142. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 65. Iahrgavg.

Erscheint Di en S ta g , Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Donnerstag, den 4. Dezember 1890.

AbsnnementspreiS vierteljährlich in der Sta>t re Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 16, sonst in ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die gemeinschaftlichen Aernter,

welche noch im Rückstand sind, wollen umgehend über das Ergebniß der Sammlung sür denFrauen­dank" (cf. Calwer Wochenblatt Nr. 123t Bericht erstatten, beziehungsweise die gesammelten Beiträge hieher einsenden.

Calw, 1. Dezember 1890.

K. gem. Oberamt.

' Supper. Braun.

Die Ortsvorsteher

werden unter Hinweis auf ZZ 118120 der Mini- sterialverfügung vom 9. Nov. 1883 (Reg.-Bl. S. 234) aufgefordert, die Verzeichnisse über die in Fabriken und denselben gleichstehenden Anlagen beschäftigten jugendlichen Arbeiter bis 15. d. M. hieher vorzu­legen, beziehungsweise Fehlanzeige zu erstatten. Die Verzeichnisse sind nach dem im Regierungsblatt von 1883, Seite 307308, enthaltenen Formular zu fertigen.

Calw, den 2. Dezember 1890.

K. Oberamt. Supper.

Die Ortsvorsteher

werden daran erinnert, daß der mit besonderem Er­laß vom 31. März 1888 ertheilte Auftrag bis 15. d. M. zu erledigen ist.

Calw, den 2. Dezember 1890.

K. Oberamt. Supper.

Bekanntmachung, betreffend die Krankeirverficherurrg der Arbeiter.

Gemäß Z 9 der Vollzugsversügung zum Kranken­

versicherungsgesetz vom 1. Dezember 1883 wurde der ortsübliche Taglohn gewöhnlicher Tag­arbeiter für sämtliche Gemeinden des Oberamts­bezirks vom Oberamt für 1891 festgesetzt.

Für erwachsene männliche Arbeiter auf 2 ^

weibliche 1 40 ^

jugendliche männliche 1 20 ^

weibliche 90 ^

Calw, den 2. Dezember 1890.

K. Oberamt.

Supper.

Tages-Neuigkeiten.

-ch Calw, 3. Dezember. In der Frühe des Adventsfestes verschied nach langer, schwerer Krank­heit Oekonomierat Eugen Horlacher. Unter großer Beteiligung seitens der verschiedensten "Kreise hiesiger Stadt und des Bezirks 'wurde gestern Nachmittag der Verstorbene zur letzten Ruhe bestattet. Dem reich mit Palmen und Kränzen geschmückren Trauerwagen folgte der Turnverein mit umflorter Fahne, die Ver­treter des landwirtschaftlichen Bezirksverein, des Ver­schönerungsvereins und der Spar- und Vorschußbank, sowie eine lange Reihe von leidtragenden Freunden und Bekannten. Am Friedhofe wurde der Leichen­kondukt von der Stadtkapelle mit der ArieEs ist noch eine Ruh vorhanden" empfangen; während der Einsenkung des Sarges spielte die Kapelle das Mendel- sohn'sche LiedEs ist bestimmt in Gottes Rat." Die Grabrede hielt Hr. Dekan Braun. In tiefempfundenen Worten schilderte der Geistliche im Anschluß an Psalm 34 Vers 5 und ff. die große Thätigkeit des Ent­schlafenen im öffentlichen Leben. Hr. Oberamtmann Supper legte im Namen des landwirtschaftlichen Bezirksvereins, dessen langjähriger Sekretär der Ver­storbene gewesen war, dem unermüdlich thätigen, rastlos wirkenden und reich erfahrenen Mann einen Lorbeerkranz am Grabe nieder. Im Namen der Stadt und des Verschönerungsvereins widmete Hr.

Stadtschultheiß Hasfner, dem um die Verschönerung der städtischen Anlagen so sehr verdienten Entschlafenen anerkennende Worte des Dankes ebenfalls unter Nieder­legung eines Kranzes. Ferner wurden unter feierlichen Ansprachen Kränze niedergelegt von Hrn. Stadtrat C. A. Bub namens der Spar- und Vorschußbank und von Hrn. Georgii junior im Aufträge des Turnvereins. Mit einem Choral von der Trauer­musik fand die ernste Feier ihren Abschluß.

* Calw. Gestern Dienstag abend feierte der hi»s. Veteranenverein in zahlreich besuchter Ver- wmmlung die Tage von Villiers und Champigny im Saale der I. Dreiß'schen Brauerei. Nach einigen Vorträgen der hiesigen Stadtkapelle hielt der Vereins­vorstand Seeger die Festrede, welche mit einem Hoch auf unfern König Karl, den Protektor des württ. Kriegerbunds, schloß, in das die Versammlung be­geistert einstimmte. Hierauf ergriff Hr. W. Weik das Wort um der Gefallenen zu gedenken, zu deren ehrendem Gedächtnis die Versammlung von den Sitzen sich erhob. Wie die beiden vorangegangenen Redner gab Hr. Oberamtsarzt Dr. Müller in gedrängter Kürze ein Bild aus den Tagen der Kriegserklärung und der Heimkehr der deutschen, speziell der württ. Truppen. So mancher, der damals dabei gewesen, der im Gefecht oder auf Vorposten, im Schnee und oft bei eisiger Kälte sein Leben bedroht sah, sitze hier ein bescheidener Mann; vor zwanzig Jahren sei dies anders gewesen, da wurden diese Mitbegründer des deutschen Reiches mit unermeßlichem Jubel em­pfangen und denselben dankbare Anerkennung zuteil; er bringe sein Hoch dem Veteranenverein. Aus eigener Erinnerung sprach Hr. Eg. Fehleisen als er einen Rückblick warf auf jene beiden Tage, an welchen auch die Württemberger ihren Mut und ihre Tapfer­keit zu beweisen hatten. Derselbe schloß mit einem stürmisch aufgenommenen Hoch auf das geeinte deutsche Vaterland. Der gemeinschaftliche Gesang vaterländ­ischer Lieder und die Vorträge der städtischen Kapelle trugen dazu bei, die festliche Stimmung lange zu er-

Jeuilleton.

Das Gotenschiff.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. Klark Wusse kl.

(Fortsetzung.)

Er winkte mit der Hand und überließ es mir selbst, herauszufinden, welche Art Antwort die Geste bezeichnet«. Es ward mir klar, daß von ihm keine weitere Auskunft und von Van Vogelaar nichts als Spott und Beleidigung zu erwarten -wäre. Und so verhielt ich mich denn ruhig.

Doch hatte ich wenigstens etwas erfahren.

Als ich nach dem Essen wieder auf Deck stieg, lag das Land kaum näher denn zuvor, und erst in der vierten Nachmittagsstunde lag die Küste so klar und deutlich vor unseren Blicken, daß auch die kleinste Einzelheit in dem Hellen Glanz der Sonne erkennbar war, welche wir jetzt auf der Backbordseite hatten und welche die ganze Fülle und Pracht ihres Lichtes in schräger Richtung darüber ausgoß. Wie ein großartiges Gemälde dehnte sich die Bai mit ihrem abschüssigen Strande, den das Grün dicken Gebüsches und stattlicher Bäume umsäumte, vor uns aus, und dazwischen hindurch schimmerten gewundene Streifen und Linien weißen Sandes, der im Sonnenschein wie Silberkrystall flimmerte und glänzte. Blau wie der Him­mel trat die See an das Ufer heran und spülte schäumend und zischend hier in milchweißen Springwellen, dort in kristallinischem Wasserkunst emporkochend, dem Gestade entlang. Die azurnen Bergeshöhen, die bei dem ersten Jnsichtkommen dicht an das Ufer zu grenzen schienen, zogen sich, je mehr wir uns näherten, weiter und weiter in das Binnenland zurück und man konnte ihre beträchtliche Entfernung von

der Küste an der Fortdauer ihrer zarten, verschwommenen Umrisse ermessen. An einer Stelle des Landes, ungefähr eine Viertelstunde von der Bai, stieg ein blasser, bläulicher Rauch auf, der auf ein Buschfeuer und wie leicht zu vermuten auf die Anwesenheit eingeborener Wilder hindeutete.

Die schwache Meeresströmung, welche uns trug, wälzte sich in leichtgekräuselten Weilchen in die Bucht, die sich nach Süden zu weit und unbeschützt öffnete. Ich wußte aus Erfahrung, daß es an dieser Küste keines starken Windes bedarf, um einen ungeheuren, riesenhaften Seegang hervorzubringen, und mit unaussprechlicher Sorge und Angst schweiften meine Blicke von dem Land nach dem Himmel zu unfern Häupten und seitwärts von uns. Doch die Anzeichen ruhigen, stillen Wetters schienen sich mit dem Niedergange der Sonne nur noch zu vermehren. Der südliche Himmel prangte im reinsten Saphirblau, das sich gen Osten in Violett auflöste, und die Meeresoberfläche war nach jener Richtung spiegelglatt und unbewegt wie ein englischer Landsee. Links vom Sonnendall bemerkte ich einige Purpurwölkchen, welche ich eine Zeit lang mit Aufmerksamkeit beobachtete; doch ich konnte wirklich nicht sagen, ob sie sich fortbewegten, obgleich wir immer noch über eine angenehme Brise verfügten, welche, hoch oben im Takelwerk summend, unsere alten Segeltücher füllte und das altersgraue Schiffsgebäu mit stündlich vier Knoten ebenso ruhig wie eine im gleichmäßig ebenen Gewässer eines Hafens umherschwimmende Seekrähe dahingleiten ließ. Ringsum herrschte tiefes Schweigen. Hätte das eintönige Knarren des Pumpenschwengels und das Rauschen des fontänengleich von dannen strömenden Wassers nicht die Ruhe unterbrochen, so würde sich die Stille an Bord in nichts von dem Todekschweigen am Lande unterschieden haben.

Indessen, so herrlich auch jener Nachmittag war, so erinnere ich mich doch recht wohl meines Bedauerns, daß es nicht einen Monat früher oder später im Jahre war. Wir befanden uns nämlich in der stürmischen Jahreszeit jener Zone, obgleich es daheim Sommer war, und ein plötzlicher Witterungswechsel konnte nur allzu