den Aprilkoupon der Reichsschuld einzulöscn. Um diese Summe vermindern sich die Ueberweisungen an die Bundesregierungen, für die der Betrag von 331350000 ^ vorgesehen ist, während die Einnahme aus den Matrikularbeiträgen auf 332 623 505 ^ (20 451 078 mehr als im Vorjahr) sich beläuft. Den Einzelstaaten stehen also über deren Matrikular- leistungen nur wenig hinausgehende Ueberweisungen in Aussicht. Die Einnahme an Zöllen und Ver­brauchssteuern beträgt 41354500 mehr als im Vorjahre. Die Einnahmen der Post- und Telegraphen- Verwaltung betragen 17188895 mehr, die Aus­gaben 16110369 mehr. Der Mehrbedarf des Reichsheeres beläuft sich auf 25 754 707 wovon ein beträchtlicher Teil auf die durch die letzte Militär­vorlage bedingte Vermehrung der Präsenz entfällt. Bei den einmaligen Ausgaben des Marine-Etats be­findet sich ein Mehr von 7 221130 Neu gebaut werden sollen drei Panzer, ein Kreuzer, ein Aviso und acht Torpedoboote.

Dem Reichstag ist der Gesetzentwurf über die Vereinigung von Helgoland mit dem deutschen Reich zugegangen.

Vermischtes.

Calw, 28. Nov. Der Winter hat nun seinen Ein­zug gehalten. Schnee bedeckt Feld und Wald; auch heute schneit es wieder ununterbrochen fort. Gestern herrschte empfindliche Kälte, jedoch scheint die Tempe­ratur wieder milder werden zu wollen. Die Vögel finden sich zahlreich in den Straßen der Stadt ein, besonders suchen die Raben, Spatzen, Emmerlinge und Finken die freien Plätze auf, um nach Nahrung aus- uschauen, welche ihnen von den mildthätigen Vogel- reunden gerne gewährt wird. Hiemit möchten wir die Bitte anschließen, auch in diesem Winter die Vögel nicht zu vergessen, sondern sie reichlich mit Futter zu versorgen. Im Frühjahr werden sie uns unsere kleine Mühe wieder dankbarst belohnen.

Wie man vor 50 Jahren auf der Eisenbahn fuhr geht aus einer Schrift des Rech­nungsrats Illbrich in Berlin hervor, worin es heißt: Von den Personenwagen waren anfänglich nur die der ersten Wagenklasse ganz geschlossen, die Wagen zweiter Klasse hatten zwar eine starke Bedachung, waren aber an den Seitenwänden nur mit leinenen Vorhängen zum Auf- und Zuziehen versehen. Die Personenwagen dritter Klasse waren ganz offen. Die Reisenden in dieser Wagenklasse waren daher viel­fachen Belästigungen durch die Witterungsverhältnisse, durch Staub und Funken ausgesetzt. In einer Leip­ziger Zeitung wurden deshalb für Eisenbahnfahrende Halbmasken mit Gaze, das Stück für 20 Pfg., als Schutz gegen Asche und Staub, sowie auch Dampf­wagenbrillen von Gewerbetreibenden zum Kauf an- geboten.

Nochmals die kritischen Tage.

Nachdem wir mit dem 26. November wieder einenkritischen Tag" hinter uns haben, der, zunächst ein Tag III. Ordnung, alle Aussicht hatte, zu einem Tag II. Ordnung vorzurücken, sei es uns vergönnt, nochmals auf das unlängst behandelte Thema zurück­zukommen.

Der 26. November brachte für Calw und, wie aus den Zeitungsberichten zu ersehen ist, für die ver­schiedensten Orte Deutschlands nach den vorangegang­enen stürmischen Tagen Aufheiterung und bei steig­endem Barometer Schneefall mit winterlicher Kälte. Vergleichen wir diesen thatsächlichen Witterungsstand mit den Kennzeichen der kritischen Tage, wie dieselben in der Nummer 36 ds. Blatttes angegeben waren, so

überzeugen wir uns leicht, daß auch der 36. Nüv. ebenso harmlos verlaufen ist, wie fast alle anderen Tage dieser Art. Trotzdem aber dürfte Rudolf Falb nicht anstehen, den 26. November als Be­weis für die Richtigkeit seiner Vorstellung von den kritischen Tagen in Anspruch zu nehmen und zwar aus folgenden Gründen. Falb behauptet näm­lich, daß die für einen kritischen Tag zu erwartenden Ereignisse auch mit einer Verfrühung oder Ver­spätung von 2 bis 3 Tagen eintreten können und zwar bilde eine Verfrühung sogar die Regel. Er wird also in unserem Falle wie früher in ähn­lichen darauf Hinweisen, wie sehr Recht er gehabt habe, den 26. November einen kritischen Tag zu nennen. Denn alle Tagesblätter sind voll von Berichten über die außerordentlichen Ereignisse des 23. und 34. Nov. mit ihren gewaltigen Stürmen, ungeheuren Regengüssen und großartigen Ueber- schwemmungen. Dann wird es wiederum nicht an Solchen mangeln, welche bewundernd und staunend an dem Mann emporblicken, der dies vorausgesagt hat. Prüfen wir nun unbefangen die Berechtigung derartiger Ansprüche.

Nehmen wir zunächst mit Falb an, die Ereig­nisse des kritischen Tages können auch in dem Zeit­raum von 3 Tagen vor oder nach dem Tage selbst eintreten, so wird jedermann zugeben müssen, daß sich Falb mit dieser Voraussetzung das Profezeien sehr leicht gemacht hat. Er dehnt damit jeden seiner kritischen Tage aus auf die Zeit von 7 Tagen, und da er alle 14 Tage einen kritischen Tag setzt, so um­fassen diese Tage genau die Hälfte des ganzen Jahres. Er hätte also statt 25 in Wirklichkeit 180 kritische Tage im Jahr. In dieser Zeit kann freilich viel passieren! Wie verhält es sich aber mit der Ver­frühung oder Verspätung der kritischen Tage selbst? Um uns hierüber klar zu werden, müssen wir uns kurz vergegenwärtigen, wie sich Falb die Thatsachen zurechtlegt, die seinen Wettervorhersagungen zu Grund liegen.

Bekanntlich ist die Anziehungskraft, welche unser Nachbar im Weltraum, der Mond, auf die Gegenstände an der Erdoberfläche ausübt, die Ursache eines fortwäh­renden Steigens und Fallens des Meerwassers, also der Erscheinungen, die wir mit Flut und Ebbe be­zeichnen. Stehen Sonne, Mond und Erde annähernd in einer geraden Linie, wie dies bei jedem Voll- und Neumond der Fall ist, vereinigen sich also die An­ziehungen der Sonne und des Mondes, so entstehen die sogenannten Springfluten, die häufig in verheer­ender Weise an den Meeresküsten auftreten. Dieselbe Wirkung, die der Mond nachgewiesenermaßen auf das Wasser hat, schreibt Falb ihm nun auch hinsichtlich der Luft zu. Die zur Vollmonds- und Neumonds­zeit vereinte Zugkraft von Sonne und Mond bewirken auch in der uns umgebenden Lufthülle Hochfluten, also Störungen des Gleichgewichts, Stürme, und im Zusammenhang damit alle die übrigen Witterungs­verhältnisse. Deßwegen fallen die kritischen Tage auf Vollmond oder Neumond.

Nun weiß man aber längst, daß der Wasser­stand der Flut nicht genau in dem Augenblick eintritt, wo für einen Ort Vollmond oder Neumond ist, son­dern immer erst einige Zeit nachher. Dies ist leicht er­klärlich dadurch, daß die Wassermasse einige Zeit braucht, bis sie in großer Ausdehung der Wirkung jener Kräfte Folge leisten kann. Ebenso, sagt Falb, verhalte es sich mit der Luft, daher die Verspät­ung des kritischen Tages. Der Eintritt des Voll­oder Neumondes ist gewissermaßen nur der Befehl an die flüssigen und flüchtigen Massen sich zu erheben, und die Zeit, welche die Ausführung dieses Befehls fordert, bringt die Verspätung des Fluteneintritts mit I sich. Wenn nun Falb eine solche Verspätung auch

für die Fluten des Luftmeeres annimmt, also ein Auftreten der Wirbelstürine auch noch nach dem kri­tischen Tage als mit seiner Theorie nicht im Wider­spruch befindlich behauptet, so läßt sich hiegegen nicht viel einwenden. Eine Verspätung des kritischen Tages- dürfte vielmehr als Regel zugelassen sein, wenn die­selbe bei der leichten Beweglichkeit der Luftteilchen auch kaum auf 3 Tage sich belaufen möchte. Dagegen kann Falb billigerweise von Niemand' verlangen, daß. seinen Aufstellungen über die Verfrühung Glauben beizumefsen sei. Nirgends auf der Welt geht die Wirkung der Ursache voran. Zuerst müssen Sonne und Mond ihre wirksame Stellung eingenommen haben, bevor ein Einfluß auf die Luftmasse eintreten kann.. Kein Mensch wird erwarten, daß ein Befehl ausgeführt wird, ehe derselbe noch gegeben ist. Aus dieses Ge­biet vermögen wir demnach Falb nicht z« folgen,, wenn auch seine sonstigen Annahmen der Wahr­scheinlichkeit nicht entbehren. Bei aller Wahrschein­lichkeit aber dafür, daß die Sätze über die Meeresflut auch auf die Luftflut übertragen werden dürfen, kann doch der einzige Beweis für die Richtigkeit der Falbschen Voraussetzungen nur in dem Eintreffen der daran geknüpften Profezeiung gesucht werden. Dieser Beweis jedoch kann, wie wir gezeigt zu haben vermeinen, aus den thatsächlichen Wetterverhältnissen an den kritischen Tagen keineswegs erbracht werden, und damit fällt auch unser Glaube an den Wert der Wettervorhersagungen Rudols Falbs.

U.

Standesamt tzatw.

Geborene:

19. Nov. Pauline Ernstine, Tochter des Georg Häm­merle, Maschinenstrickers.

18. Anna Maria, Tochter des Johannes Wid-

mann, Stationstaglöhners.

Getraute:

22. Nov. Jakob Leber, Kaufmann hier mit Katharine Luise Bertha Lorch von hier.

27. Johannes Bauer, Bauer auf dem Windhoß

mit Katharine Dorothee Din gl er von Ottenbronn.

Gestorbene:

22. Nov. Karl Linden maier, 15 Jahre alt, Sohn des ff David Lin den mal er, Steinhauers. 24. Joses Ludwig Bauer, Holzmesser, 71 I. a.

24. Karl August Speidel, Steinhaner, 34 I. a. -

27. . Johannes Friedrich Schaub, 1 Jahr 11 Mon.

alt, Sohn des Wilhelm Schaub, Schuh­machermeisters.

27. Luise Christiane Entenmann, 1 Jahr

2^/s Monate alt, Tochter des Wilhelm Enten mann, Oberfröners.

28. Emilie Krämer, 14/- Jahre alt, Tochter deS

Karl Krämer, Fabrikarbeiters.

Gottesdienst

am Sonntag, den 30. November.

Advenlsfest.

Vom Turm: 93.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. Feier des heil. Abendmahls. Vorm. 9'ft Uhr Beichte in der Sakristei. 2 Uhr Nachm.-Vredigt Herr Helfer Eytel.

Das Opfer ist für den Gustav-Adolf-Verein be­stimmt.

Als Hausmittel gegen Verstopfung und da­von herrührende Unterleibs-, Magen- und Nerven- Beschwerden, Hämorrhoiden, Kopfweh, Con- gestionen, Blähungen rc. bewähren sich vorzüglich die Zacharias-Pillen. Milde aber sichere Wirkung. Keine nachfolgende Erschlaffung des Magens. An­genehm zu nehmen, nervenanregend, garantiert unschädlich. 12 Stück vor Schlafengehen ge­nügen. Zu beziehen durch die Apotheken. Versen­dung auch nach Auswärts gegen Briefmarken. (Porto 20 Pfg.) Preis 90 Pfg. per Schachtel.

Amtliche KekiHllltlnachilnseil.

Liebenzell Unterreichenbach

OA. Calw.

VeräinMNg von Oauarbeiten

M Umbau der Kirche« m Kebkurell und Uuterreichenbach.

Höherem Aufträge zufolge sind für die bezeichneten Bauwesen nachstehende Bauarbeiten und Lieferungen im Weg schriftlicher Submission zu vergeben.

Liebenzell: Unterreichenbach:

1) Maurer- und Steinhauerarbeiten 3) Cementarbeiten . . .

3) Lieferung d«r Bausteine

4 ) Zimmerarbeiten . . .

5) Schmiedarbeiten. . .

6) Blitzableitnng . . .

7) Flaschnerarbeiten .

8) Schieferdeckerarbeiten

15100 2347 3-60 L500 600 539 2150

7993 1449 2 380 2350 488 458 1000 259

Kostenvsranschlag nebst Zeichnungen und Aacordsbedmgungen liegen in der Kanzlei des Kameralamtö in Hirsau zur Einsicht auf.

Auszüge aus dem Kostenvoranschlag und den Accordsbedingungen können von dort zum Selbstkostenpreis bezogen werden.

Tüchtige und leistungsfähige Unternehmer werden hiemit zur Bewerbung eingeladen.

Die Angebote auf die einzelnen Arbeiten sind in Prozenten der Ueber- schlagspreise ausgedrückt versiegelt, mit der Aufschrift:Angebot für den Umbau der Kirche in Liebenzell" bezw.Unterreichenbach", längstens bis

Samstag, den 2V. Dezember d. I., vormittags 12 tthr,

beim Kameralamt Hirsau einzureichen.

Am gleichen Tage, nachmittags 2 Uhr, findet die Eröffnung derselben in der Kameralamtskanzlei statt. Der Eröffnungsverhandlung können die Sub­mittenten anwohnen.

Unternehmer, welche den Unterzeichneten Stellen unbekannt sind, habe« ihren Angeboten Tüchtigkeits- und Vermögenszeugnisse neuesten Datum» anzu- schließeu.

Der Zuschlag der einzeln«« Arbeiten erfolgt innerhalb 4 Wochen »»m Tage der Eröffnung der Angebote an gerechnet.

Den 29. November 1890.

K. Kameralamt Hirsau. K. Bezirksbaiiamt Calw.

Kemmel. Gekeler.