M 15. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 66. IahrMg.

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Erscheint Di en s t a g , Donnerstag und SainStag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Dienstag, den 3. Jebruar 1891.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt rn Pfg. vu* 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. LS, sonst Lv ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Tages Neuigkeiten.

* Calw. Bei der am 1. Dezember vor. Jahres vorgenommenen allgemeinen Volkszählung im deutschen Reich wurde für Württemberg eine Gesamtbevölkerung von 2,035,443 Ortsanwe­senden ermittelt, wovon 981737 dem männlichen und 1 053 706 dem weiblichen Geschlechts angehören. Gegen den Stand vom 1. Dez. 1885 ergiebt sich eine Zu­nahme von 40258 Personen, gleich 2,02"/«, während in der vorausgegangenen Zählperiode 188085 der Zuwachs 24067 oder 1,22°/» betragen hatte. Der Schwarzwaldkreis hat um 5893 (1,24°/») Personen zugenommen. Das Oberamt Calw hatte am 1. Dez. 1885 eine Bevölkerung von 25 696 Personen, nach der neuesten Zählung ist aber eine- Abnahme von 381 Ortsanwesenden zu verzeichnen, somit zählt der Bezirk jetzt 25 315 Personen.

Z Calw, 2. Februar. Am Samstag. abend veranstaltete der Calwer Liederkranz im Badischen Hof eine FastnachtSfeier mit Ausführung komischer und heiterer Gesänge und anschließender Tanzunter­haltung, welche sehr zahlreich besucht war. Der Chor trug 2 Lieder vorDer rechte Spielmann" von Riegel undStoßseufzer nach Moses" von Hölle. Außerdem zählte das Programm noch 9 Nummern, komische Scenen für mehrere Männerstimmen, Couplets und Borträge eines Tyrolermännerquartetts. Sämt­liche Aufführungen wurden mit viel Humor und großer Natürlichkeit gegeben und erregten dadurch stürmische Heiterkeit und Beifall. Ein buntbewegtes Leben herrschte den Abend über in den großen Räum­lichkeiten, geschmackvolle und originelle Masken ver­liehen dem Ganzen besonderen Reiz und unter den Klängen der Kapelle bewegten sich die tanzenden Paare m fröhlichsten Reigen. Die Abwickelung des Pro­

gramms ging flott von statten, so daß die diesjährige Fastnachtsfeier als eine sehr gelungene bezeichnet werden muß, was auch von allen Seiten anerkannt wurde. Noch wollen wir erwähnen, daß Küche und Keller des Hrn. Thudium nichts zu wünschen übrig ließen, namentlich war das Bierstüblein, in dem ein vorzüg­liches bayrisches Bier verzapft wurde, immer voll von Gästen.

Dieser Tage ist der von der hies. Stadt­gemeinde bei einer rheinischen Fabrik bestellte Nachen eingetroffen. Derselbe ist ganz von Zink und faßt bequem 15 Personen; trotz dieser Größe wiegt der­selbe nur etwa 7 Zentner, so daß er von den Jn- saßen beim Gebrauch ohne besondere Anstrengung über weniger tiefe Stellen hinweggehoben werden kann. Der Nachen wird an Stelle des unbrauchbar gewordenen alten treten und in Fällen, wenn Hoch­wasser die Straßen überschwemmt, zur Verwendung komMN. Die Anschaffungskosten betragen etwa 400

(Amtliches.). Am 23. Januar wurde von der Evangelischen Oberschulbehörde die Schulstelle in Reichenberg, Bez. Backnang, dem Schullehrer Schäfer in Oberreichenbach, Bez. Calw, die in Hegensberg, Bez. Eßlingen, dem Schullehrer Graser in Hühnerberg-Meistern, Bez. Calw, die in Breitenberg, Bez. Calw, dem Schulamtsverweser Betz daselbst, die in O b e r k o l l w a n g e n, Bez. Calw, dem Unterlehrer Mayer in Seissen, Bez. Blaubeuren, übertragen.

Vom 1. Februar 1891 an ermäßigen sich sämtliche Gepächtaxen für den direkten Verkehr zwischen den beteiligten württembergischen Stationen und solchen des rheinischen Eisenbahnverbandes. Nähere Auskunft erteilen die Gepäckstellen in Bietigheim, Cannstatt, Eßlingen, Friedrichshafen, Heilbroim, Ludwigsburg,

Mühlacker, Sigmaringen, Stuttgart, Teinach, Ulm und Wildbad.

Nagold, 29. Januar. In einer der letzten Sitzungen des Genwinderats hat derselbe auf eine Bitte des hiesigen Militärvereins beschlossen, jedem Landwehrmann, welcher zur Waffenübung einrücken muß, einen Beitrag von je 5 ^ aus der Stadtkasse zu verwilligen.

Böblingen, 27. Jan. Gestern wurde auf der Jagd Sr. Hoheit des Prinzen von Weimar im hiesigen Stadtwald von Herrn Graf von Dillen in Dätzingen ein prächtiger Hirsch, Vierzehnender, erlegt.

Stuttgart, 28. Jan. Nach längerem Be­mühen ist es dem Verein zur Gründung von Ar­beiterkolonien in Württemberg gelungen, ein passendes Gut für eine Kolonie im Unterlande zu entdecken, da bekanntlich die bisher einzige Kolonie Dornahof im Oberlande (bei Saulgau) gelegen ist. Heute wurde, wie man hört, der Ankauf des Gutes Erlach bei Großerlach, 7 Kilom. von Murrhardt ent­fernt, für 80000 perfekt. Die neu zu gründende zweite Kolonie wird etwa 100 Kolonisten, worunter auch entlassene Strafgefangene Berücksichtigung finden sollen, aufnehmen können.

Stuttgart, 30. Januar. Die Teilnahme, welche dem unglücklichen Ende des Restaurateurs Pfalz entgegengebracht wird, zeigte sich gestern nach­mittag bei der Beerdigung aus dem Pragfriedhof an der Größe der herbeigeströmten Menge, es mögen über 1000 Personen gewesen sein. Eine große Zahl von Blumen und Kränzen, gespendet von Gesellschaf­ten, Vereinen, Klubs, Stammgästen, die im Kaiser­hof verkehrten, schmückten den Sarg. Die Schlay'sche Kapelle hatte aus eigenem Antrieb die Trauermusik gestellt. Kaplan Ströbele hielt die Grabrede.

6 1111 6 1 Nachdruck verboten.

W e r f e H nr t.

Nach amerikanischem Motiv frei bearbeitet von A. Geisel.

(Fortsetzung.)

9. Kapitel.

Eine Woche war verstrichen; der letzte Besitzer von Nockwalde war in der Gruft seiner Väter beigesetzt worden zum ewigen Schlaf und das Begräbnis hatte mit all dem Pomp stattgefunden, auf welchen Rang und Reichtum ein Recht besitzen. Eine kostbare Sammetdecke hatte den Sarg verhüllt; der Leichenwagen war mit den kostbarsten Blumen und Kränzen geschmückt gewesen, aber das Eine, was kein Besitz erkaufen kann, die Thräne heißen Schmerzes aus dem Auge des im Herzen Leidtragenden, hatte gefehlt. Wohl empfand die Dienerschaft Kummer um den Verlust des Herrn, aber dieser Kummer galt mehr der durch den Tod des Freiherrn hervorgerufenen Unsicherheit der Zukunft, und nur der alte Martin, der seit Jahren um seinen Gebieter gewesen war, fühlte die Lücke, welche der Tod verursacht hatte-

Herr Varley wartete ungeduldig auf das Eintreffen des Detektivs, der seiner Ansicht nach schon längst hätte da sein müssen; auch heute saß er wieder, die unver­meidliche Cigarre im Mund, vor seinem Schreibtisch in seinem Bureau und grübelte darüber nach, warum Kapitän Taubert nicht wenigstens Nachricht gegeben habe, als ein kurzes leichtes Pochen an der Thür ihn seinen Betrachtungen entriß.

Herein!" rief er lebhaft und im nächsten Augenblick stand der Erwartete im Zimmer und sagte im geschäftsmäßigen Tone:

Ich komme in Folge eines Telegramms, welches mir nach Chikago nachge­sandt wurde mein Name ist Taubert."

Ach wirklich ich freue mich, Sie zu sehen," rief Varley aufspringend,ich habe Sie sehnsüchtig erwartet. Bitte, nehmen Sie Platz ich werde meinen Kom-

Jch vermute, Sie beriefen mich zur Ermittelung von Thatsachen, welche mit diesem Plakat in Verbindung sieben?" fragte Taubert. ein mit riesigen schwarzen Lettern bedrucktes großes rotes Papier entfaltend und auf den Tisch legend.

Ah sind die Plakate wirklich schon angeschlagen," rief Vaney erfreut; dann hat die Druckerei wirklich ihr Möglichstes geleistet."

Gerade, als ich in diese Straße einbog, war ein Mann mit dem Auskleden der Plakate beschäftigt," nickte der Kapitän,und so bat ich mir ein Exemplar aus."

Varley hatte inzwischen das Plakat durchflogen und las jetzt mit halblauter Stimme den Inhalt vor. Die Ankündigung lautete:

20000 Dollars Belohnung Demjenigen, welcher Auskunft über Katharina Rockwald und ihre Tochter geben kann. Katharina von Rockwald, geb. Dane, ent­wich am 10. September 1860 aus dem Gefängnis zu Wansinoore und ist seitdem verschollen. Nähere Auskunft erteilen die Advokaten Varley und Wappina in Rich- mond, und zahlen die genannten Herren auch die oben angekündigte Summe aus falls glaubwürdiger Nachweis über die Gesuchten erbracht wird."

Nach der ausge'etzten Summe zu urteilen, muß es ein wichtiger Fall sein um den es sich handelt." bemerkte der Detektiv, indem er tue Cigarre, welche Varley' ihm bot, dankend ablehnte.

Dem ist auch so," bestätigte Varley;ich werde Ihnen mitteilen, was ich über die Angelegenheit weiß; ich will Ihnen indeß nicht verhehlen, daß ich dieselbe für ziemlich aussichtslos halte die Gesuchte ist vermutlich längst tot uns begraben."

Dann wäre freilich nichts mehr zu machen," äußerte der Kapitän gleichmütig; ich muß übrigens gestehen, daß ich ziemlich neugierig darauf bin, Näheres zu erfahren."

Ihre Neugier soll sofort befriedigt werden, da indeß jetzt meine gewöhnliche Frühstücksstunde angebrochen ist, denke ich, wir brechen gemeinsckaftl-ch einer Flasche den Hals. Es plaudert sich dabei nicht schlecht und Sie sollen Alles erfahren, was ich selbst über die Sache weiß viel ist's freilich nicht."

Ich bin daran gewöhnt, mich mit knappen Umriffen und Daten zu behelfen," nickte der Kapitän;das Fehlende ergänze ich dann nach Bedarf."

Varlev batte inzwischen die Thüre geöffnet und nach Matthias gerufen.