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keit Schwierigkeiten zu machen pflegt, wenn sie ihm allein anheimgestellt bleibt. In Hohenheim wird die­ser Kurs in der Woche vom 9. bis 14. Februar k. I. stattfinden, da sein Zustandekommen durch die sehr erfreuliche Beteiligung von Seiten unserer Landwirte gesichert ist. Es haben sich zur Teilnahme 68 Herren angemeldet, von denen der größte Teil natürlich in Württemberg zu Hause ist, zu denen indessen auch die Nachbarländer Baden und Bayern ein Kontingent stellen; gar manchen in landwirtschaftlichen Kreisen wohlbekannten und geachteten Namen weist die Liste der Teilnehmer auf. Während der obenbezeichneten Zeit werden von den Dozenten der Akademie 18 meist Lstündige Vorträge aus dem Gebiete der Landwirt­schaft und ihrer Hilfswissenschaften in zusammen 36 Stunde« «nd außerdem eine Reihe von Hebungen gehalten werden.

Heilbronn, 14. Dez. Gestern abend gegen 9 Uhr geriet ein Fuhrwerkbesitzer auf dem Wege nach Flein in Wortwechsel mit einigen jungen Burschen, welche dann zu Thätlichkeiten übergingen, wobei der Mann verschiedene Messerstiche in den Rücken erhielt. Der Verletzte wurde hieher verbracht und fand Auf­nahme im Gasthofzur Traube." Die Verletzungen sollen, wie man hört, nicht gefährlicher Natur sein.

Hall, 16. Dezbr. Die Kinder des Schuh­machers Karl Klotz hier sind am Sonntag nach dem Genuß einer Suppe unter Anzeichen von Vergiftung erkrankt; eines der Kinder ist gestorben. Die Mutter spricht die Vermutung aus, daß die Fleischbrühe ver­dorben gewesen sein könne. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.

Gmünd, 17. Dez. Von der letzten Volks­zählung ist folgendes heitere Vorkommnis hier zu verzeichnen. Eine 36jährige Dame schrieb als Haus­haltungsvorsteherin in die RubrikStand" alte Jung­fer, und in die RubrikBeruf" heiratslustig. Vom Zähler darauf aufmerksam gemacht, erwiederte die hoffnungsvolle Schöne: der Zettel kommt nach Berlin, dort darf man auch wissen, daß ich noch zu haben bin. Offenherzigkeit kann dieser Dame nicht abae- sprochen werden.

Ulm, 16. Dez. Vor mehreren Wochen wurde berichtet, daß von den im August d. I. bei dem Heil- bronner Bataillon zur ersten Hebung eingerückten Ersatzreservisten »in Mann Namens Gültig sich weigerte, die Waffen zu tragen und den Fahneneid zu leisten, weil er zur Difsidentengemeinde derGläu­bigen in Christo" gehöre und sein Gewissen ihm ver­biete, ein anderes Gelübde als ein einfachesJa" mit Handschlag zu leisten. Wegen Ungehorsams wurde der Mann gerichtlich hintereinander dreimal zuerst mit Arrest, dann mit Gefängnis bestraft und kam auch demzufolge nicht, wie seine Kameraden, Ende Oktober zur Entlassung, sondern hierher in das Festungs- gefängnis, wo er zur Verbüßung einer 43tägigen Ge­fängnisstrafe bis zum 14. ds. verblieb. Wie man nun erfährt, ist er jetzt, da er bei seiner letzten Ver­urteilung auch in die II. Klasse des Soldatenstandes versetzt wurde, der Arbeiterabteilung hier überwiesen worden, wo er den Rest der durch die Erstehung der Strafen unterbrochenen lOwöchigen Hebung abdienen soll und wo er zu militärischen Arbeiten verwendet wird; Waffen braucht er dort nicht zu tragen, den Fahneneid soll er nun in der Art, wie es seine Religion ihm erlaubt, ablegen. Die früher von verschiedenen

Blättern gebrachte Nachricht, daß der Mann nun zu 3jährigem Dienst herbeigezogen werden soll, war nicht zutreffend.

Ulm, 17. Dez. Heute früh fand ein Soldat des 6. Jnf.-Regts. Nro. 124 am Festungsthor hinter der Kienlesbergkaserne auf dem Wege in das Ruhe­thal einen erstarrten, in den letzten Zügen liegenden Mann mit einer Wunde am Kopf. Derselbe wurde in die nahe liegende Baracke geschafft, wo er bald darauf starb. Der Aufgefundene ist ein Küfer von Mähringen, hiesigen Oberamts, der wie erhoben gestern nacht um 11 Uhr in betrunkenem Zustand eine hiesige Wirtschaft verlassen hatte. Die Wunde an seinem Kopfe rührte von einem Fall her.

Aus Baden, 15. Dez. Ein seltenes Jagdstück wird aus Murg berichtet: Ein statt­liches Wikdschein, dem es in der schönen freien Schweiz nicht am besten gefallen zu haben scheint, wollte es einmal im Badischen versuchen und nahm seinen Weg oberhalb Murg direkt durch den Rhein. Bei seiner Ankunft auf deutschem Boden rechtzeitig entdeckt, wurde sofort durch die Sigg'schen Färber Jagd nach dem seltenen Gaste eröffnet und zwar mit Hacken, Schaufeln, Bengeln, Hämmern, Schwartenstücken und dergleichen. Das Tier wehrte sich wohl tapfer, war aber durch das Ueberschwimmen erschöpft und mußte sich schließlich ergeben, nachdem es noch im Mühlebach Rettung gesucht hatte, aus dem es schließlich bei der Ebner'schen Mühle nach schwerer Bearbeitung mit den obengenannten Waffen sterbend herausgezogen wurde und ein zufällig anwesender Metzger ihm den Garaus machte. Das Wildschwein wog ausgeblutet 120 Pfd.

Straßenraub. Aus Mainz wird dem Frkf. I. unterm 17. Dezember geschrieben: Wie den Lesern dieses Blattes erinnerlich, wurde vor mehreren Wochen der Weinproduzent Georg Kirchgäßner aus Gau-Bickelheim, welcher sein heuriges Wachstum in Rüdesheim verkauft hatte und mit dem Erlös von 1300 ^ in der Tasche nach Mainz gekommen war, um sich einige vergnügte Tage zu machen, des Nachts auf der oberen Wallstraße überfallen, schwer miß­handelt und seiner Barschaft beraubt. Es hatten sich dieserhalb gestern drei hier wohnhafte Arbeiter im Alter von 2224 Jahren vor dem Geschworenen­gericht der Provinz Rheinhessen zu verantworten. Dieselben hatten mit dem Bauersmann und auf dessen Kosten in verschiedenen Wirtschaften gezecht; schließ­lich war der freigebige Spender betrunken und einer seiner Zechkumpane führte ihn nach der einsamen Wallstraße, wo die beiden andern bereits auflaucrten, den Mann niederschlugen und ihm ein Päckchen mit 900 abnahmen. Die beiden letzteren wurden wegen Straßenraub zu je 5 Jahren Zuchthaus, der andere wegen Anstiftung zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Verhandlungen dauerten bis abends 8 Uhr.

Bingen, 17. Dez. Der Rhein ist in seiner ganzen Breite mit mächtigen Eismassen bedeckt. Die Schiffahrt ist bereits seit 8 Tagen geschlossen. Wenn die Kälte andauert, werden wir in den nächsten Tagen das seit 10 Jahren nicht wieder gesehene Ereignis eines zugefrorenen und passierbaren Rheines beobachten können.

In Schleswig-Holstein hat ein große Bewegung gegen Aufhebung des Jesuitengesetzes be­

gonnen. Eine Masseneingabe an den Bundesrat und den Reichstag geht um.

Berlin, 18. Dezbr. Ihre Majestät die Kaiserin wurde gestern abend von einem gesunden Prinzen glücklich entbunden.

Rom, 16. Dez. Heute brach in Neapel im Palazzo Bagnara em mächtiges Feuer aus. Der in Neapel weilende Kronprinz von Italien eilte augen­blicklich auf die Unglücksstätte, übernahm persönlich das Kommando bei den Löscharbeiten und drang unter Lebensgefahr in das brennende Gebäude ein. Die Bevölkerung brachte dem Kronprinzen für sein mutiges persönliches Eingreifen stürmische Ovationen dar.

Standesamt Katm.

Geborene:

10. Dez. Hermann Georg Kappler, Sohn des Jo­

hann Georg Kappler, Kutschers.

11. Sofie Luise Mutschele, Tochter des Johann

Gottlieb Mutsch ele, Hafners.

G e st o r b e n e:

15. Karl Jakob Ungerer, Steinbrecher, 46 Jahre

alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 21. Dezember.

Vom Turm: 94.

Vorm.-Predigt- Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. Abends 7 Uhr im Ver- cinshaus: Weihnachtsfeier des Jünglingsvereins.

Gottesdienste in den Weihnachts­feiertagen.

Mittwoch, 24. Dezember.

Nachmittags 4 Uhr im Vereinshaus: Weihnachts­andacht, nachher Beichte. Herr Dekan Braun. Donnerstag, 25. Dezember: Keil. Christfest.

Vom Turm: 106.

Vorm.-Pred.: Herr Dekan Braun. Feier des heil. Abendmahls. 2 Uhr Nachm.-Pred.: Herr Helfer Eytel. (Für solche, welche am 24. Dez. verhindert sind, zur Beichte zu kommen, wird am Christfest vorm. 9'st Beichte in der Sakristei gehalten.)

Ircitag, 26. Dezember: Aeiertag Stephanus.

Vorm.-Pred.: Herr Helfer Eytel.

Samstag, 27. Dezember: Aeiertag Johannes. Vorm.-Pred.: Herr Dekan Braun.

Sonntag, 28. Dezember.

Vorm.-Pred.: Herr Helfer Eytel. Bibelstunde abends ö Uhr: Herr Dekan Braun.

Aeues in der Mbkiotsiek.

1) Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte Jahrgang XII. Heft II., III., IV.

2) Allgemeine Deutsche Biographie. 149. 150. 151. Lieferung. (Schachmann bis Schicht.)

3) Brot und Schwert von O. Funcke.

4) Jahrbuch der deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft, herausgegeben vom Direktorium. Band V.

5) Reise nach Süd-Afrika mit der Castle- Linie. Nach dem englischen Text von Edward P. Mathers; bearbeitet von A. Feldmann.

6) Anzeiger des germanischen National­museums. Nr. 5. (September und Oktober.)

7) Geschichte des deutsch-französischen Krieges 1870/71. Erzählt von E. Fehleisen..

Stimmung wäre, rief ich ihr zu:Geliebte, mit dem Hellerwerden wird auch Deine Zuversicht zurückkehren! Unterdessen haben wir guten Grund, für diese dunkle Nacht dankbar zu sein. Sie hätten uns töten können, wären sie im Stande gewesen, das Boot zu sehen, denn sie waren ungemein schnell mit ihren Feuerwaffen zur Hand."

Geoffroy, mein Geliebter," flüsterte sie mit derselben schwachen Stimme, die mir schon vorher aufgefallen war,ich fürchte, ich bin verwundet!"

Verwundet!" schrie ich gellend auf und sprang in die Höhe.

Denselben Moment, in dem Vanderdecken feuerte wenn er eS war," fuhr sie fort,fühlte ich einen stechenden Schlag in der Schulter. Ich empfinde eben d« ein« «sige Kälte. Auch glaube ich, daß ich blute."

O, mein Gott! O, mein Gott!" rief ich entsetzt, denn jetzt, da sie etwas zusammenhängender sprach, verriet ihre Stimme den Schmerz, den sie litt; und die Schwäche ihrer Stimme war ebenso sehr dazu angethan, mir das Herz zu brechen, als der Gedanke, daß sie schweigend die Olual und das Bluten der Wunde erduldet, bis ich das Boot eine weite Strecke von dem Schiffe hinweggerudert hatte.

Ich tastete nach ihr mit den Händen und nahm sie in meine Arme; aber der Schauer, welcher sie bei meiner Berührung durchzuckte, mahnte mich, ihr durch Lieb­kosungen nicht noch größere Schmerzen zu bereiten. Ich hätte gern zehn Jahre meines Lebens für ein Licht dahingegeben! Es war zum wahnsinnig werden, so in der undurchdringlichen Finsternis dasitzen und denken zu müssen, daß meine ge­liebte Jmogene blutete vielleicht auf den Tod verwundet und dabei meinen Blicken gänzlich entrückt war. so daß ich die Blutung nicht stillen, die Schmerzen nicht lindern und ihr in keiner Weise helfen konnte. Es war die That Vanderdeckens! Der verruchte Mörder!

Ich suchte tastend nach dem Mantel, dm ich ins Boot geworfen hatte, und fand ihn endlrch. Er verwandelte sich unter meinen Füßen in ein weiches Bett, mit meiner Jacke als Pfühl, die ich zu diesem Zwecke auSzog und zusammenrollte. Lch tastete abermals nach ihr und sagte dabei, daß sich die Blutung vielleicht ver­

mindern würde, wenn sie sich etwas niederlegte. Sie antwortete:Ja, ich will mich niederlegen, mein Geliebter!" Mit der äußersten Behutsamkeit und Sorgfalt erfaßte ich sie und legte sie auf dem Mantel nieder, mit der verwundeten Schulter nach oben; hierauf deckte ich sie, so weit die Zipfel des Mantels reichten, vorsichtig zu und versuchte, ihre kaltm Hände warm zu reiben. Ich befand mich in einer der­artigen Verwirrung, Aufregung und Seelenangst, daß ich, wenn ich das Wätschern von Rudern hinter mir gehört und Vanderdecken gesehen hätte, wie er mich mit dem anderen Boote verfolgte, ich dennoch nicht im Stande gewesen sein würde, ihre Hand fahren zu lassen und mich aus meiner knieenden Stellung an ihrer Seite zu erheben, um mir selbst zu helfen. Aber jetzt, da wir die Bai im Rücken halten, was ich mit ziemlicher Gewißheit aus dem immer schwächer werdenden Brausen der Brandung erriet, wußte ich, daß unser Kiel im Bereich der westlichen Strömung trieb und daß, ob ich ruderte oder nicht, jede Stunde unsere Entfernung vom Toten­schiff vergrößern und unsere Aussicht auf ein glückliches Entkommen erhöhen mußte. Ich fragte sie, ob sie durstig wäre. Sie antwortete mir mit nein, doch wie ich glaubte, nur aus selbstloser Liebe, um mich nicht noch mehr zu ängstigen durch ein volles Geständnis ihrer Qualen. In dem Glauben, daß sie die ganze Zeit hindurch blutete, hielt ich ihre Hand umfaßt, in beständiger Furcht, dieselbe möchte plötzlich zu Eis erstarren und, schwer in der meinen lastend, den Tod meiner Teuren ver­künden. Der Ozean in seiner mächtigen Existenz von tausend Jahrhunderten hat dem kalten Auge des Mondes, dem feurigen Angesicht der Sonne, dem wolkenbe­deckten, dunklen Firmament schon so manche gräßliche und fürchterliche Seme dar­geboten, aber keine schlimmer, keine schrecklicher als die, welche sich in unserem Boote abspielte, und keine Qualen entsetzlicher als die, welche ich erduldete: Ich konnte ihr Antlitz nicht sehen, nicht erkennen, ob sie mich anlächelte oder nicht; der ihren Augen entstrahlende Liebesblick blieb mir unsichtbar, und ich wußte nicht einmal, ob in diesem, Momente jene klaren, veilchenblauen, ausdrucksvollen Augensterne nicht vielleicht, schon im Tode erstarrten. (Fortsetzung folgt.)