land müsse unbedingt im befreundeten Ausland eine An­leihe aufnehmen. !

Aus diese Rede antwortete Finanzminister Bark mit ! niederschmetternder Selbstbezichtigung. Es sei völlig aus- ! geschlossen, eine derartige Anleihe gegenwärtig in Frank­reich oder England auszunehmen, da diese beiden Staaten sich selber in höchst peinlicher Lage desänden. Die jüngste französische 3Vs Milliarden-Anleihe habe tatsächlich nur knapp zwei Milliarden ergeben. In Amerika habe Frankreich bis jetzt nur 45 Millionen Dollar erhalten können, und in Paris und London habe man Bark eine Anleche erst dann versprochen, nachdem die eigenen Geldbedürsnisse dieser beiden Länder gedeckt sein würden, woran bei der Lage der beiden Märkte bis aus weiteres nicht zu denken sei. Den schlimmsten Hieb erhielt Bark von Reichsratmitglied Professor Orsorow, der kurz erklärte, Rußland stehe unmittelbar vor dem Konkurs, und von den Verbündeten sei nichts zu erwarten. Die einzige Hoffnung bleibe Amerika. Aber er fürchte, daß auch hier die Hoffnung Rußlands gering sei. Was Amerika anlange, so habe Washington bereits inoffiziell wissen lassen, daß Amerika für die derzeitige russische Regierung kein Geld habe. Man müsse somit zu energischen Maßregeln greisen. Man sollte ein offizielles Aufgeld für Gold einsühren, etwa 150 Papier für 100 Gsid. Man sollte ausnahmslos sämtlichen golde­nen Schmuck und Gebrauchsgegenstände innerhalb Rußlands gegen später einzulösende Requisilionsscheine beschlagnah­men. Die Wareneinfuhr aus dem Auslande müsse sich lediglich aus den Kriegsbedarf beschränken, und man müsse versuchen, in Amerika eine Anleihe auszunehmen unter der Bedingung, daß der ganze Anleihedetrag in Amerika ver­bleiben werde als Zahlung für den dort verbleibenden Kriegsbedarf. Es ist bezeichnend, daß der Finanzmintster hierauf kein einziges Wort der Erwiderung fand. Osorows Ausführungen müssen ihn besonders schmerzlich überrascht haben, da jener seit Jahren geiade dem Finanzmintster als Ftnanzsachmann beigegeben worden ist. Die anwesenden Minister haben keine Veranlassung genommen, ihrem Kol­legen irgendwie beizustehen. Man kann die Kommissions- fitzung als eine förmliche Abschlachtung Barks und zugleich als Konkureanmeldung des russischen Staatsfcckels bezeich­nen. Die geplante Reise Barks nach Paris und London, wo er wieder einmal die Frage einer Berbündeten-Anleihe aufwärmen wollte, ist vertagt worden. Und in Petersburg spricht man bereits deutlich von der möglichen Uebernahme des Finanzministerpostens durch Kokowzow.

Die Umzingelung von Brest-Litowsk.

Zur Umzingelung von Brest-Litowsk heißt es in einem Telegramm des Berl. Tagebl. aus dem Krtegspresscquartier: Die Russen setzen der Umkreisung von Brest-Litowsk mit starken Kräften zähen Widerstand entgegen ohne die lang­same, systematische und gleichmäßige Vorrückung der Ver­bündeten hemmen zu können. Beiderseits des Bug arbeiten sich die deutschen Truppen der Armee Mackensen an die Südwerke der Festung heran. Nördlich des Bug ist die Bahnstrecke Brest-LitowskBialystock aus dem ganzen Ab­schnitt zwischen Wysoko-Lttowsk und Rarem nördlich Bielsk in breiter Front überschritten, wobei besonders die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand und die Gruppe Köoeß Raum gewannen.

Räumungen russischer Städte. i

Moskau, 22. Aug. (WTB.) Rußkoje Slowo meldet, ! daß Kowel, Brest-Litowsk und Wilna von der Zivilbevöl­kerung geräumt worden sind.

Ueber den Auszug der Bevölkerung aus Wilna, Riga und Brest-Litowsk wird dem Berl. Tagebl. aus Rotterdam gemeldet: Englische Blätter erfahren, daß in Riga die Stadtteile auf dem linken Ufer der Dwina nahezu verlassen seien. Zeppeline und Tauben, deren Basis sich wahrschein­lich bei Tukkum befinde, stellten regelmäßig über den Forts an der Dwknamündung Erkundungen an. Sie fliegen außer dem Bereich der Geschütze. In Wilna herrsche große Un- ruhe. Große Mafien von Flüchtlingen seien aus Kowno, Dwinsk, Ponewitsch, Wilkomir und anderen Städten in der Stadt angekommen. Die Einwohner von Wilna ziehen jetzt aus der Stadt. Die Kirchenglocken sind in Sicherheit gebracht.

London, 22. Aug. (WTB.) Das Reutersche Bu­reau meldet aus Petersburg, daß 300 000 Zivilpersonen in Riga bleiben und zwar zumeist auf dem rechten Düna­ufer, während die Rückstände auf dem linken Ufer verweilen. Luftschiffe und Flugzeuge machen ständig Aufklärungsfahr­ten über den Forts und über der Dünamündung, fliegen jedoch in solcher Höhe, daß sie außer Schußweite sind.

Günstige Lage im Westen.

Unsere Lage im Westen ist nach Privatmeldungen des Berl. Lokalanz." als günstig anzusehen. Die Artillerie- Kämpfe in den wichtigsten Abschnitten des Aisnetales und in der Champagne nehmen einen guten Fortgang.

- ^ 1Berl. Lokalarrz." aus Kopenhagen berichtet wird, schildern st anzösische Blätter die Lage von Reims als verzweifelt. Drei Fünftel der Einwohnerschast seien ge­flüchtet oder durch das andauernde Bombardement getötet oder verwundet. Der größte Teil der Stadt sei ein Trüm­merhaufen.

Der U-Bootskrieg.

Lovdou, 22. Aug. (WTB.) Der Lioerpooler Verein der Prioatversicheler weist seinen Verlust für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 1915 nach. Der Gesamt­verlust an Dampfern betrug 6 353 700 Pfund Sterling, gegen 1 130000 Pfund Sterling im hl.ichen Zeitraum des Jahres 1914. Der Verlust an Segelschiffen betrug 700100

Pfund Sterling, gegen 142 000 Pfund Sterling. Als Ver­luste durch den Krieg werden bei den Dampfern 3485900 Pfund Sterling und bei den Segelschiffen 469000 Pfund Sterling angegeben. Die Verluste aus anderen Ursachen übersteigen bei den Dampfern die des vorigen Jahres um 150 Prozent.

Brest, 22. Aug. (WTB.) Wie die Agence Havas meldet, ist der englische Dampfer Carterswall auf der Fahrt von den Bereinigten Staaten nach England von einem deutschen Unterseeboot versenkt worden. Die Be­satzung ist gerettet. Der Dampfer hatte eine Samenladung an Bord. Der belgische Erdöldampfer Nague- st a l und 3 Segelschiffe wurden gleichfalls versenkt.

Amsterdam, 21. Aug. (WTB.) Eine Londoner De­pesche besagt, daß von den gestern als versenkt gemeldeten Dampfern der Baron Erskine 5585 Tonnen, des Restormel 2118 Tonnen groß gewesen sei.

Abgewiesene Angriffe ans Gallipolis.

Konstantivopel, 22. Aug. (WTB.) Das Haupt­quartier teilt mit: An der Dardanellensront versuchte der Feind am 21. Angust nach heftigem Artilleriefeuer der Land- und Schiffsgeschütze mit mehr als einer Division einen Angriff in der Gegend von Anasorta. Wir schlugen den Angriff des Feindes vollständig zurück und fügten ihm ungeheure Verluste zu. Im Verlause der Schlachten vom 10., 17. und 20. August machten wir über 400 Gewehre mit Bajonetten, eine Kiste mit Bomben und eine sehr große Menge Material zur Beute. Am 21. August versuchte der Feind am Nachmittag bei Ari Burnu einen Angriff, der unter unserem Feuer mißglückte. Bei Seddul Bahr nichts von Bedeutung. Auf den übrigen Fronten keine Ver­änderung.

Konstautiuopel, 22. Aug. WTB. Nach glaub­würdigen Nachrichten, die bei hiesigen maßgebenden Kreisen eingegangen sind, ist die Armee der Alliierten an den Dar­danellen großen Leiden und Entbehrungen ausgesetzt, nament­lich infolge der Hitze und des Wassermangels und der völlig unzureichenden gesundheitlichen Einrichtungen. Die Stim­mung der Truppen fei sehr niedergedrückt und ihre Sieges­zuversicht völlig geschwunden.

Sieg über die Engländer in Armen.

Konstautinopel, 21. Aug. (WTB. Nichtamtlich.) Generalstabsbericht. Am Ufer des Anafortas griff der Feind mit geringen Kräften an. Er erlitt Verluste, ließ einige Gefangene in unserer Hand und zog sich in seine früheren Stellungen zurück. Bei Ari Burnu und Sedd-ül-Bahr nichts von Bedeutung. Unsere Trup­pen im Pemen nahmen nach örtlichen Gefechten die Stadt Lahai und die Umgebung ein, die bis dahin einige Zeit in der Hand der Engländer war. Während des heftigen 15stündigenKampses hatten die Eng­länder 100 Tote und Verwundete. Wir e r- beuteten vier Geschütze, fünf Maschinen­gewehre und eine Menge Kriegsmaterial. Der Feind wurde geschlagen: er schloß sich in Aden ein. Bon den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.

Koustautinopel, 22. Aug. WTB. Aus dem Kriegs- prefsequartter wird gemeldet: Eine unserer Truppenabteilung hat aus den die Insel Perim an der Straße von Bab el Mandeb beherrschenden Höhen Geschütze in Stellung ge­bracht und die feindlichen Kasernen aus der Insel, sowie die Lcuchttürme und die Werkstätten der Militärverwaltung mit Erfolg beschossen und zerstört. Das hat auf die Be- völkerung einen sehr guten Eindruck gemacht.

Ko«sta»ti«opel, 22. August. Nach eingelausenen Meldungen hat die Besetzung des persischen Hafens Bender Buschir durch England und die Emennung des englischen Generalkonsuls zum Gouverneur der Stadt die Bevölker­ung von Südpersien erregt. Der englische und der fran­zösische Konsul, die nach Hamadan geflüchtet waren und sich nun auf den Weg gemacht hatten, um aus ihre Posten zurückzukehren, sind unterwegs durch Sturmwetter ausge­halten worden.

Abessinien in Gärung.

Lyon, 23. Aug. (WTB.)Depeche de Lyon" mel­det aus Cairo: Die Lage in Abessinien ist sehr ernst. Der italienische Gesandte in Addis-Abeba teilte der Regierung mit, es sei angebracht, Truppen nach Addis-Abeba zn ent­senden, da die Gefahr einer fremdenseindlichen Bewegung bestehe.

Ausftand in Indien und Tonking.

London, 22. Aug. (WTB.) Der Staatssekretär für Indien gibt bekannt, daß am 17. August etwa 4000 Bu- nerwals im nördlichen Prscharer in Britisch Indien einge­fallen, aber leicht wieder zurückgetrieben worden seien.

Paris, 23 Aug. (WTB.) Der Temps meldet: In­folge wiederholter Einfälle chinesischer Räubrrbanden in das Gebiet von Obertonking mußten Truppen dorthin entsandt werden, um die Banden zurückzuwerfen. Die ganze Grenze zwischen Tonking und China wird nunmehr militärisch de- wacht.

Veuizelos vor Uebernahme der Kabinetts­bildung.

Berlin, 23. Aug. (WTB.) Aus Athen wird dem Berl. Tgbl." berichtet: Wie es heißt ist Dcnizelos nach dem Abschluß seines Studiums der Ereignisse bereit, die Kabinettsbildung zu übernehmen. Jedenfalls hat er in Tatoi um eine Audienz beim König für heute vor­mittag nach gesucht, um den König von dem Ergebnis seiner Prüfung der Lage in Kenntnis zu setzen. Bei den Verhandlungen zwischen Denizelos und den diplomatischen Vertretern Frankreichs und Englands ist die finanzielle ' Frage in der Weise geregelt worden, daß sich die englische

und die französische Regierung bereit erklärt haben, einer neuen Regierung Denizelos den Betrag von 50 Millionen, der von der letzten großen Anleihe noch übrig ist, zur Der- sügung zu stellen.

Das Ersuchen Denizelos, England möge von der in der letzten Note ausgedrückten Politik Abstand nehmen, hat England aus Prestigegründe abgelehnt, jedoch zugleich er­klärt, daß es bereit sei, diese Frage später mit der neuen Regierung Denizelos freundschaftlich zu erörtern.

Erbitterte Stimrrmug in Serbien.

Paris, 23. Aug. (WTB.) DerMatin" meldet aus Ntsch: Infolge der Schritte des Bierverbandes steht man die Lage als sehr ernst an. Die geheimen Verhand­lungen der Skupschtina werden noch einige Tage fortdauern. Die Antwort Serbiens wird erst nach der Verständigung mit dem neuen griechischen Kabinett an den Bierverband abgehen. Die Blätter beschäftigen sich mit derselben Frage, begnügen sich aber, auf die Dienste hinzuweisen, die Serbien seit einem Jahre der Sache des Bierverbandes erwiesen hat.

S.K.G. Frankfurt, 23. Aug. Aus Budapest erfährt dieFrkf. Ztg": Aus Sofia an denAz Est" gelangende zuverlässige Meldungen besagen, daß die Geheimsitzungen der serbischen Skupschtina einen für die Entente ungünstigen Verlauf genommen haben. Die Stimmung in Serbien sei derzeit gegen die Entente sehr erbittert. Das Organ der serbischen Sozialisten greifen Rußland sehr heftig an und brtont. daß Serbien bisher an Rußland gezweiselt habe, jetzt aber durch Rußland verbittert sei.

Zugentgleisung i« Bayern.

Nürnberg, 23. Aug. (WTB.) Der Personenzug NürnbergGräfenberg ist gestern nachmittag zwischen Eschenau und Förth infolge eines Schienenbruches entgleist. Einige Wagen stürzten um. 5 Personen wurden getötet und mehrere verletzt.

Aus Stadt und Land.

Nagold» 24. August 1915.

Friedrich Harr, Sohn des Ioh. Harr. Zimmermann in Mötztngen hatte bereits die Silberne Verdienstmedaille erhalten und wurde Mn in den letzten Tagen mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse geschmückt und zugleich zum Unteroffizier befördert. Er liegt z. ZI. verwundet in einem Reseroelazarett. Wir wünschen dem tapferen Helden recht baldige Genesung und beglückwünschen ihn.

Dos Eiserne Kreuz II. Klaffe haben erhalten: Füsilier Chr. Eg et er von Reblingen beim Stab des Füsilier.-Reg. Nr. 122; Gustav Knauß von Bondorf beim Inf.-Reg. Nr. 126.

Kriegsverlrrste.

Greuadier-Regt Nr. IIS, Stuttgart, 12. Komp.: Auer Friedrich, Schönbronn, schw. oerw.

Berichtigungen.

Greuadier.-Regt. Nr. IIS, Stuttgart, 12. Komp. . Haist Johannes, Besenfeld, btsh. verw., in Gefangenschaft.

Felddiebstahl. Wir erhalten folgende Zuschrift: Ein recht frecher Felddiebstahl wurde in der Nacht vom Samstag aus Sonntag in der Nähe der Stadt beim Galgenberg-Paoillon verübt. Auf dem dem Pslästerer Christian Hörmann gehörigen Acker wurden etwa 60 Stöcke Kartoffeln (mindestens ein Sack voll) entwendet. Möchte es doch auch hier gelingen, solche diebische Nachtwandler zu ermitteln, damit ihnen ihr unsauberes Handwerk gelegt werden kann." Erst kürzlich wurde eine Stimme aus dem Leserkreis laut, die auf diese Felddiebe aufmerksam machte. Es lag damals schon ein ähnlicher Fall vor. Natürlich dürften sich im Lause der Zeit die Feldfrevel noch öfter wiederholen, und es wäre sehr wünschenswert, wenn man hier Maßnahmen treffen würde, damit, wie der Einsender sagt, den Dieben ihr Handwerk gelegt wird.

Bom Rote« Kre«z. Nach einer Zusammenstellung der Monatsberichte ergibt sich für den Monat Juni 1915 für den Bezirk Nagold folgendes Bild: Gesammelt wur­den an Geldmittel insgesamt 40 950 (in Calw:

36 980: Freudenstadt: ^ 70 046: Herrenberg: X 29 976; Horb: 15493). Unter diesem Betrag sind a

für Familiensürsorge 15 142 davon verwendet^ 5411 d für sonstige Zwecke des Roten Kreuzes ^ 25 808, ver­wendet ^ 23 456.

Heimische Künstler auswärts. Ueber ein dieser Ta­ge in Freudenstadt stattgesundenes Kirchenkonzert berichtet der Grenzer" u a. Zur plastischen Ausprägung des eigentüm- liehen Charakters der einzelnen Tonstücke trug die Orgelbe­gleitung des Herrn Seminaroberlehrer Schmid Nagold durch entsprechende Registrierung und Spielart wesentlich bei. Damit und namentlich auch in seinen Solooorträgen, unter denen eine eigene Komposition besonders genannt zu werden verdient, Hot er gezeigt, daß er sein schwieriges In­strument als Künstler zu meistern versteht, zu dem ihn eine glückliche Veranlagung und hohe Ausbildung gemacht hat.

sj Rohrdorf. Die Firma Koch und Reichert, Tuch­fabrik hier, hat wiederum einen ansehnlichen Betrag zur Unterstützung der Angehörigen hiesiger Krieger zur Vertei­lung gelangen lasten.

Schietiugev. Rrsrrvist Johannes Lu z, von Beruf Schreiner, im Insanterie-Regt. Nr. 121 ist fürs Vaterland gestorben. Er ist der Sohn des Jakob Luz Bauer und Gemeinderat, hier, wurde am 7. September durch einen Kopsschuß schwer verwundet und kam nach seiner Genesnng wieder ins Feld, der Verstorbene war ein