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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

65. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Dt- EtnrückungSgebühr betrügt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst IL Pfg.

Dienstag» den 30. September 1890.

AbonnementSpreir vierteljährlich in der Stadt D0 Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. 15, sonst iv ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Deutsches Reich.

Ueber Kaiser Wilhelm's Manöver- thLtigkeit äußert der Berliner Berichterstatter des Figaro" am Schlüsse einer des Lobes vollen Schil­derung der Herbstmanöver in Schleswig-Holstein und Schlesien:Nach jeder Operation hält der Kaiser in eigener Person Kritik ab. Man staunt des Gedächt­nisses, worüber er gebietet. Inmitten eines Kreises altgedienter Offiziere, der einen minder Sachkundigen wie ihn verlegen machen könnte, hat er den Verlauf der Operation mit überraschender Autorität recapitu- sliert, unter bereitwilliger Anerkennung eigener Jrr- tümer, so z. B. betreffs eines Cavalleriemanövers, wo er sich zu weit vorgewagt. Der Kaiser hat ein Auge für Alles. Er ist ein Richter, der auf dem Manöverfelde nichts durchgehen läßt. Von der Ge­staltung gewisser Annehmlichkeiten ist dabei im Manö­ver gar keine Rede. Nichts von phantastischen Cham­pagnerfrühstücken; (der Champagner soll nach dem Figaro"-Berichterstatter nun einmal durchaus der schwache Punkt" der deutschen Offiziere sein). Der Kaiser geht mit gutem Beispiel voran; er speist nicht eher, als bis die Soldaten versorgt sino. Er begnügt sich mit dem streng Notwendigen und liebt es nicht, daß der Offizier ein saures Gesicht macht, wenn die Magazinverwaltung zu wünschen übrig läßt."

Zum Geburtstage des General- Feldmarschalls Grafen Moltke wird, laut derKreuzztg.", voneinem dankbaren Schüler" eine Monographie erscheinen, die zum ersten Male die Verdienste des General-Feldmarschalls von militär­wissenschaftlichem Standpunkt, aber in einer für das Heer und Volk verständlichen Form darstellen wird. Die Schrift wird zunächst als Beilage desMilitär- Wochenblatts" zur Ausgabe gelangen, dann aber ge­ändert verbreitet werden.

Köln, 28. Sept. Der Reichskommissar Major

v. Wißmann und der Chef in der ostafrikanischen Schutztruppe, Frhr. v. Graven reuth, sind heute vormittag 8'/- Uhr zu einem Besuche der Krupp'schen Werke nach Essen abgereist.

Massenaustritt der Sozialdemokraten aus der Landeskirche. Eine Wiederholung der vor wenigen Tagen polizeilich aufgelösten Versamm­lung, in welcher der Stadtverordnete Herr Vogtherr den Sozialdemokraten den Austritt aus der Landes­kirche empfohlen hatte, fand am Donnerstag Abend im Elysium" in Berlin statt. Vor dichtgesülltem Saale behandelte Herr Vogtheer denselben Gegenstand von neuem und wies unter lebhaftem Beifall der An­wesenden auf den Austritt aus der Landeskirche als auf eine nur noch äußerlich zu vollziehende Form hin, nachdem sich aus der überzeugten Bekennung zur Sozialdemokratie notwendig atheistische Anschauungen herangebildet haben müßten. In breiterer Ausführ­ung schloß sich dem Redner alsGenosse" Herr 6anck. xbü. Pens an, der die akademisch gebilde­ten Klassen als die durchweg geistigverbohrtesten" gegenüber dem gesunden, klarenVolksverstande" be- zeichnete. Von nichtsozialdemokratischen Rednern trat als Erster Herr Stadtmissions - Inspektor Pastor Werkenthin auf und erzielte mit seinen schlichten, aber bewegten Worten einen sichtlich so nachhaltigen Eindruck, daß derselbe weder durch ungeschickte An­hänger seiner Richtung, noch durch wiederholte Wort­ergreifung seitens des Herrn Vogtherr und des Herrn Pens verwischt werden konnte. Von einer allge­meinen Beschlußfassung der Versammlung hinsichtlich des Austritts aus der Landeskirche wurde Abstand genommen. Die im allgemeinen ruhig verlaufene Sitzung erreichte erst um 1 Uhr ihr Ende.

Tangerhütte, 26. Sept. Bei den heutigen Schießversuchen des Gruson-Werkes erschienen Generallieutenant Meyer, Vorsitzender des Jngenieur- komites, Generalmajor Küster, Mitglied der Artillerie­

prüfungskommission, Oberst Hummell, Abteilungschef im Jngenieurkomite, und die Majore Oster und Pott, Mitglieder dieses Komites. Die Versuche begannen mit 20 Kartätschenschüfsen aus einer 5,7-Centimeter Kanone auf ein Grabenziel, wobei 60 Prozent Treffer erreicht wurden. Nach der Erklärung einer 4,7-Cen- timeter-Kasemattkanone begann das Feuern aus einer 5,3-Centimeter-Kasemattkanone in Schartenblendlafette; hierauf wurde eine 5,7-Centimeter-Schnellfeuerkanone in fahrbarer Panzerlafette im Feuer vorgeführt und 9 Schuß auf 1500 Meter mit »angespannten Pferden abgegeben; dann wurde eine Panzerlafette in proviso­rischer Stellung innerhalb 17 Minuten eingefahren und 15 Schuß mit Ringgranaten gegen ein Schützen­ziel abgegeben. Die Treffergebnisse waren ausge­zeichnet. Nach weiteren Versuchen mit Schnellfeuer­kanonen wurde die Uebung abgebrochen. Der Schluß der Schießversuche findet morgen statt.

Zum Fall Künzel wird derK.-Z." aus Hamburg geschrieben: Der laut Drahtbericht mit seinen Begleitern in Witu ermordete Künzel hatte am 23. Juli mit dem ReichspostdampferReichstag" den hiesigen Hafen verlassen. Nach der Passagierliste, welche seiner Zeit dieAfrika-Post" veröffentlichte, war die Expedition Künzel, welche zur Errichtung technischer Anlagen nach Ostafrika ging und auf dem gedachten Reichspostdampfer u. a. eine vollständige Sägmühle verladen hatte, wie folgt zusammengesetzt: Andreas Künzel, Pflanzer; Aug. Meuschel, Ingenieur; Karl Horn, Bäcker; Joseph Urban, Holzschläger; Friedrich Horn, Schlosser; Joseph Schwarz, Tischler. Von den Handwerkern stürzte sich einer im ckelirium tremens schon in der Nordsee über Bord und er­trank. Während des kurzen Aufenthaltes des Dampfers in Rotterdam gabelte Künzel noch zwei dortige Hand­werker auf und nahm sie mit nach Lamu. Es scheint demnach, daß Künzel in der Wahl seiner Begleitung nicht sehr wählerisch zu Werke gegangen ist und daß

JeuMeton.

Das Gotenschiff.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. Klark Knssekk.

(Fortsetzung.)

ES kam so, wie ich befürchtet. Und hätte der Kapitän des Kriegsschiffes ge- fchworen Schiff und Mannschaft zu tausend Atomen in die Luft zu sprengen, sobald sich die Bootsmannschaft weigere, seinen Befehlen, unser Deck zu besteigen, zu ge­horchen, so würden sie dieses Loos dem gräßlichen, ungewissen Abenteuer bei Weitem vorgezogen haben. In einem Nu war die Schaluppe an der Seite der Fregatte, die Insassen über daS Geländer und das Boot emporgezogen. Dann flogen die Raaen am Hauptmast herum, Oberbramsegel und Bramsegel sausten empor, Leesegel folgten, und ehe noch zehn Minuten seit dem Antritt der Enterungsexpedition des Bootes verflossen waren, begann die Fregatte, in eine Wolke von Segeltuch einge­hüllt, sich zu neigen und zu drehen und mit nach Nordost gerichtetem Schnabel auf der glänzenden, blauen See zu rollen, zu stampfen und langsam hinmegzugleiten. Sie kehrte uns ihr Hinterteil zu und ließ einen langen, in tausend glänzenden Farben spielenden Streifen Kielwasser hinter sich zurück, so daß man unwillkürlich «ncinte, sie habe einen Sonnenstrahl eingefangen und zerre ihn mit sich von dannen.

Jmogene schaute mich an. Die Sehnsucht nach dem davoneilenden Schiff hatte ihre schönen Augen mit Thränen gefüllt.

Mein liebes, liebes Fräulein, grämen Sie sich nicht/ wandte ich mich zu ihr, sie abermals mitliebes Fräulein" anredend, da mir noch der Mut gebrach, sie Geliebte" zu nennen.Diese bittere Erfahrung hat mir wenigsten» einen Punkt klar gemacht: Wir werden entkommen, aber nicht mit Hilf« eines Schiffes."

Wie denn, wenn nicht durch ein Schiff?" fragte sie mich zitternd.

Ehe ich eine Antwort geben konnte blickte sich Vanderdccken nach uns um und trat auf uns zu, wobei er zu gleicher Zeit Van Vogelaar einen Befehl zurief und dabei auf die Topsegelraaen deutete.

Auf diese Manier," redete er uns an,behandeln mich die meisten Schiffe, denen ich begegne. Dies sollte mir eigentlich genügen, Ihre Landsleute für eine feige, verzagte Gesellschaft zu halten, wenn nur die Mattosen anderer Nationen» und dabei meine eigenen Landsleute eingerechnet, nicht das Gleiche thäten und sich davon machten, ehe ich ihnen meine Bedürfnisse erklären oder ihre Motive für ihr Vorhaben, uns zu entern, kennen lernen konnte. Was erschreckte denn eigentlich die Besatzung jenes Schiffes so, was meinen Sie, Mynheer?"

Wer kann das sagen, Herr?" antwortete ich gefaßt, so weit mir dies über­haupt möglich war.Vielleicht hielten sie uns der Mühe des Kaperns gar nicht wert."

Ein ärgerliches Kopfschütteln verriet mir, daß er diese Ansicht nicht teilte.

Over," fuhr ich verlegen und übereilt sprechend fort,vermeinten sie in dem Aussehen Ihrer Schiffsmannschaft etwas zu sehen, was ihnen einen blutigen Wider­stand prophezeite!"

Bei der heiligen Dreieinigkeit!" schrie er mit bitterstem Hohn,wenn so et­was denkbar wäre, würde ich eS ihnen mit Vergnügen durch eine volle Breitseite bestätigt haben!" und sein Auge wandte sich von der Fregatte, die sich in die Ferne schnell verkleinerte, auf seine ärmliche Reihe rostzerfressener Feldschlangen und grün­spanüberzogener Drehbaffen.

Es war zweifellos, er hatte von seinem und seines Schiffes wahren Zustande auch nicht die geringste Idee: er wußte nicht, daß sie Beide verflucht waren. Wie sollte «S ihm daher möglich sein, den eigentlichen Grund des sonderbaren Benehmens der vor ihm fliehenden Schiffe zu erraten? Man hätte vielleicht meinen können, er sowohl als die übrige Mannschaft müßten eine gewisse Genugthuung und Freud« darüber empfinden, daß sie eines Schiffer entledigt wären, auf besten Befehl hin fi« ihre Flagge gestrichen hatten: doch nein, anstatt dessen lehnten sie träge, ohne auch