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Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw.

65. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag nnd Samstag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 P!g.

Samstag» den 23. August 1890.

AbonnementSpretS vierteljährlich in der Stadt BO Pfg. und 2V Pfg. Träqerlohn, durch d'e Post bezogen Mt. 1. 1b, sonst iu ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche Mekarmlmachungen.

Calw.

Floß-Kperre.

Zum Zwecke der Vornahme von Dampfkessel­bauten in der dem Holzhändler Christian Keller in Calmbach gehörigen, an der Kleinen;, Markung Calm­bach, gelegenen Zimmersägmühle ist durch Verfügung der K. Kreisregierung Reutlingen vom 18. d. Mts. Klotzsperre für die Kleinen; von der Zimmer­sagmühle an aufwärts für den laufenden Monat angeordnet worden, was hiemit zur Kenntnis der Interessenten gebracht wird.

Calw, den 21. August 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch, A.-V.

Deutsches Reich.

Die deutsche Verwaltung auf Hel­goland. Die erste Bekanntmachung der kaiserlichen Regierung ist seit Freitag an den Straßenecken auf Helgoland zu lesen. Sie lautet: Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß die Sprech­stunden wie bisher am Dienstag und Freitag Vor­mittags von 9 bis 12 Uhr im Dienstzimmer des kaiserlichen Kommissars, Regierungsgebäude (Govern- menthouse), stattfinden. Gerichtliche Klagen sind fortan im Bureau des kaiserlichen Kommissars, Regierungs- aebäude, schriftlich einzureichen. Polizeiliche Anzeigen sind ebenfalls, sofern sie nicht wegen Dringlichkeit der Angelegenheit an einen dem Kommissar unterge­ordneten Executivbeamten mündlich erstattet werden müssen, im Bureau des kaiserlichen Kommissars Regierungsgebäude schriftlich oder zu Protokoll anzubrmgen. Ausgenommen hiervon sind Anzeigen über Gegenstände der Hafenpolizei, welche der Auf­sicht des Herrn Gouverneurs unterstehen. Helgoland

12. VIII. 1890. Der kaiserliche Kommissar. Wermuth. Der englische Charakter der Insel schwindet immer mehr und mehr und macht einem deutschen Platz. Die Flaggen und Fahnen auf der Insel, auf Booten und Schaluppen sind längst schwarz-weiß-rot. Ein deut­scher Briefkasten wurde an der Treppe am Falm des Oberlandes angeheftet und neugierig von Helgoländern und Fremden angeschaut. In der inneren Verwaltung vollzieht sich der Wechsel was die bisherigen Ge­bräuche anlangt sehr langsam und schonend. Die erste Gerichtssitzung hat schon am 12. stattgefunden, auch ist die erste Klage eingereicht.

In Petersburg erzählt man, daß Kaiser Wilhelm auf die Anfrage, ob er geneigt sei, in Reval, Narwa u. s. w. einen offiziellen Empfang durch die Bevölkerung zu genehmigen, geantwortet habe:Ich bin stets und überall bereit, die Begrüß­ung durch die treuen Unterthanen meines lieben Freundes und Anverwandten entgegenzunehmen." Bei dem Besuch des Rathauses in Narwa über­reichte der Bürgermeister dem Kaiser Wilhelm ein Album mit Ansichten von Narwa, sowie ein im Jahre 1640 gedruckte Bibel. Die Kaufmannsgilde über­reichte eine prächtig gebundene Beschreibung Narwa's in deutscher Sprache. !

Narwa, 19. Aug. Kaiser Wilhelm ist-mit Gefolge um 0Uhr nachmittags aus dem Manöver- tcrrain nach der Villa Polewzew zurückgekehrt. Der Kaiser verbleibt hier bis zum 21. d. Mts., bringt die zwei folgenden Nächte in Gomontowo zu, trifft am 23. ds. in Peterhof ein und schifft sich am Samstag nach der Galatafel nach Kronstadt ein. Das Zivil­kabinett des Kaisers geht am Donnerstag nach Peter­hof ab. Bei oem Dejeuner, welches auf die Revue folgte, brachte der Zar auf den deutschen Kaiser und hierauf auf Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich, dessen Geburtsfest heute ist, einen Toast aus. Kaiser Wilhelm erwiederte mit einem in russischer Sprache

ausgebrachten Toast auf den Zaren. Bei dem ge­strigen Diner saß Kaiser Wilhelm an der rechten Seite der Kaiserin. Heute Vormittag, vor Beginn der Revue, sendete Kaiser Wilhelm den russischen Majestäten einen prachtvollen leichten Wagen zum Geschenk.

Narwa, 21. Aug. Kaiser Wilhelm em­pfing heute vormittag aus Narwa, Reval, Moskau und Petersburg deutsche Deputationen. Kaiser Wilhelm und Kaiser Alexander sind um 1'/, Uhr nach Gomontowo abgereist. Die Manöver enden morgen bei Gomontowo. Wie es heißt, treffen beide Monarchen morgen abend in Peteryof eM.

Jam bürg, 20. Aug. Bei dem Beginn des heutigen Manövers zwischen Jamburg und Weimasen griff das Westkorps das Ostkorps an, welches seine Position verteidigte, schließlich aber dem energischen Gesamtangriffe des gegnerischen Korps unterlag und hinter Weimasen zurückging, von der Kavallerie des Westkorps verfolgt. Nach Schluß des Manövers nahmen die allerhöchsten Herrschaften auf dem Manöver­felde das Frühstück ein und kehrten alsdann nach Narwa zurück. Morgen ist Ruhetag.

Tages Neuigkeiten,

Zum Beweis, baß unser Nagoldthal an­dern Bezirken in Betreff üppigen Wachstums nicht nachsteht, wurden der Redaktion heute von Gärtner Klopfer gefärbte Trauben und ein Rettich im Ge­wicht von über 7 Pfund vorgelegt.

Wildbad, 19. Aug. Tir. Karl Peters ist in Begleitung des Herrn Oskar Borchert hier an­gekommen und im Hotel Klumpp abgestiegen. Beim heutigen Abendkonzert brachte ein Badegast, Hr. Pfarrer Heimann, ein begeistertes Hoch auf Dr. Peters aus, in welches die Zuhörer jubelnd einstimmten. Dr. Peters dankte und gab seiner Freude Ausdruck, wieder den Fuß auf deutsche Erde zu setzen. Dr. Peters

Feuilleton.

Das Totenschiff. ------

Bericht über eine Kreuz- und Ouerfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt ans den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. tzlark Masse kk.

(Fortsetzung.)

Die bei dieser Mahlzeit gebotene Nahrung war beinahe dieselbe als die beim Frühstück dargcreichte, nur daß ein gebratenes Huhn und ein großer Schinken hinzu- > kamen. Und in jeden Becher füllte Prius einen guten Trunk Sherry, einen sehr

milden, abgelageiten Wein, in dessen Besitz Vanderdeckcn vermutlich auf die gleiche Art und Weise, die ihm ermöglichte, sich und seine Leute mit Kleidern, seine Masten und Segel mit Seilen und seine Steinflaschen mit Branntwein und Wachholder­schnaps zu versorgen, gelangt war, nämlich durch das Durchstöbern von Wracken und Plündern von verlassenen Schiffen, denn an der Küste, wo sie zeitweilig an­legten und jagten, war sicherlich kein derartiges Getränk zu haben.

Obgleich der Wein das Blut in meinen Adern angenehm erwärmte, so daß ! er zu anderer Zeit und an anderem Orte sicherlich meine Zunge zu freierer Aus-

i spräche gelöst hätte, so wurde doch diese Wirkung durch den niederdrückenden An­

blick des Kapitäns und seines Steuermannes gänzlich aufgehoben. Letztere selbst ! wurden aber durch den Wein ebensowenig aufgeirffcht und aufgemuntert, als wenn , sie staubgefüllte Urnen wären, in die das edle Getränk gefüllt worden. Ich habe ! während meines Aufenthaltes an Bord dieses Schiffes Vanderdccken, Vogelaar und ! Arents in der That mehrmals derartige Quantitäten Punsch hinuntergießen sehen,

! wie sie mich in fünf Minuten um die Besinnung gebracht hätten, während diese ge­waltigen Mengen nicht einmal die geringsten Anzeichen von Munterkeit an ihnen hervorzubringen im Stande ivaren. Doch wie konnte es denn auch anders sein? Waren ihre Gehirne nicht tot bis auf die durch übernatürlichen Einfluß hervorge­

rufenen mechanischen Wirkung« r tot wie der Perpendikel einer gehenden Uhr? Was konnte der Dunst des berauschendsten Traubenblutes diesen lebenheuchelnden Leichnamen anhaben?

Zweiundzwanzig st esKapitel.

Aanberdechen zeigt einige seiner Schätze vor.

Als Van Vogelaar die Kajüte verließ, um Arents auf Deck abzulösen, schien Vanderdccken einer Unterhaltung nicht abgeneigt zu sein. Er streichelte Jmogene's Kinn und schalt sie in zärtlichem, mildem Tone, doch ohne auch nur eine Spur von Fröhlichkeit oder Munterkeit in seinem Benehmen, und ich habe auch niemals wäh­rend all der Zeit, die ich mit ihm zusammen war, sein Gesicht durch ein Lächeln des Frohsinns oder der guten Laune erhellt gesehen; ich sagte, er schalt sie, jedoch auf die zärtlichste Weise, daß sie wegen der durch den Sturm verursachten Ver­zögerung geweint, und dann, auf mich deutend, rief er aus:Hier ist ein Seemann, der Dir bestätigen wird, daß dies die sturmreichste Region des Ozeans ist und in dieser Jahreszeit die Orkane gewöhnlich aus Nordwest kommen, aber er wird gleich­falls wissen, daß diese Stürme nur von kurzer Dauer sind und eine Brise aus dem lOsten, Norden oder Süden uns bald und mühelos um das Kap bringen muß.

O, das ist in der That so, Fräulein Dudley," sagte ich schnell, indem ich ihr einenen bedeutungsvollen Blick zuwarf. Und von dem Wunsche beseelt, das Thema zu ändern, fuhr ich sott:Mynheer, als ich gestern Abend behufs des Um­kleidens in Ihrer Kabine war, bemerkte ich einen Jakobsstab. Da die Sonne bedeckt ist, dürfte er wohl heute unbenutzbar für Sie sein. Da nun diese Beobachtungen unmöglich sind, auf welche Methode verlassen Sie sich, um die Position Ihre« Schiffes zu erkunden?"

Auf was denn sonst als das Log?" entgegnete er,ich berechne den Ort ausschließlich nach dem Logbuch. Der Jakobsstab hat mich öfters weit vom Ziel« abgeführt. Das Log zeigt mir den Platz auf der Seekarte ziemlich genau an, und dann bleibt mir auch noch das Senkblei."

Ich dankte ihm durch eine Verbeugung, denn in dieser Hinsicht lernte ich durch