Es sei also allen Briefschreibern im deutschen Reiche dringend zu empfehlen, zu den Briefumschlägen künftig nur weißes Papier und zur Aufschrift nur schwarze Tinte zu verwenden.
„Der alte Freiherr blickte die unerwarteten Gäste — wir wußten nicht anders als daß Jerome noch in Europa sei — erstaunt an, aber er vernachlässigte niemals die Pflichten der Höflichkeit, und so hieß er mich, den Herrschaften Erfrischungen zu präsentieren, nachdem er seinen Sohn begrüßt und ihn gebeten hatte, ihn seiner Begleiterin vorzustellen!"
„Vater", sagte Herr Jerome mit einer Stimme, der man die innere Erregung ansah; „ich gestatte mir, Dir meine Gattin vorzustellen!"
„Deine Gattin ?" wiederholte der alte Herr verblüfft, die Dame ist Deine Gattin?"
„Ja, Vater — vor sechs Wochen wurden wir in Saratoga getraut."
„Und wie hieß die Dame, bevor sie Deine Gattin ward?"
„Katharina Dane — sie ist die einzige Tochter des Majors Dane!"
„Des Majors Dane? Doch nicht des Besitzers vom Weidenhof?" rief der alte Herr in atemloser Spannung.
„Doch, Vater — Katharina ist die Tochter eben jenes Mannes. Nimm sie freundlich auf, Vater — sie hat um meinetwillen viel erduldet! Ihr Vater hat sie verflucht und enterbt, weil sie die Meine geworden — entschädige Du sie für die Vaterliebe, die sie verloren!"
Katharina hatte in angstvoller Spannung den Worten ihres jungen Gatten gelauscht; als Jerome sie jetzt seinem Vater entgegensührte, schlug sie die thränen- chweren Wimpern auf und streckte dem Freiherrn zaghaft die Rechte hin.
Aber der Freiherr beachtete ihre Bewegung nicht; ein böses Lächeln spielte um seine Lippen und in seinen Augen glommen düstere Flammen, so daß mir, der ich regungslos im Winkel neben der Thür stand, nichts Gutes ahnte. Seltsamerweise konnte ich den Blick nicht von den Pistolen wenden, die auf dem Nebentisch lagen und ich hätte viel darum gegeben, wenn die Erde sich geöffnet und die unseligen Waffen verschlungen hätte. — Als der alte Herr konsequent schwieg, trat Jerome näher an ihn heran und sagte leise und bittend:
„Vater, Du wirft es uns nicht entgelten lassen, daß wir unsere Heirat ohne Dein Vorwissen geschloffen haben? Ich war Deiner Nachsicht und Liebe so sicher.
bin ich doch Dein Einziger und hast Du mir doch stets bewiesen, daß Dir kein Opfer zu schwer ist, sobald es sich um mein Glück handelt! Nun, Vater — willst Du Deine Tochter nicht willkommen heißen — Katharina sehnt sich nach Deiner Liebe!"
Immer noch schwieg der alte Freiherr; die junge Frau war bleich geworden, als sie sein versteinertes Gesicht beobachtet hatte, und sich ängstlich an ihren Gatten schmiegend, rief sie schluchzend:
„Jerome — bringe mich fort von hier — ich kann diese kalte Verachtung nicht ertragen! Komm, Jerome, laß uns gehen!"
„Nicht von der Stelle, bevor Ihr meine Meinung gehört," donnerte jetzt der alte Herr, indem er furchtbare Blicke auf die junge, zitternde Frau warf. „O," fuhr er dann höhnend fort, „Du bist ein würdiger Sprößling der gottverfluchten Dane'S! Wie ein Dieb in der Nacht stahlst Du das Herz meines Sohnes — ich möchte Jerome lieber tot in der Gruft seine: Ahnen, als an Deiner Seite sehen!"
„Vater." schrie Jerome in heißem Zorn, „bedenke, es ist meine Gattin, die vor Dir steht! Jeder Schimpf, den Du ihr anthust, fällt auf Dein eigen Haupt zurück, denn sie ist eine Rockwald von Rockwalde!"
„Nimmermehr werde ich sie als Rockwald achten! Sie ist und bleibt eine Dane, und dies Haus soll eher in Flammen aufgehen, als daß es sie als seine Herrin bewillkommnet. Aber Gott Lob und Dank, noch giebt's Gerichtshöfe im Lande, und ich werde Himmel und Erde in Bewegung setzen, bis die mir verhaßte Ehe wieder getrennt worden ist!"
Katharina schrie laut auf.
„Fort aus diesem Hause," rief sie außer sich, „habe ich darum meines Vaters Fluch erduldet, um hier beschimpft zu werden! Wir haben übereilt gehandelt, aber solche Schmach ist unverdient, und ich will nicht leben, wenn man mich wie eine Dirne behandelt!"
Sie strebte der Thüre zu, und ich sah, daß ihr Blick wie unbewußt auf den blitzenden Waffen haftete. Auch der alte Freiherr hatte dies bemerkt und er stachelte die Verzweifelnde mit giftigem Hohn. (Forts, folgt.)