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M 144. Amts-

und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 65. Jahrgang.

Erscheint Dien s ta g , Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Dienstag, den 9. Dezember 1890.

Abonnementsprets vierteljährlich in der Stadt -o Pfg. rntz 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1., sonst in ganz Württemberg Mk. 1. 85.

Amtliche Bekanntmachungen.

An die K. Standesämter.

Die Bescheinigungen über die Lieferung der Standesamtsformulare, welche in Folge eines Ex­peditionsversehens bereits zur Versendung gelangt sind, sind bis zum Eintreffen der Formulare zurückzubehalten. Calw, den 6. Dezember 1890.

K. Oberamt. Amtmann Bertsch.

Tages Neuigkeiten.

* Calw, 8. Dez. Das Lutherfestspiel von Dr. Hans Herrig hat auf seinem Rundgang durch Deutschland auch seinen Einzug in hiesiger Stadt gehalten. In einer Reihe von Städten gelangte dieses kirchliche Festspiel zur Aufführung und überall, wohin es kam, hat es die Herzen gewonnen. Die Vergangenheit feiert man ja am besten, wenn man sie zur Gegenwart werden läßt und in unfern durch religiöse und konfessionelle Fragen stark erregten Tagen ist es notwendig, daß das Volk sich selber schaut, und zwar nicht im Gewände des Alltages, sondern in den Gestalten seiner großen Männer und im Spiegel der denkwürdigen Ereignisse jener Zeit der Reformation. Wir sehen in dem Festspiel den deut­schen Reformator Luther gleichsam lebendig in seinem Werke vor uns, wir werden versetzt in seine Zeit und in die Bewegungen, welche er in ihr hervorrief, und freudig erhebt sich das Herz bei dem Anblick, wie Luther sich durch nichts hat bewegen lassen, von der einmal betretenen Bahn abzuweichen und wie er vor dem versammelten Reichstag zu Worms mit festem Mut seinen Glauben bekannt und zum Schluß noch hinzugefügt hat: Hier stehe ich, ich kann nicht anders, helfe Gott mir, Amen! Die Sprache des Festspiels ist edel, einfach, kräftig und volkstümlich, die Dicht­ung sehr gut gelungen. Das Stück zerfällt in 6

Scenen, welche einzelne Ereignisse aus dem Leben Luthers (Klosterleben, Ablaß, Verbrennung der päpst­lichen Bulle, Reichstag zu Worms, Wartburg, Bauern­krieg, resp. die Bilderstürmer) darstellen. Aufgeführt wurde das Spiel in Kostümen durch die Mitglieder des ev. Jünglingsvereins. Dieselben gaben sich alle Mühe, der ihnen gewordenen Aufgabe gerecht zu werden, so daß wir der Darstellung im allgemeinen volle Anerkennung zollen. Der Besuch des Festspiels war. ein überaus zahlreicher; der Saal des Vereins­hauses war bis auf den letzten Platz besetzt. Das Stück soll noch mehrmals wiederholt werden und können wir den Besuch desselben nur dringend empfehlen.

* Calw. Der auf gestrigen Sonntag nach­mittag anberaumte Vortrag des Hrn. Amtmann's Dr. Schönmann über das Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz war von Arbeit­gebern und Arbeitern außerordentlich zahlreich besucht. In kurzer Zusammenstellung und leicht faßlicher Form beleuchtete der Vortragende dieses schwierigste der neuen Sozialgesetze. Nachdem wir bereits in einem Aufsatz, der durch die Nummern 130138 lief und in einem weiteren in Nr. 139Pflichten eines Haus- vaterts" unfern Lesern einen klaren Ueberblick über den wesentlichen Inhalt dieses Gesetzes gegeben haben, halten wir eine Wiederholung für überflüssig.

Nagold, 4. Dezbr. Ein Jagdglück von größter Seltenheit wurde dieser Tage 2 Waidmännern von Wildberg, Sattlermeister Maier und Restaurateur Weiland zum Rosenhügel, zu Teil. Sie erlegten binnen einer halben Stunde m einem Bau 4 Fisch­ottern, 2 männlichen und 2 weiblichen Geschlechts, letztere je mit der Frucht von 2 Jungen. Das Ge­samtgewicht betrug 27 Kilo. Für jedes Stück wird seitens der K. Zentralstelle 5 ^ Prämie bezahlt. Weiteren dieser gefräßigen Fischräuber sind die ge­nannten Jäger auf der Spur und es ist ihnen im Interesse der Fischzucht in der Nagold bester Erfolg zu wünschen. Schw. M.

Stuttgart, 6. Dez. Die Vorstellungen aus den deutschen Kolonien und Schutzgebieten in Afrika und der Südsee haben gestern abend im Königsbau begonnen. Neben den lebensgroßen Porträts berühm­ter Forscher und Reisenden, wie Nachtigal, Büchner, Emin Pascha, Wißmann, Peters, sieht man malerische Landschaften, so vom Kamerungebirge, dem Kari- Wasserfall, dem Kilimandscharo, sowie Typen der eingeborenen Stämme. Heute Samstag und morgen Sonntag finden nachmittags Schülervorstellungen statt, am nächsten Mittwoch ist eine Nachmittagsvorstellung für Schülerinnen geplant.

Fellbach, 4. Dez. Heute hielten die Offi­ziere vom 7. Jnf.-Reg. Nr. 125 auf hiesigem Jagd­gebiet eine Feldjagd, wobei 82 Stück Hasen er­legt wurden.

Eßlingen, 3. Dez. Gestern abend fand zu Gunsten der Heizbarmachung der Frauenkirche im Kugelschen Saale ein zweiter Konzert statt, an wel­chem hiesige und auswärtige Kräfte mitwirkten. Das aus gewählten Thonstücken (Brahm, Schubert, Mendelssohn u. a.) zusammengestellte Programm zählte 19 Nummern und fand den wärmsten Beifall der Zuhörer. Das Konzert mag einen materiellen Erfolg von 1000 ^ gebracht haben. Während den gleichen Stunden hielt Prof. Dr. Scherer aus München über dasPassionsspiel in Oberammergau" im Kaufmännischen Verein einen Vortrag.

Eßlingen, 4. Dez. Bei der gestrigen Bürger­ausschußwahl hat der Zettel des Bürgerbunds und der deutsches Partei gesiegt. Fabrikant Richard Merkel erhielt als Obmann 831 Stimmen.

Göppingen, 4. Dez. Die den Touristen wohlbekannte Wangener Linde ist dem letzten Sturme zum Opfer gefallen, nachdem sie früher schon mehreremal vom Blitze getroffen worden war und Kinder einmal ein Feuer in ihrem hohlen Stamme angemacht hatten.

Göppingen, 5. Dez. Heute früh ^»4 Uhr brach, demG. W." zufolge, bei Gerber Schier ein

Jeuilleton.

Das Totenschiff.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von Zs. ßkark Busse kl.

(Fortsetzung.)

Ich dachte eben jetzt in meiner Kabine daran. Es steht ein Wasserkrug dort, und sein Anblick brachte mich auf den Gedanken, Dich zu fragen, ob sich in Deinem Vorrat von Lebensmitteln auch Wasser befände. Er hält ungefähr zwei Gallonen, hat einen engen Hals und kann leicht zugestöpselt werden. Aber wie ihn ans Ufer bringen? Mein Körpergewicht, die Säckchen und der gefüllte Krug würden sogar einen größeren Rahmen als der ist, welcher mich tragen soll, zum Sinken bringen."

Ich frug:Ist frisches, trinkbares Wasser darin?"

Ja, und er ist beinahe ganz voll. Prius sorgt, daß er immer gefüllt ist. Ich gebrauche es zum Baden."

Sind denn Flaschen zu haben?" erkundigte ich mich weiter.

Sie überlegte und erwiederte:Es sind kleine gläserne Krüge vorhanden, in denen Wein aufbewahrt wird, aber ich weiß nicht, wo sie zu finden sind."

Jetzt war die Reihe an mir, nachzudenken.O," rief ich endlich,da ist doch ein silbernes Flacon in der Kiste unter dem Tische, dasselbe, das Prius verqangene Woche hinaustrug und dann für Vanderdecken mit Sherry gefüllt zurückbrachte. Kannst Du es nicht bekommen?"

-Ja."

Wir werden es vielleicht gar nicht brauchen; ist das der Fall so können wir

es zurücklassen. Vanderdecken soll uns nicht nachsagen, daß wir ihn geplündert haben, obgleich wir uns, wenn das Schicksal uns wieder in seine Gewalt bringen sollte, der Gefahr einer noch viel schwereren Anklage aussetzen. Geliebte, trage das Flacon in Deine Kabine und fülle es mit dem dort befindlichen Süßwasser. Wir werden bald frisches Wasser, süßer als der edelste Wein, in Menge finden. Dann vergiß ferner auch nicht, Dir den Wasscrkrug bis an den Rand füllen zu lassen Prius wird das gern thun und nichts argwöhnen. Du wirst Dir schon einen Grund ausdenken. Und wenn er gefüllt ist, so verschließe ihn mit einem Kork so fest wie möglich und umwinde den Kopf mit einem starken Lappen, damit der von Dir als Kork benutzte Verschluß, welcher Art er auch sei, nicht herausfalle."

Sie meinte, sie wollte hinabgehen und sogleich danach sehen.

Noch einen Augenblick," flüsterte ich.Ist das Fenster auf Deiner Seiten­galerie offen?"

Nein, aber ich will es öffnen."

Thue es; bleibe dabei stehen, bis Du mich leise hustcn hörst; fasse dann ein Seil, das ich dicht am Fenster hängen lassen will, und ziehe dasselbe hinein, es da­bei schnell zusammenrollend."

Sie verstand mich mit der schnellen Fassungsgabe eines Seemannskindes und verließ mich ohne weiteren Verzug. Die Besanraae wurde herabgelasscn, die Segel warm schon einige Zeit geborgen. Durch einen kleinen Block am Ende der Raa war eine dünne Leine, em sogenanntes Signalziehtau, wie sie zum Hissen der National­farben benutzt werden, gezogen. Ich wartete, bis Vanderdecken an dem Ausgange der Treppe, das war natürlich am äußersten Ende des Hinterdeckes, zum Stillstand kam, dann ließ ich mit der blitzartigen Geschwindigkeit eines Seemanns das Ziehtau durch den Block schießen, wobei ich das Ende im Fallen ausfing, damit es nicht auf das Deck aufschlüge, und warf es über die Galerie, zu gleicher Zeit ein deutliches Husten vernehmen lastend. Ich fühlte, wie sie daran zog, ließ es vorsichtig aus der