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Amts und Anzeigeblcrtt für den Bezirk (Lalw

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Erscheint Dien S >° g , Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebühr beträgt im B-zirl und nächster Um­gebung S Psg. di- Zeile, sonst 12 Psg.

amstag, den 30. August 1890.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt O0 Pfg. und 20 Pfa. Trägerlohn, durch d'e Post byogen Mk. 1. 15, sonst i« ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Gemeindebehörden

werden aufgefordert, das Ergebniß der Ermittelungen der landwirthschaftlichen Bodenbenützung ihrer Mark­ungen für das Jahr 1890 soweit das nicht be­reits geschehen ist alsbald vorzulegen.

Calw, den 28. August 1890.

K. Oberamt.

" Amtmann Bert sch.

Amtliche Keknnntrrmchnng

betreffend den Antrag ans Auflösung der Bczirkskrankenkaffe Calw.

Nachdem der Gemeinderat Calw mit Beschluß vom 28. d. M. den Antrag auf Auflösung der be­stehenden Bezirkskrankenkasse (gemeinsamen Orts­krankenkasse für den Oberamtsbezirk Calw) gestellt hat, werden diejenigen Gemeindebehörden, welche sich diesem Antrag anschließend eigene Ortskrankenkassen im Sinn des Z 16 des Gesetzes vom 15. Juni 1883, R.-G.-Bl. S. 73 f., betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, zu errichten be­absichtigen, aufgefordert, diesbezügliche Beschluß­fassung binnen 10 Tagen an das Oberamt vorzulegen. Calw, den 29. August 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch, A.-V.

Tages Neuigkeiten.

s:j Calw. Am 24. Aug. hielt die Bezirks - krankenkasse Calw-ihre jährliche General­versammlung, welche von den Vertretern verhält­nismäßig zahlreich besucht war. Zunächst trug der Kassier die Rechnung des Vorjahres vor, welche.

vom Revidenten bereits geprüft, keinen erheblichen Anstand bot, und worauf dem Kassier Decharge erteilt wurde. Hienach hielt der Vorsitzende einen kurzen Ueberblick auf die seitherigen Geschicke und jetzigen Stand der Kasse. Die hohen Anforder­ungen, welche die vielen Krankheitsfälle des vorigen Winters an die Kasse stellten, haben die früheren Ersparnisse verzehrt. Die Aufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter hatte ebenfalls ungünstige Ergebnisse für die Kasse. Durch die freien Hilfs- und Fabrik-Krankenkassen, welche bei beschränkter Aus­dehnung leichtere Kontrole und Verwaltung bieten, wurden der Bezirkskrankenkasse die besseren Mitglieder entzogen, während viele Versicherungspflichtige höheren Kostenaufwand verursachten. Da unter obwaltenden Verhältnissen ein Fortbetrieb im seitherigen Rahmen unmöglich ist, stellte der Kassen-Vorstand den Ver­tretern der Generalversammlung den Antrag: Ent­weder die Beiträge der Mitglieder zu er­höhen, oder die Kasse aufzulösen.

Die überwiegende Mehrheit war für Auflösung und wurde von der Ansicht geleitet, daß eine zu er­richtende Ortskrankenkasse unseren hiesigen Verhältnissen entsprechen dürfte. Diese Beschlußfassung wurde unter Angabe der Gründe von den Mitgliedern der Gene­ralversammlung unterzeichnet der Aufsichts-Behörde übergeben, welche sich bereits in allen Teilen der entwickelten Ansicht angeschlossen hat. Es dürfte nun Sache der Regierung sein, für die betr. Arbeiter- Klassen die geeigneten Versicherungsarten anzuordnen, in welcher Beziehung noch bemerkt wird, daß von den bürgerl. Kollegien der Oberamtsstadt die Errich­tung einer eigenen Kasse in Aussicht genommen ist.

* Calw, 29. Aug. Am Mittwoch abend tobte nach einem kurzen Gewitter ein orkanartiger Sturm, der an den Obstbäumen ziemlichen Schaden anrichtete, über unsere Höhen und an den Thalab­

hängen dahin. Es wurde viel Obst in halbreifem Zustande heruntergerissen; besonders notgelitten haben die auf der Höhe gelegenen Hopfengärten. Viele Neste wurden abgerissen, ja ganze Bäume hat der Sturmwind entwurzelt oder abgeknickt. So wurde auch ein Wahrzeichen des Badischen Hofes, eine der hohen Pappeln vor dem Hause, total zu Boden ge­worfen; überall begegnet man Spuren des wilden Sturmes. Vor einigen Tagen hat ein hiesiger Obsthändler in einem benachbarten Ort eine Lieferung auf reifes Obst den Ztr. zu 4 abgeschlossen.

Bei der Versteigerung des Obstertrages auf dem Kübler'schen Baumgut wurden bei einer Schätzung von 2530 Simri 62 gelöst.

Calw. (Theater.) Für kurze Zeit öffnen sich wieder Thaliens Hallen im Saale der Dreiß' scheu Brauerei. Am Sonntag beginnt Hr. Direktor Kersebaum, Leiter des Teinacher Kurtheaters, die Vor­stellungen mit Görners LustspielDie wilde Katze". In Anbetracht, daß die Gesellschaft sich in Teinach der besten Erfolge rühmen konnte, dürfte auf gute Aufführungen zu rechnen sein. Den Winter ist die Gesellschaft in Pforzheim, und wird deshalb das Gast­spiel nur von kurzer Dauer sein.

" Dennjächt, 28. Aug. So freudig Jeden,

- "Mr die Straße hier passierte, der reiche Obstsegen stimmen mußte, so betrübt waren gestern Abend die Besitzer der schönen, meist veredelten jungen Bäume, als der orkanartige Sturm von Nordosten her, in 5 Minuten, nicht nur die Früchte mit den Zweigen un­erbittlich dezimierte; sondern nach Dutzenden, trotz der vielen Stützen, die schönsten Bäume mit der halb­reifen Frucht entwurzelte und niederlegte. Eines solchen Sturmes in unserem Thale können sich die ältesten Leute nicht erinnern. Möge der liebe Gott uns das erhalten, was geblieben ist.

Heilbronn, 25. Aug. Unserer Feldpslizel

Jeuilleton.

Das Totenschiff.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. Klark Hlussekk.

(Fortsetzung.)

Es bedarf wahrlich nur sehr kurzer Zeit, sich zu verlieben, obgleich diese That- sache, namentlich wenn man sie allen Ernstes niederschreibt, oftmals als ein Ding der Unmöglicbkeit bezweifelt, wohl gar als eine Absurdität verlacht wird. Den Grund dafür kann ich nicht angeben. Doch könnte ich auf eine beträchtliche Anzahl verheirateter Männer Hinweisen, die sich in ihre nachherigen Frauen bei einem Tanze , «der bei einem einmaligen Begegnen auf der Straße oder in der Kirche verliebten. Auch habe ich einen Mann gekannt, den eine Leidenschaft für ein Mädchen erfaßte, dessen Bild er gesehen. Und was sagt Marlowe hierüber:

Wer liebte jemals ernst,

Wenn nicht beim ersten Anblick?"

Es ist unumstößlich wahr, daß, wenn Leidenschaft und Liebe nur ein lang­sames Wachstum zeigen und behutsam gehegt und gepflegt werden müssen, sicherlich irgendwo ein wunder Punkt, eine Achillesferse vorhanden ist. Entweder lassen des Mädchens Gesicht und Gestalt an Schönheit zu wünschen übrig, und seine Tugenden und sonstigen guten Eigenschaften liegen nicht offen und klar zu Tage oder es ist ein Spotlvogel und eine Kokette und trampelt, wie man zu sagen pflegt, mit den Füßen -auf eines Mannes Herzen und verhindert so die Entfaltung der wahren Liebe. Irgend ein Mangel muß vorhanden sein, irgendwo muß es fehlen, wenn auch Länge der Zeit und des Zusammenseins nach und nach ein Surrogat der wahren, echten Empfindung herovrbringen mag. Aber die Art der Liebe, die ich im Sinne habe, tpringt Plötzlich wie «in göttlicher Funke aus eines Mädchens Auge auf den Mann über.

Jedoch ob diese plötzliche Leidenschaft von längerer Dauer und intensiver ist als jene von längerem geistigen Prozesse, und auf welche von beiden man mehr bauen kann, ist sicherlich für die, welche ich mit diesen Bemerkungen ermüde, kein Rätsel mehr. Ich bedaure, diese Abschweifung gemacht zu haben, und hätte sie ganz vermieden, wenn sie nicht zu meiner Rechtfertigung nötig gewesen wäre.

Dessenungeachtet bin ich die Wahrheit schuldig und sie lautet, daß ich mich gleich am ersten Morgen, bei meiner ersten Begegnung mit Jmogene in ihre Schön­heit verliebte, während die langen stürmischen Tage, die uns so oft zusammenführten, den ersten Impuls meines Herzens dadurch bestätigten und befestigten, daß sie mich mit der außerordentlichen Anmut, Unschuld, Güte und Reinheit ihrer Natur be­kannt machten. Diese Eigenschaften waren ungleich der bezaubernden Farbe und Helle ihrer Augen, dem goldigen Gekräusel ihres Lockenhaares und mancher anderen äußeren Reize nicht sofort sichtbar, aber sie kamen nach und nach während unserer vielen Unterhaltungen zum Vorschein wer auf der See gewesen ist, wird wissen, wie schnell man sich an Bord eines Schiffes über den Charakter seines Nächsten und Genossen klar ist und so muß ich gestehen, daß ich mich, ehe noch der Sturm vorüber, in dieses hübsche, reizende Mädchen sterblich verliebt hatte und für sie mit Freuden mein Leben in die Schanze geschlagen hätte.

Ich würde dieses Bekenntnis nicht gethan noch irgend etwas von meiner Liebesangelegenheit der Erwähnung wett gehalten haben, wenn cs nicht mit dem Einfluß, den das Totenschiff auf Leben und Schicksale aller auf ihm Befindlichen ausgeübt, in enger Beziehung stünde.

Während dieser Zeit drehte sich unsere Unterhaltung um alle möglichen Gegenstände; wir sprachen von ihren Eltern, ihrer Heimat, ihrer Kindheit, von dem Untergange des väterlichen Schiffes, der verlassenen Lage, in der sie sich bei unserer Ankunft in England befinden würde, vorausgesetzt, daß es mir gelänge, sie Vander- decken zu entreißen, obgleich ich sie, wenn sie diesen Punkt berührte, inständig bat, sich dieser Befürchtungen ein für allemal zu entschlagen, und ihr versicherte, daß meine Mutter sie freudigst bei sich aufnehmen und wie ihre eigene Tochter lieben