Sansibar, 29. Okt. Admiral Freemantle hat gestern Witu erobert und den Ort nieder­gebrannt. Der Feind hatte zahlreiche Tot«. Auf die Gefangennahme des Sultans von Witu wurde eine Belohnung von zehntausend Rupien auSgesetzt.

Tages-Ueuigkeiten.

Stuttgart, 31. Oktbr. S. M. der König wird heute Freitag mittag zwischen 12 und 1 Uhr mit seinem Gefolge (Kabinetschef v. Griesinger, Hofmarschall Frhr. von Wöllwarth, Reisemarschall Freiherr von Brüssele, Flügeladjutant Graf Scheler, Freiherr v. Reischach und v. Schott) aus Bebenhausen hier eintreffen und im kgl. Residenzschloß Wohnung nehmen. Se. Majestät gedenlt, den ganzen Winter über in Stuttgart zu bleiben. Der neue Winter­garten des kgl. Residenzschlosses wird in einigen Tagen fix und fertig sein, so daß er mit Bäumen, Sträuchern und Blumen besetzt werden kann. Gegenwärtig sind nur noch die Maler mit der Ausschmückung der inneren ' Räume beschäftigt.

Stuttgart, 29. Okt. Vorgestern vormittag scheute ein, an eine einspännige Droschke gespanntes Pferd, im Thürlenweg. Der Knecht, der das Tier am Kopf führte, wurde zu Boden gescheudert und geschleift, bis er die Zügel fahren ließ. Das Pferd raste nun mit der Droschke quer über die Bahnhof­straße und über 1 w hohe Sicherheitsschranke gegen den Güterbahnhof. Das Gefährt zertrümmerte, das Pferd aber sprang die 30 Meter hohe Böschung hin­unter und über die Zufahrtsstraße des Güterbahnhofs, die Wolframstraße und Ludwigsburgerstraße bis gegen die Ulanenkaserne, wo es stürzte und angehalten werden konnte. Knecht und Pferd sind ohne Ver­letzung davongekommen. Ein ähnlicher Fall ereig­nete sich gestern in der Olgastraße. Während em Bauer Kraut ablud, scheute das Pferd vor seinem Wagen, rannte mit diesem die Lorenzstraße hinab und sprang über den 1 Meter hohen eisernen Staketen­zaun an der englischen Kirche. Pferd und Wagen erlitten keinen Schaden, der Zaun wurde in einer -Breite von 2'/- Meter stark beschädigt.

Geislingen, 29. Okt. Gestern mittag er­hängte sich in einem hart an der Bahnlinie am An­fang der Steige liegenden Wäldchen ein Eisenbahn­taglöhner aus Kuchen mittelst eines Strickes, den er sich am gestrigen Jahrmarkt gekauft hatte. Den Un­glücklichen, der verheiratet und Vater von 2 Kindern ist, mag wohl eine ihm wegen Ehrenkränkung zuer­kannte Gefängnisstrafe zu der unglückseligen That veranlaßt haben.

Reutlingen, 27. Okt. Wie letzten Sonn­tag abend aus einem Laden der oberen Wilhelms­straße so wurde auch gestern abend wieder aus einem Laden der mittleren Wilhelmsstraße die Ladenkasse gestohlen. Die Besitzerin und mit ihr noch verschiedene andere Passanten verfolgten den spornstreichs an der Stadtkirche hinabeilsnden Dieb und sahen, wie derselbe das Geld nach und nach von der Kaste in seine Tasche spedierte und schließlich die leere Kasse fallen ließ. Leider konnte der Spitzbube seinen Verfolgern ent­kommen.

Sulz a. N., 26. Okt. Einen tragischen Anfang hatte letzte Woche in Aistaig eine Hochzeit genommen. Die zum Kirchgang gerüstete Braut be­kam nämlich einen Blutsturz und mußte sich sofort zu Bette begeben, während der Bräutigam auf die

kirchliche Einsegnung verzichten und im Gasthaus den Hochzeitsgästen allem präsidieren mußte. Gestern nun ist die junge Frau an den Folgen deS Blutsturzes gestorben.

Oberndorf, 28. Okt. Mit dem gestrigen Tage wurde in der hiesigen Waffenfabrik das 200 000. Gewehr an den Chef der k. ottomanischen Waffen­prüfungskommission, General Chakir Pascha abgeliefert und aus diesem Anlaß den die Waffe übergebenden Arbeitern ein kleines Geschenk verabreicht. In der Lieferung der Gewehre an die Türkei ist mit dieser Ziffer ein Abschluß eingetreten insofern, als von nun ab der Türkei Gewehre von kleinerem Kaliber ge­liefert werden. Die bis jetzt neugelieferten 200000 Gewehre haben ein Kaliber von 9 Millimtr., während die ihr noch zu liefernden 300000 Stück mit dem Kaliber 7,65 hergestellt werden sollen. Dazu bedarf die Fabrik neuer Maschinen und bis zu der Fertig­stellung der Montierung dieser tritt eine bedeutende Geschäftverminderung ein, die einige Monate dauern wird. Aus diesem Grunde haben bereits mehrere Hunderte, meistenteils led. Arbeiter, die Stadt verlassen, und es wird auch mancher gezwungen werden, wenn auch nur vorübergehend, einen anderen Wirkungskreis aufzusuchen. Einen gewissen Ausfall für die hiesige Geschäftswelt, besonders bei bevorstehender Weih­nachtszeit dürfte dies immerhin bedeuten.

Steinheim, 29. Okt. Gestern brach aus dem Stalle des Gasthauses z. Sonne hier ein von Metzger Zwink in Marbach auf dem Markte in Groß­bottwar verkauftes Rind aus, wurde wütend und stürzte sich auf verschiedene in der Mitte der Straße stehenden Leute, die nicht mehr ausweichen konnten, warf verschiedene Personen zu Boden und fiel dann selbst auf einen am Boden liegenden Gypser. Einer der Betroffenen scheint innerlich verletzt zu sein. Nur mit Mühe konnte das Tier überwältigt werden. Wen hiebei etwa eine Schuld treffen könnte, ist noch nicht ermittelt worden.

Heilbronn. Am 28. d. Mts. abends gegen 6 Uhr begaben sich von der Weinlese in einem Wein­berge beim Pfühlwege Leser und Leserinnen nach der Stadt. Unter denselben befand sich der 50 Jahre alte ledige Weingärtner Konrad Weingand von hier. Die Gesellschaft hatte den in der Nähe des Pfühl- brunnens liegenden Bahnübergang der Linie Hell­braunWeinsberg zu überschreiten, den sie bei ihrer Ankunft durch die Schranken geschlossen vorfand, da der um diese Zeit in Heilbronn eintreffende Eisen­bahnzug bereits in Sicht war. Die Leute blieben demgemäß außerhalb der Schranken-stehen. Nur der hinter seinen Genossen herankommende Weingand drängte sich durch diese hindurch und umschritt trotz der Warnungs- und Angstrufe der übrigen die Schran­ken. Trotzdem der auf der abschüssigen Strecke mit großer Geschwindigkeit herabfahrende Bahnzug schon in nächster Nähe war, ging Weingand mit den Worten Ach was, es reicht noch, ich komme vor euch hinüber, ich werde gleich da drüben sein" auf das Geleise, wurde aber auch sofort von der Maschine erfaßt, zu Boden geworfen und einige Schritte weit geschleift. Der Lokomotivführer, welcher das Jammergeschrei der Umstehenden hörte, brachte den Zug nach kurzer Zeit zum Stehen: zu spät. Weingand lag einige Meter vom Uebergang entfernt mit zwei großen Wunden am Kopf, stöhnte, holte noch zweimal Atem und ver­schied. Eine dritte Person trifft keine Schuld.

Biberach, 27. Okt. Ein zwölfjähriges Mäd­chen wurde durch einen mit der Schleuder geworfenen Stein am Kopfe derart verletzt, daß es bewußtlos niedersank und eine tiefe Wunde davontrug. Gegen das Spielen mit der Schleuder sollte sowohl von den Eltern, Lehrern und von der Polizei energisch einge­treten werden, weil diese Spielerei nicht blos den Fensterscheiben, sondern auch den Menschenleben ge­fährlich ist.

Vom Bodensee schreibt dasSeebl.": Durch den Schneedruck und Wind sind Hunderte von Bäumen stark beschädigt; die noch vom Obst be­lasteten Bäume liegen vielfach umgedrückt am Boden - das Obst ist sehr beschädigt. Auch in den Wäldern hat der Druck des Schnees Schaden angerichtet.

Straßburg, 27. Okt. (Buffalo Bill.). DieStr. P." meldet:Die Pferde, Maultiere, Büffel von Buffalo BillsWild West" wurden heute Vormittag zur Bahn geschafft, und dort verladen. Die Tiere und der Wagenpark werden in das leer­stehende Anwesen der ehemaligen Wölfischen Cichorien­fabrik in Ried bei Benfeld verbracht, wo die Tiere den Winter über verbleiben, die Mannschaften, In­dianer nnd Cowboys begeben sich heute oder morgen n ach Amerika zurück.

Standesamt Kalw.

Gestorbene:

24. Okt. Valentin Ambrosius Rizzi, Steinbrecher, 56 Jahre alt.

24. Theodor Heinrich Schöning, 13 Tage alt,

S. d. Christian Schöning, Hirschwirts. 26. Otto Eugen Brüderle, 9 Wochen alt, Sohn

des Wilhelm Brüderle, Knlturgärtners. 26. Sofie, geb. Wächter, Ehefrau des Michael

Spannseil, Fabrikarbeiters in Karls­ruhe, 32 Jahre alt.

28. Rosine, geb. Eisenhardt, Witwe des

Erhard Rühle, Metzgers, 61 Jahre alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 2. November.

Reformationsfest.

Vom Turm: 212.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. Feier des heil. Abendmahls. 2 Uhr Nachm.-Predigt in der Kirche: Herr Helfer Eytel.

Achtung vor Käkschnng H Stuttgart. Ich bezeuge hiermit, daß mir die Apotheker Richard Brandt- 'schen Schweizerpillen. Schachtel 1 in den Apo­theken) gegen Asthma, Hämorrhoiden, Atmungsbeschwer­den, Appetitlosigkeit und unregelmäßigen Stuhlgang sehr wesentliche Dienste geleistet haben, lieber 6 Jahre wurde ich von diesen Krankheiten heimgesucht und habe ich, nachdem ich täglich 3 Schweizerpillen genommen hatte, schon nach 4 Tagen eine bedeutende Linderung meiner Leiden gespürt. Ich bin jetzt nach längerem Gebrauch derselben von allen Uebeln vollständig befreit. Es ist mir daher Bedürfnis, die Schweizerpillen Jedermann auf das Wärmste zu empfehlen, erwähne jedoch, daß man beim Einkauf derselben genau darauf achten muß, ob man auch die ächte« Richard Brandt'schen Schweizer­pillen mit dem weißen Kreuz in rotem Felde erhält, da dieselben schon von verschiedenen Seiten auf gewissenlose Weise nachgemacht werden. Ich selbst kaufte mir kürzlich in einer Apotheke eine Schachtel Schweizerpillen, deren Wirkung gleich null war, da dieselben, wie sich sofort heransstellte, gefälscht waren. Jakob Grimm, Heizer und Maschinist, Rosenbergstraße 76. (Die auf jeder Schachtel auch quantitativ angegebenen Bestandteile sind: Silge, Moschusgarbe, Aloe, Absynth, Bittcrklee, Gentian.)

Ich küßte sie flüchtig auf die Wange und sie glitt wie em Schatten die Treppe hinab.

Ich entfernte mich etwas von dem Hinterdeck, damit man nicht etwa vermute, ich sei daselbst als Wache oder zur Verteidigung aufgestellt, und zog mich in das tiefe Dunkel der Halbverdeckstreppe zurück, die im Verein mit dem überhängenden Deck einen tintenschwarzen Schatten warf. Kein Anzeichen von Schrecken oder Be- stürzung war unter der Mannschaft des Totenschiffes irgendwie sichtbar, ja wenn sich eine seelische Regung überhaupt offenbatte, so war sie höchstens als eine Art träger, stumpfer, holländischer Neugierde zu bezeichnen.

Ich hatte mir eingebildet, sie würden zu den Waffen eilen und eine Defen­sivhaltung einnehmen; anstatt dessen hatten sie sichLauf Mitteldeck und dem Fall- rrepsweg in mehrere unthätige Gruppen zusammengedrängt, und viele von ihnen schmauchten ihre Pfeifen, deren feuriger Schein sich rot und hell von den grünen, dem Gebälk entlang züngelnden Phosphorslämmchen abhob.

Plötzlich stand der Schatten der fremden Segel dicht an unserer Seite und vertiefte das Dunkel auf unserem Verdeck. Man vernahm das Rauschen und Gurgeln des zwischen den beiden Schiffen eingezwängten Wassers, Taue und Enterhaken flogen von Bug und Stern des Franzosen, packten mit knirschendem Klange unsere alters­schwachen Bollwerke, und die mystischen Flämmchen sprangen sogleich auf die sich festklammernden Eisenhaken über, als wenn brennendes Holz darauf gefallen. Dann sah ich im nächsten Augenblick die Köpfe von zwanzig oder dreißig Gestalten längs dem Bollwerkgeländer empottauchen, und als sie wie schnellfüßige, flinke Affen auf unser Verdeck sprangen, feuerte einer von ihnen ein Pistol ab, dessen gelber Feuer­strahl einer schnell geschwungenen Fackel glich und die totenbleichen Gesichter unserer schweigenden, geradeaus starrenden, gleichgültigen Matrosenschar wie eine gräßliche Traumerscheinung erhellte und deutlich hervortreten ließ.

Bellend und heulend wie eine wütende Meute stürzten sich die Franzosen auf

unser Schiff es ist eine alte Thatsache, daß die Mattosen französischer Natio­nalität auch nicht einen Zoll weit vorrücken können, ohne dabei schreiend und heulend eine derartige Quantität Atem zu verschwenden, wie sie für ein britisches Vorder­kastell mehrere Reisen lang reichen würde doch machte ihr Getöse auf mich den Eindruck, als wenn es den Rufen von Männern ähnelte, die zu ihrer Expedition ein nicht allzu mutiges Herz mitbrachten, und ihr Geschrei aus demselben Motiv hervorging, welches einen furchtsamen Knaben auf nächtlichem dunklen Wege an­treibt, laut zu pfeifen. Allerdings stürmten sie in blindem, tollem Ungestüm über das Bollwerk herein, fuchtelten mit ihren Hirschfängern und schwangen ihre Piken,, aber ob die auf unserem Deck herrschende Totenstille sie plötzlich stutzig machte oder ob sie beim Scheine des Pistolenschusses die gespenstischen Gesichter der Totenschiff­mannschaft erblickt hatten oder ob sie ihren Argwohn bezüglich unseres eigentlichen Charakters, den das feurige Flimmern an unserem Rumpfe und das antike Aus­sehen unserer Ausrüstung schon vorher in ihnen erregt haben mußte, durch das phosphorisch erglänzende Deck, unsere altersgrauen Geschütze und das seltsame, einer längst vergangenen Zeit angehörende Arrangement unseres Halb- und Hinterverdecks schrecklich bestätigt fanden was immer die Ursache sein mochte, sicher ist, und ich verbürge die Wahrheit als Augenzeuge, daß sie, anstatt, wie zu erwarten, das Deck zu überschwemmen, die holländischen Seeleute anzugreifen, in die unteren Schiffs­räume zu dringen und AehnlicheS mehr zu beginnen, mit einem Mal zu einem völligen Stillstand kamen, sich zu einer kompakten Masse zusammendrängten, sich schoben, gegenseitig mit den Ellbogen stießen, als wenn sie sich durch das Gefühl der leiblichen Gegenwart ihrer Kameraden Mut einflößen wollten, und mit großen, entsetzten Augen aus Vanderdeckens phlegmatische Seemannsschar und die ganze unheimliche Umgebung starrten, wobei sie kurze, abgebrochene Bemerkungen auS- tauschten und hierhin und dorthin deuteten.

(Fortsetzung folgt.)