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Tages-Neuigkeiten.
* Calw, 5. Okt. Wenn auch der musikalischen Genüsse in jüngster Zeit gar viele geboten wurden, so erfreute sich doch das Abschiedskonzert des Hrn. Jsenberg eines kaum erwartet zahlreichen Besuchs. Mitwirkende waren die HH. G. Baumann (Violine) und I. B. Baader (Klavier.) Hr. Jsenberg trug vor: „Trockene Blumen" und das stimmungsvolle Lies „Am Meer" von Schubert, „Murmelndes Lüftchen, Blütenwind" von Jensen, sowie 2 weitere Lieder von Schumann und erntete für seinen außerordentlich empfindungsvollen Vortrag nach jeder Nummer reichen Beifall. Nicht minder erfreute Hr. Baumann die Zuhörerschaft durch das zarte Violinspiel in „Am Kamin" und „Träumerei" von Schumann, wobei Hr. Baader die Begleitung übernommen hatte, sowie durch 2 ungarische Tänze. Als Meister des Instruments zeigte sich wieder Hr. Baader schon in der Einleitung des Programms Einzugsmarsch aus „Tannhäuser" v. R. Wagner. Hr. Jsenberg beabsichtigt diesen Winter eine Konzertreise in Holland.
Nagold, 1. Okt. Die von der Stadt unternommene Quellwasserleitung ist nunmehr im Betrieb. In vielen Häusern lernt man jetzt die Wohlthat dieser gemeinnützigen Anlage schätzen und manche frühere Gegner derselben möchten sie um keinen Preis mehr missen. Der Gesamtaufwand für dieselbe — abgesehen von dem, was die Privaten leisten — beträgt ca. 70,000 Der Wasserzins beträgt 15 ^ für den Kubikmeter. W. Ldztg.
Stuttgart, 3. Okt. Als weiteren Beitrag, wie viel Geld die Volksfestbesucher stellenweise zurückgelassen haben, erfährt man, daß ein Carousselbesitzer, dessen Caroussel die Rutschbahn mit Kreisbewegung zeigte, in 3 Tagen 11000 vereinnahmte.
Cannstatt, 3. Okt. Als Gewinner des ersten Gewinns der Volksfestlotterie meldete sich Georg Wieland, Müllerknecht von Spiegelbronn OA. Hall, seit einiger Zeit ohne Stelle und Wilhelm Zänker, Mühlbauer in der Kunstmühle in Grunbach, welche das gewinnende Loos am vorletzten Sonntag in Stuttgart miteinander gekauft haben. Die Freude des Wieland war so übergroß, daß er den Weg von Marbach nach Cannstatt zu Fuß (weil ohne alle Mittel) beinahe immer springend zurücklegte.
Cannstatt, 3. Okt. Eine hiesige Firma, der auf der Ausstellung für volkstümliche Gesundheitspflege das Diplom zur broncenen Medaille zuerkannt worden war, hat dieses nicht angenommen, weil ihr auf früheren größeren Ausstellungen für denselben ausgestellten Gegenstand 2 goldene Medaillen erteilt morden sind.
Tübingen, 3. Okt. In der heutigen Schwurgerichtssitzung wurde der ledige Weingärtner und Taglöhner Paul Mickeler von Rottenburg wegen Raubmords zum Tode verurteilt. Schw. M.
Heilbronn, 2. Okt. In der vergangenen Nacht hatten wir mehrere Gewitter, welche ausgiebigen Regen und eine starke Abkühlung der Temperatur brachten. Schaden hat der Regen aber keinSn angerichtet, eher Nutzen gebracht. Wenn wir nur noch wenige sonnige Tage haben, dann können wir auf einen ausgezeichneten „Neuen" rechnen.
Heilbronn, 3. Okt. Neber den Stand unserer Weinberge läßt sich nur Erfreuliches berichten. Der September hat die Trauben auf einen Reifegrad gebracht, der uns eine Qualität, die der vorjährigen nicht nachsteht, erhoffen läßt. Der Menge nach giebt es etwas weniger als letzten Herbst, da durch die ungleiche Blüte vieles durchgefallen ist. Die Reben sind auf unserer ganzen Markung noch schön belaubt und zählen nach dem Ausspruch verschiedener Sachverständiger, die die Weingaue bereisten, zu den schönsten in Süddeutschland. In der Weingärtnergesellschaft beginnen die Vorbereitungen zu dem in 14 Tagen oder 3 Wochen, je nach der Witterung, seinen Anfaug nehmenden Herbst. Nach Beschluß des Ausschusses werden die gleichen Sorten und Klassen wie v. I. wieder gekeltert. Schw. M.
Brackenheim, 1. Okt. Hier besteht seit 200 Jahren ein den ganzen Bezirk umfassender Handelsverein mit zur Zeit 20 Mitgliedern und 3200 Vermögen, dessen Zinsen teils zu wissenschaftlichen Reisen der Mitglieder, teils zu Förderung der Heranbildung tüchtiger Gehilfen verwendet werden. Wenn letztere nach der Lehre sich einer Prüfung unterziehen und fremdsprachlichen Unterricht genießen, erhalten sie angemessene Beträge aus der Kasse. Diese Priifung haben kürzlich 2 junge Leute, G- Bossaller und E. Schneider, vor drei Kommissären mit dem Prädikat „gut" erstanden. — Unsere Weinberge, besonders auch die niederen Lagen, haben dank der überaus günstigen, heißen Witterung der letzten Wochen — heute 20° L. im Schatten — entschieden Fortschritte gemacht. Die Weinstöcke sind von Krankheiten verschont, sehr schön belaubt, die Trauben ganz gesund und in einem vorgerückten Reifegrade. Allgemein verspricht man sich ein Produkt, das hinter dem des Vorjahrs keineswegs zurückstehen wird. Nicht nur sind die Frühtrauben nachgerade fertig, sondern auch vollkommen schwarze reife Trollinger keine Seltenheit mehr. St. Anz.
Biberach, 1. Okt. An jedem Markttage ist der Verkehr niit Vieh auf dem Bahnhof hier ein sehr großer und auch heute ist eine größere Anzahl Schlachtvieh zum Wintertransport auf den Bahnhof getrieben worden. Dem etwa 30jährigen kräftigen Metzger Krais ist hierbei ein Unfall zugestoßen. Derselbe führte einen Ochsen die Verladerampe hinan, dieser aber hat, wie in Vorahnung seines Schicksals, sich gegen seinen Bändiger gewandt, losgerissen und ihn die ziemlich hohe Rampe in einem Anlauf hinabgeschleudert. Ein komplizierter Bruch des Oberschenkels und erhebliche Verletzungen am Kopfe, zeugen von der Vehemenz des Sturzes, an welchen K. wohl lange Zeit zu leiden haben wird.
Mürzsteg, 3. Okt. Am Schluffe der heutigen Kaiserjagd kamen zur Strecke: ein Hirsch, ein Tier, ein Hirschkalb, 10 Gemsböcke, 9 Gemsen, 3 Gems- kizchen. Angeschossen wurden 9 Gemsen und 1 Hirsch, bei der frtch morgens stattgehabten Pürsche wurden 2 jagdbare Hirsche erlegt, 2 Hirsche und 1 Gemse angeschossen. Die Jagd beeinträchtigte ein sehr kalter, orkanarliger Sturm, der bereits früh morgens bei Anstellung der Schüzen auf der Schneealpe sich erhob und bis zum Schluffe der Jagd fortdauerte; zuweilig
trat Schneegestöber und dichter Nebel ein, der jede Aussicht hinderte. Gegen 3 Uhr nachmittags kehrten die Herrschaften über Frein hieher zurück. Morgen ist Jagd in Schwarzbach bei Frei».
Obftpreiszettel.
Stuttgart, 4. Okt. Wilhelmsplatz: 4000 Ztr. Mostobst zu 5 ^ bis 6
pr. Ztr. — Eßlingen, 4. Okt. Obstmarkt. Zufuhr: 500 Ztr., Preis 6 H bis 6 40 -H,
gebrochenes Obst 8—10 ^ pr. Ztr. — Auf dem Güterbahnhof: 6 Wagen Hess. Obst., Preis 4 ^ 80 -rH bis 5 50 pr. Ztr.
Eingesandt.
IleVer die Bedeutung der Mikttärdienst-Der- stcherung für unsere Landwirte.
Die allgemeine Wehrpflicht legt allen Familien mit Söhnen während und nach der Militärzeit derselben große Geldopfer auf. Durch Vereinigung vieler tausend Eltern lassen sich diese Kosten aber wesentlich vermindern. Ein solcher Verein ist die Deutsche Militärdienst-Versicherungs-Anstalt in Hannover,
welche 1878 eröffnet, jetzt schon über ca. 130,000 Mitglieder zählt, darunter 10,000 in Württemberg und ein Vermögen von 18 Millionen Mark besitzt, wobei 1,092,000 Mark Dividenden- und Jnvaliden- fond.
Besonders für Landwirte ist die Beteiligung an dieser Anstalt empfehlenswert, denn die Verschiedenheit der Prämienzahlung gestattet einerseits dis lleber- schüsse guter Jahre zu größeren Prämienzahlungen zu verwenden, während andererseits die Leichtigkeit, und Billigkeit der Stundungen in schlechten Jahren das Verfallen der Policen und gezahlten Einlagen, verhindert.
Die Deutsche Md.-V.-A. ist ferner kein Aktienunternehmen sondern eine gemeinnützige Gesellschaft auf Gegenseitigkeit; die bedeutenden Ueber- schüsse derselben kommen daher nicht Actionären, sondern den Mitgliedern zu gut.
Durch die Vorzüge, und weil bei Nichteinstellung oder Ableben der versicherten Knaben der- Einlagen zuzüglich Dividenden zurückgezahlt werden, eignet sich die Deutsche Militürdienst-Versicherungs- Anstalt in vielen Fällen besser für alle Väter kleiner- Söhne als Sparkasse oder Lebensversicherung. Viele versichern deshalb nicht nur kleinere Beträge, sondern 2—5000 Mark, um eventuell auch den Lohn des Stellvertreters im Gewerbe aus der Versicherungssumme zahlen zu können oder um gleichzeitig sich in. dieser günstigen Weise ein Baarkapital zwecks Erleichterung der späteren Erbteilung zu sparen und den Verbleib des Gutes in der Familie zur ermöglichen.
Jedem Vater eines kräftigen Buben ist daher: anzuraten, sich seinen Mitteln entsprechend an dieser nützlichen Anstalt zu beteiligen, zumal die Sicherheit derselben durch die Oberaufsicht der K. Staatsregierung,, die sehr große Beteiligung und die Billigkeit der Verwaltung gewährleistet ist.
Ein altes Mitglied.
das abgefeuert, schnell wieder geladen wird und dann abermals ausblitzt. Ich richtete das Teleskop, und da seine wenn auch nur geringe Vergrößeruvgssähigkeit meine ziemlich scharfe Sehkraft einigermaßen unterstützte, so ward es mir bald zweifellos, daß ich den Rumpf eines ungefähr dreihundert bis vierhundert Tonnen starken Fahrzeuges vor mir hatte, welches mit einer gewissen trägen Regelmäßigkeit hin und her rollte und hell aufstrahlte, sobald die Meeresschwellung seine wasserübeiströmten Seiten dem Sonnenlichte zuwandte. Zugleich überzeugte ich mich, daß seine Decks noch nicht unter Wasser gesetzt waren, da ein bedeutender Bruchteil des Bugs über die See emporragte. Dessen sicher, nahm ich mein Glas wieder auf den Rücken und bereitete mich zum Abstieg vor. Indessen verzögerte ich ihn noch für eine Weile, um das Schiff unter mir einmal aus der Höhe zu inspizieren, und mein mit einem gewissen Vergnügen gemischtes Staunen über sein außerordentliches Aussehen, das es von hier aus bot, war nicht gering.
Doch lange hielt ich eS auf diesem lustigen, unheimlichen Beobachtungsposten nicht aus, sondern ließ mich, so schnell es meine Besorgnisse bezüglich der Haltbarkeit der Bindsel nur immer zugaben, an den Webeleinen hinab.
„Nun, was haben Sie gesehen, Mynheer?" fragte Vanderdecken.
„Den Rumpf eines Schiffes, Herr," erwiderte ich. „Er liegt tief im Wasser, doch nicht so tief, um das Betreten zu verhindern."
„Wohlan!" versetzte er, „ein oder zwei Stunden können keinen großen Unterschied machen."
Es dauerte in der That mehr denn ein oder zwei Stunden, ehe der unser Interesse in Anspruch nehmende Schiffsrumpf von Deck aus in Sicht kam. Dicht gebraßt und von einer nur sehr schwachen Brise begünstigt, schien die B> aaoe überhaupt unfähig, ihren Bug durch das Wasser zu schleppen, und die von ihr aufgewühlten Schaumblasen und Wasserstreifen schlichen ebenso träge dahin wie die Ebbe in ihrem letzten Stadium sich, an dem Vorderteil eines vor Anker liegenden Schiffes wäscht.
Während des Frühstücks wurde von nichts Anderem gesprochen, doch war dies wenig genug. Die Wahrheit zu sagen, wir waren eine schweigsame Tafelrunde- Jeder Augenaufschlag Jmogenr'S ließ mich erkennen, wie die Erinnerung an die
vergangene Nacht noch in ihr lebte — eine Nacht voller Seligkeit und Schrecken- zugleich — voller Küsse und Liebkosungen und entzückender Offenbarungen — aber auch angefüllt von einem schrecklichen Schauspiel entsetzlicher, stummer, ja teufl-scher Qualen! Auf Deck, in der funkelnden Frische des Morgens, war ich mir, als ich mit Vanderdecken zusammengetroffen, keines besonderen Schauders bewußt geworden, aber jetzt bei Tische, wo ich dicht an seiner Seite saß, war es anders. Die Erinnerung an den von seinen Lippen träufelnden Schau-n der Wut. an seinen herabhängenden Unterkiefer, seine verzweifelten, ruhelosen, sieberischen Gesten, seine Pantomime gräßlicher Verwünschungen wirkte nachträglich derartig, daß, als ich nach der Mahlzeit die Kajüte wieder mit dem Deck vertauschte, ein Gefühl der Erlösung über mich kam, gleichsam als wenn Jemand eine eiskalte Hand von meinem Herzen hinwegzöge. ...
Es waren seit der Rekognoscierung auf der Mostspitze gerade zwei und eine halbe Stunde verflossen, ehe das Wrack von Deck aus vollständig sichtbar ward. Glücklicherweise hatte sich die Brise ein oder zwei Strichs nach Westen gedreht, was es unserm Schiff ermöglichte, das Wrack leewärts von unserem Bugspriet zu halten. Die Schiffsmannschaften hatten von dem Gegenstände vor uns bald Witterung bekommen, und ebenso begierig nach Tabak wie ein ausgehungerter Magen nach Lebensmitteln, waren sie bis auf den letzten Mann auf dem Vorderdeck versammelt und lugten seewärts, der Dinge harrend, die da kommen sollten. Obgleich diejenigen, welche die Wache auf Deck hatten, vor dem Auftauchen des Wracks verschiedentlich beschäftigt gewesen — so zum Beispiel mit dem Anfertigen von gesponnenem Garn, Holzsägen (wahrscheinlich für die Schiffsküche), dem Ausbessern von Segeln und Aehnlichem —, so beobachtete ich doch, daß sie ihre Verrichtungen, gerade wie eS ihnen am besten paßte, ruhen ließen, und niemals ward ich gewahr, daß einer der Steuerleute sie darob zur Rede stellte oder Vanderdecken von ihrem Gebühren Notiz nahm. Hieraus schloß ich, daß der Fluch das Schiff in eine Art kleiner Republik verwandelt hatte, in der die Disciplin, so viel davon noch vorhanden war, auf einem gegenseitigen allgemeinen Uebereinkommen unter dem SchiffS- vokk beruhte. (Forts, folgt.)
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