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M 141. Amts-
und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 05. Jahrgang.
Erscheint Dien S ta g , Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung » Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.
Dienstag, den 2. Dezember 1890.
LbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt »n Pfg. nn) rs Pfg. Trügerlohn, durch die Post bezogen Ml. r. IS, sonst i« ganz Württemberg Ml. 1. 35.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Ortsvorsteher
iverden auf die Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern vom 9. November 1890, betreffend den Kreis der nach dem Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz versicherten Personen (Amtsblatt S. 351) und auf den Mini- sterialerlaß vom 10. November 1890, betreffend das Verfahren bei der Ausstellung und dem Umtausch, sowie bei der Erneuerung (Ersetzung) von Quittungskarten, (Amtsblatt <S. 361), hiemit besonders hingewiesen.
Calw, den 28. November 1890.
K. Oberamt.
Supper.
Tages-Ueuigkeiten.
* Calw, 1. Dez. Die Aufführung des Llirchengesangvereins am Adventsfest darf als eine sehr gelungene bezeichnet werden. Schon das erste Werk „Konzert für Orgel und Orchesterbegleitung in O-moll" von G- F. Händel machte einen erhebenden Eindruck. Sätze mit ernstem, nachdenklichem und entschlossenem Charakter werden abgelöst von energisch einherschreitenden Akkorden und sanft klagenden Tönen. Der Schlußsatz ist von großer Klangfülle und hohem Effekt. Durch das zweite Werk „Requiem" von Cherubini hatte der Verein sich eine schwierige Aufgabe gestellt, dieselbe aber recht gut bewältigt. Sowohl hinsichtlich des Textes als auch der Musik ist dieses Werk für evarktzelische Kirchen etwas Ungewohntes und es mutet diese Musik den Zuhörer auch eigentümlich an. Sie stimmt zur Andacht, reißt zur Bewunderung und Verehrung hin, läßt aber die Herzen etwas kalt. Die vielen Vokale im lateinischen Text sind für den Gesang von ausgezeichneter Wirkung. Geradezu großartig war die dritte Nummer „Dies iras, äiss illa".
In diesem Chor vereinigt sich hellaufloderndes Feuer mit dem rührendsten Flehen; mit allem Fleiß werden die Schrecknisse des jüngsten Tages ausgemalt. Die Musik schmiegt sich aufs innigste dem Text an. Die größten Kontraste finden wir in diesem Werk: wie kräftig jauchzt der Chor „Lanotus, Lanotus" und wie lieblich erklingt hierauf „Dis llssu, Domino". Bei dem 3. Werk sieht sich der Zuhörer wieder in deutsche Musik und evangelischen Geist versetzt. Der 42. Psalm von F. Mendelssohn atmet wohlthuende Frische und Majestät. Der Chor hielt sich recht wacker, besonders gut gelang der feurige Lobgesang „Preis sei dem Herrn, dem Gott Israels, von nun an bis in Ewigkeit." Die Sopransoli wurde von Frl. Klara Eytel aus Stuttgart gesungen. Die silberhelle, zarte Stimme ist äußerst angenehm und weich, der Vortrag innig und abgerundet und die Aussprache sehr natürlich, so daß die Leistung alles Lob verdient. Die Orchesterpartie hatte Hr. Musikdirektor Speidel und 8 Mitglieder der Kapelle des 7. Infanterieregiments in Stuttgart übernommen und zur größten Zufriedenheit durchgeführt. Die Orgel lag m den bewährten Händen oes Hr. Organisten Vin§on, der sich wieder als Meister seines Instruments bewies und zum Gelingen des Ganzen wesentlich beitrug. Zum Schluß bleibt uns noch die angenehme Pflicht, die umsichtige und tüchtige Leitung des Hrn. Dirigenten Fr. Gundert gebührend anzuerkennen. Der Kirchengesangverein hat mit dieser Aufführung allen Freunden kirchlicher Musik einen hohen Genuß bereitet.
* Calw, 30. Nov. Gestern abend hielt Hr. Egmond Fehleisen im Thudium'schen Saale einen Vortrag über „Ein Bild aus den Tagen der CalwerZeughandlungs-Compagnie." Nach einem längeren Rückblick auf die Zustände Württembergs während des 30jährigen Krieges in den Jahren 1621—1634 und auf die Zerstörung Calws durch Johann v. Werth ging Redner auf sein eigentliches
Thema über, indem er folgendes ausführte. Es gehe die Sage, die bekannten Fugger seien bei der Gründung der Compagnie beteiligt gewesen, da ein Grabstein in Tiefenbronn auf die Anwesenheit der Fugger in der Umgegend hindeute, aber nachgewiesen könne es nicht werden. Die Anfänge der Compagnie reichen weit zurück, da schon im Jahr 1604 Erhard Zellius in einem Gedicht allerlei in Calw verfertigten Tücher lobend beschreibe. Die Verfertigung von wollenen Tüchern habe gerade hier sich eingebürgert, da seit 1523 sie herrschaftlichen Schafe in der Calwer Gegend geweidet, gewaschen und geschoren, den Tuchmachern also günstige Gelegenheit zum Einkauf des Rohstoffs geboten worden sei. Der Fleiß und das Talent der Calwer sei zu bewundern, die Compagnie könne die süddeutsche Hansa genannt werden, ein bekanntes Sprüchlein sage deshalb „Calw ist unser Klein-Venedig, Calw ist unsere Handelsstadt". Auch Schiller erwähne in einem Brief an Göthe die hohe Bedeutung der Compagnie. Daß diese letztere sehr reich war, gehe daraus hervor, daß sie im Jahr 1734 der in großer Not sich befindlichen Regierung ein Anlehen von 300000 fl. vermittelte und ebenso im Jahr 1762 dem Herzog Karl ein solches von 20000 fl. gab. Das Calwer Haus in Stuttgart sei, wie Nikolai berichte, anno 1795 das schönste Haus in Stuttgart gewesen. Leben und Regsamkeit habe vom frühen Morgen bis späten Abend vor und in dem Kaufhaus, dem jetzigen Vereinshaus, geherrscht, besonders wenn die Weber ihre Waren abgeliefert und die vollbeladenen Wagen auf die Messe nach Zurzach und Bozen fuhren. Großer Absatz habe namentlich nach Italien und Oesterreich stattgefunden; dem österreichischen Handel machte aber Joseph II. ein Ende und schon früher im Jahr 1727 und 31 führt die Compagnie bittere Klagen über ein kaiserliches Verbot. Im Jahr 1706 entstand die Färberinnung. Jeder reisende Färbergeselle erhielt ein Geschenk, an einem Feiertag mußte er außerdem von den Meistern beherbergt und ver-
Jeuilleton.
Das Totenfchiff.
Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenem „Der fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar
von M Klark Busse kl.
(Fortsetzung.)
„Was dürfte wohl für Deinen Plan am vorteilhaftesten sein, Geoffroy?"
„O," entgegnete ich ganz leise, „wenn wir entkommen wollen, bedürfen wir vor Allem eines verlassenen, menschenleeren Deckes und eines schlafenden Schiffes."
„Wenn sich dies nun heute Nacht ereignen sollte, wirst Du dann wohl das Wagnis unternehmen?"
„Das kann ich wirklich nicht sagen. Vergegenwärtige Dir Folgendes: Wen» sie, nachdem wir die Anker ausgeworien haben, die Fracht umladen, um möglicherweise das Leck ans Tageslicht zu bringen, so dürfte sie diese Arbeit wohl die ganze Nacht hindurch in Anspruch nehmen; daS Schiff wird dann an allen Ecken und Enden lebendig sein und wir würden kaum auf eine günstige Gelegenheit zur Flucht rechnen können."
„Aber das Schiff wird auch lebendig sein, wenn sie fortfahren, den Pumpenschwengel zu handhaben, und das muß zweifellos geschehen, wenn es nicht finken soll."
„Jawohl," sagte ich, „dämm mag ich auch vielleicht bis morgen Abend zu warten haben."
Mit schnell erbleichendem Antlitz — ein deutlicher Beweis, wie äußerst wenig von ihrer Körperstärke übrig geblieben war — rief sie auS: „Wenn sie da» Fahrzeug heute Nacht kielholen, so werden sie morgen früh das Leck auSbeffern können und vor Einbruch der Nacht zum Absegeln bereit sein."
„Das befürchte ich nicht."
„Und doch könnte es geschehen, Geoffroy! Sie werden Dich dann, ehe die Anker gelichtet werden, am Ufer aussetzen —" hier brach sie ab und rang leidenschaftlich die Hände.
„Ich befürchte das keineswegs," wiederholte ich. „Vor Allem kommt es darauf an, wo sich das Leck befindet. Sollte es tief unten sein, so werden sie ihm nicht auf den Leib zu rücken vermögen, ohne die ganze Ladung auszuschiffen, was ihnen in Anbetracht des Umstandes, daß sie nur über jene zwei Boote verfügen und daß sie zum Schutze gegen die Eingeborenen — wenn deren hier überhaupt vorhanden — am Ufer Zelte aufzuschlagen haben werden, wenigstens einen Monat lang vollauf Beschäftigung verschaffen dürste. Nein, Geliebteste, ich besorge nicht, daß sie bereits vor morgen Abend aufbrechen könnten — nein, und wenn sie auch zehnmal so zahlreich und flink wären. Ebenso unwahrscheinlich ist es, daß Vanderdecken zu- giebt, ich sollte ausgesetzt werden, ehe das Schiff zur Abfahrt bereit ist. Meine hauptsächlichste Sorge ist jetzt vor Allem das Wetter. Es herrscht tiefe Ruhe in jenem dunkelblauen Himmelsgewölbe über uns; der Wind wird schwächer, je näher wir dem Lande kommen, und alle Anzeichen deuten auf eine ruhige, stille Nacht. Möge Gott mir beistehen, mein Vorhaben ouszuführen, ehe die nächsten zwölf Stunden verflossen sind."
Fragend und bestürzt blickte sie mich an. „Heute Nacht," rief sie aus, .wenn Deine Vermutungen zutreffen! O, wie dürfen wir, selbst wenn wir an das Ufer gelungen sollten, der eifrigen Verfolgung, die uns Vanderdecken sicherlich nachschicken wird, zu entgehen hoffen?" Mit fieberhafter Hast fuhr sie flüsternd fort: „Bedenk« doch, Geliebter meines Herzens, wenn wir eingefangen werden — so wird er Dir das Leben nehmen. Gott weiß, zu welchen Grausamkeiten seine Wut ihn verleiten könnte!"
„Liebchen," entgegnete ich ihr leise, „laß uns nur vor Allem erst das Schiff im Rücken haben."
Und hier brachen wir unsere Unterhaltung ab, denn dieselbe hatte da wir