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ihr mit seltener Eleganz und Präzision zum Vortrage, dabei ist der Ton edel und glockenrein und der Bogen­strich vorzüglich. Treu zur Seite in Technik und musi­kalischem Verständnis steht ihr Fräulein Clupsa als Cellistin. Auch diese Dame, welche zweifellos eine sehr gute Schule bei einem tüchtigen Meister genossen hat, entzückt durch ihr edles und seelenvolles Spiel. Nicht minder bewältigen die übrigen Damen, darunter besonders die jugendliche Flötistin ihre Aufgaben. Außer Herrn Rauscher seu. sind ferner thätig, dessen teilweise noch im Knabenalter stehenden Söhne, von denen der eine recht wacker die Clarinette behandelt, während die beiden jüngeren das Waldhorn blasen. Auch in ihnen ist das der Familie Rauscher ange­borene musikalische Talent vorhanden. Wir sind über­zeugt, daß Niemanden der Besuch dieser vortrefflichen Konzerte gereuen wird.

Nachdem bei uns schon in zwei Nächten das Thermometer auf 24 Grad unter Null ge­sunken, und tagsüber kühles aber trockenes Wetter herrschte, zeigten sich heute morgen unsere Berge mit Schnee bedeckt, der jedoch bald wieder zu Wasser wurde.

L. Hirsau, 24. Okt. Dem auch imCalwer Wochenblatt" veröffentlichten Merkurbericht über die ganz neuerdings auf dem Boden der Vorhalle der Hirsauer St. Peterskirche vorgenommenen Ausgrab­ungen ist schließlich noch beizufügen:

Beim Suchen nach einem in der Nähe des Hauptportals der Kirche vermuteten Pfeilerfundament stieß man in ^geringer Tiefe auf einen mächtigen Steinsarg dessen Freilegung nach oben und Reinig­ung von dem ihn ganz ausfüllenden Lehm viel Zeit in Anspruch nahm. Der Sarg ist anzusehen wie eine sehr große Wanne oder Mulde, besser gesagt, wie der untere Teil eines egyptischen Mumienkastens, sofern die Gestalt des in diesem Sarg Beigesetzten schon in der Form des Steins nachgeahmt ist; von unten nach oben erbreitert sich nämlich die innere Höhlung und schließt zu oberst ab mit einem die Kopfform nach­ahmenden halbkreisrunden Ausschnitt. Der di« Aus­grabung leitende Landeskonservator, Finanzrath vr. Paulus, war von dem Fund höchst überrascht und erfreut und äußert, daß dieser Steinsarg nach seiner Gestalt wie hinsichtlich der Vortrefflichkeit der Bear­beitung des Materials den von ihm zu Lorch aufge­fundenen Hohenstaufensärgen durchaus gleich und völlig ebenbürtig sei. Merkwürdig und bis jetzt wenig­stens noch nicht völlig aufgeklärt ist das gänzliche Fehlen eines vie Steinkiste nach oben abschließenden Deckels, der durchaus ursprünglich muß vorhanden gewesen sein, um den Leichnam vor der nachstürzenden Erde zu bewahren; so mußten denn die die Höhlung des Steins füllenden starken Gebeine aus dem mit ihnen vermengten Lehm erst förmlich herausgestochen werden. Wie und wann kam nun aber der Deckel, der vorhanden gewesen sein muß, abhanden? Daß Gewalt angewendet wurde, um die Bedeckung zu sprengen, zeigen verschiedene Beschädigungen der obern Kanten des Sarges, allein über der Steinkiste fand sich eine dichte Schichte von feinem Sand (als Platten­unterlage) völlig unversehrt, ohne die leiseste Spur von Ausgrabungsspuren. Es bleibt somit nichts an­ders übrig als die Annahme, es sei die wohl schon in die älteste Zeit des Klosters, in's elfte oder zwölfte Jahrhundert zurückreichende Grabstätte zu einer spätem Zeit, aber jedenfalls noch vor dem Brand von 1692, zu einer Zeit also, wo man noch das Interesse hatte, den Bau der Vorhalle im Stand zu erhalten, bei Gelegenheit einer Reparatur oder auch Erneuerung des Plattenbodens geöffnet worden, und die schöne Deckplatte habe die pietätslose Habgier der öffnenden Arbeiter so gereizt, daß sie den Verschluß Wegnahmen. Die weitere Frage:wer mag wohl der hier Beigesetzte gewesen sein?" läßt der Einbildungs­kraft einen weiten Spielraum, doch läßt sich auch auf der andern Seite mit Bestimmtheit behaupten, daß die Bestattung in der Vorhalle der großen Peters­kirche zumal in Einer Linie mit dem Haupteingang und in dessen nächster Nähe, sowie der mächtige, kunstreich ausgehauene Sarg, (während hüben und drüben nur einfache Gräber sich vorfanden, beiläufig gesagt, mit Riesengebeinen gefüllt, welche die Arbeiter anfänglich für Pferdeknochen hielten) auf einen vornehmen Adel­igen und besonderen Wohlthäter des Klosters Hinwei­sen. An bevorzugter Stätte beiaesetzt, wollte der Tote offenbar der Fürbitte der über sein Grab dem Hauptportal zuschreitenden Mitchristen sich empfehlen, wie es z. B. von Abt Rupert von Hirsau, der aller­dings nicht in Hirsau selbst, sondern im Kloster Mönchsrot (Kotbe) begraben liegt, im 6oäsx Hirsau- xisnses heißt: > Komata suo in ipso limine Leelssiae est sspnltus, so guoü prseibus oaleantium, «Uns­res suos «lowino ss eonunsnännäum ersäickit at- tsneins (s. Uebersetzung unten: Anmerkung). Die Vorhalle war ja überhaupt eine wichtige Stelle: von hier aus nahmen die großen Prozessionen ihren Anfang, hieher kehrten sie am Schluß zurück, auf diesem Boden fand der feierliche Empfang von Fürsten

und Herren durch den Abt und den ganzen Convent statt, wie z. B. die Einholung Kaisers Rudolf von Habsburg an Pfingsten 1286, bei welcher Gelegenheit der Kaiser freilich durch gewaltiges Zechen im Kloster als Gast des Abts den Mönchen großes Aergernis soll gegeben haben. Leider mußte der obgenannte Steinsarg, durch Latten sorgfältig abgeschlossen, im Boden gelaffen werden, damit er besser überwintere; im Frühjahr 1891, zu welcher Zeit der Landescon- servator den ganzen Boden der Vorhalle will auf­graben lassen, wird auch dieses merkwürdige Fund­stück gehoben und so allen Besuchern des Klosters zugänglich gemacht werden.

Anmerkung.

Auf seine Bitte ward er gerade an der Schwelle der Kirche begraben, was den Zweck hatte, daß er nach seiner Meinung durch die Gebete der über seine Asche Schreitenden dem HErrn desto eindringlicher empfohlen würde."

Stuttgart, 22. .Okt. Der Anfang des Herbstes wurde heute früh 7 Uhr mit 50 Böller­schüssen und Geläut der großen Glocke aus dem Stifts­kirchenturme angekündigt.

Balingen, 20. Okt. Geflügel-Cholera. In der letzten Zeit ist hier unter den Enten eine' Seuche ausgebrochen, welche schon viele Opfer ge­fordert hat. Der Geflügelzuchtverein, stets bestrebt, seinen Mitgliedern nützlich zu sein, hat nun durch seinen rührigen Schriftführer, Herrn Kaufmann Göbel, eine krepierte Ende behufs näherer Unter­suchung an Herrn Professor Th. Kitt in München gesandt, von kvelchem in dankenswertester Weise um­gehend folgende Antwort eintraf:Ew. Wohlgeboren beehre ich mich, mitzuteilen, daß der Kadaver der übersandten Ente die Kennzeichen der Geflügelcholera an sich trug. Bei dieser Seuche ist vor allem not­wendig, zu verhindern, daß der Koth kranker Vögel auf Trinkwasser kommt, da die Ansteckung durch den Genuß des mit Koth verunreinigten Futters resp. Getränkes erfolgt. Also Säuberung des Stalles, in welchem kranke Vögel waren, tiefes Vergraben der krepierten Tiere, (besser noch Verbrennen), Ab­lassen des Wassers aus Schwimmbassins, Reinigung der Sauf- und Futtergeschirre. Fütterung womöglich mit gekochtem Material, niemals mit Abfällen ge­schlachteter Vögel. Damit wird die Seuche fast aus­nahmslos sicher getilgt, wofern gleichzeitig eine Wieder­einschleppung durch krankes Geflügel vermieden wird. Zur Desinfektion eignet sich am besten 6rsoUn Usnrson, nach dem auf der Flasche angegebenen Verfahren, nur nötig für den Stallboden. Hochachtungsvoll Prof. Th. Kitt." Albbote.

Major Wißmann reist am 27. Nov. ab und behält seine jetzige Stellung bis April; er soll dann Gouverneur der Viktoria-Nyansa-Provinz wer­den: die Zivilverwaltung an der Küste erhält Frhr. v. Soden. Wißmanzr begiebt sich Donnerstag früh nach Varzin, von wo er am Samstag nach Berlin zurückkehrt; er verläßt Berlin definitiv am 27. Oktober.

Die eigentliche Ursache des Untergangs der Witu-Erpedition Künzel lassen sich ziemlich deutlich aus einem Schreiben erkennen, das der mitermordete Siebenbürger Sachse Drontlef in den Anfängen der Schwierigkeiten an seinen Vater nach Hermann­stadt richtete. Er meldet von einer Gährung der Witubevölkerung und schreibt u. A.:Die Sklaven werden nicht angestrengt, und wenn wir während der Jagd auf die umliegenden Schambas (Palm- und Ananasgärten) kamen, lungerten sie meistens im Schatten. Die Behandlung der Sklaven soll auch durchschnitlich eine gute sein, und so ist das Bedürf­nis nach Abschaffung der Sklaverei durchaus nicht vorhanden, im Gegenteil ist eine große Bewegung im Lande, die sich gegen England und besten Beschlüsse betreffs der Sklavenabschaffung richtet. Die Gährung im Lande ist so bedeutend, daß sich sogar die sonst gegenseitig nicht gerne in nähere Berührung mit ein­ander kommenden Suaheli und Araber zu gemein­samem Waffengange gegen England verbinden wollen. Wir haben auch unter dieser allgemeinen Aufregung zu leiden gehabt. Ein Deutscher Namens Kurt Toeppen, früher Vertreter der Deutschen Witugesell- schaft, ist durch eigenes Verschulden, durch seinen Lebenswandel moralisch und finanziell derart herunter­gekommen, daß er sich von einem Suaheliweibe er­nähren läßt und demnächst zum Muhamedanismus überzutreten gedenkt, da ihm dieser Schritt mit einigen hundert Rubien belohnt wird. Schon früher suchte er die hiesigen übrigen deutschen Kolonisten, nament­lich die Gebrüder Denhardt, die seiner Zeit dem Sultan von Wüu das ganze Küstengebiet abaekauft haben, arg zu schädigen. Auch jetzt wollte er Küntzel entgegenarbeiten und sprengte das Gerücht aus, wir hätten Kanonen mit und wollten das Land für Eng­land erobern und die Sklaverei abschaffen. Dieses Gerücht fand in Mkumbi schnell Glauben, und am

o. wc. Morgens « uyr wollten die Bewohner des Dorfes und die hier anwesenden Askari (Soldaten) des Sultans von Witu uns angreifen. Das Kriegs­horn wurde geblasen, die Jüngeren hielten einen Waffentanz, während die Aelteren sich durch ein Schaun (Unterhaltung) auf den Krieg vorbereiteten. ." Der übrige Inhalt dieses Briefes deckt sich mit den schon bekannten Thatsachen.

Aus Petersburg wird gemeldet: vr. Kucharsky, em junger Professor der Medizin, hat sich im Laboratorium der Universität in Gegenwart seiner Hörer getötet, noch ehe ihn diese daran ver­hindern konnten, vr. Kucharsky hatte eben seinen Vortrag über Säuren beendigt, als er eine Phiole in die Hand nahm und, indem er einige Tropfen daraus in em Gläschen goß, seinen Hörern zurief: Sie werden gleich vor Ihren Augen einen Mann in 2 Minuten sterben sehen. Meine Herren, ich sage Ihnen Lebewohl!" Hierauf trank er die Flüssigkeit aus, zog die Uhr aus der Tasche und begann die Sekunden zu zählen, die ihm noch zu leben vergönnt waren. Die Studenten stürzten herbei und wollten ihm Gegengift reichen. Doch war es zu spät. Kucharsky war in wenigen Sekunden tot.

Der Edelweißhandel wird in manchen Gegenden der Alpen so schwunghaft betrieben, daß bekanntlich die Schweiz ein Gesetz zum Schutz der beliebten Alpenpflanze erlassen hat. Welche Summen darin umgesetzt werden, erfahren.wir aus einem Bei­spiel, das die Klagenfurter Ztg. anführt. Wenn man von Kärnten nach Görz geht, so benützt man den Predil- Paß von 1162 in Höhe. Man steigt auf der anderen Seite hinab nach Unterpreth im Koritznitzathal, einem Ouellthal des Afonzo und liest an einem Häuschen die Aufschrift:Edelweißhandlung des Jäkel." Die­ser Jäkel und andere Händler von Preth versenden jedes Jahr Hunderttausende von Edelweißblüten in Körbe verpackt in die ganze Welt; Jäkel soll im Jahr 3000 fl., Straußgittl und Mazera jeder über 1000 sl.. einnehmen. Die Blüten kommen von dem nahen italienischen.Orte Resia, dessen Bewohner dieselben am Kannin (2500 w) sammeln und für das Tausend 50 bis 60 kr. erhalten. Die so erhaltenen Blüten werden nun durch Weiber und Mädchen, und dazu, muß das ganze Dorf Preth und häufig noch ein Nachbarort mithelfen, ausgelesen, in drei Nummern, geteilt und gepreßt. Nun kann nach kurzem die Ver­sendung und zwar hauptsächlich nach Deutschland be­ginnen. Das Tausend der besten Sorte wird mit 10 bis 12, der mittleren mit 3 bis 4, der schlechteren mit 1 bis 2 sl. berechnet. Jäkel hat auch neben seinem Haus Edelweiß angepflanzt, allein es hat sich da auch wieder gezeigt, daß die Pflanzen im zweiten oder dritten Jahr entarten, die Blüte verliert das schöne zarte Weiß und das Sammtartige und wird schmutzig grünlich weiß. Bei dam so sehr lebhaften Handel von Preth wird die stark begehrte Alpen­pflanze in der dortigen Gegend mit der Zeit doch aus- gerotret werden.

Herbstbericht.

Grunbach i. R. Lese im Gang, Gewicht 6776 Grad. Noch kein Kauf.

Eßlingen. Qualität «gut. Mehreres verstellt.

Besigheim. Lese beendigt. Käufe von 110 bis 130 ^ pr. 3 bl. Käufer erwünscht.

Lauffen a. N. Käufe, 3 bl. zu 130 bis 155

Bönnigheim. Käufe zu 100 und 105 für rotes Gewächs, 8892 für gemischtes.

Qualität sehr gut. Verkauf flott.

Weinsberg. Käufe zu 110135 Ein­iges aus Durchschnitt.

* Horrheim, 21. Okt. Lese in vollem Gange. Verkauft zu 100, 105 und 110

Standesamt ßalw.

Geborene:

18. Okt. Karl Friedrich, Sohn des Gottlob Christian

Wochele, Werksuhrers.

19. Helene Friedrike, Tochter des Ludwig Wil­

helm Brunnett, Maschinenstrickers.

19. Eugen, Sohn des Wilhelm Kingeter,

Spezereihändlers.

Gestorbene:

22. Okt. Emma Luise Hennefarth, 6 Wochen alt, Tochter des Jak. Hennefarth, Maschinen­strickers.

22. Anna Maria Bayer, 6 Wochen alt, Tochter

des Ludwig Bayer, Fabrikarbeiters.

Gottesdienst

am Sonntag, den 26. Oktober.

Vom Turm: 417.

Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr Bibelstundr im. VereinshauS: Herr Helfer Eytel.

Dienstag, den 28. Oktober.

Feiertag Simonis und Judä.

'/-IO Uhr Predigt: Herr Helfer Eytel,

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