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91. Jahrgang.
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Samstag, den 21. April
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Beilagen.
Plauderstübchen
und
Illustr. Sonntagsblatt.
1917
Rem Stilrimgriffe -er Mzchu zllsMMW-riiiheil.
Wir enlnehmm der „Franks. Zig." folgende Schilde« rung ihres Kriegsberichterstatters über
Die Schlacht an -er Aisne.
Dir Aoröereitrrrrg.
Im Raume zw schen Soissons und Reims halten die Franzosen schon seit geraumer Zeit ihre Angrtfssmillel be- beulend vermehrt. Eine A rillerie, von deren zahlenmäßiger Stärke dis bedeutendste Borstellung erlaubt ist, eine schier unerschöpfliche Reserve an Munition, gkschickt und unauf- fällig ver eitle T uppenlager für die Berkitschaften, Fesselballone, dis einmal da. einmal dort ouflauchten, zahlreiche neue Flughäfen und Feldbohnen — das alles waren deutliche Kennzeichen der Absicht, die bevorstand. Wenn der Feind angenommen hatte, dvß Vorbereitungen von diesem Umfange der dem sch n Aufklärung entgehen würden, hatte er sich gründlich getäuscht.
Du ch die Verlegung unserer Front nach rückwärts entstand für di« französische Gesamtoperation an dieser Südim stecke eine ziemlich unbcgueme Zwangslage. Die enge Fühlung, die der Gegner durch schnelles Nach- rücken zw schen Aisne und Oise wieder ouszunehmen suchie, wollte sich nur schwer erreichen lassen. Am 4. April stand ich auf Fort B imont bei Reims und gewann auf meiner Weiteisahrt gegen Beny au Dar und Laon die beruhigende Sicherheit, daß diese Front weder zu üb rraschen noch zu überwältigen sei. Am 6. April begann der Feind unsere Gräben unter ein Wirkunqsstmr zu nehmen, das sich von Tag zu Tag steigerte. Einen merkwürdig geringen Ge- b auch harte er vmhr von der Aufklärung durch seine Flieger gemacht. Er glaubte offenbar immer noch an die Möglichkeit der Überraschung und hatte darum die Flugzeuge zmückgehaltsn. Nun srcii'ch gingen die Geschwader hoch. Sie fanden, wie der Heeresbericht Tag für Tag aufzählen konnte, einen scharfen und für sie äußerst verlustreichen Empfang. Glcichz ttig setzte die schwere Beschießung sämtlicher Kolonnenwege und erreichbaren Orte hinter unserer Front ein. Da oie Dörfer an der Aisne und an der Rermssront noch verhältnismäßig wenig vom Kriege gelitten haben,- war es der französischen schweren Artillerie nicht schwer, binnen kurzem eine gehörige Zerstörung a-zmichien. D<e F stuna-hüael bet Reims, der
Nei- Meg <les Lockens.
Roman aus dem Schwedischen von E. Kuylenstierna-Wenster. 23s (Nachdruck verboten.)
Gunvor schwieg ein paar Minuten, dann sagte sie: »Führen Sie mich zu ihr!"
„Wann?"
Die Stimme versagte ihm fast vor Gemütsbewegung, vor glühender Sehnsucht, seine kleine Prinzessin auf den Arm zu nehmen und sie weit, weit fort zu tragen, in rauschende, grüne Wälder hinein, und ihre roten Lippen, . ihre glänzenden Augen, ihre Hände zu küssen, bis sie i unter seinen heißen Liebkosungen erbeben würde. Aber j mit einer Willenskraft, bei der die Adern auf seiner Stirn i anschwollen, zügelte er seine hervorbrechende Zärtlichkeit ! und wiederholte nur noch einmal „Wann? Wann wollen Sie kommen?"
„Heute abend — oder morgen-"
„Heute abend also."
„Und als was wollen Sie mich Ihrer Mutter vorstellen?" Ihre Frage war nicht ängstlich oder unsicher, sondern zärtlich und würdig zugleich.
Er lächelte: an dieses Lächeln erinnerte sie sich später j oft, wie man sich manchmal nach Jahren noch an einen , sthönen Sonnenaufgang erinnert. Tief neigte er sich über z ne, und der Damm, den er erst vorhin gegen seine Gefühle , errichtet hatte, konnte den Strom nicht mehr zurückhalten. Die ganze reiche, mächtige Stimmung, die ihn in diesem Augenblick beherrschte, drückte er plötzlich in den Worten aus: „Du bist meine Prinzessin! Und Mutter allein soll unser Geheimnis wissen. Willst du?"
»Ja! Endlich, endlich hast du es gesagt!"
„Es wäre besser ungesagt geblieben, wenigstens vorderhand" sagte er halb wehmütig. „Aber Frauenmacht! Wir treffen uns also heute abend um sieben Uhr. Auf Wiedersehen!"
Er verließ sie rasch. Gunvor aber saß noch lange mit einem glücklichen, fast verklärten Ausdruck auf ihrem
Brimont vor allem, wurden gehö ig zugedeckt. Die Orte südlich von Laon, alle Wegkreuzungen und Bahnhöfe lagen unter ständigem Feuer.
Die Beschießung von «Laon.
Man konnte im Zweifel sein, ob die Franzosen ihre alte Kathkdraistadt Laon von der allgemeinen Beschießung ousnehmen würden oder nicht. Sie verfechten aber bekanntlich den Standpunkt, daß sie selber mit ihren alten Kul urienkmäikm machen können, was ihnen beliebt, daß es dagegen ein Frevel an der ganzen Menschheit fti. wenn die Den:schm in militärischer Notnnhr eine Festung wie Reims oder die Truppenlager irgend einer offenen französische Stadt beschießen und dabei ein paar alte Mauern oder Türme umrversen. D e Stadt Laon ist für Flachbahn, geschütze aut erreichbar, aber gerade die nme Unterstadt, die sich am Bahnhofcolertel ansbrntet, ist durch die erhöhte Altstadt mit der ragenden Kathed ale gegen Süden und Südwester geschützt. Dis F-anjrsen leiteten die Beschießung in der Nacht vom 13 zum 14 April durch Fliegerbomben ein. Wie gewöhnlich in solchen Fällen, war die Zioibe- völkerung der leidtragende Teil. Während unsere Soldaten von ihren sicheren Unterständen aus der Beschießung ruhig zusehei konnten, fielen 37 Einwohner, die weniger vorsichtig waren, dem Angriff zum Opfer. Danach begannen stau- zöstsche Langrohrgeschütze ihr Werk. Die Einwohner zogen es nun doch vor, die alten Schächte und Höhten tm Innern des Kreidefelsens, die U'alten Zufluchtsstätten der vormaligen Feste Laon mit Sack und Pack aufzisuchen; ttotzdem bringt ihnen jeder Tag neue blusige Opfer.
Kirr Aktegerstückche«.
In derselben Nach», al; Laon mit Bomben heimgesucht wurde, rrhielt ein deutscher Flieger den Auftrag eine Labung von 500 Ktiogromm Dynamit auf einen wichtigen Bcrkehreplwkt hi ter der feindlichen Front abzuwersen. Er stieg auf. suchte sein Ziel, konnte es aber im aussteigen- den Ni br! nicht erkunden und flog zurück, um eine bessere Stundr währzunehmen. Ueber der Höhe von Loon sah er Sprengpunkte von Abwehrgeschützen in der Lust und entdeckte auch all-bald das betroffene französische Geschwader. Da kommt ihm «in Gedanke: vorsichtig hängt er sich dem
jungen Antlitz neben dem alten, verkrüppelten Mütterlein auf der Bank. ^ ,
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Gunvor hatte nicht einen einzigen Augenblick das Gefühl, als außenstehende Fremde in die Malmbergsche Familie zu kommen: ebenso einfach und unbeabsichtigt wie Alf „du" zu ihr gesagt hatte, als er fühlte, daß er nicht mehr anders konnte, ebenso ungeziert und zuversichtlich schob er sie vor sich in den kleinen dunklen Flur hinein, wo Frau Malmberg sie erwartete. Sie hatte die beiden vom Fenster aus erspäht gehabt, und in diesem Augenblick war ihr sorgenvolles Gesicht wieder jung und schön geworden, die Freude hatte es mit einem rosigen Schimmer übergossen.
Alf hatte ihr sehr wenig gesagt; aber sie verstand gar viel und vor allem wußte sie, daß ihrer nun zwei waren, die Alfs Rückkehr mit Sehnsucht entgegensahen. Zwei liebende Frauen: die Mutter und die Braut! „Erinnerung und Hoffnung!" dachte sie, und sie glaubte mit kindlicher Harmlosigkeit an diese beiden Mächte.
„Hier ist Gunvor von Hartvig, Mama! Und hier, Gunvor, ist der einzige Mensch, der seither für mich wirklich etwas sein konnte und wollte."
Ms sprach ernst, fast rauh, aber die Hand, die er auf Gunvors Schulter legte, war leicht und warm; sie bat und liebkoste.
„So, nun ist es also doch schließlich das kleine, feine Fräulein geworden, das ich so nett fand", sagte Frau Malmberg, indem sie das junge Mädchen auf die Schulter klopfte. „Willkommen, willkommen!"
Dann wurde Gunvor zu Vater Malmberg hineingeführt, der Gunvor neugierig betrachtete und sich dann nachdenklich zuerst über seinen langen, weißen Bart und dann über den Haarkranz um seinen kahlen Scheitel strich.
„Guten Tag, liebes Kind! Wie heißt denn deine kleine Freundin, mein Junge?" — »Gunvor, Papa."
In des Vaters Augen war Alf nie grob geworden, er war noch immer der Schuljunge. Die Zeit war für ihn da stehen geblieben, wo sie bei Beginn seiner Gehirnkrankheit gestanden hatte. Was vor diesem Unglück war,
Geschwader an den Schwanz und folgt im unbemerkt in der Dunkelheit über die feindliche Linie. Er vertraut darauf. daß man ihn jür einen ausgepichten Franzosen halten werde, und so war es wohl auch. Nicht lange, so sah er unter sich die Landungsfeuer des französischen Flughafens. Dir Piloten des Geschwaders gingen im Gleitflug zur Erde, und als letzter sch ckle sich auch unser Flieger scheinbar dazu an. Er steuerte in sonderbarem Ungeschick recht nahe über die Ilugzeugschuppen hin. ließ aus geringster Entfernung, 50 Meter vielleicht nur, seine Ladung fallen, riß die Steurung hoch und entschwand in der Nacht. Die Sprengladung, mit sechzig Sekunden-Zeilzünder versehen. krepierte genau und mit furchtbarer Wirkung.
Der Sturmangriff.
Endlich am 16. April setzten die Franzosen zum Sturm an. Der Hairpldruck richtete sich mit der allg-metnen Stoßrichtung nach Norden gegen unsere Front von Sou- pier—Chavonne bis qegen Betheny—Reims. Ein Seilendruck erfolgt« von Westen her zwischen Laffaux und dem Aisne-Oise-Kanal. Obwohl die Gräben der ersten Stellung durch das Minenseuer und die Artillerie bis auf geringe Reste eingetrommelt worden, gelang es den Franzosen nirgends, über diese ersten G äben hinaus vorzudringen. Sie stießen sehr bald aus einen festen Widerstand. Gegenangriffe setzten ein, und zwangen sie, Teile der Stellung wieder zu räumen. Der Komps der morgens um S Uhr begonnen hatte, währte den ganzen Tag über und wogte unentschieden hin und her. Unaufhörlich sch'cktm die Franzosen frische Kräfte ins Gefecht. Mit starken Angriffen in der Nacht vom 16. zum 17. suchten sie die deutsche Berleidtgung zu verwirren und zu erschöpfen. E» war umsonst; außer einigen Einbeulungen unserer ersten Stellung erreichten sie nichts. Der Durchbruch des ersten Tages sollte hier 8 bis 10 Kilometer weit in die Tiefe iühren. Amifontaine, Prouoais und Neuschalel (nordöstlich von Berry au Bar. Die Rrd.) waren die Ziele der Franzosen. Der Kamps blieb auch hier im wel nilichm auf die Gräben der ersten Stellung beschränkt. Streifende Abt ilungen, denen es glückte, gleichsam versehentlich tiefer dmchzudrechen, wurden abgesangen. Uederhaupt scheint die Schlacht an mehr als einer Stelle den Charakter der offenen Feldschlacht angenommen zu haben.
daran konnte er sich einigermaßen deutlich erinnern, aber alles Spätere zerrann wie die Sandkörner in einem Stundenglas. Alf hatte Gunvor während des kurzen Weges von dem Ort ihres Zusammentreffens bis zur Wohnung seiner Eltern auf den Zustand seines Vater- vorbereitet, und so konnte sich Gunvor leicht dareinfinden, daß der Vater sie freundlich an sich zog, ihr die Wange streichelte und sagte: „Kleine, bist du allein gekommen?" — „Nein, Alf hat mich abgeholt."
„Ei sieh! Schon Kavalier! Nun, bist du mit deinen Aufgaben fertig, Alf?" — „Oh ja, Papa!"
„Dann könnt ihr spielen, Kinder. Wie nett, daß Ms eine Spielkameradin ttt, das war noch nie der Fall." Damit ließ er Gunvor los und strich sich wieder über Bart und Haar. Plötzlich schien ihm etwas einzufallen und er rief laut: „Maria!"
„Ja, Alter!" sagte Frau Malmberg, die Apfelsinen und Wein auf den Tisch stellte.
„Hast du etwas Gutes für die Kinder? Hast du Alst- Spielkameradin gesehen? Sie sind alle beide recht grob für ihr Alter."
„Lieber Thomas, sie sind keine Kinder mehr, sondern« junge Leute."
„Ach so — ja, die Zeit vergeht. Ja, ja, geht jetzt und spielt, Kinder!"
Er hatte schon wieder vergessen, daß er nicht ein kleine- Mädchen und keinen kleinen Jungen vor sich hatte.
Als Frau Malmberg und Gunvor dann eine Weile miteinander geplaudert und beide gefühlt hatten, wie wenig Worte jetzt gerade für sie bedeuteten — hauptsächlich weil ihre Gedanken stets ein und dieselbe Saite berührten — legte Alf Gunvors Arm in den seinigen und zog sie mit sich in sein Zimmer hinein.
„Setz' dich aufs Sofa, Gunvor! Gerade unter die Photographie meiner Großeltern."
Sie gehorchte und er holte seinen Photographierapparat herbei, richtete ihn und machte eine Aufnahme, die er dann genau untersuchte und sagte alsdann erfreut:
„Meine kleine Prinzessin ist gleich aufs erstemal recht gut geworden." (Fortsetzung folgt.)