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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw

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Erscheint Di-n s t a g , Donnerstag und Samstag. Die EinrücknngSgebiihr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung s Psg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Samstag, den 13. Dezember 1890

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt Sn Pfg. vnd LS Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1., sonst m ganz Württemberg Mk. 1. Sb.

Die GkillkiudtbkhiirdkN

werden auf den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 6. Nov. d. I., betreffend den Vogel­schutz (Minist. Amtsbl. S. 385) mit der Anordnung besonders hingewiesen, dafür Sorge zu tragen, daß das unterstellte Polizei-, Feld- und Waldschutzpersonal mit den Bestimmungen über den Vogelschutz Reichs- aesetz vom 22. März 1888, Reg.-Bl. S. 111, Mini- sterialverfügung vom 7. Oktober 1890 Reg.-Bl. S. 234 bekannt gemacht wird.

Ueber die erfolgte Belehrung der Offizianten hat Eintrag in das Schultheißenamtsprotokoll zu er­folgen.

Calw, den 10. Dezember 1890.

K. Oberamt.

Amtm. Bertsch.

Amtliche Sekalilltmachullg,

betreffend den Haustergewerbebetrteb.

Das Oberamt sieht sich veranlaßt, nachstehende Bestimmungen des Gesetzes vom 23. Mai 1890, be­treffend die Kommunalbesteuerung des Hausiergewerbe­betriebs im Amtsblatt noch besonders bekannt zu geben, bevor die Aufforderung zur Einreichung der Gesuche um Ausstellung von Wandergewerbescheinen für das Kalenderjahr 1891 ergeht.

Nach Artikel 2 des cit. Gesetzes haben Hausierer, welche für das Hausiergewerbe zur Staatssteuer mit einem Steuercapital von 100 Mark und mehr ein­geschätzt sind, außer denjenigen Steuern, welche sie innerhalb Württembergs an ihrem Wohnsitz beziehungs­weise am Ort des Beginns des Gewerbebetriebs ent­richten, in jedem Oberamtsbezirk, auf welchen sie ihren Gewerbebetrieb ausdehnen, vor Beginn des Gewerbebetriebs in diesen Bezirken eine Abgabe an die Amtskörperschaft (Ausdehnungsabgabe)

zu entrichten, welche den fünften Teil der ihnen an- gesetzten Staatssteuer, wenigstens aber 40 Pfennig beträgt. Bruchteile von Pfennigen bleiben außer Ansatz.

Nach Artikel 4 des Gesetzes wird, wer dieser Vorschrift zuwider das Hausiergewerbe in einem Be­zirk ausübt, ohne zuvor die Ausdehnungsabgabe ent­richtet zu haben, wegen Gefährdung der Abgabe für jeden Oberamtsbezirk, in welchem der vorschrifts­widrige Betrieb stattgefunden hat, neben Nachholung dieser Abgabe mit Geldstrafe bis zu 75 ^ bestraft.

Die Bescheinigung über die Entrichtung der Abgabe hat der Gewerbetreibende während der Aus­übung seines Gewerbebetriebs stets bei sich zu führen, auf Erfordern den zuständigen Behörden oder Beam­ten vorzuzeigen, und, sofern er hiezu nicht im Stande ist, auf deren Geheiß den Betrieb bis zur Herbei­schaffung der Bescheinigung einzustellen.

Wer dieser Vorschrift oder den zum Vollzug des Gesetzes erlassenen öffentlich bekannt gemachten Kontrolvorschriften zuwider handelt, wird für jeden Oberamtsbezirk, in welchem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, mit einer Ordnungsstrafe bis zu 10 bestraft.

Calw, den 10. Dezember 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

An die Ortsvorjteher.

Behufs vorläufiger Ermittelung der Zahl der ortsanwesenden Bevölkerung des Bezirks nach der Zählung am 1. Dez. d. I. erhalten die Ortsvorsteher die Weisung, die aus den Spalten 10 bis 12 der Kontrollisten (Spalte 18 bis 20 der Gemeindeliste) zu entnehmende Zahl der ortsanwesenden männlich'en und weiblichen Personen je für die Gemeinde im Ganzen nicht parzellenweise binnen 1« Tagen spätestens dem Oberamt berichtlich anzuzeigen. Die Einsendung der Gemeinde- und Zählungslfften selbst hat zu erfolgen, sobald die Zählungscommissionen

eine probemäßige Zusammenstellung erzielt haben, und sollte dies womöglich noch im Laufe dieses Monats möglich sein. Die Zählungskommissionen haben bei Revision der einzelnen Zäh lunaslisten besonders Augenmerk auf die Ausfüllung jeder einzelnen Spalte zu halten. Bei den Controllisten sind insbesondere auch die Einträge in Spalte 3 und 4 zu prüfen, deren Summe in der Controlliste zu ziehen ist, und mit dem Ergebniß der Zusammenstellung in Spalte 2 und 3 der Gemeindeliste übereinzustimmen hat.

Calw, den 10. Dezember 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Amtliche Kekanntmachling,

betreffend Maßregel« zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.

Das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schwei­nen durch die Orte Entringen und Dätzingen, sowie die gemeinsame Benützung der Brunnen und Tränken für Wiederkäuer und Schweine in.diesen Ortschaften ist nach Mitteilung der K. Oberämter Herrenberg und Böblingen bis aus weiteres verboten.

Calw, den 10. Dezember 1890.

K. Oberamt. Amtmann Bertsch.

Cages-Neuigkeiten,

Calw. Die Petition an den Deutschen Reichstag gegen die Zulassung der Jesuiten ist heute mit 050 Unterschriften aus der Stadt an die Landessammelstelle in Stuttgart abgegangen.

f!j Hirsau, 10. Dez. Gestern abend fand im Gasthaus zumRößle" eme zahlreich, namentlich auch von Calwer Herrn, besuchte gesellige Vereinigung statt zu Ehren des nach Stuttgart als Revisor beförderten Herrn Kameralamtsbuchhalters Kachel. Herr Kameralverwalter Kemmel pries in be-

Jeuilleton.

Das Hotenschiff. """""""

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von IS. Klark Kusse kl.

(Fortsetzung.)

Das ist, wie eS von Rechtswegen sein sollte," erwiederte ich mit verbind­lichem Lächeln.

Und es ist sehr richtig," brummte Van Vogelaar in seiner rauhesten, sarka­stischesten Manier,daß englische Matrosen sich bei dem Bestreben, korrekte Ideen über maritime Dinge zu erlangen, an die Holländer wenden sollten."

Meine Herren," sagte ich im höflichsten Tone,ich habe viel gelernt, seit ich mit Ihnen zusammen bin."

Der Maat schleuderte mir einen seiner häßlichsten Blicke zu, der umso ab­scheulicher war, als seine Lippen zugleich ein höhnisches Lächeln des Triumphes kräuselte, obgleich er kaum vermuten konnte, daß ich dessen wahre Meinung recht wohl verstand.

Hierauf trat Schweigen ein. Vanderdecken verteilte den Punsch mit einem Silberbecher. Ich schlürfte aus Furcht vor dem berauschenden Gemisch nur ein oder zwei Mundvoll. Die Anderen hingegen tranken gewaltige Schlucke, ohne sich weder aus der Stärke des Getränkes noch aus dessen dampfender Hitze etwas zu machen. Wären sie wie ich und Jmogene menschlich und wirklich gewesen, so würde mich ihre Unmäßigkeit entzückt haben, aber ich konnte unmöglich annehmen, daß die be­rauschenden Dünste von Spirituosen auf die Gehirne von Menschen einwirken würden« -die in gewissem Sinne unsterblich, das heißt unsterblich im Elend waren. Al» sie

die Mahlzeit beendet hatten, verlangten sie nach den Pfeifen, und Vanderdecken be fahl Prius, ihm den oder den Mantel zu bringen, welchen er nannte und genau beschrieb. Die Faeon dieses Mantels entsprach der Mode einer ungefähr achtzig Jahre zurückliegenden Periode; er war von ganz schwarzem Sammet mit einer silbemen Kette am Halse und seidegefütterten Aermeln. Der Kapitän gab PriuS ein Zeichen, ihn hinzulegen, und mir zugleich durch dieselbe Geste zu verstehen, daß er zu meiner Verfügung wäre. Ich dankte ihm mit einer leichten Neigung des Hauptes, im Geheimen erkenntlich dafür, daß er nicht sprach, da ich nicht wußte, welchen Eindruck mein Wunsch, in der Kajüte zu schlafen, auf des boshaften Steuer­manns argwöhnischen Geist machen würde.

Jmogene beobachtete unterdessen völliges Stillschweigen. Bisweilen über­raschte ich sie, wie sie Vanderdecken sinnend anschaute, ein anderes Mal, wie ihre Blicke durch die Kajüte schweiften. In solchen Momenten trat ein sanftes Licht ge­dankenvollen Ernstes in ihre Augen, oder ich will cs lieber Tiefsinn nennen, .denn es war nichts von Verlangen oder Sehnsucht darin, sondern bloß die Gemütsbe­wegung. die den Gedanken begleiten mochte, daß dies mit Gottes Willen die letzte Nacht wäre, welche sie auf diesem grausigen Totenschiff zubringen, die letzten Stunden, die sie je in Vanderdeckens Gesellschaft verleben sollte. Das alte Schiffsgebä r war für beinahe fünf Jahre ihr Ozeanheim ihr einziges Asyl in der weiten, fremden Welt gewesen. Es war eng verschmolzen mit der Verlassenheit ihres Waisenstandes, mit der Qual ihrer Einsamkeit in dem offenen Boot, ja ihr ganzes Sein hatte sich in die altersgrauen Planken dieses Schiffes versenkt. Und er. aus dem ihre Blicke ruhten grausam, wild, mürrisch, verflucht wie er war, di-ser Mann, dessen flammende Augen gotteslästernde Flüche gen Himmel schleuderten, dessen Riesenge­stalt von den vulkanischen Ausbrüchen einer Feuerseele erschüttert wurde war dennoch ihr gegenüber die Güte selbst gewesen, hatte sie mit einer Art väterlicher Liede gehütet und gepflegt, sie schützend an sein» Flammenbrust gedrückt, sie, die