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redten Worten die Verdienste des Scheidenden, dessen Geschäftstüchtigkeit, Umsicht und unermüdlichen Fleiß während einer 11jährigen, und rechnen wir eine frühere Wirksamkeit Kachel's, ebenfalls in Hirsau, noch dazu, innerhalb einer fast 15jährigen amtlichen Thätigkeit. Nach dem am Schlüsse der Rede auf Hrn. Kachel und dessen Familie ausgebrachten mit allgemeiner Begeisterung aufgenommenen Toast legte Hr. Louis Wagner aus Ernstmühl in launigen humorvollen Worten die Erwartungen dar, die man von dem Herrn Revisor und dessen künftigem Wirken, nachdem derselbe von dem kleinen Hirsau nach dem großen Stuttgart befördert worden sei, hegen dürfej und knüpfte daran die mannigfachsten Wünsche. Endlich feierte der Ortsgeistliche zugleich auch im Namen des Ortsvorstehers wie der ganzen Gemeinde die liebenswürdigen und trefflichen Eigenschaften des Scheidenden als eines friedsamen, gefälligen, beschei­denen Mannes, welcher durch seinen Wandel wie durch seinen kirchlichen Sinn ein leuchtendes Vorbild stets gewesen. Hr. Kachel dankte auf all diese Kund­gebungen in herzlichen und bewegten Worten und versicherte die versammelten Freunde seiner steten An­hänglichkeit und liebenden Gedenkens an Hirsau und den Bezirk. Heitere und anregende Geselligkeit, unter­mischt mit vielen Gesängen hielt die Festfeiernden bis in die späte Nacht hinem beisammen.

Tübingen, 10 Dez. Neben der Petition gegen die Rückberufung der Jesuiten ist eine andere von seiten der Klerikalen in Umlauf für die Rück­berufung. Voy seiten der katholisch-theologischen Fakultät haben 3 Mitglieder die letztere Petition unter­zeichnet. Im hiesigen Bataillon dient zur Zeit ein Mann, der 5 Jahre der französischen Fremdenlegion in Algier angehört und dort auch einen Ausmarsch mitgemacht hat. Seine Erfahrungen im fremden Sold waren aber derart, daß der Mann es vorzog, in seine Heimat nach Freudenstadt zurückzukehren und sich zur Ableistung seiner Militärpflicht zu melden.

Im Bietigheimer Fohlengarten wurden lautLudw. Ztg." im Sommer d. I. 36 Fohlen verpflegt, für welche an Futtergeld und Halfter­geld 3106 ^ bezahlt wurden. Neben Haber und Heu wurden zum erstenmal Malzkeime verfüttert, was sich gut bewährte. Die Rechnung ergab ein Defizit von 550 Der zehnjährige Durchschnitts­aufwand für 1 Fohlen stellt sich auf 118

Bönnigheim, 9, Dez. Gestern abend gegen 9 Uhr ertönte das Feuersignal. In einem engen Seitengäßchen der Hauptstraße war in einer Scheuer ein Brand ausgebrochen, der mit solch rasender Schnelligkeit um sich griff, daß in wenigen Stunden zwei Wohn- und zwei Oekonomiegebäude vollständig in Asche gelegt wurden. Da vor einem Vierteljahr in allernächster Nähe des heutigen Brand­platzes auch ein Brand auszubrechen drohte, der da­mals aber glücklicherweise im Keim erstickt wurde, so wird Brandstiftung vermutet. Die benachbarten Feuer­wehren von Kirchheim, Meimsheim, Besigheim, Bracken­heim, Lausten u. a. m. beteiligten sich gegen Morgen an den Löscharbeiten. Die Abgebrannten sind größ­tenteils versichert.

Heidenheim, 8. Dez. Seit etwa einem Vierteljahr ist hier ein evangelischer Arbeiterverein gegründet (Vorstand Dr. Mosapp), der sich zur Auf­gabe macht, der Sozialdemokratie entgegenzuarbeiten und Religion und Vaterlandsliebe zu pflegen. Gestern

hatte dieser Verein mit dem Bezirksverein des evan­gelischen Bundes eine gemeinsame Versammlung. Dabei hielt Hr. Pfarrer Rumpf von Fleinheim einen Vortrag über die Jesuiten. Hr. Dekan Landenberger betonte nach dem Vortrag, wie es die Pflicht jedes Protestanten sei, dahin zu wirken, daß die Jesuiten­gesetze von 1872 in Geltung bleiben. Es waren zwei Eingaben zur Unterzeichnung aufgelegt, die eine an den Reichstag, die andere an den Reichstagsab­geordneten Hähnle, welche von ziemlich allen An­wesenden unterzeichnet wurde. Auch auf den Land­orten werden in dieser Angelegenheit Unterschriften gesammelt.

Waldsee, 6. Dezbr. Heute nachmittag ver­gnügte sich die Jugend auf dem nur teilweise zuge­frorenen Stadtsee mit Schlittschuhlaufen; ein Knabe wagte sich zu weit hinaus, brach durch und fiel ins Wasser. Zum Glück konnten in der Nähe beschäftigte Arbeiter mit einer Leiter zu Hilfe eilen und den jungen Naseweis wieder herausfischen, doch geschah das nicht ohne Gefahr für die Retter, denn drei der­selben machten gleichfalls unliebsame Bekanntschaft mit dem nassen Element und einer derselben wurde mit Mühe in einen Kahn gehoben und an's Ufer gebracht.

Karlsruhe, 6. Dez. Als ein Weinpantscher ersten Ranges entpuppte sich ein hiesiger Wirt. Der gute Herr hatte nämlich 600 Liter Wein aus der Pfalz erhalten. Diese 600 Liter ließ er in ein Faß zu 10HP Liter laufen, warf 2 Zentner indischen Rohr­zucker hinein, goß 12 Liter Sprit dazu, und nun wurde Wasser darauf gepumpt, daß es eine Freude war; im Nu waren aus den 600 1000 Liter ge­worden. Doch mitten in seinen Calculationen wurde der Künstler durch die Kriminalpolizei gestört, welche das Faß versiegelte.

DerVerein für christliche Volksbildung" hatte eine Eingabe an den Kaiser gerichtet, welche um dis Erweiterung der Sonntagsruhe für Post-, Eisenbahn- und Telegraphen-Beamte bat. Jetzt hat der Verein durch den Generalpostmeister und den Eisenbahnminister eine Antwort auf seine Eingabe er­halten. In dem Schreiben des Herrn von Stephan heißt es einfach, daß derPost- und Telegraphen­dienst an den Sonn- und Feiertagen bereits soweit eingeschränkt ist, als sich dies mit den allgemeinen Interessen und mit der Sicherheit des Betriebes irgend verträgt."

Rom, 5. Dez. Der Zustand der von Baccelli behandelten Lupuskranken wird zusehens besser. An Stelle der abgefallenen Lupuskruste treten bereits neue Gewebe. Der bekannte deutsche Arzt Edgar Kurz, früher Privatdozent in Tübingen nahm in seiner deutschen Poliklinik in Florenz gleichfalls ein bisher vollkommen beglücktes Experiment mit einem an Knochen-Tuberkulose Erkrankten vor. Aus ganz Italien laufen günstige Nachrichten über das Koch'sche Verfahren ein.

In Juarez (Mexiko) fand am 6. ds. in Gegenwart großer Zuschauermassen ein Stierkampf statt. Die Stiere waren ungewöhnlich feurig. Dem Pferd eines der Kämpfer wurde von einem Stier ein Vorderfuß fast vom Rumpfe gerissen. Die Sol­daten der Stadt hatten sich von ihren Posten entfernt um dem Stierkampf beizuwohnen. Das benützten die militärischen Sträflinge in der Kaserne,

meuterten und entkamen nach Ermordung eines Ser­geanten, eines Korporals und eines Gemeinen in das- Gebirge. Die Mörder, 18 an Zahl, wurden indes oerfolgt und eingeholt. 14 wurden auf der Stelle getötet, 4 kriegsrechtlich erschossen.

Standesamt Kakrv.

Geborene:

6. Dez. Rudolf, Sohn des Franz Schlichter, Gärtners.

6. Karl Wilhelm, Sohn des Johann Michael

Bosch, Fahrknechts.

10. Elise Wilhelmine, Tochter des Wilhelm Ling -

ler, Fabrikarbeiters.

Getraute:

7. Dez. Jakob Stickel, Maschinenstricker und Witwer

hier mit Rosine Frndrike Gackenheimer, ledig.

Gestorbene:

30. Nov. Gustav Engen Horlacher, Oekonomicrath, 67 Jahre alt.

30. Anna Bertha Schelling, 2H- Jahre alt,

Tochter des Wilhelm Schell ing, Schuh­machers.

Gottesdienst

am Sonntag, den 14. Dezember.

Vom Turm: 95.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr Nachm. Predigte Herr Helfer Eytel. (Wegen des Lutherfestspiels ist der Nachm.-Gottcsdienst auf 2 Uhr verlegt.)

HkükrHe Kpielmrke.

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Ozeanverschlagene, für welche er ein Heim, teilnehmende Herzen und mütterliche und schwesterliche Zuneigung in seinem fernen Hause in Amsterdam zu finden hoffte.

Sie müßte nicht die Jmogene meiner Liebe und Anbetung, die warmherzige, jungfräuliche Insassin dieses Totenschiffes, die mit der reinen, keuschen, natürlichen Lebenskraft eines lebenden und liebenden Mädchens etwas von dem Rätsel des fluch­beladenen Fahrzeuges und etwas von dem Geheimnis der mächtigen Tiefe in sich vereinigte, gewesen sein, hätten sich ihre lieblichen Augen nicht mit Wehmut gefüllt bei dem Gedanken, auf immer von ihrem schwimmenden Meeresheim und von jener stattlichen, bärtigen Gestalt scheiden zu müssen, deren zärtliche Sympathie für sie so­gar rührender war als sein Traum von der fernen Heimat und sein herzliches Ge­denken an jene, die er bei der Rückkehr noch frisch und munter unter seinem Dache anzutreffen erwartete.

Doch meine Ansicht über ihn wurde von keinem Gefühl dieser Art gefärbt oder beeinflußt. Für mich, der ich nach seinem Befehl am Ufer ausgesetzt und elendiglich dem Verderben preisgegeben werden sollte, war und blieb er ein grau­samer, mordgieriger Schurke; und von diesen seinen Charaktereigenschaften war ich so fest überzeugt, daß ich auch keinen Augenblick daran zweifelte, er würde, wenn mein Plan fehlschlüge und ich ihm wieder in die Hände fiele, mich schnurstracks an dem ersten besten Raanock ausknüpfen lassen, und zwar ohne Zögern, wäre es auch mitten in der Nacht, so daß sie mich bei Laternenlicht nach oben befördern müßten.

Nach einer Weile legte ArentS seine Pfeife weg und ging auf Deck. Van Vogelaar, der sich, auf den Ellbogen gestützt, halb über den Tisch neigte, murmelte mit dem langen Pfeifenstiel zwischen den Zähnen Vanderdecken abgerissene Bemerk­ungen ins Ohr, vermutlich über die Ablösung der pumpenden Matrosen-Abteilungen. Der Kapitän erteilte ihm hingegen einige auf die bevorstehenden Arbeiten bezügliche Anweisungen. Jmogene stand auf.

Es geht mir wie Ihnen, Kapitän Vanderdecken; ich bin auch müde," sagte sie lächelnd, und die Blässe ihres Gesichts schien ihre Versicherung vollauf zu bestätigen

Ich werde zu Betts gehen."

Es ist noch sehr früh," antwortete er und heftete einen Blick auf die Uhr Du scheinst mir niedergeschlagen, mein liebes Kind. Ich hoffe, cs ist nicht wegen der kurzen Aufenthaltes hier? Wir werden in ein paar Tagen wieder unter Segeln sein mit heimwärts gerichtetem Schnabel und einem großen Stück Ozean schon im Rücken. Denke daran, Jmogene!" Sie legte hier die Finger an den Mund, um ein Gähnen anzudeuten.Doch wenn Du schläfrig bist," fuhr er fort,so gehe nur zur Ruhe, mein Kind."

Sie lächelte ihn abermals an, machte mir einen Knix und schritt mit einer halben Verbeugung gegen Van Vogelaar nach ihrer Schlafkabine.

Vanderdecken tauchte den Silberbecher in die Punschbowle und forderte mich- auf, ihm mein Trinkgeschirr hinzureichen. Ich lehnte indessen dankend ab und ver­sicherte ihm, daß mir der Kopf schmerzte und ich mck seiner Erlaubnis lieber nach oben gehen wollte, um zur Abwechselung ein paar Züge frischer Lust einzuatmen.

Als ich das Hinterdeck erreichte, schritt ich unmittelbar nach dem äußersten Ende und schaute über das Hackebord. Die Boote hoben und senkten sich in zwei schwarzen, dicken Klumpen unter den Seitenstücken des Hecks. Sie spannten die sie haltenden Leinen nur sehr wenig, und dies ermöglichte mir, mit Hilfe der Land­richtung zu beobachten, daß die Oberflächebewegung des Wassers westlich war. Zu­gleich war es mir nichts weniger als angenehm, die See ungewöhnlich phosphor­leuchtend zu sehen, sodaß das Eintauchen eines Ruders ein Flimmern entzünden mußte, welches in seiner Arbeit eine ebenso starke Helle verbreitete wie ein Blitz oder eine Laterne, obwohl das Boot selbst in tiefes Dunkel gehüllt sein würde.

(Fortsetzung folgt.)