Die Finanzausgleichsdebatte.

Erklärung«»« der Länder.

TU Berlin, 18. Mürz. Im Steuerausschuß de- Reichs­tags erklärte der preußische Finanzminister Hoepker-Aschoff, daß die Erhöhung der Garantien kein Geschenk an die Län­der sei, da sie im wesentlichen auf dem voraussichtlich höhe­ren Steueraufkommen beruhen. Dem auf Preußen entfal­lenden Mehrbetrag ständen bereits unvermeidliche Ausga- bei» und Einnahmeverminderungen von 117 Millionen Mk. gegenüber. Die Getränkesteuer könne man den Gemein­den nicht nehmen angesichts der in Preußen schon durchge­führten Senkung der Bealsteuern.

Im weiteren Verlauf der Beratungen gaben die Vertre­ter einiger Länder Aeußerungen über die Senkung der Rcalsteuern ab. Preußen erklärte, daß die gewünschte Sen­kung durch das neue Gewerbesteuergesetz bereits eingeleitet sei in einer Höhe, die dem Mehraufkommen an Einkommen- und Gewerbesteuern entspreche. Württemberg erklärte sich bereit, die Steuer auf Grundstücke, Gebäude und Gewerbe ab 1. April zu senken und auch auf die Gemeinde« eutspre» chend «iuzuwlrke«. Baben ließ erklären, daß eine präzise Erklärung noch nicht abgegeben werden könne, da Baben seine Realsteuern erst im vergangenen Jahr umgestellt habe. Die Möglichkeit einer Senkung könne erst nach dem Ergeb­nis der ersten Veranlagung beurteilt werben. Bon Bayern wurde betont, baß die Gewerbe- und Grundsteuern in Bay­ern nach oben begrenzt seien. Die Regelung sei im Einver­ständnis mit der Wirtschaft erfolgt. Senkungen könnten nur erfolgen, wenn die Erträge die veranschlagten Beträge überstiegen. Die Getränkesteuer müsse unbedingt aufrecht­erhalten werden.

In der fortgesetzten Beratung des Steuerausschusses des Reichstags erklärte ein volkspartetlicher Redner, daß die sächsischen und württembergischen Erklärungen zur Senkung der Realsteuer befriedigend seien, nicht aber die Erklärun­gen Preußens. Den Vorbehalt Badens könne man nicht in seiner vollen Tragweite überblicken, während die bayeri­schen Verhältnisse etwas undurchsichtig seien. Von kommu­nistischer Seite wurde darauf beantragt, die Senkung der Rcalsteuern vor allem den Kleingewerbetreibenden und Kleinbauern bis 5000 Einkommen zugutekommen zu las­sen. Nach einer kurzen Erwiderung von Regierungssette erklärte ein volkspartetlicher Redner, baß die Aufrechterhal- tung der Beseitigung der Getränkesteuer sowie die Senkung der Realsteuern um 200 Millionen, wie der Antrag der Re­gierungsparteien verlange, in der ursprünglichen Regie­rungsvorlage nicht vorgesehen, sondern absolut neu sei. Die Erklärungen der Länderregierungen dazu seien allerdings noch nicht bestimmt genug. Zur Erzwingung der Realsteuer­senkung seien die Regierungsparteien bereit, mit der Oppo­sition ein« schärfere Fassung der Bestimmungen des Kom- promißentwurfeS zu suchen.

Eine Aufwertungsnovelle.

TU Berlin, 18. März. Wie dieGermania" hört, hat bas Retchskabinett dem Reichstage nunmehr die Vorlage in der Aufwertuugsfrage unterbreitet. Die Vorlage sehe ledig­lich die Beseitigung einzelner Härten und Unebenheiten in der bisherigen Aufwertungsgesetzgebung vor. Wesentliche Aenberungen des bisherigen Aufwertungsgesetzes find nicht vorgenommen worden.

Die saarländische Volkspariei

zum Genfer Ergebnis.

TU Saarbrücken, 18. März. Die deutsch-saarländische Bolkspartet befaßte sich in der Versamlung am Mittwoch mit dem Saarproblem. In einer Entschließung wird der großen Enttäuschung und dem Beda »ern darüber Ausdruck gegeben, daß auch der für die Durchführung der Vertrags­bestimmungen verantwortliche Völkerbundsrat die Erwar­tungen der Bevölkerung nicht erfüllt habe. Die Partei spricht ihren Genfer Delegierten volle Billigung und un­eingeschränktes Vertrauen aus.

In einem Telegramm an Retchsaußenminister Dr. Strese- mann spricht die Partei ihren Dank für die Vertretung der saarländischen Interessen vor dem Völkerbundsrat aus. In dem Telegramm heißt es, wenn auch die Bevölkerung von dem Kompromiß nicht befriedigt sei, so würdige sie doch bas, was angesichts der Schwierigkeiten im Rahmen des Mög­lichen erreicht worden ist. Die Partei bittet den Außenmini­ster, auch weiterhin für die Wahrung des Selbstbesttm- rnungsrechts etnzutreten.

Polen und Rußland.

Ueber die polnische» Beziehungen zu Sowjetrutzlaud führte Außenminister Zaleskt aus, daß man in allernächster Zeit zur Aufnahme der Garantiepakt-Verhandlungen schrei­ten werde. Gleichzeitig damit würden auch Vorverhand­lungen über einen Handelsvertrag geführt werden. Der Zeitpunkt werde gleich nach der Ankunft deS polnischen Ge­sandten in Moskau, Patek, festgesetzt werden, der Anfang nächster Woche in Warschau eintreffe.

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Kleine politische Nachrichten.

Amerika löst seine SriegSaulekhe« ein. Nach amtlicher Schätzung sind in den letzten Tagen an Einkommensteuer« 600 Millionen Dollar, die vom vorige» Jahre noch und heute fällig waren, etngezahlt worden. Daraufhin hofft die Re­gierung bis zum Herbst dieses Jahres mindestens ein Drit­tel der zweiten Kriegsanleihe einlüsen zu können.

Französische Flieger vo« Marokkanern gesangeu geuom» me«. Nach Meldungen aus Rabat ist ein französisches Mi­litärflugzeug im Norden von Amarane abgestürzt. Die bei­den Flieger »vurden von den Marokkanern, die sich in die­sem Gebiet den Franzosen noch nicht unterworfen haben, ge­fangen genommen. Bis jetzt hat man noch keine Nachricht über ihr Schicksal erhalten können. Das französische Ober­kommando hat alle Maßnahmen zur Befreiung der beiden Flieger getroffen.

Aus aller Welt.

Der Verkauf der russische« Gtaatsjuwele«.

Unter großem Andrang begann in London der Verkauf eines Teils der russischen Staatsjuwelen. Der Andrang war so groß, baß nur ein Teil des Publikums Zutritt fin­den konnte. Eine mit Brillanten besetzte Hochzettskrone er­zielte einen Preis von 122 000 Mark.

Gchlafwagenbraud im Nizza-Expreß.

In dem Luxuszug Nizza-Wien geriet ein Schlafwagen auf eine bis jetzt unerklärliche Weise in Brand und dieser Brand griff auf den zweiten Wagen des Zuges über. Die neun Passagiere in diesen beiden Wagen, von denen meh­rere bereits zu Bett gegangen waren, konnten sich in die übrigen Wagen des Zuges retten. Sobald der Brand be­merkt wurde, hielt der Zug auf freier Strecke an. Die bei- den brennenden Wagen wurden abgekoppelt. So brannten sie allein vollständig aus.

Amerika und die Alkoholschmuggler.

An der Küste von Südkarolina sichtete ein amerikanischer Küstenkutter einen englischen Schoner, der versuchte, Whisky an Land zu bringen. Als bas englische Schiff namens Vinnens" zu fliehen versuchte, wurde es auf hoher See von dem Kutter mit einer Granate beschossen. Schwer getrof- fen wurde bas englische Schiff nach dem Hafen Charleston eiugebracht, wo die Ladung Whisky im Wert von 100 000 Dollar gelöscht wurde.

Württ. Landtag.

Im Landtag wurbeytzdftern bas Mtntstergesetz in zweiter Lesung beraten und bas gab Anlaß zu einer großen politi­schen Aussprache. Der Abg. Keil iS.) sah in dem Entwurf eine» Verstoß gegen den Geist der Landesverfassung und eine Sitze gegen das parlamentarische System. Er vertei­digte die Männer, die nach der Revolution mutig an die Spitze deS Staates traten und bekämpfte die Beuachteilt- gung der Nichtbeamten-Minister. Die Voraussetzung für das Ruhegehalt eines NtchtbeamtenmtutsterS: 8 Jahre Mi­nister und Vollendung des 58. Lebensjahres, werbe ein sol- cher selten erreichen. Und auch wen» er diese Bedingungen erfülle, so erhalte er nur 85 Prz. deS MintstergehaltS als Ruhegehalt, während der Beamtenminister 80 Prz. bekommt. In dem Entwurf zeige sich das Bestreben, der Bürokratie ein Privileg auf das Ministeramt zu verschaffen. Seine Partei werde bet der Abstimmung dem Rückwirkuugspara- grapheu zustimmen, bas Gesetz im ganzen aber ablehneu. Staatspräsident Bazille hielt es nicht für zweckmäßig, die Angelegenheit bis zur reichsgesetzltchen Regelung zurückzu­stellen. In Württemberg habe kein soz. Minister auf sein Ruhegehalt verzichtet. Alle hätten ihre Ansprüche angemel­det ober Vorbehalten. Ein Teil von ihnen mache davon nur insolange keinen Gebrauch» als sie durch andere Tätigkeit genügende Einnahmen hätten. Nach der bisherigen Pra- xts sei es so, baß, wer auch nur einen Tag Minister war, lebenslängliches Ruhegehalt bekomme, auch wenn er früher nie Beamter war. Damit räume der Entwurf auf. Der Abg. Dr. Ströbel iBV.) gab für die Fraktion der Bür­gerpartei und des Bauernbundes die Erklärung ab, baß in dem Entwurf nach den vom Finanzausschuß gefaßten Be­schlüssen eine zweckmäßige, den Bedürfnissen des Landes durchaus entsprechcude Lösung liege. Der Abg. Dr. Schall (Dem.) glaubte, daß das Gesetz keine lange Dauer haben werde, da sich Württemberg später der kommenden Reichs» regelung anpassen müsse. Eine Regelung, die die Beamten- mtnister einseitig bevorzuge und andere Männer als Mi­nister ausschalte, sei falsch. Der Abg. Bock (Z.) erklärte, daß der Entwurf das Richtige treffe und beantragte eine Entschließung, wonach die Regierung bet der nächsten Aen- derung des Besoldungsgesetzes Grundsätze für die Einfüh­rung von Höchstpensionen vorschlagen soll. Der Redner trat dann.insbesondere noch dafür ein, daß dem verdienten frü­heren Staatspräsidenten BloS eine Pension bezahlt werde, mit der er seinen Lebensabend würdig beschließen könne. Das sei eine moralische Verpflichtung des Landes. Der Abg. Becker (Komm.) beantragte ein Reichsgesetz, das die Bezahlung von Ruhegehälteruan Minister verbietet und ver­langte ferner, daß die Bezahlung von Ruhegehältern an frühere württ. Minister sofort eingestellt wird. Das werk­tätige Volk lehne die Ministerpensionen ab. Staatspräsident Blos sei kein Nationalheros gewesen. Als sich die württ. Regierung im Januar ISIS im Bahnhofturm wohnlich eta­blierte, da sei die Diktatur von den Herren Hahn und Httz- ler ausgeübt worden. Die Revolution von 1S18 sei nicht eine Lohnbewegung der Arbeiter, sondern eine solche der nachrevolutiouäre» Minister geworden. Der Abg. Rath

(DB.) verlangte die Gleichstellung der Kommuualbeamte» mit de» Staatsbeamten. Der Abg. Dr. Steeger tVölk.) wünschte Zurückziehung des Entwurfs und später eine Re­gelung ohne Ruhegehalt der parlamentarischen Minister, jedoch eine besondere Regelung für den jeweiligen Staats­präsidenten unter der Voraussetzung, daß seine Stellung deS parteipolitischen Charakters entkleidet wird. Nach rveiteren Ausführungen der Abgeordneten Keil iS.) und Schneck (Komm.) wurden die kommunistischen und die völkischen An- träge abgelehnt. Art. 12, der die Rückwirkung des Gesetzes bis 20. Mat ISIS vorsieht, wurde angenommen. Ein An­trag Schneck (Komm.), die Anrufung des Reichsgerichts in der Frage der Rückwirkung zu unterlassen, wurde abgelehnt und die vom Ausschuß beschlossene Entschließung angenom- »nen, ebenso die Entschließung Buck betr. den Höchstsatz der Ministerpensionen. In der Schlußabstimmung wurde dann das Mtntstergesetz gegen die Stimmen der Soztaldemokra- ten, Demokraten und Völkischen angenommen. Ferner ist noch angenommen worden der Gesetzentwurf über die Bürg- schaft des württ. Staates für eine Anleihe der württ. Woh- nungskreüttanstalt in Höhe von 26 Millionen unter Ableh­nung der Anträge Scheef-Winkler und Stäbler.

Antworte« auf Kleine Anfragen.

Im Landtag wurden zahlreiche Kleine Anfragen beant­wortet. Aus den Antworten ist folgendes hervorzuheben: Zu der Anfrage der Abgg. Scheef und Hayinann betr. die Ausführung von Landtagsbeschlüssen zum Kultetat wurde erklärt, bah die Herabsetzung der Pflicht st unden- zahlen für die Lehrer zahlreiche neue Stellen nu/, außerdem noch einen Mehraufwand von mehreren hundert­tausend Mark zur Belohnung von Ueberstunden erfordern würde. Die Verminderung der Klassenschülerzahlen.de weiteren Aufwand für neue Lehrstellen verursachen. Ein Ausbildungslehrgang für die mittlere Gewerbelehrerlauf, bahn ist zurzeit im Gange. Ein dauerndes richtiges Ver- hältniS zwischen planmäßigen und außerplanmäßigen Ge­werbe- und Handelslehrerstellen wird sich bet diesem noch im Ausbau befindlichen Unterrichtszweig erst erzielen lasser», wenn er einen gewissen Abschluß seiner Entwicklung erreicht hat. Für die höheren Schulen wird im Nachtragsplan für 1S27 die Umwandlung einer größere» Zahl von außerplan- mätztgeit Stellen für höhere Lehrer in Planstellen angefor­dert werden. Nachdem im Haushaltplan für 1S26-27 40 neue außerplanmäßige Stellen für Volksschullehrer geschaf- fen worden sind, soll im Nachtragplan für 1927 die Umwand­lung weiterer außerplanmäßiger Stellen in planmäßige ge­fordert werben. Im laufenden Schuljahr konnten 355 Schulprakttkanten eingestellt werden. Diese Fürsorge für die unverwendeten Lehrer wird nach de» verfügbaren Mit­teln auch künftig gefördert werden.»Die Umwandlung von Sonntagsschulen in werktägige Fortbildungsschulen machte auch im laufenden Jahr gute Fortschritte. Im Haushalt- plan für 1S28-27 sind Mittel für 2lü Krankheitsstellvertre­ter für Volksschullehrer verabschiedet. Dazu wurden noch 48 weitere Stellvertreter eingestellt, was eine Ueberschret- tung deS Etats in Höhe von voraussichtlich 120 000 ^ zur Folge haben wird.

Auf eine Anfrage der Abg. Frl. Eberharbt wurde be­merkt, baß Polizei und Landjäger die Einhaltung der Be­stimmungen über die Sonntagsruhe im Handelsge­werbe streng überwachen und baß Zuwiderhandlungen der Staatsanwaltschaft angezeigt werden müssen.

Die Kleine Anfrage des Abg. Dr. Wider über Bewer­tung der Betriebsgrundstücke hat bas Finanz­ministerium wie folgt beantwortet: Schon vor Eingang der Anfrage ist die Gesandtschaft in Berlin angewiesen worden, gegen die Retchsratsvorlage betr. Verlängerung des Haupt­feststellungszeitraumes für daS Reichsbewertungsgesetz zu stimmen, wenn nicht die Betriebsgebäude auf der Grund, läge der berichtigten Wehrbeitragswerte neu bewertet und dabei die zwischen den einzelnen Netchsteilen bestehende» Ungleichheiten beseitigt werden. Die württ. Negierung ist der Auffassung, baß diesem Verlangen die Geschäftsüber­lastung der Finanzämter nicht im Wege steht, wenn die Finanzämter wie auch das Retchsfinanzmtntsterium an- nimmt in der Lage find, die viel zeitraubendere Arbeit der Neubewertung des sonstigen Betriebsvermögens durch­zuführen. Auf die Entscheidung im zuständigen Ausschuß des Reichstags kann die württ. Staatsregierung keinen Ein­fluß ausüben.

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