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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw
Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die EinrückungSgebühr b-trSgt im Bezirk und nächster Umgebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Amtliche Seklmiltmachlmg,
betreffend die Umlage des Geöände- vraudschadens für das Kalenderjahr 1891.
Nachdem durch Minist.-Verfügung vom 23. Dez. v. I. Regbl. S. 319 die Umlage des Gebändebrand- schadens für das Jahr 1891 in der Weise bestimmt worden ist, daß bei Gebäuden III Cl. der Beitrag Don 100 ^ Brandversicherungsanschlag zehn Pfennig
beträgt, erhalten die Gemeindebehörden die Weisung, in Gemäßheit der bestehenden Vorschriften für den rechtzeitigen Abschluß der Katasterrevisionsgeschäfte und Anlegung der Einzugsregister Sorge zu tragen.
Der Einzug der Beiträge, und deren Ablieferung an die Amtspflege ist ordnungsmäßig.zu betreiben, so daß je die Hälfte der Umlage auf 1. April und 1. August d. I. an die Brandversicherungshauptkasse zur Ablieferung gelangt.
Die Aenderungsübersichten sind unter Beischtuß des Umlagekatasters, sowie des Gebäudeschätzungsprotokolls bis 1. Februar d. I. dem Oberamt vorzulegen.
Calw, den 7. Januar 1891.
K. Oberamt.
Supper.
Tages Nettigkeiten.
Calw, 9. Jan. Zu der morgen Abend im „Bad. Hof" stattfindenden Aufführung erfahren wir noch nachträglich, daß am Schluffe derselben eine kleine Verlosung von Kunstgegenständen sich anschließen wird. Die Gewinne sind Arbeiten der Herren und dürften vielen sehr willkommen sein. Wir wünschen allen, die sich an der Aufführung beteiligen, daß ihre un
Samstag, den 1v. Januar 1891.
eigennützige Mühe durch zahlreichen Besuch gekrönt werde, ganz abgesehen von dem schönen Zweck, welchen die ganze Veranstaltung hat.
8. Breitenöerg, 6. Jan. An einem der letzten Abende hielt der gegenwärtig in Neuweiler sich aufhaltende vr. Paulus aus Stuttgart auch hier einen Vortrag über die Gefahr, welche der protestantischen Kirche von seiten der katholischen, namentlich des Jesuitenordens, droht. Aus demselben soll an dieser Stelle einiges mitgeteilt werden. Der Jesuitenorden ist nichts anderes als die Elittruppe, die Garde der katholischen Kirche, durch welche sie ihre schönsten Erfolge erzielt. Den Jesuitenorden allein zu bekämpfen, hätte nicht viel zu bedeuten, wenn er nicht die katholische Kirche hinter sich hätte. Die protestantische Kirche ging hervor aus der katholischen, sie hat sich abgeschieden aus der allgemeinen Kirche; der Grund hievon war die Unzufriedenheit mit dem Papsttum. Der Jesuitenorden entstand zur Zeit der Reformation und machte es sich zum Hauptzweck, gegen die Reformation zu kämpfen, dieselbe rückgängig zu machen. Durch ihn gelang es, die protestantische Bewegung aus vielen Ländern zu verdrängen. Die katholische Kirche scheute kein Mittel, die Ketzerei auszurotten; sie that dies mit List, Gewalt, Gefängnis und Tod. Die Menschen wurden damals rechtlos gemacht, die Katholischen tauchten Füße und Hände in Blut. Die katholische Kirche wollte um jeden Preis die prote- stantstche Bewegung wieder aus der Welt schaffen, zettelte den 30jährigen Krieg an, um ganz Deutschland unter das P apsttum zu bringen, was ihr jedoch nicht gelang, da>'Gustav Adolf von Schweden den Protestanten zu Hilfe kam. Ludwig XIV. von Frankreich wurde durch die Jesuiten veranlaßt, gegen die Protestanten und Reformierten in seinem Lande vorzugehen; dadurch sollte er Sühne für sein früheres schlechtes Leben erlangen. Die Hugenotten wurden ausgewiesen und mit Feuer, Schwert, Wasser, Galeeren u. dergl.
LbonnementSpretr vierteljährlich in der Stabt BO Pfg. u»tz ro Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Ml. 1. 15, sonst i« ganz Württemberg Ml. 1. SS.
bestraft. Es gelang ihm, Frankreich von den Protestanten zu säubern, es waren bloß noch etwa 200 000 Reformierte. Die Protestanten vergaßen die ihnen von der katholischen Kirche drohende Gefahr eine Zeck lang: Sie sahen die katholische Kirche als eine Schwesterkirche an und wollten nichts thun, was ihr mißfallen könnte. Vom deutschen Staat, nicht von der Kirche, geschah der erste Schritt gegen die katholische Kirche durch den Kulturkampf gegen die Unfehlbarkeit. Alle katholischen Orden wurden ausgewiesen und die katholische Kirche eingeschränkt. Bismarck konnte diese Gesetze nicht aufrecht erhalten, er mußte sie preisgeben auf Antrag der katholischen Parteien. Mit diesem wurden die Maigesetze rückgängig gemacht, und die katholische Kirche hatte wieder freien Spielraum. Warum hob Bismarck diese Gesetze auf? Weil er an den protestantischen Parteien keinen Halt hatte. Wahrscheinlich ist, daß der Antrag Windthorsts im Reichstag angenommen und das Jesuitengesetz aufgehoben wird. Die Genehmigung vom Kaiser und Bundesrat soll sehr wahrscheinlich sein. Die Jesuiten werden sich wieder frei bewegen dürfen. Die katholische Kirche hat ihr Wesen nicht geändert, sie will die Ketzerei ausrotten. Alle Jahre am Gründonnerstag wird in Rom vom Papst der Bannfluch gegen die Ketzerei ausgesprochen. Im verflossenen Jahr war in Chicago der 1. allgemeine katholische Kirchenkongreß, wobei einer aussprach, die ganze Welt dem Papst wieder zu unterwerfen, werde nicht lange mehr dauern. Von uns (Jerusalemsfreunden) wurde schon längst vor 30 und 40 Jahren auf diese Gefahr aufmerksam gemacht. Bei dieser Gefahr müssen wir unsere eigene Stärke ins Auge fassen, dürfen unsere Kraft nicht überschätzen. Welches sind den die protestantischen Schwächen? Die Maigesetze, die Kulturkampfgesetze konnten nicht aufrecht gehalten werden, weil unter der protestantischen Stimmung nicht genug Stimmen zu finden waren. Die protestantischen
IV, Nochdruck verboten.
herb st blatte r.
Novelle von K.
(Fortsetzung.)
H.
Sie sahen noch, wie Franz über die Straße ging, drüben die Klingel zog und in das HauS trat. Großmama hatte Furcht er würde das Geschäft versäumen, aber so verhängnisvoll war der Einfluß von „der drüben" doch noch nicht geworden; nach ein paar Minuten trat er wieder auf die Straße hinaus, allerdings mehr aus dem Grunde, weil er das junge Mädchen vor ganzen Bergen von Arbeit überrascht, als weil ihn sein geschäftliches Gewissen aus ihrer Nähe vertrieben. Sie wollte die erste freie Minute benutzen, um nach dem kranken Ivo zu sehen. Sie hatte so besorgt nach ihm gefragt und wirklich erleichtert aufgeatmet, als sie erfuhr, seine Krankheit sei unbedenklich ; ob wohl Großmama auch darin Zeichen und Berechnung zu entdecken vermöchte, fragte sich der junge Mann lächelnd.
Mit einem Freudenschrei, das ihm gleich daraus einen tüchtigen Hustenanfall zuzog, begrüßte der Knabe seinen Gast. Bei seinem Entzücken übersah sie zuerst den kühlen Empfang, den ihr die beiden Alten zukommen ließen. Auch als sie sich über das geringe Vergnügen, das ihr Kommen in ihnen erregte, nicht länger täuschen konnte, war sie billig genug, einzusehen, daß Ivo, der um ihretwillen die Großestern in der letzten Zeit ziemlich vernachlässigt, ein wenig Eifersucht begreiflich machte. Unbehaglich wurde ihr nur zu Mute, als wirklich die bemalten Taffen zum Vorschein kamen und die beiden Asten sich mit säuerlichen Gesichtern zu dem an Ivo'» Bett gerückten Tisch niedersetzten. O, es entstand keine solche Pause, wie bei dem ersten Besuch, den Franz ihr gemacht! Großmama sprach unaufhörlich auf den Gast «in, und wenn sie, um Atem zu schöpfen, innehiett, dann fiel der aste Mann mit
seiner krächzenden Stimme ein und machte irgend eine Bemerkung, die sich wie mit Wiederhaken in Johanna's Herz verfing. Ein ausgezeichnetes Paar I Wovon konnten sie die Fremde unterhalten, wenn nicht von ihrer toten Tochter, die solch ein Musterbild aller Tugenden gewesen: „ganz anders als die Mädchen, die man jetzt sieht und die nur für den Putz und das Geldhinauswerfen geschaffen sind" schnarrte der Alte mit einem Blick auf Johanna's neumodischen, in Feierabendstunden mühselig zusammengeschneiderten Anzug dazwischen, dann wieder die Großmama: „Was war Marie für eine Hausfrau, wie behaglich, wie angenehm wußte sie es ihrem Manne zu machen und wie hingen die beiden auch aneinander!" So ging es in einem Zug fort. Die Geschichte von Franzens Glück, die sie einmal aus seinem Mund vernommen, mußte sie noch einmal hören, aber von den Lippen der Alten klang sie schier wie ein Vorwurf gegen ihn. Wie durfte er sich unterfangen, noch einmal lachen und fröhlich sein zu wollen. Großmama erließ ihr nichts; sie mußte auch die ganze Krankheit und das Ende Mariens mitmachen, Franzen's Verzweiflung und das Versprechen, daß er, wenn er auch nicht gerade in Worten gebeichtet, ihr nie eine Nachfolgerin zu geben. Warum erzählte sie ihr dies, warum warf der tückische Greis höhnisch darein: „und an dieser Thatsache werden alle mannstollen Glücksjägerinnen nichts ändern!" Ihr zog sich das Herz zusammen. Ein ungeheures Mitleid mit Franz, dessen Hausgenossen, dessen einziger Verkehr mit der Welt sie waren, überkam sie. Die beiden Alten erinnerten sie, wenn sie sich so gegen über saßen mit den nickenden Köpfen, an zwei chinesische Götzen. Sie wäre um* Jvo's Willen noch gern geblieben, aber das Pärchen ward rhr unheimlich und sie erhob sich. Doch so leichten Kaufes ließen sie die Alten nicht los. Sie mußte sich noch all die Opfer erzählen lassen, die sie für den Enkel gebracht, sie mußte sich noch in kaum mißzuverstehender Weise andeuten lassen, daß man die Motive ihrer Freundlichkeit gegen daS Kind und warum sie es den Großeltern so häufig entziehe, ganz wohl verstehe. Kein Wort wurde gesagt, das sie als offenkundige Beschuldigung oder Unhöflichkeit deuten konnte. Nun ja, solch ein Kind lernt bei jungen Leuten leicht die asten vergessen; oder mit der bittersten Miene von der West, „der kleine