Reichskanzler Graf Hertliug
führt u. a. folgendes aus: Der Reichstag Hai den berechtigten Anspruch. Ausschluß über die außenpolitische Lage und die von der Reichslettung dazu eingenommenen Stellung zu erhalten. Zu wiederholten Malen ist von oieser Stelle an« gesagt worden, daß
wir nicht daran denken, Belgien zu behalten,
den belgischen Staat z« einem Bestandteil des Deutschen Reiches zu mache», daß wir aber, wie das ja auch in der Papstnote vom 1. August 1917 ausgesührt wurde, vor der Gefahr behütet bleiben müssen, daß das Land, mit dem wir nach dem Kriege wieder in Frieden und Freundschaft l> den «olle», zu« Gegenstand oder zum Aufmarschgebiet feind- licher Machenschaften würde. Ueber die Mittel, dieses Ziel zu «rreichen. um damit dem allgemeinen Weltfrieden zu dienen, sollt« in einem derartigen Kreis« verhandelt werden. Wenn also ein Borschlag in dieser Richtung von der Gegen- feite, namentlich etwa von der Regierung in Le Havre erginge. so würden wir uns nicht ablehnend verhalten, wenn auch di« Besprechung selbstverständlich zunächst nur eine anoerbindliche sein könnte. Einstweilen aber scheint es nicht, als ob die erwähnte Anregung des englischen Parlamentariers Aussicht hätte, greisbar« Gestalt anzunrhmen. Also muß ich die bisherige Methode des Dialogs Sber den Kanal und über den Ozean deibehalteu. Indem ich mich hierzu anschtcke, gebe ich gern zu, daß
die Botschaft de» Präsidenten Wilson vom I I. Februar vielleicht einen kleinen Schritt zur gegen- fettige« Annäherung darstellt und erkläre somit Herrn Wil- fon, daß «in allgemeiner Friede aus seinen Grundlagen erörtert »erden kann. (Bewegung.) Nur ein Vorbehalt ist zu machen: Es müßten die Grundsätze nicht nur von dk« Präsidien der Bereinigte» Siaaten vorgeschlagen. sondern auch von alle» Staaten und Völkern tatsächlich «Mtrsann» sein (Gehr wahr!) Herr Wilson, der dem deutschen Reichskanzler gelegentlich eine gewisse Rückstän- digkeu vorwkft (Heiterkeit), scheint mir in seinem Ideen- ßluge der bestehenden Wirklichkeit wett vorangeeilt zu sein. Gewiß, ei« Völkerbund, der aus Gerechtigkeit und gegen- seitiger.Anerkennung aufgehaut wäre, wäre «in Zustand der Menschheit» in dem mit alle» Arten früherer Barbarei auch der Krieg völlig verschwunden wäre und es dein« Blutopfer, keine Selbstzerfleischung der Völker, keine Zerstörung mühsam errungener Kullmwerke mehr geben würde. S» wäre ein Zustand, auf das innigste zu wünschen. Noch ist dieses Ziel nicht erreicht.
Noch best« hl kei» von allen Siaaten zur Wahrung des Friedens im Name» der Gerechtigkeit errichtetes Schiedsgericht. Wenn Herr Wilson gelegentlich sagte, der deutsche Reichskanzler spreche zu einem Gerichtshof der ganzen Will, so muß ich. wie die Dinge jetzt stehen, im -kamen des Deutschen Re che» und seiner Verbündeten diesen Gerichtshof als befangen ablehnen (Beifall), so freudig ich es auch begrüßen würde, wenn ein unparteiisches Schieds- gericht bestände, und so gern ich dazu michelsen würde, einen solchen idealen Zustand herbeiznsühren. Leider aber ist von einer ähnlichen Gesinnung bei den führenden Mächten der Entente nichts zu spüren.
Rach dem Abbruch der Friedensoerhandlungen seitens dar russischen Delegation am 10. Februar hatten wir Ruß- land gegenüber freie Hand. Der 7 Tage nach jenem Ab- beuch begonnen«
Vormarsch unserer Truppen hatte lediglich den Zweck, uns die Früchte des mit der Ukraine geschlossene» Frieders zu sichern. Sroberungs- tindenzen waren in keiner Weise bestimmend. Unterstützt wurden wir dabei durch den Hilferuf der Ukraine, sie in d« Ordnung ihres jungen Staats Wesens gegen die von den Vglscheryik! unternommenen Störungen zu unterstützen.
Wenn sich dann weiterhin militärische Operationen aus anderen Gebieten anschlofsen, so gilt von ihnen dasselbe. Sie verfolgen schlechterdings kein Eroberungezlel. Sie geschehen ausschließlich aus die eindringlichen Bitten und Bo-stellun- gen der Bevölkerung hin. die gegen die Greueltaten und Verwüstungen der Roten Garde und anderer Banden zu schützen sind. Sie find somit im Namen der Menschlichkett unternommene Hilfsmaßnahmen und sollen keinen anderen Charakter haben. Es gilt. Ruhe und Ordnung im Interest« der friedlichen Bevölkerung zu schaffen. Wir denken nicht daran, uns etwa in Esthland oder Livland sestzusttzen, sondern haben nur den Wunsch, mit den dort entstehenden Staatsgebilden nach dem Kriege in gutem freundschasüichem Verhältnisse zu leben. Ueber Kurland und Litauen brauche ich heute nichts zu sagen. Es gilt, den Bevölkerungen jener Länder Organe ihrer Selbstbestimmung oder Srlbst- verwaliung zu schaffen oder die schon im Ausbau begriffenen zu stärken. Der weiteren Entwicklung sehen wir mit Ruhe entgegen.
Die m liiärische Aktion im Osten hat aber einen weit über das ursp Lngliche gesteckte, von mir soeben bezeichnet? Ziel hioausgeheriden Erfolg gezeitigt. Es ist ja den Herren schon ans den vom Herrn Staatssekretär de« Auswärtigen gemachten Mitte lungen b.könnt, de ß Herr Lutzky sich durch Junkspruch. dem alsbald die schriftliche Bestätigung folgte, bereit erklärt hat, die abgebrochenen Friedens- Verhandlungen wieder aufzunehmen. Unsererseits ist sofort durch die Ueberskndung unserer Friedensbedingungen in der Form eines Ultimatums geantwortet worden. Gestern nun — und das ist die hoche freultche Mitteilung, die ich Ihnen, meine Herren, zu machen habe, — ist die Nach icht eingetroffen, daß die Petenbmgcr R gieruvg unsere Friedens- b dingungen angenommen (Beifall) und Vertreter zu weiteren Verhandlungen nach Brest-Li-owsk abg sandt hat. Demgemäß sind noch die deutschen Delegierten gestern abend dorthin gereist Möglich, daß über Einzelheiten noch gestritten wird, aber die Hauptsache ist erre chn Der Friedens- «iü« ist von russischer Seite ausdrücklich kundgetan; unsere Bedingungen sind angenommen, der Friedensschluß muß in kürzeste-Frist erfolgen. (Lebst Beifall.) Um die F üchte unseres Friedens m t der Ukraine zu sichern, hat unsere Heeresleitung das Schwert gezogen.
Der Friede mit Rußland wird das glückliche Ergebnis sein.
(Brisall.) Die Freuds hierüber werden wir uns auch durch die immer mehr durch die Welt gehenden törichten und aufreizenden Funksprüche nicht verkümmern lasten.
Die Friedensosrhandlungen mN Rumänien haben am gestrigen Tage in Bukarest in Gegenwart des Herrn Staatssekretär des Auswärtigen begonnen. Es erschien notwendig, daß dieser in den ersten grundlegenden Tagen dort anwesend sek. Nunmehr ober dürste er sich alsbald nach Brest-Litowsk begeben. Bei den Verhandlungen mit Rumänien ist zu bedenken, daß wir nicht allein daran beteiligt find und die Verpflichtung übernommen haben, uns für die berechtigten Interessen unserer getreuen Verbündeten, O-sterrelch-Ungarns, Bulgariens und der Türkei einzusetzen und den Ausgleich etwaiger auseinander» gehender Wünsche zu suchen. Wir werden möglicherweise Schwierigkeiten haben, aber bei allseitigem guten Willen werden sich diese Schwierigkeiten überwinden lasten. Aber auch Rumär-ien gegenüber «utz für uns der Grundsatz leitend sein, daß wir die Staaten, mit denen wir jetzt, aus den Erfolg unserer Waffen gestützt, Frieden schlllßen, zu unseren Freunden in der Zukunft machen wollen.
Wie Sie, meine Herren, aus den gegebenen Darlegungen entnommen haben, ist die Aussicht cuf einen
Frieden an der gesamten Ostfront von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer in greifbare Nähe
Sei «sera Marine in AMdern?)
L. Fahrt z«r Front.
Rach über 24stündiger Fahrt hält der Zug in Brügge. Stven Tag nur brauchte das Dampfroß, um mich aus der Reichshaupistadi zum Sitz des Marinekorps zu bringen. Warum war diese Fahrt zur Front so ganz, ganz anders als meine sonstigen vielen Etfenbahnsahrten im Frieden? Well mit jedem Kilometer, den unser Zug westwärts eilte, da« Erleben de» Krieges und seiner Folgeerscheinungen immer näher an das Herz pochte, weil die Befriedigung üb« deutsche Ordnung und über die ruhige selbstsichere Be- tütignng aller Krirgmaßrrahmen sich mischte mit dem Stolz üb« so viel Fleiß und Kraft, die besonders an der- Reiches Vestmark au jedem rauchenden Schlot, jedem feuerspeienden Hochofen die deutsche SiegesentschloflenheU Künder Einst Stätten friedlicher Arbeit, Geburtsorte deutscher Schaffens, frondigkeit und Tüchtigkeit eines die engen Heimarsisseln hängenden Ausdehnungsdranges, ist heuie ursere In- «rprte, Helferin des Heeres und der Flotte, schmiedet sie die Waffen, die unsere Heimat vor feindlichen Einbruch bewahrten, so, wett die Grenzen gegen Ost und West vor- geschoben! Teure, deutsch Heimat!
Ueber die stark«» Stahlträger der Eisenbahnb-Ücke war d« Zug gerollt. Silbern glänzt das Bett unseres Herr- llchsten deutschen Stromes zu den Füßen, der in ruhiger Getosten heil seine Fluten von der Quelle im Schweizer Ländckeu, durch blühende deutsche Gauen nordwärts wälzt, dem Men zu. das hrnte der Schauplatz grimmigster Fehde
») Wir o-kgffentllch«« mit diesem Artikel de« erste« einer Reih« »m> »wüls io fich^eschlofseuen Asjsätzea, die sich mit dem Leben und Leide« «aserer Mart«« t« Standern befassen.
zwischen den Flotten des jungen aufstrebenden Deutschen Re-ches und des mißgünstigen Albion ist. Ihm dem grünen Strom, zu dem vor 42 Monaten die deutschen Heldenjüng- linge unter der Augustsoune strömten, ihm gilt heute die scheele Sehnsucht des gallischen Nachbarn. Bt« hierher wM fränkische Vermessenheit di« Grenze der zerfallenden Republik verschieb-». Und all die Unsummen von einzig dastehender Eniwicklung, all die Flüchte emsigen Fleißes, bis das bewundernde Auge immer wieder «stauen läßt, all die Hochstätien unserer Industrie, sie sollen vom Feinde zur willkommenen Beute «erden? Niemals! Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein! Kein Feind soll deinen Strand betreten, solange noch ein Tropfen Blut glüht und ein Arm die Büchse spannen kann, du deutschester oller Ströme!
Herbestha! liegt hinter mir. Die Grenze fliegt vorbei, am besten kenntlich an dem Wechsel der entgegenkommenden Eisen bahn zöge von der linken auf die rechte Seite. Große und kleine belg sche Landstädtchen ziehen vorüber. Bärtige Landstmmmännner mit rauchender Pfeife. An einem Bahn- wärierhaus die zwei geisteshungrtgen Worte: »Bitte Zeitung." Lüttich wird nach kurzem Aufenthalt verlassen, Löwen und Brügil passiert. Kein wahmehmdarrs Zeichen, daß wir hier in Feindesland stehen. Nur der Eisenbahnverkehr auf der ganzen Strecke deutet auf den Krieg hin, zeigt uns einen kleinen Bruchteil der tadellos orbcnden ungeheure Maschinerie, die für die Versorgung des Heere« unablässig tn rastloser Tätigkeit ist. Dre Dunkelheit ist mittlerweile eingebrochen. Weiter keucht der Zug durch das belgisch« flache Land. Tiefste Fti strrnts in allen Eisen- bahrwagen. Kein Lichtschein darf den häufig erschktrenden feindlichen Fliegern lohnendes, leuchtendes Ziel dielen.
Endlich find wir in Brügge, das Ziel meiner Reis«. Aus dem kaum erhellten Bahnhof strömen die angekom»
gerückt. (Beifall), und die des Krieges übersättete Welt, insbesondere auch in den neutralen Ländern, fragt in fiebev- hofier Spannring, ob damit nicht auch der Zugang zum evgemkinen Frieden eröffnet sei. Aber noch scheinen die Länder der Entente, scheint plan in England, Frankreich und Italien völlig abgeneigt, der Stimme der Bernunst und der Menschlichkeit Gehör zu geben. Die Well steht jetzt vor der größten schicksalsschweren Entfcheidungr
Entweder die Feinde entschließen sich. Friede« zu machen — unter welchen Boraussetzungen wir bereit fein würden, in Verhandlungen einzutreten. wissen sie —, oder aber sie meinen, den verbrecherischen Wahnsinn des Eroberungskrieges weiter forisetzen zu sollen. Dann werden unsere herrlichen Truppen unter ihren genialen Führern weiter Kümpfen. (Brisall.) Daß «nd in welchem Umfange wir dazu gerüstet sind, ist auch den Feinden zur Genüg« bekannt, und unser braves, bewunderungswürdiges Bock wird weiter aueharren. Aber das Blut der vielen Gefalle« n, die Schmerzen der Verstümmelten, alle Nöte und alles Leid des Krieges werden über die Höupter der« kommen, die sich hartnäckig weigern, der Stimme d« Bernunst und der Menschlichkeit Gehör zu geben. (Lebhafter. langanhaltender Beifall.)
Vizekanzler von Payer.
Die offizielle Vorstellung in meiner jetzigen amtliche« Eigenschaft werten Eie mir wohl erspare». Wer wie ich di's-m Hause 36 Jahre lana als Mitglied angehört hat und unmittelbar aus Ihrer Milte heraus in die Regierung berufen worden ist, kan» ihnen nicht wie «in Fremder gegenübkrtreten. (Beifall.) Umgekehrt betrachte ich es als einen wichtigen Bestandteil meiner jetzigen mrarttworlungs- reichen Ausgabe, gestützt auf mein« langjährige Tätigkeit im Hause, einem vertrauensvollen und reibungslosen Zusammenwirken zwischen Regierung und Volksvertretung die Wege zu ebnen. Heule, im vierten Jahre des Krieges, kann es für
die deutsche innere Politik über die ich sprechen möchte, nur einen Gesichtspunkt geben: Zusommensaffung aller Kräfte im Reiche, um es durch bürgerliche Einigkeit, Arbeit und Opferwilligkett unsere« stegreichen Heeren zu ermöglichen und zu erleichtern, die schwere Aufgabe zu erfüllen. Für diesen Zweck muß beseitigt werden, was an irennenden Hindernissen heute «och zwischen den verschiedenen Bevölkerung?Kreisen liegt. (Beifall.) Den Grund zu dieser Politik hat bei Beginn de« Kriege», gestützt aus die Kaiserworte vom 4. Aug. 1914, voll großzügigen Vertrauens in das ganze deutsche Bock der frühere Reichskanzler von Bsthmann Hollweg gelegt. Im gebührt dafür für immer der Dank des deutschen Volkes (lebhaft-r Beifall) und seine Nachfolge« sind dieser Losung unenttvegt treu geblieben. Damals hielt der Gedanke, daß gleichen Pflichten die gleichen Rechts entsprechen müssen, seinen Einzug in Deutschland. (Zustimmung.) Bedauerlrch, aber oerständlicherweise hat manches Vorkommnis der späteren Jahre in diese Stimmung Bresche gelegt. Ohne Opfer seitens der Einzelnen geht es dabei nicht ab. Verständlich ist auch, daß die große Masse der Bevölkerung. je schwerer die Opfer und Lasten des Krieges auf ihr liegen, umsomehr auch von dem Streben nach politischer Bewegungssreiheit, politischer Macht und nach Einfluß auf die Regierung beherrscht wird. Dem hohen Haufe ist der Entwurf eines Arbettskammergtfrtzes zugegangen, der, wie zu hoffen, lange Kämpfe aus diesem politischen und sozialen Gebiet befriedigend schlichten wird. Der Entwurf eine« Grfttzes über die neue Einteilung der Wahlkreise zum Reichstag soll Ungleichheiten «nd Rechtsoerkümmerungev. die schwer empfunden wurden, ein Ende bereiten. Er soll zugleich die Probe aus die Durchführbarkeit der Brrhält-
meren Reisende» von Heer und Marine und werden sofort vom tiefen Dunkel der Nacht oerschlucki. Mit vieler Mühe tastete man sich aus den engen Gaffen der vorbildlich ab- geblendeten Stadt nach der Kommandantur und hotte sich Ar Weisung für das Nachtquartier. Die erste Nacht im Bereiche des Marinekorps, dessen Bereich zu besuchen mir die nächsten Tage Gelegenheit geben sollen
SchiSsalsftrrvde. Bon Franz Lüdtke.
Nun kam die Schicksalssiunde,
Nun will der Meister sehn.
Ob in der Dölderrunde
Wir treu dem Gottesbunde
Der Prüfung schwersten Tag bestehn.
Heil uns, wenn wir entfernten,
Was Trug und Furcht gelehrt;
Wenn w r vom Schicksal lernten.
Wie man der Zukunft Ernte»
In seines Volkes Scheuern fährt.
Heil uns, wrnir wir vom Schlechten Uns scheiden immerdar,
Wenn wir. die Starken. Echten,
Den heiligen Sieg ers chten Als unsres Herrn erwählte Schart
Dann von den Bergen schreitet Der Friede in das Tal!
Aus Gottes Höhen gleitet Sein lichter Schein und breitet Sich über Deutschland allzumal. . .
Aas de» „Türmer".