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Kernsprecher Nr S
verantwortl. Lchriftleitung: Krieärich tzan» Scherl« vrurk unä Verlag äer ü. Oelschlager'sch«» vuchäruckeret.
Nr. S3
Donnerstag, den 17. März 1927.
101. Jahrgang
Landwirlschaftsfragen im Reichstag.
Die Etatsrede
des Reichsernährungsministers.
TU Berlin, 17. März. Retchsmintster für Ernährung und Landwirtschaft, Schiele, leitet die Beratungen über den Etat des ReichsernähruugsministeriumS ein und erklärt, daß niemand ein stärkeres Interesse an einer leistungsfähigen Land» Wirtschaft habe als gerade die Verbraucher, die städtische Bevölkerung. Deshalb umfaßte -er Aufgabenkreis feines Mt. nisteriums das ganze Volk in Len wichtigsten Kragen seiner Existenz. Der Landwirtschaft als dem Grundpfeiler unseres wirtschaftlichen und staatlichen Lebens müsse in der Gesamtwirtschaft und in der Gesamtpolttik die Stellung gegeben werden, die ihr als dem größten deutschen ErwerbSzwetg, dem Quell aller Volkskraft, und dem Hort bodenständiger vaterländischer Kultur gebühre. Die gegenwärtige Versor- gungslage gebe keinen Anlaß zu Besorgnis.
Umso größer seien die Sorgen «nd die Verantwortung bei der Betrachtung der künftigen Entwickelung unserer Bvlksernährung. Die Einfuhr ausländischer NahrungSmit» tel betrug in den letzten beiden Jahren rund vier Milliarden Mark. Eine starke Verminderung dieser Einfuhr ist unbedingt notwendig. Das Ziel unserer Wirtschaftspolitik muß die Ausgeglichenheit unserer Wirtschaft im eigenen Lande sein, ein Agrar-Jndustrie-Staat. Die Lage der Landwirtschaft beweist, daß wir von diesem Ziel noch wett entfernt sind. Fast alle handelspolitischen Abschlüsse -er letzten Jahre sind erkauft auf Kosten der Biuueuwtrtschaft. Der krisenhafte Zustand der Landwirtschaft besteht fort und rechtfertigt ernsteste Besorgnisse. Die Ungunst der Witterung und die schweren Elementarschäden des vorigen Jahres haben die Lage verschärft. Die günstigere Preisgestaltung seit dem letzten Herbst konnte von der Landwirtschaft nicht auS- zenutzt werden wegen des schlechten ErnteausfallcS, der beim Brotgetreide einen Minderertrag von etwa So Prozent, bei den Kartoffeln von 28 Prozent bedeutet. In den drei Jahren seit der Stabilisierung ist der Wirtschaft weiter eine Schuld aufgcbürdet worden, die im Kapital mehr als die Hälfte der gesamten Vorkriegsverschuldnng erreicht. Beson- ders hoch verschuldet sind die Gebiete deS Ostens, nämlich mit 860-500 ^ je Hektar und 28—44 Zinsen je Hektar. Unter dankenswerter Mitwirkung der Golddiskontbank und der Rentenbaknkreditanstalt ist eine gewisse Konsolidierung erreicht. Das Bedürfnis nach Ermäßigung der Hypothekeu- zinsen ist aber besonders dringend.
Trotz aller Enttäuschung wird die Landwirtschaft an ihrer vaterländischen Aufgabe der Erringung der NahrungSmit- telfrciheit nicht erlahmen. Die wichtigste technische Vorbedingung für den Erfolg der landwirtschaftlichen Arbeit ist
die landwirtschaftliche Melioration. Der Gedanke der Unterstützung dieses Werkes auf dem Wege der Zinsverbilligung aufzunehmender Privatkredite erscheint der RetchSre- gierung durchaus beachtenswert. Sie ist bereit, in Gemein- schaft mit den Ländern, für diesen Zweck einen Betrag zur Verfügung zu stellen, der die Aufnahme erheblicher Kapitalien auf dem freien Markt gewährleistet. Der agrarische Zollschutz ist nicht als ei» Geschenk für die Landwirtschaft zu betrachten, sondern als eine SicherungSmaßnahme für die zukünftige Ernährung und Existenz der städtischen Verbraucher. Die Steigerung des Hackfruchtbaues, vor allem in unserem Osten, kann zur Unterbringung einer großen Anzahl neuer Arbeitskräfte führen und bedeutet deshalb das wich, tigste Mittel zur Ueberwindung der ArbeitSkrtse. Die RetchSregieruug ist entschlossen, rechtzeitig dem Parlament eine Vorlage zu unterbreiten, durch die der rübenbauendeu Landwirtschaft und der Zuckertnbusrrte für die kommende Kampagne der erforderlich« Zollschutz gewährt wird.
I» der -««-Wirtschaft liege« »och große Möglichkeiten für die Steigerung der Beschäftigungsziffer«. Die Nahrungsmittsleinfuhr wirkt geradezu als eine Aussperrung deutscher Arb ttskraft. Auch die deutsche Arbeiterschaft wird erkennen, daZ -er einheitliche Plan einer nationalen Wirt- schaftSpolitik durch Intensivierung der Landwirtschaft eine starke und günstige Wirkung auf den Arbettsmarkt haben muß. ES gibt keine» Gegensatz zwischen Landwirtschaft und Arbeiterschaft. Die richtige Produktionspoltttk ist zugleich auch die wirksamste Lohnpolitik. Wir brauchen ei« soziales Agragrprogramm, LasAufstiegsmöglichkeiten zuSelbstänbtg- kett und Eigentum erschließt. Innere Kolonisation ist das wichtigste HilfSwerk für die Umschichtung unserer Bevölkerung und für die Lösung des Kernproblems unserer Volkswirtschaft. Aber wir können die Landflucht nur bannen, wenn wir durch eine zielklare «ud einheitliche Wirtschaftspolitik den Erfolg der bäuerlichen Arbeit sichern. Darin liegt auch die beste Sicherung unserer Zukunft als Staat und Volk.
In der nachfolgenden Debatte kritisierte der Abg. Dietrich-Baden <Dem.) aufs schärfste die harten Bedingungen der Hypothekenbanken, die für den Bauern einfach nicht tragbar seien. Er setzt« sich namens seiner Partei weiter für den Zollschutz der bäuerlichen Produkte ein und forderte langfristige Kredite für die Einrichtung von GlaShauS- kulturen für Obst und Gemüse. Bet den Vertreter« der Regierungsparteie« fanden die Schteleschen Richtlinien für eine vorausschauende Agrarpolitik lebhafte Zustimmung. Der Führer deS Retchslandbundes, Hepp von der Deutsche» Volkspartei, unterstrich die Forderungen nach erhöhtem Zollschutz, schloß daran aber -aS Bekenntnis zu ei«er fühlbaren Sozialpolitik.
Die Ausbalanciemng des Reichsetats.
Besprechungen der Regierungsparteien.
TU. Berlin, 17. März. Im Reichstage fanden gestern nachmittag zwischen dem Reichskanzler und dem RetchS- finanzmtnister und Vertretern der Regierungsparteien Besprechungen über die Finanz, und Etatslage statt. Es Han- delte sich hierbei um eine Beratung, wie sie regelmäßig gegen Abschluß der zweiten Etatsberatung stattzuftnbeu pflegt. Durch die bisherigen Beschlüsse und Anträge der Ausschüsse würden etwa 750 Millionen Mehrausgaben entstehen; darunter sind jedoch 250 Millionen, die von dem vorigen Finanzminister für die unterstützende Erwerbslosenfürsorge zugcsagt worden sind, für die aber keine Dek- kung vorhanden ist. Die Besprechungen werde« noch fortgesetzt werden und erst vor Abschluß der S. Etatsberatung zu Entscheidungen führen.
Annahme des ErgänzuugSetats für 1887.
TU. Berlin, 17. März. Der Reichsrat nahm in seiner öffentlichen Vollsitzung am Mittwoch den Ergänzungsetat für 1927 an. Die Regierung hatte ursprünglich eine Nach- forderung von 9 764 000 gestellt. Eine Deckung ist vor- läufig noch nicht vorgesehen. Man will vor allem abwarten, wie sich der Finanzausgleich gestalten wird. Die Ausschüsse des RetchSrats haben eine Reihe von Nachtragsforderungen zunächst zurückgstellt, so daß es sich jetzt nur um eine« Betrag von 4,2 Millionen handelt.
Auf der Tagesordnung stand weiter der Gesetzentwurf über die Verzinsung aufgewerteter Hypotheken «nd ihre
Umwandlung in Grundschuldeu. Durch das neue Gesetz wurde bestimmt, baß im Fall der Aufwertung der gelöschte« Hypotheken der AufwertuugSbetrag aus dringlichem Rechte wie aus persönlichen Forderungen ohne Rücksicht auf den Termin der Eintragungen spätestens vom 1. Juli 1S2S ab zu verzinse« ist. Wettere mehr formale Vorschriften regeln verschiedene Fragen, die sich bet der Ausführung deS bisherigen Aufwertungsgesetzes als strittig erwiesen haben. Der ReichSrat erklärte sich ferner damit einverstanden, daß für 65 Millionen Mark 50--f-Stücke auS reinem Nickel ge- prägt werden. Die Verwendung von Nickel ist deshalb gewählt worden, well dadurch die jetzt sehr häufige» Fälschungen bedeutend erschwert werden. Die jetzige« 50-^-Stücke sollen in einem halbe» Jahre zur Einziehung komme«.
Die Beratung«» über de» Finanzausgleich.
TU. Berlin, 17. Mär». I» der allgemeinen Aussprach« über den Finanzausgleich im Steuerausschuß des Reichs- tagcs erklärte -er ZentrumSabg. Dr. Brüning den Vorwurf für gegenstandslos, da» Kompromiß der Regierungs- Parteien bevorzuge die agrarischen Länder. Eine grunbsätz- ltche Abkehr von der Reinholdschen Politik kann der Redner nicht sehen. Als nächster Redner erklärt der demokratische Abg. Fischer, daß man znr Besserung der Verhältnisse den Anfang mll Steuersenkungen machen müsse, und daß man nicht gut daran tue» eine Abkehr von der Reinholdschen Finanzpolitik herbeizuführeu. Zur Borwegnahme der Abfindung eiueS Landes liege kein zwingendes Bedürfnis vor. Sin« Aenderung der Anteile fei zum mindesten «ine Ver-
Tages-Spiegel.
Der Reichstag beriet gestern de« Etat deS LandwirtschastS» »inisterinmS.
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Der Reichsrat «ah« in seiner gestrige« Vollsitzung eine« Ergänzuugsetat für 1S87 in Höhe von 4,8 Millionen an.
Die Vertreter der Regierungsparteie« hatten mit dem Reichskanzler und dem Reichsfinanzminister Besprechungen über die Ausbalancierung des Etats.
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Die französisch-russische« Verhandlungen werde« gegen Ende dieser Woche wieder ausgenommen. Das Programm umfaßt eiue Reihe juristischer, diplomatischer, wirtschaftlicher «nd finanzieller Probleme.
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Rach de« provisorische« Programm deS Generalsekretariats wird die 4ö. Session des Bölkerbnndsrates am 6. Juni in Genf abgehalte». D«S Fi«anzko«ttee tritt am 8. Juni zusammen.
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I« württ. Landtag wurde der Gesetzentwurf über eine Bürgschaft für eine anf 88 Mill. Mark festgesetzte Anleihe der Württ. WohmrugSkredltanftalt beraten.
fassungsänderung. Eine Abkehr von den Reinholdschen Tendenzen liege auch darin, daß man die Bezüge der Länder «nd Gemeinden bei dieser für sie gebesserten Lage nur »ach unten, aber nicht nach oben beschränkt habe.
Staatssekretär Dr. Popitz erklärt hierauf, daß das Rechnungsjahr 1926 eine Erwerbslosenfürsorgebelastung von 1^ Milliarden gebracht habe, wovon 670 Millionen auf die öffentliche« Körperschaften entfallen seien. Davon hätten die Gemeinden 150, die Länder 260 und bas Reich 270 Millionen aufgebracht. Die Wirkung für die Länder sei verschieden. Die Länder, die sich darüber beschwerten, bei der Verteilung nach dem Umsatzsteuerschlüssel schlecht wegzu- kommeu, würden gerade durch die Abnahme der Erwerbslosenfürsorge begünstigt.
Das ArbeitSzeitnotgesetz.
verli«, 17. März. Die Verhandlungen zwischen den Regierungsparteien über das ArbeitSzeitnotgesetz sind auch in de» letzte» Tage« fortgesetzt worden. Soweit wir hören, ist auch eine starke Annäherung erfolgt, obwohl die Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sich nicht in allen Punkten gesunden haben. Es scheint aber, als ob die Richtung deS Kompromisses zwischen den Regierungsparteien in -er Linie gehen wird, daß der Paragraph 11 Abs. S, der die freiwilligen UeHerstunbcn bisher offSu ließ, gestrichen wird, daß dafür aber im Paragr. 10 eine Formulierung eingefügt wird, worin der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn eS sich um die Fertigstellung einer dringenden Arbeit handelt, Ueberstunden verlangen kan«. DaS gM nicht so sehr für die Großbetriebe wie gerade für die kleinen und mittleren Betriebe, die nicht gut mit der Uhr in der Hand arbeiten können, weil ihnen dann, wenn eine Arbeit kur» vor der Vollendung aufgegeben wird, großer finanzieller Schaden entstehen kann. Auf der anderen Sette wird man aber doch wohl dazu kommen, diese erlaubten Ueberstunden durch Lohnzuschläge zu erschweren. ES handelt sich jedoch noch darum, in welcher Höhe und in welchem Umfange diese Zuschläge bewilligt werden sollen. DaS ist zur Zeit der letzte Punkt, der zwischen den einzelnen Parteien noch tuS Reine gebracht wird, womit aber keineswegs gesagt werden soll, daß nicht tu den nächsten Tage» noch neue Schwierigkeiten auftauchen oder bereits gefundene Kompromißlösungen wieder zerschlagen werden.
Leitsätze für die Wohnungsbauförderung.
TU Berlin, 17. Mär». Der Ausschuß für Stedlungs- wesen des vorläufige« Reichswirtschaftsrats stimmte mit großer Mehrheit einer Reihe von Leitsätzen über die Woh- nungsbauförberung zu. Danach müßten die Mieten für Alt- und Neuwohnungen bald einander angegltchen werben. Alle Länder «nd Gemeinden sollten dem Neubau auf 10 Jahre Steuerfreiheit gewähren, um tragbare Neubaumieten zu erzielen. Die Zwangswirtschaft dürfte nur schrittweise abgebaut werden.
Außerdem wurden Entschließungen angenommen, wonach der Ausschuß der Auffassung ist, daß die geplante Erhöhung der gesetzlichen Miete eine entsprechende Erhöhung der Löhne und Gehälter zur Folge hat und daß vor endgültiger Aufhebung der WohnungSzwangswirtschaft ein soziales Wohuungsrecht, insbesondere für unbemittelte kinderreiche Familien und Sozialrentuer geschaffen werden muß.