haben es dem englischen Volk gezeigt, daß England in Not ist. Diese Taisachrn wirken mit drr Schwere von Echicksalsschlägen aus die Volksseele. Die Lage scheint heute in England so zu sein, daß Arquith die Arme nur auszubreiten braucht, um die allgemeine Wehrpflicht, diese Inkarnation des .Militarismus" in Reinkultur, in Empfang zu nehmen.
Aequich sträubt sich anscheinend. Er hat immerhin eine politische Verlegenheit. Grundsätze die ihn zum Gegner der allgemeinen Heere?Pflicht machen, obwohl er innerlich längst mit dem Pelz des freien Mannes, der in derDI-nst. Pflicht eine Art Sklaverei steht, gebrochen haben dürste. Me der Premier dürfte es der Mehrheit des Parlaments gehen: auch sie wird ihren Tag von Damaskus erleben. Noch bestekt vielleicht bei manchem die Hoffnung, daß das Eingreifen der Bereinigten Staaten in den Krieg an der Seite Englands diesem die Weh'Pflicht ersparen körnte. Schlägt diese Hoffnung fehl, dann wird die allgemeine Wehrpflicht woh! kaum noch auszuhalteu sein.
Die englisch; Regierung erlebt jetzt die merkwürdige Tatsache, die Wehipflichlvo-kage in der jetzigen Form vom Parlament zurückgewiesen, weil sie nicht — weit genug geht. Damit kommt das Kabinett um die drohende Kr.sts herum. Asquith wird diesem Mangel abhelfen können. Zwei Fair- taren sind allerdings vorhanden, die der allgemeinen Wehr- Pflicht im Wege stehen: die großen Arbeiterorganisationen, die lieber daheim den doppelten und dreifachen Krtrgelohn verdienen, als bei bescheidenem Traktement dem Kalbfell der Regierung folgen, und Irland. Vielleicht gewinnt man die großen Verbände. Was aber wird Irland tun? Es von der allgemeinen Wehrpflicht ausschließen heißt in gewissem Sinne die irische Unabhängigkeit proklamieren und den Ersatz des Dienstzwonges in Frage stellen; denn Bri- tanien braucht, wenn die Wehrpflicht wirksam sein soll, jeden Mann. Die Regierung wird es also jetzt mit den Arbeiteroerbänden und den Iren zu tun haben, Faktoren, deren Haltung einstweilen nicht adzusehen ist. Ob freilich die allgemeine Wehrpflicht für diesen Feldzug noch wirksam sein wird, wenn sie die Zustimmung des Parlaments findet, ist eine andere Frage. England ist bisher überall, wo es zuschlagen sollte, zu spät gekommen; es besteht die Gefahr, daß es mit der Wehrpflicht ebenso gehen wird.
London, 4. Mai. WTB. Im Unterhaus brachte Asquith das neue Wehrpflichtgesetz ein, das die Bestimmungen der am 27. April zurückgezogenen Bill mit dem Zusatz des Zwangsdienstcs für Verheiratete zwischen dem 18. und 41. Lebensjahre enthält. Diese Bestimmung wird erst einen Monat nach Annahme der Bill in Kraft treten, um den Leuten zu ermöglichen, sich freiwillig ein- schreiden zu lassen. Ein Sonderoorbehalt ist für gediente Leute vorgesehen, die nicht sofort gebraucht werden. Diese können zu ihrer bürgerlichen Beschäftigung zmückkehren bis sie einberufen werden. Di« erste Lesung des Wehrpflicht- gefttzes wurde einstimmig angenommcn.
Das Ende des Jrenanfstands.
London, 2. Mai. WTB. (Reuter.) Aus Dublin wird von gestern berichtet, daß außer dem großen Schaden, der in der Sackoille-Street ungerichtet wurde, auch in der -öSey Street große Verwüstung!« festgestelll wurden. Auch dort sind fast alle Gebäude zerstört. Die Gerichtsgebäude, dte sogenannten Fours Comts haben Schaden gelitten und weisen Spuren auf, daß sie ziemlich heftig beschaffen wurden. In der Grafton-Street wurde einiger Schaden angerichtet und zwar meist durch Plünderer. In einigen ärmeren Stadtvierteln sieht man, daß dort ßeftig grkümpft wurde. Viele Käufer sind eiugestürzt, und kaum ein Fenster ist ganz geblieben. Fast alle Seitenstraßen weisen Spuren des Kampfes aus. Einige Schöffe von Scharfschützen wurden heute noch gehört. Man sah, daß sich unter den Gefangenen Frauen in Männer Kleidern befinden, und es ist sicher, daß unter d<m bewaffnt ten Rebellen junge Frauen waren, die sich ols Scharfschützen auszeichneten. Andererseits hatten sich auch männliche Aufständische rin Frauenkleidern vermummt. Gruppen von
Die Vogefenwacht.
Hin Kvisgsvornan aus dev Kegenrvavt
von Anny Wothe. Nachdruck verboten
Amerikanisches vop^rixbt 1914 d? Anny Wothe, Leipzig.
(Fortsetzung.)
„Ja, weil ich Ihnen nicht gut genug bin." grollte Helmbrecht. „Die hochgeborene G:äftn möchte nicht zu dem einfachen Gelehrten hinabstligen. der ihr nichts zu bieten hat, als ein bescheidenes Heim und ein Herz voll echter, treuer Liebe, die nimmer vergeht."
„Günther!" bat Gisela mit aufgehobenen Händen, „nicht so. Sie wissen ja lange, daß ich Sie lieb habe, daß ich aber viel gutzumachrn habe."
„Es ist ungerecht, daß Kinder für die Sünden ihrer Väter büßen, ez ist himmelschreiend, und Sie, Gisela, Sie dürfen es nichfl Sehen Sie, in wenig Tagen, da gehe ich wieder hinaus ins Feld. Vielleicht kehre ich nie, nie zurück. Vielleicht aber lacht mir auch noch ferner das Leben. Biel- leicht kann ich noch weiter mithelfen an dem großen, gewaltigen Sieg, den Deutschland gegen eine Welt von Feinden machtvoll erzwingt. Soll ich dann, weniuich heimkehre, ganz bettelarm dastehen, während Sie allen anderen mit vollen Händen geben? Soll ich denn nicht hoffen dürfen, Gisela, daß wir gemeinsam durchs Leben gehen, einer dem anderen helfend und die Wunden heilend, dte der Krieg ollen schlug?"
Gefangenen werdrn nach England gebracht. Etwa 1000 sind bisher dem Militär in die Hände gefallen. Dublin zeigt heute das Bild eines gewöhnlichen Feiertags. Das Publikum durste ungehindert durch die Straßen gehen. Heute früh wurde in der Nachbarschaft von Bellebridge, unweit von Dublin, Feuer gehört. Dort hatte sich ein kleiner Trupp Aufständischer verschanzt und er wird noch einige Tage imstande sein, sich zu hatten. Auf dem Lande, vor ollem im Westen, gibt es noch Banden von Rebellen, die nicht glauben wollen, daß der Aufstand zu Ende sei und daß sich Ihre Kameraden in Dublin ergeben haben. In K'llarnry und Elonmel stehen noch Rebellen im Felde, da aber die Verbindungen zerstört sind, fehlen zuverlässige Nachrichten.
Amsterdam, S. Mai. WTB. Wie ein hiesiges Blatt aus London erfährt, schätzt der Berichterstatter der Times i» Dublin die Anzahl der Rebellen, die an dem Aufstand von Anbeginn an iellgenommm haben, auf 5000. Ihre Verluste s.tcn schwer. Der gesamte Sachschaden, der durch Brände an Häusern angerichtet wurde, betrage mindestens 300000 Pfund Sterling. In der königlichen Hibernian- Untversity seien fünf Gemäide englischer Maler zu Grunde gegangen. Die Rebellen hielten, solange sie noch im Besitz des Postamts waren, stand und nahmen drei britische Offiziere. zwei Unteroffiziere und 5 Soldaten gefangen. Als das Gebäude nicht länger verteidigt werden konnte, und der Rebellenführer Tonnolly ernstlich verwundet war, beschlossen die Rebellen zu flüchten und empfahlen auch ihren Gefangenen, die Flucht zu ergreifen und ihr Leber, zu retten. Die zwei Unteroffiziere, sowie drei Soldaten sind unverletzt entkommen, während die Rebrllen zu Dutzenden ntedergc- schossen wurden.
London, 3. Mai. WTB. Reuter. Der Oberbefehlshaber in Irland meldet: In Dublin kehren nach und nach geordnete Verhältnisse zurück. Einige kleine Bezirke werden zur Zeit noch gesäubert. In Loik ist allrs ruhig, nur im Fermoy-Bezirk hat sich rin Fall von Aufruhr ereignet. Dort versuchte die Polizei zwei in einem Hause befindliche Iren zu verhaften und fließ auf bewaffneten Widerstand. Der Führer der Polizei wurde getötet. Nach dem Eintreffen von Verstärkung^ Übergaben sich die Insassen des Hauses. Die Sinn-Feiner in der Stadt Tork hoben sich am Ausstand nicht beteiligt und haben ihre Waffen adg« liefert. Eine nach Ennkcorthy auegesandte Truppen- abteilung ist damit beschäftigt, die Anführer in der Grafschaft Wexford srstzunehmen. Im übrigen südlichen Irland ist alles ruhig.
London. 4. Mai. WTB. (Unterhaus). Asquith teilte mit. daß drei Führer der irischen Aufständischen, nämlich Pearce, Clark und Necdonogh, die das republikanische Protokoll unterzeichnet haben, vor ein Kriegsgericht gebracht, schuldig befunden und gestern früh erschössen wurden. 3 andere Aufständische wurden zu 3 Jahren Gefängnis oerurteitt.
Dublin, 4. Mai. (WTB. Reuter. — Amtlich) Dte Zahl der Toten in den Spitälern allein beträgt 188, wovon 66 Soldaten und 122 Ausständische und Zivis- Personen sind. Es wurden 179 Gebäude durch Feuer beschädigt oder zerstört.
London. 3. Mai. (WTB. Reuter. — Unterhaus) Birell hat dernissiontert.
Aus Haag erfährt der „Berliner Lokalanz.": In hiesigen englischen Kreisen verlautet, daß wahrscheinlich nach dem bestimmt oorousgesehenen Rücktritt des gegenwärtigen Bizekönigs von Irland des Generalgouoemeurs Lord Wim- borne, Redmond sein Nachfolger werden wird.
London, 4. Mai. WTB. (Unterhaus) Redmond zellte dem Staatssekretär für Irland, Birell, warme Anerkennung und erklärte, er habe die Ansicht Btrells, daß keine wirkliche Gefahr eines Aufstandes in Sicht gewesen sei, geteilt und seine Meinung habe Birells Politik vielleicht beeinflußt. Redmond wie Carson empfahlen dringend, daß die große Masse der Rebellen nicht mit allzu großer Härte bestraft werde.
Gisela hatte die langen Wimpern gesrnki. Der rate Mund zuckte wie tm leisen Weh, ols sie zu Helmbrecht sprach : „Es geht ja nicht. Günther. Wer sollte denn mit den Jungen exerzieren und die kleinen Mädel belehren? Allein ist es für Eva Maria zu viel, selbst wenn wir keine Verwundeten mehr hier haben."
„Es war gewiß ein herrlicher Gedanke von Ihrer Schwester, eine ganze Schar verwaister elsässtscher Kinder, deren Vater gefallen oder deren Eltern hatten flüchten müssen und dabei ums Leben gekommen sind, zur Erziehung hierher zu nehmen, aber ich meine doch, Sie müßten dabei auch ein klein wenig an sich denken."
„Ja," nickte Gisela fast schwermütig, „ein jeder Mensch ist ja zu ersetzen, ich weiß — es würde auch ohne mich gehen — und dann — dann — Günther, habe ich auch säst gar kein Geld mehr. Wir waren so sehr reich, aber Eva Maria meint, alles, was wir von Papa haben, soll der deutschen Sache im Elsaß dienen. Das soll Helsen, das Deutschtum in dte Herzen der Jugend zu pflanzen, denen kein Eltermvort mehr die Wege weisen kann. Nur das kleine Vermögen meiner Mutter soll uns bleiben."
Da lachte Helmbrecht glückselig auf, und ehe Gisela es hindern konnte, hatte er sie umfaßt und an sein Herz gebückt. „Gott sei Dank, daß du arm bist," jubelte er, sie herzhaft küssend, „nun kann ich doch wie ein ehrlicher deutscher Monn, der stolz darauf ist, sich selber ein Heim zu gründen, um dich werben. Also — meine aller- gnädigste Komtesse, ich bitte hie: mit feierlichst um Ihre Hand.
Die Haltung Norwegens.
Kristiania, 3. Mai. „Aftenposten" meldet aus London: Professor Murray, der neulich in Skandinavien Borträge gehalten hat, veröffentlicht in der Londoner Presse einen Artikel über Norwegen, der in Kristiania Aussehen erregen muß.
Er beginnt damit, daß die norwegische Regierung sehr neutral sei; ebenso sei die gesamte Presse sehr vorsichtig. Dte politischen Gefühls dagegen seien in überwältigendem Grade englandsreundiich. Die einzigen deuischsn Sympathien finde man bei den äußersten Konservativen, einem Teil der Offiziere und einer kleinen Gruppe Intellektueller, die unter dem Einfluß der deutschen Universitäten ständen, ebenso bei einigen Schriftstellern, die von den Deutschen mehr als von den Engländern anerkannt würden. England habe nichts dasiir getan, daß die norwegischen Schriftsteller mehr westwärts schauten. Trotzdem sehe Norwegen nach Westen, da es mehr Wert auf Intelligenz und freies Wissen lege. Murray schließt: Deutschland versende täglich norwegische Schiffe, schere sich kaum länger daran, irgendwelche Entschuldigung für dieses ungeheuerliche Austreteu zu finden. Dos sehe aus wie eine Strafe für Norwegen wegen seiner Verbindung mit England. Die Situation sei fast unerträglich. Nur auf zwei Arten könne sie geändert werden: entweder indem Norwegen de» Krieg erkläre oder aushöre, leine Schiffe fahren zu lassen. Dies würde ungeheure Verluste mit sich führen und eine große Demütigung sein. Norwegen könne jedoch Deutschland keinen direkten Schaden zufügen, es könne den Hondelsvrrkehr mit Deutschland verbieten und der britischen Flotte gestatten, gewisse norwegische Häfen zu benutzen, andererseits könne Deuffchland in Norwegen keine Invasion machen, sondern nur forifahren, Norwegens Schiffe zu versenken. Das Rechenstück scheine zu Norwegens Vorteil auszugehen. Dann grde es aber noch ein Problem: Schweden und die Bereinigten Staaten. Würden diese vorangehen, so würden die anderen Neutralen wahrscheinlich folgen. Sollte Schweden jedoch mit Deutschland zu- sammengehen, würde dasNorwegen wahrscheinlich abschrecken. Die Schwierigkeiten für Norwegen seien bedeutend größer als für Amerika. Es sehe aus, als beabsichtigten die Deutschen im Schutze des Friedens mit Norwegen, weiter norwegische Schiffe zu versenken. Sei England unfähig, Mittel zu finden, dem ein Ende zu machen, so mjjsse Norwegen aushören, seine Schiffe fahren zu lassen.
„Aslonposten" schreibt hierzur Es ist für norwegische Leser überflüssig, daraus hinzuweisen, in welchen Punkten Murray die norwegischen Verhältnisse einseitig beurteilt. Dagegen ist es notwendig, aufs bestimmteste seine Andeutung abzulehnen, daß Norwegen unter gewissen Bcrhältn s- sen der englischen Flotte erlauben würde, norwegische Häfen zu benützen. Sollte dem englischen Professor diese Auffassung während seines norwegischen Aufenthaltes eingegeben worden sein, so ist es jedenfalls sicher, daß kein verantwortlicher verständiger Norweger hinter ihm steht. Eine englische Forderung, norwegische Häsen zu benützen, wie sich Murray dies denkt, würde dem Protest und Widerstand eines einigen Norwegen begegnen.
Deutschland und Amerika.
Berlin, 4. Mai. Ueber die deutsche Antwort an Amerika erfährt die „Boss. 3tg."> daß es sich um ein recht umfangreiches Schrisrstück handle, das spätestens morgen vormittag dem amerikanischen Botschafter übergeben und dann auch sofort der Oeffentlichkeit mitgeteilt werden solle. Botschafter Gerard habe gestern abend dem Staatssekretär von Iogow einen Besuch abgestaitet. Der Reichskanzler und die anderen zu den Beratungen im Großen Hauptquartier zugezogenen Persönlichkeiten kehren im Lause des heutigen Tages nach Berlin zurück.
Berlin, 4. Mai. Ueber die deutsche Antwortnote an die amerikanische Regierung sagt das „Bert. Tagebl.", dis Hoffnung auf eine friedliche Regelung habe zum mindesten keine Adschwitchung erfahren.
Versprechen heute gegeben, einzulösen nach Beendigung des Krieges. So sage doch ja, du Süße, sage doch ja."
„Ja doch, mein Gott, du reißest mir ja die Haube vom Kops, die gute Haube, dte ich erst vorhin frisch geplättet habe."
Helmdrecht schwenkte die erbeutete Schwesternhaube wie eine Siegesfahne. „Die ist jetzt mein, wie du mein bist, Gisela, in Zeit und Ewigkeit."
Gisela wand sich errötend unter seinen Küssen au» seinen Armen. „Ich kann ja nicht anders," sagte sie, „denn ich habe dich ja so sehr lieb, so unmenschlich lieb. Ich will es Eoa Maria sagen, und sie wird mir mein Glück gönnen. Jetzt aber hole ich dir unsere Kinder, Günther, du sollst sehen, wie lieb sie sind, daß man sie eigentlich gar nicht lassen kann." Wie ein Schmetterling flatterte sie davon.
Günther Helmbrecht preßte beide Hände gegen dt« Brust. „Nun ist sie mein, und wenn ich nicht wtederkehre aus dem blutigen Krieg, dann weiß ich, daß doch ein paar Augen um mich weinen — aber ich werde wiedrrkehren! Sieg wird es durch alle Lande schallen. Sieg der Deutschen über ein Heer grausamer Feinde!" Er schritt jetzt schnellen Schrittes einem Rollstuhl entgegen, worin soeben Leutnant Zadeck in den Echloßhof gefahren wurde, ihm schon von weitem die Hand herzlichst entgegenstreckend. Inzwischen hatten sich in dem «eiten Hof zahlreiche Verwundete eingesunden, die zum Teil allein, zum Teil von Schwestern geführt, hinausstrebten, sich an der milden warmen Okto- bersonne zu erquicken.
Fortsetzung folgt.